Die Gaben der drei Weisen aus dem Morgenland – drei Gaben Gottes an uns

Viele Christen feiern heute die heiligen drei Könige, die dem Stern folgend Jesus finden und ihm drei Gaben darbringen: Gold, Myrrhe und Weihrauch. Was versinnbildlichen diese drei Gaben?

Gold war zur Zeit Jesu das kostbarste, das die Erde hervorbrachte. Allein Königen stand der Besitz von Gold zu. Jesus Gold darzubringen, bedeutete also, ihn als König anzuerkennen. Nicht über irdene Reiche, sondern über die gesamte Schöpfung. Hier zeichnet sich das Glaubensbekenntnis ab, dass Jesus Inkarnation Gottes ist. Durch die Gabe des Goldes anerkennt der Mensch die Herrschaft des „Reiches Gottes“ über die Herrschaft der Ego-Natur. Er widersagt der Machtgier der Ego-Natur und überantwortet sich der Kraft Gottes. Der Mensch, der auf der Suche nach spiritueller Erfahrung ist und die leise Stimme an seinem Seelengrund hören und ihr folgen möchte, steht jeden Tag vor dieser Entscheidung, wem er die Herrschaft, das letzte Wort, die Richtungsweisung überlässt. Ob er sich in seinen Sorgen, Ängsten, in seiner Wut, seinem Schmerz, seinem Besitz und seinen Gedanken verliert, oder ob er sich auf die Suche nach dem macht, was über die Grenzen seiner Person hinausweist. Die Kraft der Liebe anzuerkennen, bedeutet nicht, das Ego zu bekämpfen, gering zu achten oder zu dämonisieren. Es bedeutet, das Ego in den Dienst der Liebe zu stellen, es durchdringen zu lassen, bis es sich verwandelt.

Verwandlung ist auch das Wort, für das Gold steht. Die Alchemie kreiste in weiten Teilen um den Wunsch, aus unedlen Metallen Gold herzustellen. Der Weg dahin hiess: Transmutation. Transmutation bedeutet Umwandlung, und dieser Begriff ist in spirituellen Traditionen ebenso verankert wie in der Alchemie. Es gibt so etwas wie eine „Alchemie der Seele“. Der Mensch, der der inkarnierten Gottheit Gold darbringt, spricht auch eine Bereitschaft zur Umwandlung aus. Er sagt: ich bin bereit, mich von Dir verwandeln zu lassen: „Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.“ (Joh 3,30)

Die Myrrhe hat eine vielschichtige Symbolik. Einerseits ist sie in der Heilkunde verankert. Im Judentum ist Myrrhe Bestandteil der Salböle, mit denen Leichname balsamiert wurden. Mit ebensolchen Salbölen wurden aber auch Priester gesalbt wenn sie ihr Amt antraten. Myrrhe war auch ein Betäubungsmittel – eines, das Jesus am Kreuz ablehnte, als es ihm zur Linderung seiner Schmerzen angeboten wurde. Als Duft der Liebenden träufelten Liebende in romantischen Nächten Myrrheöl auf ihre Nachtlager.

In der Myrrhegabe leuchtet nahezu prophetisch das ganze Leben Jesu auf: dass er „Gesalbter“ ist, Priester aller Priester, Errichter eines neuen, lebensumspannenden Gottesdienstes. Dass er Heiler ist, dass unter seinen Händen Menschen gesundeten, und Tote zum Leben erweckt wurden. Dass er selbst Todgeweihter ist, und alle Tode stirbt die ein Mensch sterben kann – den Tod der Angst, den Tod des Verrats, den Tod der Selbstaufgabe. Den Tod des Willens, der sich in Gottes Willen auflöst wie Schnee in Schmelzwasser. Den physischen Tod.

Und die Myrrhe als lieblicher Duft, der zwei Menschen auf die innigste Weise verbindet – kündet nicht auch diese Gabe von dem Christus, der Mensch und Gott, Sein und Werden in einer tiefen Liebesbeziehung in seinem Herzen vereint?

Der Mensch, der Myrrhe darbringt, bejaht die Bitterkeit der Myrrhe, des irdischen Lebens mitsamt seinem Schmerz ebenso wie den Tod der Identifikation mit dem Ego, das sich mehr und mehr in die Hände des Einen ergibt. Er bejaht die Heilung, die in der Hinwendung zum Göttlichen liegt. Der Mensch, der Myrrhe darbringt, bejaht das zweigesichtige Leben, das aus unverrückbarem, unveränderlichem Sein besteht, ebenso wie aus einem niemals versiegenden Werden. Er bejaht das Ewige, das sich in den zahllosen Erscheinungen des Zeitlichen entfaltet.

Was versinnbildlicht nun der Weihrauch? Der Weihrauch ist für mich vor allem Sinnbild des Gebets. Wenn der Psalmist spricht „Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf“, so sieht er sich selbst „aufsteigen“, immer mehr sich dem Göttlichen überantworten. Im Weihrauchopfer kommt vor allem ein Element zur Geltung: das Feuer als schöpferische, reinigende und transformierende Kraft. Die Heilig Geist Symbolik des Christentums ist der mannigfaltigen Verehrung des Feuers entlehnt, und verweist auf die Umwandlung des Menschen. Im Gebet, und ich meine hier ein lebensumspannendes, niemals endendes inneres Beten als mal schweigendes, mal wortreiches, mal tatkräftiges Zwiegespräch mit Gott, wird der Mensch Ton in den Händen des Schöpfers. Mehr und mehr bejaht er ein Leben im Einklang mit Gottes Plan. Lebendiges Gebet ist ein mehr und mehr raumgreifendes „Dein Wille geschehe“.

Die drei Gaben der Weisen sind Gaben Gottes an uns: Verwandlung, Heilung, Vereinigung.
Und gleichermaßen sind in, diesem Geschenk antwortend, die Gaben des Menschen an Gott: Hingabe, Bejahung des irdischen Lebens, Gebet.

Betrachtend in die Bilder der christlichen Heilsgeschichte zu gehen, offenbart die Tiefe der Geheimnisse die uns dort (aber nicht nur dort) offenbart wurden. Die Tiefe des Geheimnisses, das Gott in den Menschen gesprochen hat.

(Giannina von Klanggebet)

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Kommentare

  • Danke, Aurelia.
    Ja, ich finde es auch sehr schön, wie sehr vieles, was Giannina schreibt.
    Sie macht auch wundervolle Musik. Habe einige CD´s von ihr.
    Hier mal ein Link: http://www.klanggebet.de/

    Om shanti und liebe Grüße

  • Danke. Das ist wohl der beste, tiefgründigste, kompakteste und berührendste Text zu Epiphanias, den ich kenne. Er sollte die ganze Epiphanias-Zeit täglich gebetet werden. Erinnert mich in vielem an anthroposophisches Gedankengut.

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