Psychoanalyse und Spiritualität

Alice (im folgenden A genannt): Ich mache gerade eine Psychoanalyse. Aber ich habe das Gefühl, dass sie mich im Moment nicht mehr weiter bringt. Anfangs war es hilfreich, aber vieles ist auch sehr konstruiert, erreicht keine Tiefe. Ich finde, man sollte die positiven Dinge im Leben sehen, nach vorne schauen. Im Moment ist es eher ein schwerer Stein am Bein, diese Analyse. Abdi Assadi beschäftigt sich in seinem Buch mit der Notwendigkeit sowohl das Spirituelle, wie auch die Psyche zu beachten. Viele werden nach Spiritualität süchtig, um ihre psychischen Probleme damit zu verdecken.
Nils: Es ist gut Psychologie und Spiritualität zu verbinden. Das mache ich auch.
A: Bei mir schmolzen Ängste auf dem spirituellen Weg dahin… früher waren es richtige Angstzustände. Heute nicht mehr. Nach einer ganz schlimmen Stunde hab ich mir mal dein Lach-Yoga Video angeschaut – und plötzlich fing ich an zu tanzen, alles Schwere viel ab und es ging mir gut. Ich frage mich tatsächlich, in wieweit man dem Negativen Beachtung und Raum geben sollte. Es ist ja auch ein Grundsatz der Achtsamkeit, dass man alle Gefühle wahrnimmt und so sein lässt. Ich finde jedoch, dass die positive Richtung und ein aktives Zusteuern darauf an einem bestimmten Punkt auch ganz wichtig ist. Wie siehst du das denn?
Nils: Für mich ist das ganz einfach. Ich mache meine spirituellen Übungen und löse meine inneren Verspannungen auf. Wenn Negatives auftaucht, arbeite ich damit. Ansonsten konzentriere ich mich auf das Positive.
A: Wie arbeitest du denn dann damit?
Nils: Grundsätzlich gibt es zwei Techniken: Die Meditation und das positive Denken. In der Meditation lässt man die Gefühle auftauchen, sich ausleben und beobachtet sie nur. Beim Positiven Denken erkundet man den negativen Gedanken, der hinter den Gefühlen steht, und löst ihn mit einem positiven Gedanken auf.
A: Mein Analytiker findet, man muss seine negativen Gefühle den Menschen mitteilen…
Nils: Mitteilen hilft manchmal, aber oft zerstört es auch die Beziehungen.
A: Das denke ich auch.
Nils: Die meisten Psychologen haben schlechte Beziehungen. Psychologie alleine ist ein Irrweg. Sie hält die Menschen im Negativen fest. Meine erste große Beziehung ist gescheitert, weil meine Exfrau in ihre Wut verliebt war und sie immer ausleben wollte. Das hat mir auf die Dauer nicht gefallen.
A: Das ist der Punkt. Ich frage ihn auch immer, warum ich jetzt wütend sein, gar rumschreien soll – das hilft keinem von beiden. Kann ich gut verstehen, dass dir das nicht gefiel.
Nils: Es ist viel schöner, wenn man sich liebt.
A: Ja, und Dinge in Ruhe klärt – sich ausserdem vorher mal Gedanken macht, ob das jetzt wirklich so unglaublich wichtig ist. Du schriebst, dass die Psychoanalyse einer Freundin sehr geschadet hat. Würdest du mir das noch mal genauer berichten? Heute in der Analyse war wieder alles so negativ – und ich bin so ein kleines bisschen geplatzt und sagte: „Ich lasse diese negativen Suggestionen nicht mehr zu“. Jetzt ist mein Analytiker ziemlich sauer…
Nils: Ja so ist das mit den Analytikern. Sie glauben an ihr System. Ich halte es auch nicht für völlig falsch. Es ist gut sich seiner Probleme bewusst zu sein. Ich habe mich viele Jahre auch mit der Psychoanalyse beschäftigt. Und das war gut so. Aber der Schwerpunkt der psychischen Arbeit ist falsch. Er muss im Positiven liegen. Sonst versumpft man in seinen Problemen und wird negativ. So ging es meiner Freundin. Meine Freundin hatte das Problem, dass sie einsam war und keinen Mann finden konnte. Sie hatte ein Kind, hat viele Süßigkeiten gegessen und wurde immer dicker. Sie war ursprünglich sehr schön und hatte große Ansprüche an die Männer.
A: Ja, so ist das. Ich habe den Eindruck, dass Analytiker oft vergessen, dass es sich um ein System handelt und dass sie dieses System mit der Realität verwechseln. Menschen sind eben keine Bücher und nicht alle sind nach Schema Freud zu verstehen. Deiner Freundin hätte Spiritualität wohl etwas besser helfen können, einfach um sich von der Fixierung auf äusserliche Merkmale zu lösen.
Nils: Meine Freundin hätte ein spirituelles System gebraucht und nach den fünf Grundsätze der Gesundheit leben müssen (gesund essen, etwas Sport, Meditation, positives Denken, ungesunde Sachen vermeiden). Aber sie glaubte eher an ihren Psychoanalytiker.
A: Bei mir ist es im Moment die Weigerung mir Wut und Egoismus einreden zu lassen. Ich halte es für falsch, sich völlig auf sich selbst zu konzentrieren und mit anderen in dauernde Auseinandersetzung zu gehen und ständig zu kämpfen. Mein Analytiker meint, ich müsse in diese Richtung. Mein Ziel wäre es eher in der Liebe und im Frieden zu leben.
Nils: Dann hast du grundsätzlich ein Problem mit deinem Psychoanalytiker. Du müsstest ihn theraphieren und nicht er dich. Die Psychoanalyse kann in einer bestimmten Phase des Lebens richtig sein. Aber dann muss man weitergehen. Man darf nicht in der Dunkelheit stehen bleiben. Man muss ins Licht kommen.
A: Für ihn gibt es nur „die Realität“ – und die heisst, sich durchsetzen, Grenzen setzen, Geld, Auto, Haus, Kinder, gesellschaftliche Anpassung. Die Analyse ist für ihn leider ein Mittel um Menschen angepasst zu machen – nicht ein Mittel, um Menschen zu helfen ihren eigenen Weg zu finden. Ich glaube nicht, dass er ein sehr glücklicher Mensch ist. Alles andere als dieses Konzept erscheint ihm wie Träumerei und ist pathologisch. Mein Haupt-Kritikpunkt an der Analyse ist, dass sie keine spirituelle Dimension zulässt. Diese ist für mich aber sehr wichtig.
Nils: Die Psychoanalyse lehrt den Weg des Egos und der erfolgreichen Machtkämpfe. Man muss auch kämpfen können, um in dieser Gesellschaft zu bestehen. Aber der Schwerpunkt des Lebens sollte in der spirituellen Selbstverwirklichung, in der Liebe, im Frieden und im Licht liegen. Wir sollten uns nicht an erfolgreichen Machtmenschen, sondern an den Vorbildern des inneren Glücks und der umfassenden Liebe orientieren.

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