Hallo liebe Yoga-Community,
ich habe eine Frage zu Bandhas. Ich würde diese gerne exakt ausführen, damit ich die damit verbundene Wirkung erfahren und mögliche Nebenwirkungen vermeiden kann.
Allerdings werden Bandhas, je nachdem welche Quelle man zu Rate zieht, unterschiedlich beschrieben. Deshalb würde ich mich rießig freuen, wenn jemand in diesem Forum ein bisschen erklären könnte, wie man die Bandhas ausführen sollte und wieso sich die Anweisungen so stark unterscheiden.
Im folgenden versuche ich mal, einige mir bekannte Varianten aufzuzählen.
Mula Bandha:
Swami Vishnudevananda schrieb dazu folgendes (von mir stark gekürzt): Linke Ferse fest an den Damm pressen. Schließmuskel des Afters kräftig zusammen ziehen. Mit der Kontraktion des Schließmuskels ziehe man auch die Bauchmuskeln ein. Mula bandha und Jalandhara bandha werden immer gleichzeitig und während des Atemanhaltens durchgeführt.
B.K.S. Iyengar schrieb in Licht auf Pranayama: Zentrum zwischen dem After und den Geschlechtsorganen zusammenziehen und senkrecht in Richtung Nabel anheben. Gleichzeitig wird der Bauch unterhalb des Nabels nach oben und nach hinten zum Rückgrat gepreßt. Es ist ein Unterschied zwischen dem Halten des Bauches in Uddiyana und dem in Mula Bandha. Beim ersteren wird der ganze Bereich vom After bis zum Zwerchfell nach hinten zur Wirbelsäule gezogen und angehoben. Beim letzteren jedoch wird nur der Damm- und Unterbauchbereich zwischen After und Nabel zusammen- und nach hinten zur Wirbelsäule gezogen und in Richtung Zwerchfell angehoben. Das zusammenziehen des Afterschließmuskels hilft bei der Beherrschung von Mula Bandha.
Yoga-Vidya: Hier habe ich unterschiedliche Varianten gehört. Manchmal wird gesagt, man solle die Beckenbodenmuskeln zusammenziehen, machmal nur die Anusschließmuskulatur, manchmal nur das Perineum, oder auch alles zusammen. Aber man solle VERMEIDEN den Bauch einzuziehen. (Ich weiß dass es vorderes, mittleres und hinteres Mula Bandha gibt. Aber was meint man, wenn man allgemein von Mula Bandha spricht?)
Fragen: Soll man nur das Perineum zusammen und nach oben ziehen? Soll man nur die Anusschließmuskulatur zusammen ziehen? Soll man den Unterbauch entspannt lassen oder soll man in auch nach innen ziehen? Soll man Mula Bandha immer zusammen mit Jalandhara Bandha anwenden?
Uddiyana Bandha:
Hochziehen des Bauches nach der Ausatmung. Bei Yoga-Vidya wird allerdings Uddiyana Bandha in Verbindung mit Mula Bandha und Jalandhara Bandha auch nach dem Einatmen durchgeführt. Dabei weiß ich allerdings nicht genau wie nach der Einatmung Uddiyana Bandha gesetzt werden soll. Manche sprechen davon, lediglich den Unterbauch etwas einzuziehen (Bis max. Nabelgegend). Das passiert fast autom. wenn man Mula Bandha setzt. Der restliche Bauch solle entspannt bleiben. Wenn es stimmt, dass man nach der Einatmung nur den Unterbauch leicht einziehen soll, ist das dann überhaupt noch Uddiyana Bandha?
Maha Bandha:
Viele sagen, dass Maha Bandha das Setzen aller drei Bandhas nach dem Ausatmen ist.
Bei Yoga-Vidya wird das aber auch nach der vollständigen Einatmung gemacht.
In weiteren Quellen steht, dass nach dem Einatmen nur Mula Bandha und Jalandhara Bandha angewendet werden soll. Wieso lehrt Yoga-Vidya hierbei auch Uddiyana Bandha anzuwenden? Swami Vishnudevananda schreibt, dass bei MULA Bandha ja der Unterbauch eingezogen werden soll. Deswegen könnte ich mir vorstellen, dass er beim Luftanhalten nach dem Einatmen nicht extra Uddiyana Bandha erwähnt, da der Unterbauch bei Mula Bandha ja ohnehin schon eingezogen ist. Könnte das sein? Aber wie gesagt, kann man das dann Uddiyana Bandha nennen, wenn man lediglich den Unterbauch leicht einzieht?
Fragen über Fragen.. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn sich jemand die Mühe macht mir bei diesem Thema weiterzuhelfen :-)
Für Antworten bedanke ich mich im voraus.
