Ganika – Prostituierte

Man sagt manchmal, Prostitution sei das älteste Gewerbe der Welt. Ob dem so ist, sei dahingestellt. In der indischen Gesellschaft waren die Ganikas, die Prostituierten, sehr niedrig angesetzt. Und es gibt einige Geschichten um Ganikas, die die Selbstverwirklichung, die Gottverwirklichung erreicht haben. Das soll heißen, egal, was du tust und egal, wie schlimm deine Lebensumstände sind, egal, zu was Schlimmen zu gezwungen bist, um deinen Lebensunterhalt zu verdienen, du kannst Gott verwirklichen. So gibt es z.B. die Geschichte einer Ganika, die in vielen Büchern erzählt wird, die Swami Sivananda auch in seinen Büchern beschrieben hatte, auch Ramakrishna, Paramahamsa, vermutlich stammt es ja aus der Mahabharata.

Es gibt die Geschichte von einer Ganika, einer Prosituierten, die hatte einen Freier, der regelmäßig zu ihr kam und der hatte an dem Tag keine Diebesbeute ergattert, außer einem Papagei. Und er liebte diese Prostituierte, diese Ganika, und sagte: „Ich kann dir heute leider kein Geld geben, auch kein Gold, ich kann dir nur diesen Papagei gegen.“ Die Ganika dachte: „Dieses Mal bringt er mir zwar nichts Wertvolles, aber er ist ein guter Kunde, dann nehme ich das einfach mal an. So bekam die Ganika diesen Papagei. Der Papagei war aber vorher bei einem Weisen gewesen und der hatte den ganzen Tag wiederholt, „Om Namah Shivaya“ und hatte dem Papagei beigebracht zu sagen, „Om Namah Shivaya“. Und so wiederholte der Papagei, „Om Namah Shivaya“.

Ganika, die keine Ahnung hatte von Sanskrit, keine Ahnung hatte von irgendwelcher Spiritualität, Religiosität, wurde nur angezogen von diesem wunderschönen Klang, „Om Namah Shivaya“. Und sie hörte diesen Klang, sie rezitierte das mit, sie rief es laut aus und wurde dadurch in die Meditation gezogen. Und schließlich geschah es, dass sie sich hinsetzte und wiederholte, „Om Namah Shivaya“. Und sie erreichte die Selbstverwirklichung, die Gottverwirklichung.

Das ist ein Beispiel, dass, selbst wenn du nicht weißt, was ein Mantra bedeutet, wenn du es einfach mit Konzentration und mit Freude wiederholst, kann das Mantra dich zur Befreiung führen. So wie diese Ganika zur Befreiung kam. Eine weitere Geschichte um eine Ganika: Es gab eine Ganika, die war wunderschön und sie hatte einen Freier, der sie über alle Maßen liebte. Und dieser Freier wollte zu dieser Ganika hinkommen. Aber es war irgendwo eine Überschwemmung gewesen und so konnte er nicht über die Brücke gehen, weil auch die Brücke überschwemmt war. Also, weil er unbedingt mit dieser Ganika zusammen sein wollte, wollte er über den Fluss schwimmen. Er schwamm über den Fluss, aber er konnte sich nicht halten, also hielt er sich fest an einem Baumstamm. Er kam mit Mühe an die andere Seite des Flusses, total nass, und dann merkte er auch, dass das, was er angefasst hatte, kein Baumstamm war, sondern es war ein Körper gewesen, der verweste. So stank er, so war er nass. Und dann wollte er hochgehen zu dieser Ganika, die aber, weil sie gedacht hat, heute kommt niemand, oben einfach in ihrem Zimmer war. Und so versuchte er hochzukommen und hielt sich fest an einem Seil und zog sich an dem Seil hoch und schließlich konnte er dann durch das Fenster hineingehen. Als die Ganika das sah, war sie entsetzt. Dieser Mann, furchtbar durchnässt, er stank nach Leichengeruch und sie hatte gesehen, er hatte sich nicht festgehalten an einem Seil, sondern das war eine Pythonschlange gewesen. Vor lauter Liebe hatte er all das gemacht. Und als sie das alles sah, kam es aus ihr heraus: „Oh, mein Liebling, all das hast du auf dich genommen, um mit diesem Körper irgend ein bisschen Vergnügen zu haben. Du warst so einpünktig, dass du nicht gemerkt hast, dass dein Leben in Gefahr war mehrmals. Dein Leben in Gefahr durch den Fluss, Leben in Gefahr durch die Pythonschlange. Du bist durch den Fluss geschwommen, du hast gar nichts gemerkt, noch nicht mal, dass du dich an einer stinkenden Leiche festgehalten hast, du bist hier hoch. Wenn du mit dieser Hingabe zu Gott streben würdest, würdest du ihn sicher sofort verwirklichen." Diese Worte dieser Ganika rüttelten diesen Räuber, der er eigentlich war, auf. Und er erzitterte am ganzen Leib und er beschloss, ein anderes Leben zu führen. Und so geschah es, dass diese Worte der Ganika ein Erwecker waren für diesen Menschen und er wurde später ein großer Heiliger, ein großer Weiser, der diese Ganika als seine Guru in hoher Wertschätzung hielt. Das soll jetzt nicht heißen, dass die Inder die Prostitution so gut halten, wie praktisch bei allen spirituellen Systemen wird Prostitution nicht als ein gutes Gewerbe angesehen, diese Geschichten sollen vielmehr zeigen, dass egal, in welchen Lebensumständen du bist, egal, durch welche Probleme du durchgegangen bist, in jedem Lebensumstand kannst du Gott erfahren und du kannst von jedem lernen, du kannst von jedem etwas erfahren. Sei nicht überheblich, sondern sei bereit, zu lernen von jedem, sogar, wenn es sein muss, von einer Ganika, einer Prostituierten.

