Normalerweise findet der Erleuchtungskongress in Berlin statt. Doch dieses Jahr wurde er das erste Mal in Hamburg veranstaltet. Barbara und ich waren gespannt, was uns erwarten würde. Wir fuhren also mit unserem Auto nach Hamburg Altona.

In einem alten Gebäude neben einem grünen Park traf sich die deutsche Erleuchtungs-Szene. Der Saal war voll. Etwa 200 Menschen wollten gerne erleuchtet werden und hatten die zwei Tage für etwa 170 Euro gebucht. Es waren sehr unterschiedliche Menschen, mehr Frauen als Männer, die meisten etwas älter, und viele hatten bereits Erleuchtungserfahrungen. Viele Menschen kamen aus der Therapie-Szene und gingen den Weg der Psychotherapie. Von Seiten der Psychologie scheint ein wachsendes Interesse an dem Phänomen der Erleuchtung zu bestehen.

Ein weiterer großer Teil der Besucher kam aus der westlichen Satsang-Szene, die von Ramana Maharshi und Papaji begründet worden war. Sie folgten dem Advaita-Vedanta, der eine starke Verbindung zum Buddhismus hat. Es geht darum im erleuchtete Sein zu leben, die Gefühle zu beobachten, sie zuzulassen und nicht anzuhaften. Es geht darum in der Ruhe zu leben und die Gedanken nicht zu wichtig zu nehmen und nichts ins menschliche Drama einzusteigen. Erleuchtung entsteht aus der Stille.

Das ist auch die Ansicht des Hinduismus und des Yoga. Kommt der Geist zur Ruhe, lebt der Yogi im Licht. Das ist der Hauptgrundsatz des Yoga-Weisen Patanjali. Einige Besucher kamen auch aus der Yoga-Szene. Ich unterhielt mich mit einer Yoga-Frau, die durch die Yogaübungen zu einem Erwachenserlebnis gekommen war. Und auch eine Christin war anwesend, die den Weg der christlichen Mystik gegangen war. Es gibt viele verschiedene spirituelle Wege, die ihren gemeinsamen Gipfelpunkt im Erwachen, in der Erleuchtung und im Einssein mit Gott haben. Dieses Einsseins kann man auch als Nirvana oder Paradies-Bewusstsein bezeichnen. Es ist ein Gefühl von innerem Frieden, Glück und Harmonie.

Zuerst setzten sich Ludmilla und Roland auf die beiden Sessel auf dem Podium. Sie hatte vor vielen Jahren den Erleuchtungskongress ins Leben gerufen. Ich war glücklich, sie endlich einmal kennenlernen zu dürfen. Beide waren äußerlich eher unscheinbar, hatten aber eine starke spirituelle Präsenz. Ludmilla begrüßte uns und Roland erzählte, dass es auf dem Weg des Erwachens vor allem darum geht, die inneren Energieknoten zu lösen. Ich nenne das die inneren Verspannungen. Die inneren Verspannungen blockieren die Energiekanäle und damit die Erleuchtungsenergie. Werden die inneren Verspannungen aufgelöst, beginnt die spirituelle Energie von alleine zu fließen.

In der Bergpredigt heißt es, dass der Mensch Gott schaut, wenn er innerlich rein wird. Die innere Reinigung ist deshalb ein wesentlicher Bestandteil des spirituellen Weges. Man kann aber auch durch die Hilfe eines spirituellen Lehrers oder durch das Energiefeld einer spirituellen Gruppe erwachen. Das erlebten wir am zweiten Tag.

Der junge spirituelle Lehrer Tim Taxis fragte das Publikum, wer gerne zu ihm nach vorne kommen und auf dem zweiten Sessel sitzen möchte. Eine Frau war mutig genug sich zu melden. Sie ging auf das Podium. Er fragte sie, warum sie sich gemeldet hätte. Sie erklärte ihm, dass sie gerne erfahren würde, wie es ist erwacht zu sein. Tim lenkte sie auf ihre Gefühle und bat sie ihre Gedanken loszulassen. Und schon kamen Tränen aus ihren Augen, sie lachte und weinte zugleich und war in einem Zustand der Glückseligkeit.

