Erfahrungsbericht: Jubiläumsseminar mit Sukadev und Swami Yogaswarupananda (Swamiji), 18.-20. Mai 2012

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Dieser Erfahrungsbericht soll
• eine Rückmeldung für YV Bad Meinberg sein,
• Personen, die noch kein derartiges Seminar besucht haben, Informationen bieten und so evtl. als Orientierungshilfe dienen,
• keine Grundlage für eine größere Diskussion sein.

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Warum ich mich für dieses Seminar entschieden habe:

Dies war mein erstes Seminar bei YV, und ich war mir vorher nicht sicher, ob es mir dort gefallen würde. Deshalb entschied ich mich für ein Wochenendseminar anstatt gleich für eine ganze Woche. Mein Yogalehrer schätzte mich als "fortgeschrittene Mittelstufe" ein, darum wählte ich kein Einführungsseminar. Der Beschreibung nach war dieses Seminar sowohl für Anfänger als auch Fortgeschrittene geeignet. Außerdem "kannte" ich Sukadev schon von einigen YouTube-Videos, wo er mir sehr sympathisch und humorvoll erschienen war. Als ich das Seminar online buchte, war in der Beschreibung noch nichts von dem Swami zu lesen.

Im Folgenden möchte ich meine Gedanken zu den einzelnen Inhalten und dem Drumherum wiedergeben:
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A. Ankunft

Bei meiner Ankunft im Bahnhof Horn-Bad Meinberg brauchte ich nicht lange, bis ich das große gelbe Auto mit dem Yoga-Vidya-Schriftzug entdeckte. Dabei stellte ich fest, daß ein paar von den Leuten, mit denen ich im Bahnhof Altenbeken gewartet hatte, auch zu YV wollten. Diese fuhren nämlich ebenfalls mit. Der nette junge Fahrer half uns beim Einladen des Gepäcks. Unterwegs unterhielten wir uns darüber, wer welches Seminar gebucht hatte.
Als wir ankamen, überraschte mich zunächst die Größe des Seminarhauses. Daneben fielen mir die leuchtenden Blumen in den Trögen auf, die offenbar sehr gut gepflegt wurden.
An der Rezeption war eine kleine Schlange entstanden. Als ich dran war, sagte man mir, mein Bett sei im Schlafsaal 80. Ich lieh mir für 5 Euro Bettwäsche (weiß-gelb) und machte mich auf den Weg, wobei ich mich mehrmals verlief (was dort ganz normal ist) und u.a. durch einen Flur mußte, worin es sehr seltsam und streng roch (was sich auch in den folgenden Tagen nicht änderte).
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B. Unterbringung

Aus Kostengründen hatte ich mich für die Übernachtung im Schlafsaal entschieden, jedoch nicht geahnt, daß sich der im Keller befinden würde. Es handelte sich um einen großen Raum mit einem Fenster/ Lichtschacht (d.h. es ist nicht so dunkel, wie man sich Keller typischerweise vorstellt), gelb und orange gestrichenen Wänden, einem z.T. etwas schmutzigen Teppichboden, 5 Stockbetten – und zahlreichen Wasserleitungen an der Decke. An das Rauschen (zu beliebigen Zeiten, am meisten morgens und abends) konnte ich mich nicht gewöhnen. Dank meiner Ohropax (sollte man sowieso immer auf Reisen dabeihaben) war es mir trotzdem möglich zu schlafen. Nur einmal wachte ich nach Mitternacht auf, weil eine der Frauen in ihrem Schlaf laut Mantras rezitierte. Bis auf 1 oder 2 Betten waren alle belegt, was wohl normalerweise (also wenn nicht gerade Jubiläumsveranstaltungen oder irgendwelche anderen besonderen Veranstaltungen stattfinden) nicht der Fall ist.
Im Bad (das nicht direkt an den Raum anschloß) waren manchmal mehrere Leute gleichzeitig, was ich dann nicht so angenehm fand.

