Parashurama ist einer der zehn Avatare von Vishnu, der Dasha Avatare. Dasha heißt zehn, Avatar ist eine Inkarnation von Vishnu. Und Vishnu hat zehn Haupt-Avatare und noch einige Amsha Avatare, also Teil-Avatare. Und Parashurama ist der sechste Avatar. Parashurama wird genannt „Rama mit der Axt“. Parashu heißt Axt, Rama – der Rama mit der Axt. Nach ihm kam dann Raghu Rama, also der Rama aus der Raghu-Dynastie. Der Parashurama kam vor Raghu Rama, aber Parashurama hat noch gelebt als Raghu Rama sich inkarnierte.

Also, Vishnu hat sich gleichzeitig inkarniert als Parashurama und als Raghu Rama. Raghu Rama, das ist der, mit dem du vertrauter bist, das ist der Mann von Sita, das ist derjenige, den Hanuman  verehrt hat, das ist der, der aus dem Königreich ins Exil geschickt wurde und dann wieder zurückgekommen ist, dessen Brüder, Rama und Bharata, auch recht bekannt sind. Parashurama ist weniger bekannt. Parashurama, sechste Inkarnation. Die fünf Inkarnationen vorher sind ja: Matsya Avatar - der Fisch-Avatar, dann Kurma Avatar – Schildkröten-Avatar, dann als nächstes kommt Varaha Avatar – der Eber-Avatar, dann folgt Narasimha Avatar – der Menschlöwe, dann folgt Vamana Avatar – das ist der Zwerg, also Vishnu inkarniert sich als Zwerg, und dann folgt schon als sechster Parashurama – Rama mit der Axt, als siebtes folgt dann Raghu Rama oder einfach nur Rama, als achtes Krishna, als neuntes dann Buddha, und der zehnte Avatar ist noch nicht gekommen, der zehnte Avatar ist dann nämlich Kalki, der am Ende des Kali Yugas kommen wird.

Jeder der Avatare hat eine bestimmte Aufgabe gehabt, um die Welt weiter voranzubringen. Man kann sagen, erstmal Matsya Avatar, ist erstmal das Leben im Ozean. Dann folgt Kurma Avatar und Kurma Avatar – Schildkröte ist der Übergang vom Wasserleben zum Landleben. Dann folgt der Varaha Avatar, also der Eber-Avatar, das sind die ersten Tiere an Land. Dann, aus diesen Tieren an Land, kommt dann als nächstes der Narasimha, halb Mensch, halb Löwe, vielleicht der Übergang von der Tierwelt zur Menschenwelt, vielleicht die Australopitheci oder wie auch immer man es nennen will. Und daraus kommt dann Vamana Avatar – der Zwerg-Avatar, vielleicht die ersten Menschen, die aus Afrika kamen und in Afrika waren, die waren nämlich noch kleiner als der heutige Mensch. Dann folgt irgendwann Parashurama und er ist der, man könnte sagen, der Entwickler der Landwirtschaft, bezeichnet das Sesshaftleben, steht symbolisch für die Landwirtschaft oder was heute genannt wird, die neolithische Revolution. Wie in der Jungsteinzeit die ersten größeren Siedlungen entstanden sind, Ackerbau betrieben wurde und der Mensch nicht mehr als Jäger und Sammler durch die Gegend gehen musste.

Danach folgt dann Raghu Rama und Raghu Rama war König. Er steht also für das Entstehen von größeren Staatswesen, für Regierung von größeren Ländern, von größeren Königreichen, letztlich, dass Menschen sich zusammengeschlossen haben zu größeren Gemeinschaften, nicht nur Stammesgemeinschaft wie vorher, nicht nur Dorfgemeinschaft wie als nächstes, wofür Parashurama steht, sondern größere Staatsgebilde, innerhalb derer idealerweise Frieden herrscht, und noch idealer, die sich bemühen, im Frieden mit anderen Königreichen zu sein. Dann folgt Krishna Avatar und Krishna ist der Avatar, der ganz besonders viel über spirituelle Praktiken gesprochen hat und der noch mehr über Ethik im Alltag gesprochen hat. Und zwar keine einfache Ethik wie bei Raghu Rama, da sind die ethischen Prinzipien klar, sie werden umgesetzt. Bei Krishna ist es eine differenziertere Ethik, auch eine fallbezogenere Ethik und individualistischere Ethik und Spiritualität in so vielen verschiedenen Weisen.

Buddha steht zum einen dann für das Mönchstum, Buddha steht dann auch für die Wichtigkeit der spirituellen Praxis der Meditation und Buddha steht auch für die Gewaltlosigkeit. Buddha war die erste Inkarnation, die nicht gekämpft hat, die keine Waffe in die Hand genommen hat. So steht das für den nächsten Schritt der menschlichen Gesellschaft, die wir hoffentlich auch noch erreichen werden, vielleicht noch am Ende des 21. Jahrhunderts, vielleicht auch in der Mitte des 21. Jahrhunderts. Denn was auch immer die Avatare gemacht haben, das war eine neue Weise, die dann über Jahrtausende später umgesetzt werden musste. Vielleicht steht dafür Buddha und vielleicht gelingt es noch, eine Zivilisation zu schaffen, wo es keine Waffen gibt, wo Menschen sich nicht bekriegen. Dafür steht Buddha.