Sie war spontan in der Präsenz von Tim erwacht. Ich spürte, dass bei vielen Zuschauern Neid entstand. Sie wären auch gerne so einfach erwacht. Aber sie hatten nicht den Mut gehabt sich zu melden. Und jetzt war die Gelegenheit vorbei. Tim Taxis hatte in etwa fünfzehn Minuten die Frau durch den Erwachensprozess geführt. Danach kam ein anderer Lehrer mit einem anderen Thema dran.

Ich spürte, wie Tim die Frau nicht nur auf ihre Gefühle gelenkt und ihre Gedanken zur Ruhe gebracht hatte, sondern er hatte ihr auch Erleuchtungsenergie übertragen und ihre Chakren aktiviert. Dadurch konnte die Kundalini-Energie in ihr hochsteigen und innere Glückseligkeit und das Gefühl der Einheit mit allem erzeugen.

Bei mir persönlich war es so, dass ich im Saal ein starkes Energiefeld spürte. Dieses Energiefeld kam durch die erwachten Lehrer, aber auch durch die Besucher, von denen viele spirituell weit entwickelt waren. Am ersten Tag löste dieses Energiefeld viele Energieblockaden in meinem Körper. In der Nacht hatte ich einen starken Reinigungsprozess und konnte kaum schlafen. Am nächsten Tag trat ich sofort wieder in dieses starke Energiefeld ein, dass sich im Raum befand. Ich bewegte mich im Energiemeer wie ein Taucher im Wasser. Er spürt das Wasser um sich und kann sich nur langsam bewegen. Dieses Energiemeer bestand aus spiritueller Energie, die eine Form von Bewusstsein ist. Ich ging nicht nur in dem Meer, sondern ich war durch die Energie auch mit allen und allem verbunden. Ich war eins mit ihnen, mit ihren Gedanken und Gefühlen. In mir waren Frieden, Glück und Einheit.

Der spirituelle Lehrer Thomas Krishna zeigte uns eine Übung, bei der wir den Zeigefinger ausstrecken und uns auf die Fingerspitze konzentrieren sollten. Dann sollten wir mit dieser Fingerspitze einen anderen Körperteil, wie zum Beispiel den Oberschenkel, berühren und in diese Berührung hineinspüren. Ich legte beide Hände im Schoß zusammen und berührte mit der Spitze des rechten Zeigefingers die Spitze des linken Zeigefinders. Dadurch schaltete ich zwei Energiekanäle im Körper zusammen und plötzlich überrollten mich Wogen des Glücks. Ich probierte das dann auch noch durch die Verbindung meiner anderen Fingerspitzen. Es war eine wundervolle Übung. Dank der starken spirituellen Energie im Raum, die auch in mir wirkte, aktivierte sich für eine kurze Zeit meine Kundalini-Energie und bewirkte inneres Glück. Eine kleine Übung hatte zu einem großen Effekt geführt.

In der Mittagspause des zweiten Tages gingen Barbara und ich zu einem Restaurant in der Nähe des Altonaer Bahnhofs. Wir saßen wegen des schönen Wetters draußen. Ich beobachtete den Bahnhofsplatz. Plötzlich blieb mein Bewusstsein an einem schönen alten Gebäude gegenüber hängen. Ich kam in mir zur Ruhe, meine Gedanken stoppten und meine Energie dehnte sich immer mehr aus, bis sie den ganzen Raum zwischen den Häusern des großen Bahnhofsvorplatzes erfüllte. In diesem Moment war ich der Raum und identifizierte mich nicht mehr mit meinem Körper, meinen Geist und mit mir. Ich war in einem erwachten Einheitsbewusstsein. So einfach ging das.

Barbara lachte nur darüber und beim Essen war ich dann wieder eins mit meinem Körper. Spannenderweise erklärte dann bei dem Vortrag der nächste spirituelle Lehrer, dass Erleuchtung ein langer Weg durch viele verschiedene Dimensionen und Erfahrungen ist. So sehe ich das auch. Es gibt viele Stufen des Erwachens und der Erleuchtung. Man kann in immer höhere Stufen der Erleuchtung und der Glückseligkeit aufsteigen. Und es können sich viele besondere spirituelle Fähigkeiten entwickeln.