Hier ein paar Fotos vom Schlafsaal: http://www.instantgallery.de/galerie/258685/Schlafsaal+80/0.html
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C. Essen und Trinken

Mein Yogalehrer, der seine Ausbildung in Bad Meinberg gemacht hat, hatte sich sehr begeistert über das Essen geäußert. Ich konnte diese Begeisterung nicht ganz teilen. Allerdings vermute ich da einen Zusammenhang mit der Tatsache, daß das Haus ganz voll war, dementsprechend ein hoher Druck auf dem Küchenpersonal lastete und somit nicht immer auf Details geachtet werden konnte. (Die Schlage vor dem Speisesaal war auch stets sehr groß.)
Am Freitagabend gab es als Hauptgericht Vollkornspaghetti mit Tomatensoße und dazu noch Dhal sowie diverse Salate. Dabei lernte ich die Bedeutung des Wortes "sattwig" in der Praxis kennen: Tomatensoße ohne Zwiebeln und Knoblauch ist keine echte Tomatensoße, und Vollkornspaghetti sind keine richtigen Spaghetti. Dann doch lieber gar keine Tomatensoße, sondern etwas typisch Indisches, dachte ich mir. Außerdem bekomme ich von Vollkornprodukten zumeist Blähungen, die auch "bei Gewöhnung" nicht nachlassen (sodaß ich über meine mitgebrachten Lefax recht froh war). Nach Obst suchte ich an diesem Abend vergeblich und bereute, Müsliriegel o.Ä. mitgebracht zu haben.
Beim Salat probierte ich im Laufe der Tage verschiedene Soßen aus, fand die fertigen veganen jedoch recht langweilig und konnte Zitronensaft nicht als adäquaten Ersatz für Essig anerkennen. Zunächst schien es mir auch, zur Erzeugung von Schärfe leidiglich Ingwer (einmal gab es sogar eine Schüssel voll frischen, fein geschnittenen Ingwers, allerdings ohne entsprechende Beschriftung, sodaß manche große Löffel davon auf ihre Teller taten) zur Verfügung zu haben, aber irgendwann entdeckte ich dann doch ein Döschen mit Chilipulver.
Was es an den anderen beiden Tagen gab, habe ich nicht mehr so klar in Erinnerung, aber jedenfalls fand ich es deutlich besser. Am Samstag und Sonntag konnte ich mir beim Mittagessen auch Obst mitnehmen. Am Samstag blieb etwas von dem warmen, süßlichen Getreidebrei übrig, welcher dann vor dem Speisesaal, bei den Teebehältern, zusammen mit kleinen Schüsseln auf einen Servierwagen gestellt wurde. Tee oder heißes oder gekühltes Wasser konnte man sich jederzeit nehmen. Einmal gab es auch Ingwerwasser.
Außerdem stellte ich fest, daß morgens zwischen 8:00 und 9:00 die Möglichkeit bestand zu frühstücken. Allerdings war bei meinem Seminar kein Frühstück eingeplant, sodaß ich zur nächsten Veranstaltung zu spät kam. Das machte mir jedoch nichts aus, weil ich das Frühstück mit den verschiedenen Müslizutaten, Milchsorten (außer Kuhmilch und Sojamilch auch Dinkelmilch und Reismilch) und Nußpasten/ -mischungen ausgezeichnet fand. (Diese Dinge gab es jeweils auch zum Mittagessen, nur die tollen Nußpasten waren dann schon sehr früh alle.) Neben Butter konnte man auch eine Art Sojamargarine verwenden. Außerdem gab es Marmeladen/ Fruchtmus und eine Auswahl an Brotsorten, Zwieback und Reiswaffeln, allerdings kein Weißbrot. Auch beim Frühstück konnte man sich Obst mitnehmen.
Über meinen mitgebrachten Sprudel war ich froh, weil ich nicht immer nur Tee trinken kann. Ich nahm mir vor, zum nächsten Seminar auch Fruchtsaft, Müsliriegel und etwas dunkle Schokolade mitzunehmen. Das Letzteres nicht "sattwig" ist, spielt für mich keine Rolle. Ich koche auch zu Hause zwar vegetarisch, jedoch nicht "sattwig", und werde dies nicht ändern.
Wegen der hohen Lautstärke im großen Speisesaal (wo es aber sehr schön ist) freute ich mich über die Möglichkeit, in dem kleinen Speisesaal im Schweigen essen zu können.
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D. Ankommens-Yogastunde am Freitag

