Bhiksha – Betteln und Almosen

Bhiksha heißt Betteln, Bhiksha heißt Almosen. Bhiksha, auf eine Weise ist das, was Menschen tun, die keinen Broterwerb nachgehen können. Und es gilt auch als eine der Pflichten, Bhiksha zu üben. Das war gerade in Zeiten, als es noch keine größere staatliche Fürsorge gab, besonders wichtig. Dort galt es sogar immer als religiöser Verdienst, Bhiksha zu geben. In manchen Religionen, wie z.B. im Judentum, im Islam, im Hinduismus und im Buddhismus, wird sogar gesagt, man erwirbt sich große Verdienste, wenn man Bhiksha gibt, wenn man Almosen gibt. Und so hat das zum Teil zu einem starken Bettlertum geführt, denn manche Menschen hatten gedacht: „Ich mache die ein oder andere Sünde, also muss ich Bhiksha geben, Almosen geben, um doch wieder mich von diesen Sünden zu befreien.“ Das ist dann zum Teil gemündet in einen Missbrauch dieser Bhiksha-Dinge.

Gerade auch im Islam – es gehört ja auch zu einer der fünf Säulen des Islams, das Geben von Almosen. Ähnlich durchaus auch im Hinduismus, ähnlich auch im Judentum und als christliche Nächstenliebe finden wir das ja auch im Christentum. Es ist sicherlich klüger, wenn es eine staatliche Fürsorge gibt, und dass Menschen nicht in eine Bettlermentalität kommen, sondern eben in Notsituationen geholfen bekommen. In Indien ist manchmal die Schwierigkeit, soll man Kindern etwas geben? Die indische Regierung, wie auch alle staatlichen und nicht-staatlichen Unterstützungsorganisationen sagen, Kindern soll man in der Schulzeit nichts geben. Denn in Indien herrscht Schulpflicht und wenn ein Kind während des Tages auf der Straße ist und bettelt, wird es typischerweise von Eltern oder von anderen dazu gebraucht, um zu betteln und dieses Geld muss das Kind nachher abgeben. Und indem man Kindern etwas gibt auf der Straße in Indien, Bhiksha gibt, tut man nichts Gutes für das Kind, sondern man trägt mit dazu bei, dass die Kinder ausgenutzt werden. Anders kann es sein außerhalb der Schulzeiten, anders kann es auch sein, dem Kind ein Obststück zu geben oder etwas anderes, was das Kind selbst brauchen kann.

Bhiksha ist aber auch etwas anderes. Auf gewisse Weise sind wir alle Bhikshus, also wir sind alle Bettler auf dieser Welt, uns gehört nichts wirklich. Man kann sich bewusst machen: „Letztlich Gott gibt alles. Ich tue nichts und mir gehört nichts, letztlich Gott gibt alles.“ Wenn du in den Supermarkt gehst, Naturkostsupermarkt natürlich, und etwas kaufst, stelle dir nicht vor, du kaufst es, sondern du bist als Bettler da und du bettelt von Gott. Du gibst zwar dann auch etwas Geld, aber das Geld gehört dir ja auch nicht, auch das hat dir Gott gegeben. Und selbst wenn du gearbeitet hast, du hast gearbeitet, aber nicht für den Arbeitgeber, sondern für Gott. Gut, der Arbeitgeber gibt dir dann etwas Geld und es ist auch gut, für gerechte Entlohnung zu sorgen, gerade wenn du in einem gewinnzielorientierten Unternehmen bist. Trotzdem, nimm auch das als Bhiksha, als Bettelgabe, als Almosen. Und wenn du isst, nimm es als Bhiksha, als Almosen. Wenn irgendjemand dir etwas gibt, nimm es als Bhiksha, als Almosen.

Zum Konzept des Bhikshus, des Bettlers, gehört ja auch, dass du weißt, du bist nicht zu lange an einem Ort, du gehst von einem Ort zum anderen. Mal bekommst du mehr, mal bekommst du weniger. So hilft das Konzept von Bhiksha dir auch, nicht verhaftet zu sein. Es hilft dir, dankbar zu sein. Es hilft dir, demütig zu sein. Und es hilft dir auch, die Perioden mit Freude zu überstehen, die vielleicht nicht so schön und so angenehm sind. Daher, Bhiksha, Bettelgabe.

Auf eine gewisse Weise ist das Klassische auch eines Mönches und einer Nonne, von Bhikshas zu leben. Das heißt, der Mönch, die Nonne will so leben, dass sie sich ganz Gott hingibt. Im Klassischen ist das bei Swamis immer so gewesen. Also, ein Swami geht von Haus zu Haus und bittet um Nahrung. Er bekommt etwas Nahrung, er spricht ein Mantra, er spricht einen Segen und wenn er gefragt wird, dann gibt er auch Ratschläge und Tipps für die Übungspraxis. So ist das auch ein Geben und Nehmen. Für spirituelle Weisheit geben die Menschen etwas oder auch für spirituelle Kraft und Freude.

So ist Bhiksha etwas, was die Mönche und Nonnen dazu gezwungen hat, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, dass sie sich nicht ganz abheben vom Leben und dass sie auch mit den Sorgen und Nöten der Normalbevölkerung konfrontiert werden. Die Mönche in Indien waren früher meistens Wandermönche, sie sind so von Ort zu Ort gezogen und haben auch so geholfen, dass Indien als Ganzes zusammengewachsen ist. Man findet das ja auch im christlichen Mönchstum. Die christlichen Mönche, insbesondere die Franziskaner, haben mindestens früher von Bettelgaben, von Almosen gelebt. Jesus hat das auch so gesagt. Er hat empfohlen, dass man kein Geld mit sich trägt und dass man keine Vorräte hat, sondern dass man von dem lebt, was Menschen einem geben. Das hat er jetzt nicht für alle empfohlen, aber für seine engeren Jünger. Er hat es empfohlen eben für diejenigen, die dieses Wandermönchstum machen wollen. Aber egal, ob du dich jetzt als Wandermönch siehst, ob du tatsächlich bedürftig bist, oder ein spiritueller Mensch in Berufs- und Familienleben oder auch vielleicht aus einer Notsituation heraus von staatlicher Stütze lebst, empfinde alles, was du bekommst, als Bhiksha, als Almosen, das dir Gott gibt. Sei dankbar dafür und sei dir bewusst, du weißt nicht, was du morgen bekommst. Daher sei heute dankbar dafür, was du heute als Bhiksha bekommst. Bhiksha – Almosen, Bettelgabe.

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