Und Kalki steht dann für den Übergang ins nächste Zeitalter. Du kannst also sagen, die verschiedenen Avatare stehen in einem bestimmten Kontext. Parashurama würde man hier in dem Kontext sehen als Bauerngesellschaft. Ich will auch noch etwas lesen über Parashurama wieder aus dem Buch von Prof. Martin Mittwede, der auch bei Yoga Vidya das ein oder andere Seminar gibt, „Spirituelles Wörterbuch“. Dort schreibt er:

„Parashurama ist der sechste Avatar Vishnus, der erschienen ist, um die Tyrannei des Kriegerstandes, Kshatriya, zu brechen.“ In der Mahabharata, wie auch in den Puranas, wird Parashurama doch recht kriegerisch beschrieben. Letztlich soll es aber heißen, dass er den vorigen Stand als Jäger letztlich überwinden wollte. Es sollte die Landwirtschaft gefördert werden, eine friedvollere Gesellschaft und nicht mehr die kriegerischen Jäger. Und so wird beschrieben, dass Parashurama diese besiegt hatte. Nach der Mahabharata hat Parashurama Arjuna den Waffengebrauch gelehrt und einen Kampf mit Bhishma ausgefochten, der unentschieden endete. Also, Parashurama hat ein langes Leben gehabt. Er lebte vor Raghu Rama – und Raghu Rama soll ja in einem vorigen Zeitalter gelebt haben – und er lebte dann später in einer Einsiedelei. Nachdem er den Menschen die Landwirtschaft gelehrt hatte, lebte er in einem kleinen Ashram und lebte dort Jahrtausende. Und er brachte dann auch Arjuna bestimmte Waffenkunst bei, obgleich er ja inzwischen selbst friedvoll war. Und es gab einen namens Bhishma, und Parashurama kämpfte auch mit Bhishma. Hier überschneidet sich alles. Parashurama war dann damit auch Zeitgenosse von Krishna, er war aber auch Zeitgenosse von Raghu Rama. Und so wird auch beschrieben, dass Raghu Rama ein Verehrer von Shiva war und er fand es nicht gut, dass Rama den Bogen von Shiva zerbrach, um Sita zu heiraten. Und so kämpften die beiden auch miteinander. Zwei Inkarnationen Vishnus, Parashurama und Raghu Rama, sie kämpften gegeneinander, aber sie töteten sich nicht, der Zweikampf ging friedvoll aus und in großem Respekt voreinander gingen sie wieder auseinander.

Auch darin ist eine Weisheit drin. Es ist nicht so, dass, wenn ein neues Stadium der Entwicklung der Erde ist, dass die alten aufhören, sondern es gibt verschiedene, die parallel sind. Es gibt heute weiter Leben im Wasser, es gibt weiter Leben zwischen Wasser und Land, es gibt Leben auf dem Land, es gibt die Zwischenstufen zwischen Mensch und Tier. Es gibt die Affenarten weiter, die wir mit großem Respekt behandeln sollten. Es gibt weiter Nomaden in dieser Welt und es gibt Ackerbau-Völker und natürlich, wir sind jetzt in einem weiteren Zeitalter, wo die Mehrheit der Menschen eben nicht im Ackerbau beschäftigt ist. Was auch heißen soll, alles ist letztlich auch göttlich. Und was auch heißen soll, der Fortgang der Zivilisation ist auch göttlich gesteuert.

Da mag jetzt sein, dass das der Evolutionsbiologie widerspricht, es mag auch sein, dass es der Evolutionskultur widerspricht. Trotzdem, ich glaube sehr wohl, dass nicht nur Evolutionsbiologie den Gang der Weltgeschichte bestimmt, sondern dort hinter ist auch eine göttliche Kraft, sie ist erfahrbar, sie ist spürbar und auch dafür steht Parashurama. Parashurama steht aber auch dafür, er war auch ein Kämpfer, sich zu bemühen und einzusetzen, sich für Gerechtigkeit zu bemühen.

Heutzutage ist sicher angebracht – und dort kann man sagen, das war das Verdienst von Buddha, das zu lehren und letztlich damit Vishnus auf dieser Welt – dass man das friedvoll tun sollte, gewaltfreier Widerstand, gewaltfrei Dinge verbessern. Aber dennoch sich auch dafür engagieren, nicht einfach klein beigeben, wenn es schwierig wird. Manchmal muss man natürlich auch nachgeben und vor allen Dingen muss man oft Kompromisse machen und oft muss man sich mit kleinen Dingen zufriedengeben. Aber Parashurama steht auch dafür, für die gute Sache einzustehen, sich zu bemühen und auch keine Scheu davor zu haben, notfalls in Konflikte zu gehen, um das Gute voranzubringen. Aber Parashurama war auch derjenige, der dann wieder Frieden gestiftet hat. Wenn er gemerkt hat, er hat sein Ziel erreicht, hat er sofort umgeschaltet und war friedvoll. Und mit den Menschen, gegen die er vorher angegangen ist, konnte er nachher sehr freundlich sein. Also, Parashurama – Rama mit der Axt, Inkarnation von Vishnu.

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