Es wurden verschiedene Yogastunden in unterschiedlichen Räumen angeboten. Wegen der Einschätzung meines Yogalehrers wählte ich jene für die fortgeschrittene Mittelstufe. Als ich den Raum endlich gefunden hatte, war gerade noch ein Platz frei. Das viele Pranayama am Anfang überraschte mich etwas, weil es das in den Yogastunden meines Yogalehrers nicht gibt. Das gelegentliche Singen der Yogalehrerin hingegen gefiel mir. Nach den Sonnengrüßen folgte der Handstand, den ich bei dieser Gelegenheit erstmalig und mit Hilfestellung ausführte. Auch bei den folgenden Asanas merkte ich, daß mein Yogalehrer mit seiner Einschätzung wohl etwas danebengelegen hatte und ich eher angefangene als fortgeschrittene Mittelstufe war... Ich hielt aber bis zum Schluß durch.
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E. Hausführung, Satsang-Einführung

Um 19:00 fand für alle, die noch nie bei YV gewesen waren, eine Hausführung statt. Allerdings konnte uns dabei nur ein Teil des Hauses gezeigt werden, und ich verlief mich auch danach noch einige Male. Vielen anderen erging es ebenso.
Ebenso wie die anderen Neuen nahm ich auch an der Satsang-Einführung mit Shivakami teil. Während ich mich bis dahin noch sehr unwohl gefühlt hatte (deplaziert, weil ich kein spiritueller Mensch, sondern Atheistin bin), ließ dieses Gefühl nun nach. Shivakami sagte nämlich, es sei nicht schlimm, wenn man mit den Mantras usw. nichts anfangen könne. Man könne sich das ja einfach mal anschauen/ zuhören und bei Bedarf zum einen Ohr rein und zum anderen raus lassen.
Außer einer Einführung in den Satsang erhielten wir auch eine Einführung in die Meditation und wie man sich dabei am besten hinsetzt.
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F. Satsang und Seminarbeginn

Der Raum, in dem der Satsang stattfand, war überfüllt. Nach einigem Suchen fand ich ein kleines Fleckchen, das noch frei war, und setzte mich hin. Ich schlug die angegebenen Stellen in dem Kirtan-Heft auf, konnte jedoch trotz der Übersetzungen nicht wirklich etwas mit den Texten anfangen. Der Gesang erschien mir fremdartig und zu laut. Ich litt unter Reizüberflutung und konnte dem Vortrag nicht folgen. Bei der "Arati" genannten Lichtzeremonie stand ich mechanisch auf und hielt ebenso mechanisch meine Hände hin, als das "gesegnete Obst" ausgeteilt wurde.
Danach teilte Sukadev ein, welche Gruppe wohin sollte. An den Rest des Abends habe ich so gut wie keine Erinnerung mehr, weil ich kaum noch etwas aufnehmen konnte. Wir saßen mit Sukadev in einem Raum, und er stellte uns den Swami vor, der ebenfalls da war. Sonst weiß ich nur noch sicher, daß die Anwesenheit der angemeldeten Teilnehmer überprüft wurde, indem jemand die Namen der Reihe nach vorlas und abhakte, wenn sich die genannte Person gemeldet hatte.
An den folgenden Tagen fühlte ich mich beim Satsang nicht mehr ganz so verloren, konnte jedoch keinen wirklichen Zugang dazu finden.
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G. Pranayama, Meditation

Wie es der Plan meines Seminars verlangte, erschien ich am Samstagmorgen um 6:00 zum Pranayama. Ich war unausgeschlafen (bin nun mal kein Frühaufsteher und trinke normalerweise etwas Coffeinhaltiges, wenn ich so früh raus muß) und hatte Hunger. Immer wieder mußte ich aufpassen, auf meinem Kissen nicht vor lauter Müdigkeit zusammenzusacken. Ich folgte Sukadevs Anweisungen genau, konnte allerdings keine Zunahme meiner Energie feststellen, sondern eher das Gegenteil. (Mein Yogalehrer hat mir inzwischen gesagt, daß es ihm genauso geht.) Das viele Kabalabhati erschöpfte mich noch mehr. Die Wechselatmung hingegen fand ich deutlich angenehmer. Alles in allem dauerte mir das Pranayama zu lange. Am Sonntag nutzte ich die Zeit von 6:00 bis 7:00 deshalb zum Schlafen.
An das Pranayama schloß sich eine weitgehend stille Meditation an. Da ich zu Hause bis dahin nicht so lange am Stück meditiert hatte, fand ich das recht anstrengend.
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H. Vorträge und Workshop mit Swamiji

