Pitris, die Vorfahren, die Ahnen, auf Sanskrit Pitraha. Es gibt verschiedene Traditionen weltweit, wo den Ahnen eine besondere Bedeutung zugewiesen wird. Nach dem physischen Tod bist du nicht tot und deine Ahnen auch nicht, sondern sie sind in einer Loka. Es gibt sogar eine eigene Loka, die so genannte Pitri Loka, das ist die Ebene der Ahnen, die Ebene der Vorfahren. Auf Pitri Loka, dort sind deine Vorfahren, und diese Vorfahren schicken auch Freundlichkeit zu dir. Und umgekehrt, wenn du spirituell praktizierst, dann schickst du Energie auch zu deinen Vorfahren. Es heißt, ein spiritueller Mensch kann durch seine Praxis Menschen sieben Generationen vor ihm und sieben Generationen nach ihm Glück schenken.

Wenn du also spirituell praktizierst, solltest du niemals denken, dass du egoistisch bist. Indem du praktizierst, gibst du denen, die schon gestorben sind, Kraft, du schickst ihnen tatsächlich Prana, du hilfst ihnen aber auch, einen Sinn im Leben zu sehen. Und gleichzeitig, wenn du spirituell praktizierst, vielleicht noch mehr, wenn du spirituelle Erfahrungen machst, vielleicht sogar zum Heiligen, zum Gottverwirklichten, Selbstverwirklichten wirst, dann bist du ein Beispiel für deine ganze Familie. Und selbst wenn deine Familie momentan es nicht gut findet, dass du Yoga praktizierst und so viel Zeit mit Meditation verbringst und immer wieder in den Ashram gehst, die Familie hat etwas davon, und langfristig wird sie es auch merken. Spätestens wenn jemand stirbt, dann wendet er sich an den in der Familie, der spirituell praktiziert, denn sie merken es von der anderen Ebene aus, dieser Mensch leuchtet, dieser strahlt. In diesem Sinne, als spiritueller Aspirant gibst du auch Kraft und Trost deinen Pitris oder deinen Pitrahas, also deinen Vorfahren. Und auch deine Nachfahren werden dich als Pitri haben und werden von dir Energie bekommen. Umgekehrt ist es auch gut, mit seinen Pitris mit Ehrerbietung umzugehen.

Es ist auch schon gut, Vater und Mutter zu ehren, wie wir das auch in der jüdisch-christlichen Tradition kennen. Selbst wenn Vater und Mutter nicht immer vollkommen sind und vielleicht mancher der Leser, vielleicht du, vielleicht jemand anderes, eine sehr schwierige Kindheit hatten, wo sich nicht die Eltern so verantwortungsbewusst verhalten haben. Die meisten haben liebevolle Eltern gehabt, deren wichtigstes Anliegen war, ihren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen und ein gutes Leben zu ermöglichen. Und selbst wenn sie das nicht waren, mindestens haben die Eltern ein physisches Leben ermöglicht. Deshalb kannst du ihnen dankbar sein, deshalb kannst du ihnen Ehrerbietung erweisen. Und genauso auch solchen, die vor dir waren.

Jetzt im Yoga selbst identifizieren wir uns nicht so viel mit den Pitris und die Tradition, aus der ich stamme, ist ja eher eine monastische Tradition, wo die Meister wenig über ihr früheres Leben gesprochen haben, also Leben vor ihrer Sannyas-Weihe, also bevor sie Mönch geworden sind. Manchmal beschreiben sie noch, wie sie auf den spirituellen Weg gekommen sind. Und so ist dieser Teil etwas weniger bei uns, wo man auch sagt: „In Wahrheit ist Gott dein Vater, ist die Göttin deine Mutter, alle Menschen sind deine Freunde.“ So wie es diese Aussage gibt: „Mata Cha Parvati Devi, Pita Devo Maheswarah Baandava Shiva Bhaktyascha Bandhava Shiva Bhakta Cha Swadesho Bhuvanatrayam Namah Parvati Pataya Hara Hara Mahadev. Die göttliche Mutter ist meine Mutter, Parvati. Der göttliche Vater, Shiva, Mahadeva, ist mein Vater.

