Swami Sivanandas Botschaft des göttlichen Lebens
20. Gnade Gottes (18)
Unberührbarkeit:
In den späten 50er Jahren kam eine Schweizerin namens Myriam Orr in den Ashram. Ein recht sonderbares Schauspiel erwartete sie dort: Ein älterer Mann, dem Anschein nach von guter Herkunft, das freundliche Gesicht voller Güte und Herzlichkeit, ein englischer Mantel oberhalb der nackten Füße, schritt dreimal im Kreis um einen armen, abgerissenen Mann, dessen Körper mehr schlecht als recht von einem zerrissenen Leinentuch gegen den kühlen Himalajawind, der durch das Flusstal blies, geschützt wurde. Nach der Umrundung verbeugte sich der ältere Mann vor dem vor Erregung zitternden Bettler, nahm ihn mit in die Küche des Ashrams, ließ ihm eine Mahlzeit servieren und aß dort zusammen mit seinem Gast etwas Reis. Danach sang er mit klangvoller Stimme einen vedischen Gesang über das Göttliche und die Brüderlichkeit unter den Menschen.
Der ältere Mann war niemand anders als der Meister, Swami Sivananda.
Später schrieb Frau Orr in dem Schweizer Journal ‚La Tribune de Genève’ über diese Ereignisse. In einem der vielen Interviews, die ihr vom Meister gewährt wurden, erklärte er ihr diesen Vorfall: „Den Mann, den du bei deiner Ankunft sahst, ist ein Unberührbarer. Er hat mich aufgesucht, weil er den nahenden Tod in sich spürte. Ich begrüßte ihn auf die uns überlieferte Art und lud ihn ein, in unserem Krankenhaus zu bleiben. Er ist sehr krank. Wir werden für ihn tun, was in unserer Macht steht und ihn während seines Leidens mit unserer Liebe umgeben. Es gibt nur eine Kaste, die Kaste der Menschheit.
Einen Menschen als ‚unberührbar’ abzustempeln ist schändlich und hat nichts mit Religion zu tun. Es ist ein Irrweg, ein Aberglaube, der immer noch seine Opfer fordert. Wir sollten alle dagegen ankämpfen, bis nichts mehr davon übrig ist, denn es gibt nur eine Kaste, die Kaste der Menschen.“
Myriam Orr fragte den Meister, ob er sich vor allen Unberührbaren, die in den Ashram kommen, verbeuge. Er antwortete ihr, dass es für ihn in dieser Hinsicht keine festen Regeln gäbe.
Und weiter: „Dieser Mann hat sehr viel durchlitten. Sein Herz, sein ganzes Wesen, ist mit einer Reinheit und Güte angefüllt, wie man sie nur selten sieht. Er hat noch niemandem etwas zuleide getan. Er sieht in jedem Wesen den Funken der Unendlichkeit.“
„So kennst du ihn schon seit langer Zeit, verehrter Swamiji?“
„Nein, ich sah ihn das erste Mal, als du hier ankamst.“
„Kannst du denn die Seele eines Menschen und sein gesamtes Leben so sehen wie ihre körperliche Hülle, Swamiji?“, fragte die Schweizerin.
„Jeder kann das! Jeder kann diese Kraft, wenn er es nur versucht, in sich entwickeln“, schloss der Meister.
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