Einige der wohl mehr als 50 Teilnehmer des Seminars interessierten sich fast ausschließlich für "den indischen Meister", was mir schwerfiel nachzuvollziehen, weil für mich ein Yoga-Meister oder sonstiger Meister oder Würdenträger oder Staatsoberhaupt usw. auch bloß ein Mensch ist. Natürlich hat Swamiji eine besondere Ausstrahlung, wirkt sehr ruhig und gütig, aber eine solche Ausstrahlung ist nicht ausschließlich Yoga-Meistern vorbehalten. Für Sukadev hingegen interessierten sich die meisten überhaupt nicht oder nur am Rande, obwohl ich finde, daß auch er eine besondere Ausstrahlung hat.
Von den Teilnehmern waren offenbar die meisten Yogalehrer und mindestens die Hälfte auch schon in Indien gewesen, was mir das Gefühl gab, innerhalb der Seminargruppe einer winzigen Minderheit anzugehören.
Zu den morgendlichen Vorträgen im Seminarhaus Shanti kam ich zu spät, weil ich dringend etwas essen mußte, konnte aber dennoch einigermaßen folgen. Es ging um den Integralen Yoga nach Sivananda, wobei jeder der Yoga-Wege (Hatha Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Jnana Yoga, Karma Yoga) ausführlich beschrieben wurde. Außerdem erzählte Swamiji auch einiges über Sivanandas Leben, incl. einer Reihe von Anekdoten. Er bediente sich eines Englisch mit starkem Akzent, welches von dem Yogalehrer Klaus jeweils sehr rasch übersetzt wurde.
Bei den Workshops handelte es sich um Vorträge mit der Möglichkeit, Fragen zu stellen. Teilweise war auch Sukadev dabei. Die Fragen konnte man bis zum Beginn des Workshops auf ein Blatt Papier schreiben und abgeben. Während des Workshops konnte man dann nochmals genauer nachfragen oder eine Frage äußern, die einem vorher nicht eingefallen war. Während einige Antworten sich direkt auf die Frage bezogen, hatte ich bei anderen eher das Gefühl, daß Swamiji um das Thema herumredete.
Manche Teilnehmer stellten auch aus meiner Sicht seltsame Fragen, z.B. wie sie Chakren verschließen oder wie sie Erinnerungen an ihre früheren Leben wachrufen könnten. Auf diese Frage reagierte Swamiji ungewöhnlich energisch, indem er erklärte, das Ziel der Meditation sei es ja gerade, solche Erinnerungen zu "verbrennen". Auf eine Erzählung von Swamiji hin wollte eine Teilnehmerin wissen, ob es auch ihr möglich wäre, ihre Arbeit aufzugeben und nur noch Mantras zu singen, um ihre Wünsche in Erfüllung gehen zu lassen. (Die Frage war ernst gemeint.) Er empfahl ihr jedoch, weiterhin zur Arbeit zu gehen.
Einer der Teilnehmer wollte mit Swamiji über die Intelligenz von Walen diskutieren, nachdem Swamiji gesagt hatte, daß nur Menschen bewußt handeln können. (Dieser Teilnehmer fiel auch anderweitig einige Male auf, s.w.u.) Er versuchte auch danach noch einige Male, eine Diskussion anzustoßen (auch zu anderen Themen), aber die meisten fanden das eher störend, und ich selber hielt den Rahmen auch nicht so geeignet dafür: Ein spiritueller Vortrag ist keine wissenschaftliche Diskussion. Ein Swami ist es offenbar nicht gewöhnt, daß seine Aussagen derart in Frage gestellt werden – und neigt auch nicht dazu, Aussagen seines Meisters in Frage zu stellen.
Die Antwort auf meine Frage bezüglich der Kriyas zeigte mir, daß auch einzelne Inhalte von Schriften wie der Hatha Yoga Pradipika nicht kritisch hinterfragt (in diesem Fall vor dem Hintergrund, daß man heute ein sehr viel größeres medizinisches Wissen hat wie damals), sondern einfach übernommen werden. Insofern konnte ich auch keinen großen Unterschied zu anderen Religionen feststellen. (Auch wenn oft gesagt wurde, bei Yoga handele es sich nicht um eine Religion: Yoga bei YV ist untrennbar mit dem Hindusmus verbunden, und dieser ist ganz eindeutig eine Religion, nicht nur eine Philosophie.) Allerdings geht aus Swamijis Vorträgen hervor, daß Sivananda auch andere Religionen wertschätzte, und von deren Vertretern insbesondere Jesus. Eine der Teilnehmerinnen begriff dies offensichtlich nicht. Sie stellte ihm nämlich die Frage: "Warum gibt es nur so wenige Erleuchtete?", wobei sie als "Erleuchteten" ausschließlich Yogis betrachtete.
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I. Yogastunden mit Sukadev

