Tapas – spirituelle Disziplin

Ich schlage das Buch auf „Göttliche Erkenntnis“ von Swami Sivananda und es hat aufgeschlagen auf „Tapas“. Tapas heißt – schwierig zu übersetzen – wörtlich heißt Tapas Hitze, Energie. Tapas wird manchmal übersetzt als Askese. Tapas wird manchmal übersetzt als Disziplin. Tapas heißt auch, etwas zu tun, egal, ob man es gerade will oder nicht. Tapas ist auch ein Name für intensive spirituelle Praxis.
Ich lese ein paar Sätze, was Swami Sivananda dort schreibt:
„Das Wesen von Tapas. Tapas ist das dritte Glied von Niyama im Raja Yoga. Tapas ist auch einer der drei Teile im Kriya Yoga. Tapas bedeutet Askese. Tapas reinigt den unreinen Geist. Tapas erneuert die niedrige Tiernatur und lässt die göttliche Natur entstehen. Tapas reinige den Geist und überwindet Gier, Ärger, Habsucht usw. Tapas schafft Brahma Tejas, das Strahlen von Brahman, und überwindet die niedere Natur. Tapas beseitigt Tamas, also die Trägheit, und Rajas, also Unruhe, und steigert Sattva, also Reinheit. Tapas beruhigt den Geist und lässt ihn am Ewigen haften. Tapas bringt die nach außen gehenden Tendenzen zum Stillstand, die Extraversion, auch Anta Mukta Vritti genannt. Tapas überwindet die Vasanans, die Wünsche, das Ichdenken und Raga, Dwesha, Mögen und Nichtmögen, und bringt Verhaftungslosigkeit, Unterscheidungskraft hervor und führt zu tiefer Meditation. Tapas ist spirituelle Disziplin. Tapas ist letztlich Gottesverehrung, Sadhana und Meditation.“
Also, Swami Sivananda lobt hier Tapas über alle Maßen und vermutlich deshalb, weil die modernen Aspiranten – und das begann schon zu Swami Sivanandas Zeit – so ein bisschen mehr Wohlfühlaspiranten werden. Versteht ihr das? Viele Menschen denken, Yoga sei Wohlfühlen, wenn man so ein bisschen Yoga macht. Wir haben ja auch Yoga-Wohlfühlwochen und Ayurveda Wellnesstage und auf eine gewisse Weise ist das Yoga ja auch, mindestens in den Anfangsstadien. Man lässt es sich gutgehen, man spürt in seinen Körper, man fühlt sein Herz und spürt den Atem, man lässt sich in der Ayurveda Oase verwöhnen oder man geht spazieren, macht die Asanas, die einem Spaß machen, lernt, ein bisschen Kontakt aufzunehmen zu der inneren Intelligenz und irgendwo fühlt man sich wohl. Das ist ein wichtiger Aspekt, aber wenn es darum geht, wir wollen zur Selbstverwirklichung kommen, dann reicht es nicht aus. Da müssen wir auch mal bewusst etwas tun, was unser Geist nicht mag. Nicht umsonst sagt Patanjali im Yoga Sutra: Das Mittel, um Kleshas, leidverursachende Verhaftungen zu überwinden, ist Tapas. Gut, auch noch Svadyaya und Ishvara Pranidhana, aber zunächst Tapas, damit fängt es an. Und Tapas in diesem Sinne heißt durchaus, das zu tun, was man weiß, was gut ist für den spirituellen Weg, unabhängig davon, ob man es mag oder nicht. Disziplin ist vielleicht das, wie man heute Tapas übersetzen würde. Man steht morgens auf und meditiert, ob man mag oder nicht. Man macht seine Asanas und Pranayama, ob man mag oder nicht. Man verzichtet darauf, Fleisch zu essen, ob man jetzt Lust auf Fleisch hat oder nicht. Man tut seine Aufgaben und Pflicht, ob man jetzt gerade wieder Lust dazu hat oder nicht. Wenn man das jetzt zu weit führen würde, dann wäre es trockene Disziplin. Aber es gibt natürlich den anderen Aspekt des Herzens und so, es gibt dann Ishwara Pranidhana, Svadyaya und natürlich auch noch Maitri Bhavana, also Wohlwollen, Mitgefühl, Liebe. Also, Tapas allein würde einen vielleicht eher hart machen. Aber Tapas muss man immer zusammen im Kontext sehen zu dem vielen anderen. Nur, wir müssen aufpassen, wenn es uns darum geht, zu einer höheren Wirklichkeit zu kommen, wenn es uns darum geht, wirklich Gott dauerhaft zu erfahren, dass wir nicht nur Wohlfühlyogis sind, sondern dass wir wirklich sagen: „Ich will das tun, was nötig ist, um zum Höchsten zu kommen. Und ich will dazu auch bereit sein, den Vergnügungsgeist, Gewohnheitsgeist oder beim Vata Menschen dem ständig auf neue Ideen komm Geist zu widerstehen, um das zu tun, was nötig ist, um Brahman zu erfahren. Und dazu, eine einfache Form von Tapas heißt, öfters mal ganz bewusst nicht zu tun, was der Geist will, nur deshalb, weil der Geist es will. Oder etwas nicht tun, was der Geist will, nur deshalb, weil es der Geist will, und etwas tun, was der Geist nicht will, allein deshalb, weil er es nicht will. Das gibt Stärke, das gibt letztlich nachher die Fähigkeit, den Geist zu beherrschen, zu meditieren letztlich und zu Brahman zu kommen.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3

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