Prakriti hat in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Bedeutung. So ähnlich wie im Deutschen das Wort „Natur“ ja auch sehr unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Prakriti – Natur. Es ist insgesamt die Natur – Natur, Schöpfung, Materie, Welt, all das ist Natur. Jetzt gibt es bestimmte Systeme, wo Prakriti von besonderer Bedeutung ist. Zum einen im Sankhya-System. Sankhya ist eine der großen Philosophiesysteme. Shat Darshanas – eine der sechs großen klassischen Weltanschauungen. Und die Sankhya-Philosophie postuliert zwei Hauptprinzipien, Prakriti und Purusha. Prakriti - die Natur, Purusha – das Bewusstsein. Und die ganzen Erfahrungen sind ein Zusammenspiel von Prakriti - die Natur, und Purusha – Bewusstsein.

Du bist in Wahrheit Purusha, reines Bewusstsein. Du hast einen Körper und eine Psyche, und Körper und Psyche sind Teil der Prakriti. Die ganze Welt ist eine große Prakriti. Du hast Teil an dieser großen Prakriti, und so hast du eine kleine Prakriti. Körper, Psyche, Persönlichkeit, Fähigkeiten, Neigungen, Emotionen, all das ist dein Teil der Prakriti. Also, im Sankhya-System, Purusha und Prakriti als Bewusstsein und Materie, die ganze Natur, letztlich Materie. Als zweites findest du die Prakriti auch in der Bhagavad Gita.

In der Bhagavad Gita verwendet Krishna den Ausdruck „Prakriti“ in zweierlei Kontexten. Zum einen verwendet Krishna Prakriti auch so wie die Sankhya-Philosophie als Gegenpol zu Purusha. Purusha – Bewusstsein, Prakriti – die Natur und die Welt. Zum zweiten verwendet Krishna Prakriti aber auch als Aussage für die Natur des Menschen, deine individuelle Natur, insbesondere deine tiefe Persönlichkeit, deine tiefen Herzensneigungen nennt Krishna Prakriti. Und er sagt: „Der Mensch muss seiner Prakriti folgen, er muss dem folgen, was er tief im Herzen ist. Er hat nur eine beschränkte Möglichkeit, sich selbst zu beherrschen.“ Man sollte natürlich äußere Wünsche beherrschen, man sollte nicht Sklave von Raga und Dwesha werden, man sollte nicht Emotionen wie Gier, ÄrgerEifersucht usw. einfach folgen. Aber darüber hinaus hat der Mensch eine Wesensnatur, eine Prakriti, und dort gilt es, diese Prakriti zu leben, auf eine sattvige Weise, eine reine Weise, im Dienst an Gott, im Dienst an den Menschen. Jeder Mensch ist anders, er muss schauen: „Wie kann ich den spirituellen Weg gehen? Wie kann ich meine Fähigkeiten und Talente einbringen? Und wie kann ich lernen, auf meine Natur zu hören, Prakriti?“ So hat also die Bhagavad Gita diesen zweifachen Aspekt von Prakriti, die kosmische Prakriti und die individuelle Prakriti. 

Ayurveda richtet jetzt besonderes Augenmerk auf die individuelle Prakriti. Die individuelle Prakriti ist ein bestimmtes Zusammenspiel der drei Doshas, VataPitta und Kapha. Vata – Luftprinzip, Pitta – das Feuerprinzip, Kapha – das Erd-Wasser-Prinzip. Und manche Menschen haben eine Prakriti, die ist mehr luftig, leicht und voller Energie und Freude und irgendwo voller Ideen und Kreativität – luftig. Dann gibt es solche, die haben mehr eine feurige Prakriti, Enthusiasmus, Begeisterung, Durchsetzungsvermögen, können aber auch zu Ärger und Zorn neigen, können auch neigen dazu, enthusiastisch Menschen zu begeistern, sind leistungs- und anspruchsvoll. Das ist die feurige Prakriti, Pitta Dosha. Dann gibt es Menschen, die sind mehr Kapha Dosha, gemütlichere Menschen, freundlich, gemütlich, etwas behäbig, aber doch langfristig können sie viel bewirken. Das ist jemand, der eine Kapha Dosha hat und damit eine Prakriti, die von Kapha Dosha geprägt ist. Andere haben alle drei Doshas oder zwei Doshas und es heißt, dass die Grund-Dosha von Geburt an bestimmt ist, mindestens zu einem gewissen Grad. Im Lauf des Lebens wird dann mal die eine Dosha oder andere etwas stärker, ein anderer Teil der Prakriti wird stärker.

Zusätzlich zur Prakriti im Ayurveda gibt es auch Vikriti. Vikriti ist die gestörte Natur. Vi ist das Gegenteil. Vikriti, die gestörte Natur. Wenn also jemand eigentlich von Natur aus Kapha ist, freundlich und mitfühlend und gemütlich, und muss er tausend verschiedene Dinge gleichzeitig machen, dann wird er plötzlich Vata-Störungen bekommen. Er hat dann eine Vata Vikriti. Und wenn Vata Vikriti ist, kann auch ein Kapha Mensch eben Vata-Störung haben. So gilt es, zu lernen, seiner Prakriti zu folgen, seiner Prakriti gemäß zu leben, ohne es zu übertreiben. Denn wenn du viel Vata hast, kannst du auch zu einer Vikriti kommen, übersteigertes Vata. Seiner Prakriti zu folgen, seiner Natur zu folgen, dabei aber nicht verhaftet zu sein, gleichzeitig rein zu sein, das ist dann die Kunst des spirituellen Lebens. So sagt es eben auch Krishna: „Folge deiner Prakriti, deiner Natur. Werde aber nicht Sklave von Mögen und Nicht-Mögen. Und bringe alles Gott dar. Und mache alles auf sattvige, auf reine, Weise.“ Prakriti – Natur. Prakriti – Schöpfung. Prakriti – Welt und Materie. Prakriti – die individuelle Natur und die kosmische Natur.

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