Von allen Veranstaltung im Rahmen des Seminars gefielen mir die Yogastunden mit Sukadev am besten.
Die Übungen waren zwar alle sehr anstrengend, aber Sukadev lockerte die Stunden mit seiner humorvollen Art, seiner trockenen Ironie sowie gelegentlich eingestreuten Kommentaren zu verschiedenen Aspekten des Yoga und auch anderen damit zusammenhängenden Themen auf. Wir mußten oft lachen, beispielsweise bei seiner Bemerkung während der Kobra: "... und Fortgeschrittene bringen ihre Füße an den Hinterkopf!"
Wenn es sehr anstrengend wurde, empfahl er meist zu lächeln, was bei den Teilnehmern fast immer ein unterdrücktes Lachen oder ein gequältes Lächeln hervorrief. Aufpassen mußte man auch immer, wenn er eine "einfache Variation" vorschlug, denn meist war diese Variation deutlich schwieriger als die "normale" Asana. Manche der von ihm vorgeschlagenen Variationen schaffte niemand, und seine Antwort auf die Frage, ob er die Übungen, die er vorschlage, denn auch selber könne, sorgte für allgemeine Erheiterung: "Manche davon konnte ich schon einmal..."
Außer Anfangsmantras, (z.T. fortgeschrittenem) Pranayama (Brahmari, war mir sehr unangenehm) und zahlreichen Sonnengrüßen mit allen möglichen Variationen (incl. Spagat, wahlweise "bequem" oder vollständig) wurde natürlich auch die Yoga-Vidya-Grundreihe mit Variationen geübt. Dank Sukadevs Unterstützung schaffte ich zum ersten Mal den Kopfstand und fand ihn gar nicht so unangenehm, wie er aussieht.
Er gab auch Tips, wie sich Beschwerden vermeiden lassen, empfahl z.B. isometrische Übungen zur Stärkung der Hals- und Nackenmuskulatur und eine Variation des "Fischs" für Menschen mit Nackenproblemen, bei der man nicht den Scheitel auf den Boden legt, sondern nur den oberen Teil des Hinterkopfs. Offenbar besitzt er ausgezeichnete Kenntnisse der menschlichen Anatomie. Ich wünschte, alle Yogalehrer besäßen diese...
Wer es nach den Yogastunden nicht allzu eilig mit dem Essen hatte, konnte noch kurz mit ihm sprechen. Ich nutzte diese Möglichkeit auch einmal – trotz meines Hungers – und fühlte mich sehr gut verstanden.
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J. Merkwürdiges