Antworten
Das finde ich auch, dass Uddiyana Bandha und auch viele andere Atemübungen oft nicht sorgfältig unterrichtet werden. Das ist umso seltsamer, da ja (wie du auch schreibst) immer darauf hingewiesen wird, nicht ohne einen Lehrer zu üben.
Verwirrend finde ich auch, dass immer betont wird die Technik genau auszuführen, damit keine gesundheitliche Probleme entstehen, aber die Techniken so unterschiedlich unterrichtet werden, dass es schon fast wieder egal ist, wie man es macht (zumindes kommt mir das so vor.)
Deswegen würde ich mir von Yoga Lehrern wünschen, genau zu erklären:
- wie man eine Technik ausführen sollte
- welche Variationen es gibt
- welche Wirkungen diese Variationen auf den Körper, Geist usw. haben
- welche Gefahren damit verbunden sind (z.B. nach Hyperventilation sinkt CO2 Spiegel, dadurch wird der Atemreflex verzögert und es kann bei langem Luftanhalten zu Schwindel oder Bewusstlosigkeit führen. So in etwa)
Vielleicht macht ja Sukadev mal ein ausführliches Video zu dem Thema? ;-)
(Oder es gibt schon sowas und ich habe es noch nicht gefunden)
Ich dachte erst, dass Sw.Satyananda und Iyengar es ähnlich unterrichten und nach dem Einatmen nur Jalandhara und Mula Bandha setzen (Uddiyana Bandha weglassen). Hatte mich schon gefreut, dass es hierbei eine Gemeinsamkeit bei den großen Yogameistern gibt :-)
Allerdings unterrichtet ja Sw. Satyananda Mula Bandha so, dass nur das Perineum hochgezogen wird und Iyengar unterrichtet es so, dass das Perineum und der Unterbauch eingezogen wird. Das ist ja im Prinzip mit Uddiyana Bandha - wenn auch nicht das vollständige.
Da bleibt wohl wirklich nur die Möglichkeit für sich selbst rauszufinden, was einem gut tut. Allerdings besteht dann hierbei die Gefahr, sich längerfristig gesundheitlich zu schaden ohne dass man es gleich merkt.
Wenn ich bspw. nach der vollständigen Einatmung alle drei Bandhas setze und versuche Uddiyana Bandha soweit es geht komplett zu machen (also mit dem gesamten Bauch und nicht bloß den Unterbauch einziehe), entsteht bei mir ein Druck im Kopf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gesund ist.
Auf deine erste Frage habe ich keine Antwort. Auch wenn man Mula Bandha auf das Perineum eingrenzt (das ist wohl die verbreitetste Ansicht), kann man es nach vorne, hinten und oben ausdehnen, wenn man das möchte. Die alten Quellen geben leider nur ungenaue Ausführungsanweisungen, auch was die Atmung betrifft. Heute sind Interpretation notwendig, und jeder sucht sich ohnehin seinen Yogastil aus, wo sich die Frage um richtig oder falsch erübrigt.
Auch bei der Wechselatmung gibt es verschiedene Ausführungsmöglichkeiten. Ich kann nur beschreiben, wie ich es mache, ohne damit behaupten zu wollen, es sei die einzig richtige Methode.
Im Bihar Yoga (nach Sw.Satyananda, ein Schüler von Sw.Sivananda) hat die Wechselatmung (Nadi Shodhana) mehrere Stufen, und ist in der Endstufe vierteilig: 1.einatmen 2.anhalten mit Jalandhara und Mula Bandha 3.ausatmen 4.anhalten mit allen 3 Bandhas. Das ist aber ein sehr fortgeschrittenes Stadium, für das man sich einige Jahre Zeit lassen sollte. Iyengar beschreibt es ähnlich (4-teilig und Uddiyana nicht nach dem Einatmen).
Uddiyana wird nicht immer sorgfältig genug unterrichtet. Ohne den Bauch zu entblößen kann man die Ausführung nicht sinnvoll vormachen oder beim Teilnehmer kontrollieren. Da gibt es manchmal Vorbehalte. Erst recht nicht kann ich dir schriftlich genaue Erklärungen geben. Es ist auch ein Unterschied, ob ich Uddiyana als eigene Übung z.B. 3 mal intensiv ausführe oder innerhalb einer längeren Nadi Shodhana-Übung 30 mal oder öfter. Beim intensiven Uddiyana geht der ganze Bauchbereich nach hinten und oben, die Rippen ragen hervor. Nach dem Einatmen geht das nur andeutungsweise.
Es wird immer wieder darauf hingewiesen, nicht ohne einen Lehrer zu üben, vor allem, wenn es sich um fortgeschrittenere Übungen handelt. Das steht auch eindeutig und sehr oft wiederholt in den alten Schriften. Nadi Shodhana wird idR anfangs ohne Luftanhalten gemacht und ist dann unproblematisch. Das Anhalten des Atems ist eine Belastung für Herz und Kreislauf und kann den Körper überfordern, auch bei jungen und gesunden Menschen, genauso wie das zu lange Ausdehnen der Atem- oder Anhaltedauer.