Die höchste Stufe der Erleuchtung ist die absolute Glückseligkeit. Das habe ich einmal durch ein vollständiges Erwachen der Kundalini-Energie erfahren. In diesem Zustand ist man aber auf der Erde nicht handlungsfähig. Man kann einfach nur in diesem unermesslichen Glück ruhen. Man kann nicht handeln, weil man kein Ego mehr hat. Man kann aber aus diesem Zustand in das Erdbewusstsein zurückkehren. Dauerhaft kann man es nur nach dem Tod bewahren. Auf der Erde kann man immer nur für einige Zeit in dieses Bewusstsein eintreten.

Je weiter man auf dem spirituellen Weg fortschreitet, desto mehr besondere Fähigkeiten treten auf. Man kann andere Menschen über große Distanzen spüren, man kann ihre innere Energie wahrnehmen und ihnen Energie übertragen. Man kann ihnen Liebe, Frieden, Kraft, Heilung, Glück und Erwachen schenken. Man kann in die Zukunft sehen und die früheren Leben erkennen. Nur wenige Menschen wie Buddha, Jesus und Mutter Meera haben dieses Potential vollständig entfaltet. Buddha brauchte dazu sechs Jahre intensiver spiritueller Praxis, mein Yoga-Meister Swami Sivananda benötigte neun Jahre. Ich bin erst am Anfang des Weges. Ich durfte einige Dinge erfahren, aber es gibt bei mir noch viel zu entwickeln. Trotzdem bin ich dankbar für die Erfahrungen, die ich auf dem Erleuchtungskongress machen durfte.

Insgesamt traten fünfzehn verschiedene spirituelle Lehrer auf. Es gab mehrere erleuchtete Paare und einige Menschen, die eher den therapeutischen Weg gingen. Ein Traumatherapeut erklärte, dass man vor dem Erwachen alle Traumata auflösen müsse. Er war seit Jahrzehnten am Auflösen und noch immer so unerleuchtet wie am Anfang. Aus meiner Sicht entsteht Erleuchtung durch ein Leben in der Ruhe, in der Liebe und durch die persönlichen spirituellen Übungen. Die Traumata lösen sich von alleine auf, wenn man die Gefühle frei durch sich hindurchfließen lässt. Insofern ist die Psychologie ein Irrweg. Sie führt letztlich nur zur Stärkung des Egos.

Für mich ist die Verbindung von Psychologie und Spiritualität der beste Weg zur Erleuchtung. Religionen können oft im Dogma festhängen. Dann kommt man auf dem spirituellen Weg nicht voran. Die Psychologie hilft einem ein Gespür für sich selbst zu entwickeln. Dieses Gespür braucht man, um die persönlich effektiven Übungen zu finden. Die Spiritualität braucht man, weil man nur in der Erleuchtung vollständige innere Heilung finden kann.

Spannend war auch noch die Frage der Frau, die durch Tim zum Erwachen gekommen ist. Sie hatte Angst ihr Erwachen wieder zu verlieren. Tatsächlich verlieren die meisten Menschen ihr Erwachen wieder. Nur wenige bleiben nach der ersten Erfahrung dauerhaft in der Erleuchtung. Es gibt zwar Techniken wie die Meditation, den Kundalini-Yoga oder die Gedankenarbeit, durch die man immer wieder ins Erwachen kommen kann. Aber letztlich hindern einen die persönlichen inneren Verspannungen und geistigen Strukturen an der dauerhaften Erleuchtung. Man muss den langen Weg der beständigen inneren Reinigung gehen. Dann wächst man immer weiter auf dem spirituellen Weg. Dann kommt alles zu seiner Zeit. Wobei es natürlich auch hilfreich ist, spirituelle Retreats oder Erleuchtungskongresse zu besuchen.

(Bild von mir)

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