Brahmachari hat verschiedene Bedeutungen. Eben wörtlich heißt es: Brahman – das Absolute, das Unendliche, GottAchara heißt „sich verhalten“. Ein Brahmachari ist jemand, der sich so verhält, dass er Brahman erfahren will. Das soll heißen, es reicht nicht aus, es nur zu wollen, es reicht nicht aus, nur über Brahman nachzudenken, es reicht nicht aus, nur zu lesen. Es ist wichtig, es auch in der Praxis umzusetzen. Es ist gut, zu lesen. Es ist gut, die höchste Verwirklichung erreichen zu wollen. Aber dann ist es wichtig, dass du auch tatsächlich so handelst, dass du in die Praxis umsetzt, was du gelesen hast.

Swami Sivananda hat gerne gesagt: „Ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie.“ Daher, werde in jedem Fall zu einem solchen Brahmachari, jemand, der sich so verhält, dass sein Leben auf Gott ausgerichtet ist, dass er immer mehr Gott erfährt. Brahmachari hat noch andere Bedeutungen. Brahmachari ist jemand, der Brahmacharya lebt in verschiedenen Sinnkontexten. Brahmacharya ist ja zum einen die Lernperiode. Im alten Indien, im so genannten Gurukula System, sind Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren in die Familie des Gurus gegangen und haben dort bis zum Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig verbracht. Sie haben dort gelernt, sie haben dort ihren Beruf gelernt, sie haben spirituelle Praktiken gelernt, Meditation, Asanas, Pranayama, SchriftenRituale usw. Und wer so zu dem Lehrer geht, ist ein Brahmachari.

Brahmachari hat als zweite Bedeutung, jemand, der sich auf Sannyas vorbereitet. Sannyas ist Entsagung. Jemand, der entsagt hat, ist ein Sannyasin und wird Swami genannt, ein Mönch oder auch eine Nonne. Brahmacharya ist die Vorstufe dazu. Z.B. in unserer Tradition, Swami Sivananda, Swami Vishnudevananda, ist auch eine Mönchstradition. Swami heißt Mönch. Wenn man in unserer Tradition irgendwann mal zum Mönch oder zur Nonne werden will, dann nimmt man vorher das Brahmacharya-Gelübde, man wird zum Brahmachari. In unserer Tradition heißt das, man geht in gelben Kleidern durch die Welt und man legt verschiedene Gelübde ab. Das wichtigste ist das Gelübde der Keuschheit, das Gelübde des Verzichtes auf Sexualität und auf Paarbeziehung. Das kann man machen für mindestens drei Jahre, und wenn man sechs Jahre Brahmachari ist und dann will, kann man überwechseln und dann zum Swami geweiht werden. Oder man kann nach drei Jahren oder später Brahmacharya wieder verlassen und dann zum Grihastya werden, also zu jemandem, der ins Berufs- und Familienleben geht.

Brahmachari, bei Yoga Vidya, heißt auch, dass du Mitarbeiter in einem Ashram oder einem Zentrum bist, denn es ist ja eine Vorstufe des monastischen Lebens. Natürlich, bei Yoga Vidya ist die Mehrzahl der Menschen entweder in einer Partnerbeziehung und Familie oder lebt als Single ohne ein formelles Gelübde dort zu haben. Aber es gibt eben auch diese Mönchstradition.

Brahmachari hat noch eine weitere Bedeutung. Brahmachari ist auch jemand, der keusch lebt, enthaltsam lebt, das heißt, auf sexuelle Beziehung verzichtet, auch ohne, dass er ein äußerliches Gelübde abgelegt hat oder durch eine Einweihung zum Brahmachari wird. Aber man kann für sich selbst sagen: „Für eine gewisse Zeit will ich Brahmacharya einhalten, ich will zum Brahmachari werden.“ Das kann man machen für eine Zeit der intensiven Praxis, man kann es machen, vielleicht wenn eine Partnerbeziehung zu Ende gegangen ist oder auch, es können beide Partner gemeinsam sagen: „Für ein paar Wochen wollen wir so leben.“ Du siehst, Brahmachari, verschiedenste Bedeutungen. In der einfachsten, du kannst zum Brahmachari werden, egal, in welchen Lebensumständen du bist, wenn du dein Verhalten auf Brahman ausrichtest. Brahmachari, auch Schülerschaft. Brahmachari – Novize. Brahmachari – derjenige, der enthaltsam leben will. Aber die wörtliche Bedeutung: Brahmachari – jemand, der sein Verhalten ausrichtet auf die Verwirklichung von Brahman.

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