Danke, für deine Antwort. Jetzt macht das für mich schon etwas mehr Sinn. Ich versuchs mal so wiederzugeben, wie ich es verstanden habe.
Also laut Sw. Niranjan betraf früher Moola bandha den Bereich, der im Gebiet des Mooladhara Chakra liegt. Nämlich der gesamte Beckenboden inkl. Unterbauch bis hin zum Nabel.
Dahingegen meint man heutzutage meistens nur das Perineum wenn man von Mula Bandha spricht und sagt alle anderen Bereiche wie vorderes, hinteres Mulabandha und Uddiyana Bandha extra mit an.
Mit der Begründung könnte ich leben ;-)
Ein paar Fragen habe ich aber noch:
Wieso ist man dazu übergegangen Mula Bandha auf einen kleineren Bereich (Perineum) einzugrenzen, wenn es doch eine viel stärkere Wirkung hat, den gesamten Beckenboden inkl. Unterbauch anzuspannen?
Wenn bei Yoga-Vidya bspw. bei der Wechselatmung angesagt wird, nach der vollständigen Einatmung alle drei Bandhas zu setzen, wie genau soll man das dann machen bzw. was würdest du empfehlen?
- Mula Bandha: nur das Perineum anspannen oder den gesamten Unterboden (also vorderes, mittleres und hinteres Mula Bandha)
- Uddiyana Bandha: Unterbauch bis Bauchnabel leicht einziehen, stärker einziehen (fully contracted), oder sogar noch den mittleren Bauch?
- Jalandhara Bandha setzen
Wieso hast du am Ende geschrieben "Uddiyana: nur nach vollständiger Ausatmung."? Ich finde das passt nicht ganz zum vorherigen Text.
Danke & Viele Grüße
In den verschiedenen Yogatraditionen werden die Bandhas (und auch andere Übungen) z.T. unterschiedlich beschrieben und ausgeführt. Je präziser die Anweisungen sind, umso deutlicher treten die Unterschiede hervor. Ich würde aber nicht die eine oder andere Ausführung als falsch bezeichnen, sondern empfehlen, entweder einer Traditionslinie zu folgen oder für sich selbst die geeignetste Form herauszufinden. Manchmal sind die Unterschiede lediglich in verschiedenen Benennungen begründet. Z.B. was bei Yoga Vidya vorderes, mittleres und hinteres Mula Bandha heißt, entspricht im Bihar Yoga in etwa Vajroli Mudra, Mula Bandha und Ashvini Mudra.
Zu Mula Bandha:
Nach "meiner" Tradition bei Männern nur das Perineum kontrahieren, bei Frauen eine Stelle weiter im Körperinneren. Die Ferse an den Damm zu drücken erleichtert das Erfühlen dieser Kontraktion, ist aber nicht notwendig, ebensowenig wie die anderen Bandhas damit zu kombinieren. Weil es nicht so einfach ist, das Perineum isoliert (ohne die Schließmuskeln) zu kontrahieren, gibt man Anfängern oft die Anweisung, den ganzen Beckenboden zu kontrahieren und nach und nach den Bereich auf das Perineum zu reduzieren.
Das Zitat von Sw. Vishnu kenne ich aus der Hatha Yoga Pradipika (3.61f), in der Gheranda Samhita ist eine ganz ähnliche Beschreibung. Ich zitiere aus der von Sw. Niranjan kommentierten Ausgabe:
"The left heel is pressed into the perineum, close to the anal passage. The asana referred to here is siddhasana for men or siddha yoni asana for women, which specifically influence mooladhara chakra. The effect of moola bandha is exerted on mooladhara chakra. In more advanced practices there is more a psychic than a physical focusing at mooladhara.
It should be first understood that the area influenced by mooladhara chakra includes the anal and urinary tract. The practice described by Sage Gheranda states that the anus and navel region should be fully contracted. This is a very strong practice and combines two bandhas (moola bandha and uddiyana bandha) and two mudras (vajroli/sahajoli and ashvini mudra) in today's terminology.
The technique generally known as moola bandha today is more specific. The moola bandha trigger point, at the perineum in men or at yoni greeva, the opening to the womb, in women, is contracted, but there is no attempt to draw the navel close to the spinal column unless uddiyana bandha is specified as an additional technique.
Also, generally speaking, in the practice of a bandha a state of pressure or focussing is contiunally maintained. Contracting and releasing is more indicative of a mudra, while the meaning of bandha is to hold that focus, lock it and maintain that lock as long as possible."
Uddiyana: nur nach vollständiger Ausatmung.
Ich hoffe, daß all dies dich nicht noch mehr verwirrt. Durch die Praxis wirst du das für dich richtige herausfinden.