Frauenbesuch im Yogiwald

Ich hatte eine ereignisreiche Woche. Am Montag kam Marita für fünf Tage zu Besuch. Ich kenne sie schon seit zehn Jahren, wir haben oft telefoniert, und jetzt wollte sie mich einmal persönlich kennenlernen.

Marita ist eine interessante Frau. Sie ist so alt wie ich, war früher Lehrerin und hatte einen Burnout. Seit der Zeit leidet sie sehr unter Schlafstörungen. Damit ihr Leben spannend wird, machte sie eine Ausbildung zur Tantra-Lehrerin. Das war eine wilde Zeit. In Beziehungssachen ist sie mir etwas zu wild. Sie versprach aber mich nicht zu verführen und so hatten wir eine ruhige Woche. Wir redeten viel, gingen viel spazieren und kauften im Bioladen ein.

Marita ist desweiteren eine Yogalehrerin. Sie hat ihre Ausbildung bei Yoga Vidya gemacht. In ihrem Haus gibt sie wöchentlich Yogakurse. Sie zeigte mir ihre Yogareihe. So konnte ich mein Yogawissen vertiefen. Das ist sehr hilfreich für meine Yoga-Ausbildungen. Ich bin gerade dabei zu überlegen, was ich den Teilnehmern nächstes Jahr zeige kann. Dieses Jahr haben wir die Grundübungen des Glücksyoga entwickelt und nächstes Jahr gibt es eine Vertiefung.

Ich erlebte Marita als eine weise Frau. Sie saß vor mir in meiner Yogahalle umgeben von eine Wolke aus spiritueller Energie. Das habe ich deutlich gespürt. Sie hat in Indien eine Erleuchtungs-Ausbildung an der Oneness-Univerität gemacht und gilt offiziell als Erwachte. Sie nimmt regelmäßig an den Erwachtentreffen in Deutschland teil. Gleichzeitig ist Marita sehr lebenslustig, lacht viel und singt sehr gerne.

Kaum war Marita angekommen, meldete sich am nächsten Tag Nirmala von Yoga Vidya bei mir. Sie war auf der Durchreise in Hamburg und fragte, ob sie auf einen kurzen Besuch vorbei kommen könnte. Ich sagte freudig ja. Nirmala ist ebenfalls eine wunderbare Frau, spirituell sehr weit entwickelt, fast ein halber Buddha und strahlt Liebe und Glück aus. In ihrer Gegenwart ist man glücklich. Es ist kein Wunder, dass sie als Yogalehrer-Ausbilderin bei Yoga Vidya sehr beliebt und erfolgreich ist.

Die beiden Frauen unterhielten sich gut und machte viele kleine Scherze über mich. Wir wanderten zusammen zum Heiligen Wald, der beide Frauen sehr faszinierte. Die großen alten Bäume, der moosbedeckte Boden, die Lichtstrahlen durch die Baumwipfel und die kleinen Teiche mit gelben Wasserlilien drumherum. Dazu eine heilge Stille. Es wirkt wie ein alter Kraftplatz der Germanen.

Wir kauften im Bioladen ein, kochten ein schönes Essen und saßen gemütlich in der Yogahalle. Ich berichtete von meiner Yoga-Ausbildung und von der dort sehr beliebten Schüttelmeditation. Daraufhin wollten beide Frauen diese Yogaübung ausprobieren. Als wir unsere Wut auflösen sollten, spürte Nirmala keine Wut in sich und Marita kam sehr stark in ihre Gefühle.

Daran wurden die unterschiedlichen spirituellen Wege gut deutlich. Marita kommt von der Bioenergetik und der Gestalttherapie. Dort lernt man intensiv die Wut auszuleben. Im Sivananda Yoga wird die Wut eher verdrängt. Die Gefahr besteht, dass man den Kontakt zu seinen Gefühlen und damit zu sich selbst abschneidet. Ich habe deshalb in meinem Glücksyoga das regelmäßige Spüren in Gefühle wie Wut, Trauer, Angst und Sucht eingeführt. Das ist für die meisten heutigen Menschen sehr wichtig, weil sie im Berufsalltag diese Gefühle stark verdrängen und dadurch ihre Lebensenergie blockieren. Der Weg zur Auflösung von Stress, zur inneren Heilung und zum Glück führt über das Ausleben von verdrängten Gefühlen. Das ist meine Erfahrung.

Die große Frage im Yoga und im Buddhismus ist, ob ein Erleuchteter keine Gefühle von Wut, Angst, Sehnsucht und Trauer mehr hat. Oder ob er auch solche Gefühle zulässt und lebt? Buddha lebte in der umfassenden Liebe und im andauernden Gleichmut. Im tibetischen Buddhismus gibt es dagegen viele Gottheiten (Vorbilder), die Gefühle von Zorn und Trauer zeigen. Auch Genuss und Lebensfreude wird ausreichend gelebt. Im Yoga gibt es den Weg des weltabgewandten Yogis und des Tantrikers, der das Leben zu seinem spirituellen Weg macht.

Ich bevorzuge einen Mittelweg. Ich verweile überwiegend in der Ruhe, in der Einheit, im Glück und in der Liebe. Aber ich lasse auch Gefühle zu, wenn sie auftauchen. Gefühle geben mir Kraft zu handeln. Sie zeigen mir woran ich noch arbeiten muss. Sie tauchen immer wieder bei tiefen Lösungsprozessen auf. Und insgesamt orientiere ich mich eher an dem Ziel eines Erleuchteten, der auch Gefühle hat und zeigen kann. Wichtige Vorbilder sind insofern für mich Jesus, der Dalai Lama und auch Amma (Amritanandamayi).

Abends spät brachte ich Nirmala zum Bus. Und da kam uns Indrayani mit ihrem Auto entgegen. Sie war auf der Durchreise von ihrem Urlaub in Schweden zu ihrem Haus in Niedersachsen. Und wollte natürlich auch bei dem alten Yogi Nils einen Zwischenstopp einlegen. Zum Glück habe ich drei Holzhütten gebaut, so dass es bei mir genügend Übernachtungsmöglichkeiten gibt.

Da Indrayani ein Auto besaß, fuhren wir dann am Mittwoch alle drei zu meiner Mutter ins Altersheim. Ich nahm meine Ukulele mit und wir sangen gemeinsam mit den Senioren an meinem Singplatz. Und endlich wurde einmal schön gesungen, weil Marita und Indrayani sehr gute Sängerinnen sind. Ich hoffte, dass jetzt die Heimleiterin vorbei kommen und unseren schönen Gesang zur Abwechslung einmal loben würde. Aber leider war sie gerade nicht im Haus. Dafür trafen wir die böse Oberschwester. Meine beiden Frauen waren beeindruckt, wie böse sie tatsächlich aussah. Das ist jetzt ziemlich gemein von mir, aber ich bin sehr dankbar für die böse Oberschwester, weil durch sie die Spannung in meine Geschichten kommt.

Meiner Mutter ging es gut. Sie war wach und betrachtete interessiert meine beiden Frauen. Marita zeigte mir, wie man meine Mutter liebevoll massieren kann. Meine Mutter genoss das sehr, wurde aber anschließend sehr traurig, weil sie die Liebe in ihrem Leben sehr vermisste. Insgesamt freuten sich die beiden Frauen aber, meine Mutter einmal persönlich kennenlernen zu dürfen. Sie meinten übereinstimmend, dass meine Mutter sehr viel Kraft ausstrahlt.

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