Wie weiter oben erwähnt, verhielt sich einer der Teilnehmer sehr seltsam. Bereits am ersten Tag fragte er auf sehr aufdringliche Art verschiedenste Leute, wann man denn endlich den Swami zu sehen bekommen würde, denn wegen diesem sei er ja schließlich hergekommen. Außer seinem Wunsch, mit diesem zu diskutieren, fiel er auch durch häufige Zwischenfragen auf (was einen großen Teil der Teilnehmer nach einer Weile dazu veranlaßte, nur noch genervt die Augen zu verdrehen) und unterbrach den Swami sogar einmal mitten im Satz.
Während Pranayama und Meditation, teilweise auch während der Yogastunden, hatte er plötzlich und unvermittelt komische Anfälle, die sich durch schnelle Zuck-, Schüttel-, Reibe- Schleuder- und andere rhythmische Bewegungen sowie Tierlaute (insbesondere Grunzen) äußerten. Ich hatte zuerst an Epilepsie gedacht, diesen Gedanken jedoch verworfen, weil ein Grand-mal-Anfall anders aussieht und kein Imitieren von Tierlauten mit sich bringt. Meine zweite Vermutung war ein Tourette-Syndrom und mein dritter eine rein psychische Ursache. Der Mann erklärte seine Anfälle nämlich damit, daß die "Kundalini" in ihm erwacht sei, und dies wurde von einigen (erfahrenen) Teilnehmern, die Yogalehrer waren, angezweifelt: Der Mann bilde sich lediglich etwas ein, ähnlich wie bei hypochondrischen Störungen. In einer der Yogastunden am Samstag fragte er Sukadev, ob er diese Anfälle unterdrücken solle. Daraufhin riet ihm Sukadev dazu, sie zu unterdrücken, falls er es könne, weil sie andere Teilnehmer irritierten. Für den Rest der Yogastunde gab der Mann dann Ruhe. Während der nächsten Meditation folgte allerdings ein weiterer Anfall, ebenso am Sonntag.
Von verschiedenen Teilnehmerinnen, die schon öfter bei YV waren, wurde mir mitgeteilt, daß sie so etwas auch noch nicht erlebt hätten und daß es ganz sicher nicht normal sei. Zwei andere meinten, ich solle von Kundalini Yoga lieber die Finger lassen, weil es sehr gefährlich werden könne. (Aber die Gefahr besteht bei mir ohnehin nicht, weil ich dafür mehr Pranayama machen müßte.)
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K. Geführter Spaziergang, Umgebung

Einmal wurde während der Mittagspause ein geführter Spaziergang durchs Gelände von YV sowie durchs Sylvaticum angeboten, an dem ich auch teilnahm. Das Sylvaticum ist ein großer Park, in dem Bäume aus verschiedenen Regionen der Erde (die alle in der Klimazone mit gemäßigten Klima wachsen) angepflanzt wurden. Dazwischen befinden sich Wiesen. Ich fühlte mich dort sehr wohl.
Außer dem Sylvaticum gibt es noch einen kleineren Park, den Kurpark. Auch die unmittelbare Umgebung der Seminarhäuser (die früher einmal Kurkliniken waren) ist sehr ansprechend. So konnte ich u.a. zahlreiche Blumen, eine kleine Kräuterecke, einen interessanten Zaun aus Ästen und ein Steinmosaik im Rasen sehen. Auch ein Spielplatz ist vorhanden.
Den Ort Bad Meinberg selbst, der 3 oder 4 km vom Gelände von YV entfernt ist, suchte ich nicht auf. Für eine Exkursion zu den Externsteinen ist an einem Wochenendseminar ebenfalls keine Zeit. (Ich nehme aber an, daß man das im Rahmen einer YV-Urlaubswoche oder eines Aufenthalts als Individualgast machen kann.)

Hier einige Fotos vom Sylvaticum: http://www.instantgallery.de/galerie/258685/Sylvaticum/0.html
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L. Kritik, Anregungen und Fragen

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a. Seminarbeschreibung

Bei der Beschreibung des Seminars hatte gestanden, daß Vorkenntnisse in Yoga und Meditation zwar von Vorteil, jedoch nicht erforderlich seien. Meiner Meinung nach war es jedoch für Anfänger bzw. für Menschen ohne Erfahrung mit Pranayama, längerer Meditation oder den Grundzügen des ganzheitlichen Yoga nach Sivananda völlig ungeeignet. Selbst ich als "Mittelstuflerin" mit gewissen (weitgehend angelesenen) Vorkenntnissen fühlte mich von einigem überfordert. Ich hätte den Hinweis deshalb so formuliert: "Offenheit für Spiritualität sowie Vorkenntnisse in Yoga und Meditation unerläßlich."

