Bhajan Noam, Yogasutras: Die hohe Kunst der Einfachheit
Es mag von manchem vielleicht allzu leicht als ein Widerspruch empfunden werden. Das ist es aber nicht! Viele Dinge sind genau umgekehrt, wie sie für uns erscheinen. Ein kompliziertes Leben zu führen, ist keine Kunst. Man gerät, wenn man sich allen möglichen Strömungen und den Begierden überlässt, ganz von alleine dort hinein. Eine hohe Kunst hingegen ist es, sein Leben schlicht zu gestalten. Es ist die höchste Kunst überhaupt! Denn es erfordert viel Achtsamkeit, Intuition, Sensibilität und ein großes Maß an Intelligenz, umfassende Bewusstheit also. Einfachheit ist in ihrem Gipfel Weisheit. Doch alles das ist ja unsere eigentliche Natur!
Einfachheit heißt, wieder ganz in die Einheit zurückzukehren, nachhause, sich in Freundlichkeit mit allem verbunden zu fühlen, sich allem gegenüber verantwortlich zu fühlen. Einfachheit ist, sich dem Sein, der allumfassenden Liebe preiszugeben. Das klingt schön, doch der Weg dorthin hat viele Stolpersteine und Fallen. Der "allmächtige" Verstand wird immer wieder intervenieren, weil er seine Ohnmacht fürchtet, weil er um seine Armseligkeit weiß. Einfachheit heißt, alle Tricks des Verstandes und alle vermeintlichen Verlockungen und Versprechungen der Maya zu durchschauen.
Einfachheit heißt, keine interessante Geschichten um sie herum zu spinnen, sie auf keinen Marmorsockel zu stellen, sie nicht zu etwas Unerreichbarem, an dem der Verstand immer wieder solch billige Freude entwickelt, zu machen. Einfachheit ist das Schlichteste der Welt. Einfachheit... ist so einfach, dass du an ihr vorbeiläufst, wenn dir der Meister oder das Leben kein Bein stellt, um dich mit ihr in Berührung zu bringen. Hinfallen und wieder aufstehen ist Einfachheit. Die gesamte Natur ist Einfachheit, ohne Einfachheit, gäbe es sie nicht. Ein Grashalm, der beleidigt wäre, weil du auf ihn trittst, würde sterben. Aber er ist einzig mit dem Leben beschäftigt. So richtet es sich neu auf in der Sonne, spürt den Wind, trinkt den Regen, grünt und wird Samen tragen, die ihn verewigen.
Einfachheit bedeutet, Respekt zu entwickeln gegenüber seinem eigenen Leben und dem Leben der vermeintlich anderen, Respekt und Dankbarkeit gegenüber dieser wunderbaren, alles nährenden, ewig blühenden, singenden, tanzenden Existenz. Einfachheit heißt, seine ganze Liebesfähigkeit zu entfalten, jene tiefste Quelle in sich zu ergründen, aus der unser kreatives Potential schöpft und seinen Anfang nimmt, aus der unser Geist in Wahrheit genährt werden will. Ein solcher Geist ist wahrhaftig frei - und immer freudig!
Ein einfaches Leben führen, ist die Kunst, auf einem Seil zu tanzen, das nicht vorhanden ist, das während des Tanzens erst erschaffen wird und zugleich wieder wie ein Flimmern über der Wüste verschwindet. Aber genau das ist auch die Geburt der tiefsten Lebendigkeit, Freude und Wonne in uns, der Glückseligkeit, die kein Ende kennt.
OM Shanti.
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