Ein Yogi feiert Karneval im Altersheim

Rosenmontag. Die Narren sind los. Die Polonaise tobt durch den Saal. Mittendrin meine Mutter und ich. Meine Mutter wird nächste Woche 92. Ich hatte etwas Angst um sie. Die Altenpflegerinnen hatten sich als Märchenfiguren verkleidet und waren ziemlich überdreht. Die Geschwindigkeit der Polonaise überstieg bei weitem die Schlurffähigkeit meiner Mutter. Aber irgendwie kamen wir ohne Sturz wieder bei ihrem Sitz an. Und es hatte ihr Spaß gebracht.

Obwohl ihr nicht ganz klar war, wo sie gelandet war. Schließlich war sie dement. Sie erkannte den festlich geschmückten Saal nicht wieder. Die laute Partymusik war ihr völlig fremd. Und dann waren da die vielen merkwürdigen Märchengestalten, Rotkäppchen, Schneewittchen, Dornröschen, ein schöner Prinz und jede Menge fellbekleidete Häschen. Das Altersheim hatte einen professionellen Kostümverleih engagiert. Demente Menschen kann das schon etwas in Verwirrung bringen. Zum Glück war ich da. Und mich kannte meine Mutter. Ich hatte mich auch nicht verkleidet. Ich sehe schon im Normalzustand wie ein als Yogi verkleideter Holzfäller aus. Langer Bart, drei Paar Hosen (weil es im Wald so kalt ist), dicke Wanderschuhe, eine dicke Wolljacke und ein glückselig grinsendes Gesicht.

Mir fiel es etwas schwer, aus meiner Yogi-Lichtwelt in der feuchtfröhlichen Gute-Laune-Partywelt anzukommen. Aber nach einigen Gläsern Bowle mit viel Alkolhol war auch das geschafft. Vor allem wenn man wie ich keinen Alkohol gewöhnt ist. Dürfen Alte so viel Alkohol trinken? Oder lag das daran, dass ich die vielen alkoholgetränkten Früchte gegessen hatte? Auch die meiner Mutter. Und meine Mutter hatte plötzlich viel Durst. Wir orderten immer wieder Nachschub bei Schneewittchen.

Schneewittchen war übrigens ziemlich dick und hatte große Power. Und sie hatte es auf mich abgesehen. Immer wieder forderte sie mich zum Tanzen auf und schleuderte mich durch den Saal. Meine Mutter erfreute das. Sie sah uns gerne zu. Aber ich kam schnell aus der Puste. Ich bin normalerweise gewohnt mich nur langsam zu bewegen. Wie es sich für einen halberleuchteten Yogi gehört. Aber Schneewittchen sah vermutlich nicht einen Yogi, sondern einen attraktiven Prinzen in mir. Und es gab nicht viele tolle junge Männer im Angebot. Jedenfalls nicht hier im Altersheim.

Das Programm war gut durchdacht. Die Altenheimmitarbeiter führten viele Märchensketche auf. Und zwischendurch wurde wild getanzt. Am besten war die dicke Ansagerin, die sich als Zauberin verkleidet hatte. Ein schwarzer Hut, ein schwarzer Umhang und ein Zauberstab. Damit zauberte sie immer wieder neue Märchenfiguren hervor, die dann aus dem Hintergrund in den Saal traten. Die Zauberin hatte eine sehr liebevolle Ausstrahlung und einen großen Humor. Ich hätte ihr stundenlang zuhören können. Jedenfalls fuhr ich voller guter Laune wieder in meinen Märchenwald zurück. In meinem Kopf summte es: "Die Karawane zieht weiter, der Yogi hat Durst ..."

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