Alle Menschen, die letztlich Gott verehren oder von Gott durchdrungen sind, sind meine Verwandten. Ehrerbietung dem Shiva, Ehrerbietung der Parvati, Ehrerbietung allen in dieser Welt.“ Das kannst du auch umgekehrt sagen, du kannst auch sagen: „Meine Mutter ist wie Parvati, mein Vater ist wie Shiva, und alle meine Verwandten sind letztlich Geschöpfe Gottes.“ In diesem Sinne, je nachdem, wenn du eine enge Familienzusammengehörigkeit hast, dann kannst du sagen: „All meine Verwandtschaft sind letztlich Manifestationen des Göttlichen.“ Wenn du keine so enge Verwandtschaft hast, dann kannst du sagen: „Gott ist mein Verwandter, Gott ist mein Vater, Mutter, Geschwister, Verwandte, Freunde, Freundinnen, alles.“ Und so auch Pitris – eine Möglichkeit wäre, mit den Pitris umzugehen, oder Pitrahas, sie zu ehren, an sie zu denken.

Es gibt sogar bestimmte Tage im Jahr, wo du besonders an die Pitris denken kannst. In der christlichen Tradition, insbesondere in der katholischen Tradition, ist das der Allerseelentag, am 31. Oktober. Manchmal macht man es auch an Allerheiligen, am 1. November. Und auch in Indien gibt es spezielle Tage, wo man Pujas macht für die Verstorbenen, für die Menschen, die Vorfahren sind. Du kannst dich entscheiden, willst du das tun, willst du dich auf deine Verwandten, deine Vorfahren einstimmen, das ist eigentlich eine Form des spirituellen Weges. Oder du kannst sagen: „Ich will mich nicht identifizieren mit dem, was mit meinem physischen Körper zusammenhängt. Die ganze Welt ist mein Zuhause. Alle Menschen sind meine Brüder und Schwestern, Gott ist mein Vater, die göttliche Mutter meine Mutter.“ Pitris - also Vorfahren, Pitris – die Ahnen.

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Kommentare

  • @Claudia, ob Herr Goethe das Meinte - kann jeder sehen wie er kann, der Ursprung eines jeden Menschen Wurzel ist die Liebe und die Phantasie befähigt den Menschen die Richtung einzuschlagen die er möchte. Geht aber von eingentlichen Theme ab, nämlich die Eltern und Ahnen Ehren !

  • Unsere Wurzeln sind das wo wir herkommen - wir nehmen damit die Energie unserer ganzen Ahnenreihe auf. Unsere Flügel sind das was uns befähigt selber zu entscheiden wo wir hin wollen und das auch zu tun.
  • @Claudia, in erster Linie sind es immer die Eltern, die auf unsere mögliche Inkarnation erziehend Einwirken. Dann kommt der erweiterete Radius, von dem Du sprichst. Die Wurzel von allem ist die Liebe und Flügel ist die schöpferische Vorstellungskraft. Die Ahnen sind eine Aufeinanderfolgende Kette deiner Eltern - Ahnen.

  • „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“

    Johann Wolfgang von Goethe

    Und genau dafür kann man seine Ahnen ehren - auch die Eltern - und dies weitergeben an die Kinder und die nächsten Generationen.
  • @D.Jahnke, ich verstehe nicht ganz wie du das meinst. Meine Entwicklung haben doch viele Menschen und Ereignisse beeinflusst und ermöglicht, nicht nur die von Generation zu Generation weitergegebenen aber auch da veränderten Muster und Verhaltensweisen in einer Familie und Kultur. Oder?
  • @Claudia, deine Ahnen sind die, die Dir deine Weiterentwicklung emöglicht haben. Wenn Du über das Prinzip deines Lebensnetz nachdenkst, bleibt die gleiche Erkenntnis zurück nämlich die, der informativen Erziehung.

  • Hallo zusammen. Ein sehr schöner Vortrag, wie ich finde. Nun frage ich: wie geht ihr denn konkret mit diesem zunächst ja etwas theoretischen Wissen um?

    Wenn ich z.B. höre "man soll seine Eltern ehren", so sind das zunächst ja erstmal nur hohle Worte solange man keine Erfahrung dazu verinnerlicht hat. Und ganz so einfach geht das auch nicht, ich denke das ist ein Prozess, so in etwa:

    1. Loslassen
    2. Verstehen
    3. Verzeihen
    4. Anerkennen
    5. Respekt entwickeln
    6. Ehren

    Oder wie seht ihr das? Dann kann man sehen bis zu welcher Stufe man schon gekommen ist.

    Und bei den Kindern?

    Und bei entfernteren Verwandten?

    Kenne ich denn meine Ahnen? Über 7 Generationen - wie sie gelebt haben?

    Und was ist mit den Nachfahren - über 7 Generationen?

    Würde mich freuen über zahlreiche Antworten.

    Schöne Grüße
    Claudia
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