Upaguru, wörtlich: der Unter-Guru

Upaguru ist der Lehrer, der einem etwas beibringt. Es gibt verschiedene Arten von Gurus. Guru ist der Lehrer, Guru heißt wörtlich „der Schwere“, Guru ist auch ein Name des Planeten Jupiter. Guru ist derjenige, der Tiefe ins Leben bringt. Guru ist der spirituelle Lehrer ganz besonders. Und so gibt es zwei Arten von Gurus, es gibt Sadguru und Upaguru. Der Sadguru ist der Weisheitslehrer, Sadguru hat Sat, die höchste Wahrheit erfahren, er hat die höchste spirituelle Erleuchtung erlangt. Oder in anderen Traditionen, er hat die Wahrheit erfahren, auch ohne sie vollständig verwirklicht zu haben. Das ist der Sadguru.

Dann gibt es den Upaguru und der Upaguru bringt dir etwas bei. Auf eine gewisse Weise, jeder Yogalehrer ist dein Upaguru, er bringt dir die Asanas, PranayamaTiefenentspannung bei. In einem noch weiteren Sinne ist jeder, von dem du etwas lernst, dein Upaguru. Wenn du z.B. Englisch lernst, dann ist dein Englischlehrer dein Englisch-Upaguru. Wenn du Häkeln lernst, hast du einen Häkel-Guru, der ist auch ein Upaguru. Im engeren Sinn ist Guru spiritueller Lehrer, aber auch als spiritueller Lehrer gibt es den Sadguru, der die höchste Wahrheit verwirklicht hat, und den Upaguru, der dir die kleinen Dinge auf dem spirituellen Weg beibringt. Normalerweise ist gut, einen Sadguru zu haben. Der muss auch nicht im physischen Körper sein. Z.B. mein Sadguru ist Swami Sivananda, von ihm fühle ich mich geführt. Der Sadguru führt einen auf subtile Weise. Aus dem Leben des Sadgurus weißt du, wie du die spirituellen Praktiken umsetzen kannst, du fühlst dich inspiriert. Du kannst auf das Bild des Sadgurus meditieren, du kannst dir vorstellen, in seiner Gegenwart zu sein, du kannst zu ihm beten, um Hilfe bitten.

Dann ist aber auch gut, einen Upaguru zu haben oder einige Upagurus zu haben. So habe ich verschiedene Menschen gehabt, die mir Asanas beigebracht haben, Pranayama beigebracht haben, die mir die Yogalehrerausbildung gegeben haben und vieles andere. Ein Zwischending zwischen Upaguru und Sadguru war für mich der Swami Vishnu-devananda. Swami Vishnu hat immer abgelehnt, sich als Sadguru zu bezeichnen oder als solcher bezeichnet zu werden, weil er meinte, er hat noch nicht die höchste Wirklichkeit erfahren. Aber Swami Vishnu-devananda war mehr als nur jemand, der einem was beigebracht hat. Es gab schon diese spirituelle Beziehung und ich habe sie bis heute, das Gefühl, dass er da ist, das eine spirituelle Verbindung da ist, dass von ihm Gnade, Segen, LichtHeilung ausgeht, und dass Swami Vishnu Shaktipat, Shakti Sangha machen kann, also Energie übertragen kann.

Also, Swami Vishnu war für mich so etwas wie eine Mischung oder ein Zwischending zwischen Upaguru und Sadguru und ist es auch bis heute. Obgleich ich fast sagen kann, heute ist Swami Vishnu ähnlich wie Swami Sivananda ein Sadguru, zu dem ich diese tiefe spirituelle Beziehung habe. In diesem Sinn, Upaguru, eben der kleinere Guru, der Unterguru, von dem du etwas lernen kannst und den du trotzdem mit Ehrerbietung und Respekt behandeln solltest. Das ist auch etwas Wichtiges, was westliche Aspiranten oft vergessen. Wenn du von jemandem etwas lernen willst, dann gilt es, ihn mit Ehrerbietung zu behandeln. Du behandelst nicht ihn als Person so mit Ehrerbietung, sondern als Repräsentant der Lehrer. Wenn du etwas wissen willst, dann behandle den Mensch, von dem du etwas wissen willst, mit großer Ehrerbietung. Nicht durch Schimpfen, nicht durch Kritik lernst du mehr, sondern indem du mit Demut und Ehrerbietung darum bittest, dass du etwas lernst. Und wenn du von einem Lehrer nicht so gut lernst, vielleicht behandelst du ihn nicht mit ausreichend Ehrerbietung.

In indischer Spiritualität werden auch die Upagurus mit großer Ehrerbietung behandelt. Ich kann mich erinnern, ich war mal in einem Yogazentrum, in meinen ersten Jahren habe ich dort gelebt, und dort kam einmal so ein Swami ins Haus und die Leiterin des Zentrums hat ihn sehr freundschaftlich behandelt gehabt und wir haben miteinander Spaß gehabt, wir haben miteinander Witze gemacht, wir haben zusammen gegessen und sogar Eis gegessen und Pizza gegessen und es war alles sehr schön. Ein paar Monate später kam der gleiche wieder und der gleiche sollte diesmal einen Vortrag halten, ein Seminar geben. Und plötzlich wurde er mit großer Ehrerbietung behandelt. Wir haben herausfinden müssen, was sind seine Lieblingsspeisen, wir haben Blumen aufs Zimmer gegeben, wir haben ihn mit Ehrerbietung behandelt. Und da habe ich erst gedacht, was ist denn jetzt los?

Vor ein paar Monaten war er da und da war der so einfach und wir haben einfach Spaß miteinander gehabt. Und jetzt war plötzlich dieses ganze Brimborium um ihn herum. Und dann wurde mir gesagt, vorher kam er so wie ein Gurubhai, wie ein Freund. Jetzt kommt er als Upaguru, als spiritueller Lehrer. Wenn wir etwas von ihm lernen wollen, dann müssen wir ihn mit großer Ehrerbietung behandeln. Und er hat die tollsten Vorträge gegeben und ich habe mich sehr tief spirituell inspiriert gefühlt. Jetzt war er nicht einfach nur ein Freund, er war ein spiritueller Lehrer. Indem wir ihn behandelt haben wie einen spirituellen Lehrer, konnte er auch spirituelle Weisheit von sich geben. Ich wusste vom vorigen Besuch, dass er auch seine Macken hatte und er hat ja auch einiges sehr freimütig erzählt. Aber indem wir ihn behandelt haben wie einen Upaguru, also nicht wie den Satguru, den Selbstverwirklichten, aber doch ehrerbietig behandelt haben, konnte Weisheit durch ihn hindurchgehen.

So kannst du selbst überlegen, bist du wirklich respektvoll und demütig gegenüber den Menschen, von denen du lernen willst. Jeder Mensch, auch der, der was Kleines beibringt, ist ein Upaguru. Und selbst wenn es noch nicht mal was Spirituelles ist, behandle die, von denen du lernen willst, mit Ehrerbietung, so kannst du mehr lernen. Upaguru, also der Unterguru, der Guru, von dem du etwas lernst.

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