b. Unterbringung

Bei der Buchung einer Übernachtung im Schlafsaal bzw. Zuweisung eines Betts im Schlafsaal 80 wäre es gut darauf hinzuweisen, daß in diesem Schlafsaal Wasserleitungen unter der Decke vorbeigehen, in denen man auch nachts das Wasser rauschen hören kann. Für gewöhnlich erwartet man so etwas nämlich nicht.
• Gibt es außer dem Schlafsaal 80 eigentlich auch noch andere Schlafsäle für Frauen, und falls ja, wie ist es dort?

c. Essen

• Es wäre schön, wenn man zwischen den morgendlichen Veranstaltungen ein bißchen Zeit für ein kleines Frühstück einplanen könnte...
• Es gibt viele Menschen, die Vollkornprodukte auch dann nicht vertragen, wenn sie eine Weile solche Produkte gegessen und somit versucht haben, sich daran zu gewöhnen. Mein Vorschlag ist deshalb, für diese Menschen eine Alternative bereitzustellen. Im Fall der Vollkornspaghetti hätte sie z.B. in "normalen" Spaghetti bestanden. Dies sollte keinen allzu großen Aufwand verursachen.
• Außerdem kommen nicht alle Menschen mit größeren Mengen an Hülsenfrüchten zurecht, weil diese nun einmal leichte bis starke Blähungen verursachen können. Deshalb wäre es gut, wenn in den Hauptmahlzeiten ab und zu auch andere eiweißreiche pflanzliche Produkte enthalten sein könnten, z.B. Tofu oder Seitan. (Mir ist natürlich klar, daß dies nicht ganz billig ist.)
• Vor dem Speisesaal habe ich eine kleine Vorrichtung mit Faltblättern entdeckt, in denen für den Ernährungsideologen Rüdiger Dahlke bzw. dessen Thesen und Bücher geworben wird. Als jemand, der Ideologien generell ablehnt, heiße ich das nicht gut. In diesen Zusammenhang fällt auch das Propagieren veganer Ernährung von Haustieren wie Hunden und Katzen, die mit Sicherheit nicht artgerecht ist und zu schweren Mangelerscheinungen führen kann.
• Es gibt zahlreiche Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen mit veganer Ernährung nicht zurechtkommen, und einzelne, die zur Erhaltung ihrer Gesundheit gelegentlich auch Fleisch konsumieren müssen. Diesen Menschen sollte nicht unnötigerweise eingeredet werden, sie handelten unmoralisch. Leider gibt es aber sowohl unter den Yogalehrern als auch unter den Seminarteilnehmern einige, die meinten, die Leute missionieren zu müssen. (Man kann das manchmal auch hier im Forum beobachten.)

d. Sonstiges

• Den Preis für das Seminar fand ich sehr fair.
• Der Abhol- und Bringservice vom und zum Bahnhof ist toll.
• Das Heft für Gäste ist sehr praktisch und enthält alle nötigen Informationen.
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Bilanz

Trotz einer Art Kulturschock zu Beginn des Seminars hat es mir insgesamt sehr gut gefallen, und ich gehe davon aus, daß es nicht mein einziges Seminar in Bad Meinberg bleiben wird. Allerdings bin ich wohl in Urlaubswochen, Individualurlaub oder anderen Seminaren mit etwas weniger spirituellem Hintergrund besser aufgehoben.
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Liebe Grüße,
von Minerva

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Antworten

  • Lieber Sukadev,

    Danke für Deine Antwort.

    Ich habe mich diesmal (für meine Entspannungskursleiter-Ausbildung) für ein Mehrbettzimmer (4 Betten) entschieden und bin damit sehr zufrieden.

    Liebe Grüße,
    von Minerva

  • Liebe Minerva, danke für deine sehr detaillierten Erfahrungsbericht, den ich mit großem Interesse gerade gelesen habe. Zu einer Frage von dir: Ja, wir haben auch andere Schlafsäle. Im Zweifelsfall kannst du bei deiner Buchung dich telefonisch erkundigen, welche Schlafsäle möglich sind und wie sie aussehen/wo sie sich befinden. Alles Gute - und weiter viel Freude beim Yoga.

  • Liebe Minerva

    WOW

    Danke für deinen ausführlichen Erfahrungsbericht...
    Es ist einfach wunderbar dass jeder Mensch auf seine Art seine Erfahrungen macht.

    Liebe Grüße aus Bad Meinberg
    Rafaela

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