Swami Sivanandas Botschaft des göttlichen Lebens
20. Gnade Gottes (19)
Gespräch mit einem Westler:
Ein amerikanischer Schüler des verstorbenen Paramahansa Yogananda war nach Indien gereist und besuchte nun den Meister. Zwischen den beiden entspann sich ein interessanter Dialog:
Amerikaner: „Swamiji, ich habe schon viel von dir gehört und auch einige deiner Bücher gelesen. Sie sind wirklich sehr inspirierend. So sehr, dass ich mir gewünscht habe, dich zu treffen. So kam ich direkt von Delhi hierher. Ich habe auch eine deiner Schülerinnen, Radha in Kanada, kennengelernt.“
Meister: „Welche Sehenswürdigkeiten hast du denn in Delhi besucht?“
Amerikaner: „Es gibt dort nicht viel zu besichtigen. Höchstens die rote Festung.“
Meister: „Das sind doch nur Steine, Schlamm und Zement. So etwas kannst du auch in den Staaten besichtigen. Suche stattdessen lieber die heiligen Männer Indiens auf. Gibt es denn noch welche in Delhi? Falls ja, dann gehe dorthin.“
Amerikaner: „Ja, Swamiji, du hast recht. Mir steht der Sinn auch nicht nach Sehenswürdigkeiten, denn ich bin hier, um in der Gegenwart von weisen Männern wie deiner Heiligkeit zu verweilen. Stimmt es, dass der Darshan heiliger Menschen einer suchenden Seele wie der meinen eine große Hilfe auf ihrem Weg ist? Was ist überhaupt der Nutzen von Darshan?“
Meister: „In der Gegenwart von Heiligen findest du Inspiration, Frieden und Wonne. Der Geist der Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit keimt in dir auf. Je mehr ein Aspirant von dieser Atmosphäre in sich aufnehmen kann, desto größer wird der Nutzen für ihn sein. Hat der Schüler einen reinen Geist, so wird er unvergessliche Eindrücke von dieser Begegnung mitnehmen.“
Amerikaner: „Stimmt es, dass ein Heiliger die Leiden seiner Schüler auf sich nehmen und so deren Prozess der Selbstverwirklichung beschleunigen kann? Im Christentum gibt es eine solche Vorstellung und, so weit ich gelesen habe, auch in manchen östlichen Religionen. Ist dem tatsächlich so?“
Meister: „Für einen Heiligen gibt es kein Leiden. Wie kann es für einen selbstverwirklichten Heiligen Leiden und Trübsal geben?“
Amerikaner: „Ich bin sicher, dass ein selbstverwirklichter Mensch in seinem spirituellen Bewusstsein jenseits allen Leidens ist, aber da er noch einen Körper besitzt, so muss es doch auch in einem solchen Fall noch körperlichen Schmerz geben.“
Meister: „Ja, der Körper fühlt den Schmerz. Dieses mitfühlende Leiden ist eine Tatsache. Der Guru nimmt das Prarabdhakarma (das aktivierte Karma; die Wirkung von Handlungen aus früheren Geburten, die sich im gegenwärtigen Leben auswirken) seiner Schüler auf sich, um deren Selbstverwirklichung zu beschleunigen. Er übernimmt aber nur das Leiden der Menschen, die durch den kosmischen Plan in Kontakt mit ihm kommen. Er kann und wird nicht das Leiden des gesamten Universums auf sich nehmen; das wäre unmöglich.
Welche Bücher liest du gerade? Was hast du bisher gelesen?“
Amerikaner: „Ich habe bisher einige deiner Bücher und einige von Swami Vivekananda gelesen; aber es scheint mir, als ob mir ein Übermaß an Theorie nicht wirklich weiterhilft. Yogananda, mein Guru, hat mich einige Techniken für das Sadhana gelehrt, die ich regelmäßig befolge. Ich denke, dass sie mir weiterhelfen. Wenn ich zu viele Bücher von verschiedenen Autoren lese, so verwirrt mich das nur. Es scheint so viele spirituelle Wege zu geben. Sollte man denn nur einem Pfad folgen oder kann man die verschiedenen Methoden miteinander kombinieren?“
Meister: „Ein Pfad reicht vollkommen aus. Folge ihm mit Ernsthaftigkeit, Fleiß und Beharrlichkeit, so wird dir Erfolg zuteil werden. Es ist wirklich wahr, dass ein Pfad ausreichend ist.“
Amerikaner: „Vielen Dank für deinen wertvollen Rat. Gerade diese Frage hat mich eine lange Zeit sehr gequält. Nun sind meine Zweifel beseitigt, Swamiji.
Ich glaube, es wird im Westen, besonders in den Vereinigten Staaten, ein durchgreifendes spirituelles Erwachen geben. Es bewegt sich zur Zeit dort sehr viel. Es gibt sehr viele spirituelle Institutionen dort, die sich an die Arbeit gemacht haben. Glaubst du, dass so ein Wiedererwachen wahrscheinlich ist?“
Meister: „Ja, nach dem materiellen Fortschritt ist ein Hang zum Philosophischen nur natürlich. Niemand kann mit materiellem Wohlstand allein zufrieden sein. Nur die spirituelle Wonne ist von Dauer und wirklich befriedigend. Amerika und der Westen werden sich immer mehr den spirituellen Idealen annähern. Sie müssen es einfach.“
Amerikaner: „Das ist eine sehr ermutigende Antwort von Euch, Euer Heiligkeit. Ich werde diese Nachricht mit mir nach Amerika tragen. Es gibt dort viele Menschen, die darauf warten.“
Der Meister ließ dem Besucher noch einige Kekse bringen, die ihm direkt in die Hand gegeben wurden. Der Meister erklärte: „Du musst sie ohne Teller und Tisch nehmen. Einfachheit ist eine große Tugend.“
Amerikaner: „Ja, Swamiji, wir haben alle diese aufgesetzten Konventionen satt. Wir mögen die Einfachheit Indiens.“
Danach wurden noch einige Bücher und Prasad verteilt. Der junge Mann dankte dem Meister von Herzen und verabschiedete sich.
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