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Kommentare

  • Eine schöne und sehr ungewöhnliche Geschichte von einer Prostituierten:

    Es gibt diese Sufi-Geschichte von einer Prostituierten, die jedem ihrer Besucher das Versprechen abnahm, niemandem ihr Geheimnis zu verraten. Sie war die schönste Frau im ganzen Land und viele Männer zog es zu ihr hin. So kam einst auch ein junger Mann in ihre Stadt und zog Erkundigungen über sie ein. Er brachte aber nur in Erfahrung, was alle zu hören bekamen, dass sie alle stolz waren, diese wunderhübsche Frau, diesen seltenen Juwel in ihren Mauern zu wissen. Voller Begierde, sie zu sehen, eilte er zu ihrem Palast und wurde auch gleich von einer Dienerin eingelassen. Dann führte sie ihn zu ihrem Gemach hinauf. Sie öffnete die Tür und was er sah, war wahrhaftig das allerschönste Wesen, das ihm je begegnet war. Sie saß unbekleidet in einem Sessel –  er wagte es kaum, sich ihr zu nähern. Doch sie winkte ihn freundlich heran und deutete ihm an, sich ihr gegenüber niederzulassen. In dieser Nacht saß er nur da und schaute sie ganz unschuldig und staunend an. Er konnte sich nicht rühren, aber er konnte auch kein Auge von ihr lassen. So kam er allmählich in eine tiefe Ruhe, eine nie gekannte Stille breitete sich in ihm aus. – Dann öffnete er, der bisher von Ehrfurcht ergriffen geschwiegen hatte, zum ersten Mal seinen Mund, er musste sie fragen: „Was ist es, was du hier mit mir machst? Von dir geht ein Zauber aus, den ich nicht verstehe. Mir geht es so unglaublich gut, wie ich es noch nie erlebte. Meine Tränen fließen vor Wonne und mir unbekannten Gefühlen, und es zwingt mich innerlich fast, mich vor dir niederzuknien, um dich anzubeten“ – „Mein ganzes Hiersein dient nur einem Zweck, die Menschen, die zu mir kommen, zu Gott zu führen. Ich tue es mit meiner Schönheit, die mir Gott als Gabe schenkte. Was du gerade erfährst, ist ein erster Hauch des Göttlichen, ein Duft von Meditation, von Erleuchtung. Jetzt wird es dich nie mehr loslassen, jetzt hast du den Geschmack davon erhalten und du wirst weitergehen. Deine Seele ist geweckt. Sie wird dich nicht mehr in Ruhe lassen, bis du den Weg zu Ende gegangen bist. Du hast hier Gottes Segen erhalten, und wie von allen, die vor dir hier waren, nehme ich auch dir das Versprechen ab, Stillschweigen darüber zu wahren, was du gesehen und erlebt hast. Für die da draußen bin ich eine Prostituierte. Als Prostituierte locke ich sie zu mir mit all ihren Begierden – doch hier werden sie zu Gott gebracht und ihre wahre und tiefste Sehnsucht ist erfüllt.“

    Viele brauchen noch eine materielle Manifestation des Göttlichen, bis es ihnen eines Tages genügt, einfach mit offenen Augen zu sehen, was überall präsent ist.

     

     

     

     

     

     

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