Mantra-Singen im Altersheim

Bei meiner Mutter war es gestern wieder sehr gut. Als ich kam, schlief sie. Ich bin dann erst mal zum Altersheimcafe gegangen und habe mir den Bauch mit Kuchen vollgeschlagen. Kaum war ich satt, wachte meine Mutter auf und kam von alleine an. Wir sind dann mit einer anderen alten Frau zu unserer Bank zum Singen gegangen. Die Frau hatte gerade Geburtstag gehabt, ist 88 Jahre alt geworden und ich habe ihr Geburtstagslieder gesungen. Das hat sie glücklich gemacht.

Nach und nach kamen immer mehr alte Frauen hinzu. Ich sang zweieinhalb Stunden mit ihnen. Als ich alle Lieder aus meinem Liederbuch gesungen hatte, konzentrierte ich mich auf die Lieblingslieder der alten Frauen und wiederholte sie immer wieder. "Der Kuckuck und der Esel. Es klappert die Mühle am rauschenden Bach. Grün grün grün sind alle meine Kleider. Ein Vogel wollte Hochzeit feiern. Jetzt fahrn wir übern See. Drei Chinesen. Die kleine Wanze." Sie wirkten wie ein Mantra und reinigten sie spirituell.

Ich versuchte es auch mit einigen christlichen Liedern. "Gottes Liebe ist so wunderbar. Er hält die ganze Welt in seiner Hand." Meine Mutter kannte sie nicht und weigerte sich mitzusingen. Da sie sich nichts mehr merken kann, konnte sie die Lieder auch nicht mehr neu lernen. Einige andere Frauen mochte diese Lieder aber und sangen mit. Ich werde wohl in Zukunft ein bis zwei christliche Lieder einfügen. Das ist für meine Mutter noch akzeptabel und das Altersheim wird es freuen, weil es ein christliches Heim ist.

Das einzige christliche Lied, das alle lieben, ist "Der Mond ist aufgegangen." Sehr spirituell finde ich die Strophe: "Gott lass uns dein Heil erschauen, auf nichts Vergängliches trauen, nicht Eitelkeit uns freun. Lass uns einfältig werden und vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein." Die Alten mochten vor allem die letzte Strophe: "So legt euch denn ihr Brüder in Gottes Namen nieder. Kalt ist der Abendhauch. Verschone uns mit Strafen und lass uns ruhig schlafen. Und unsern kranken Nachbarn auch." Es gibt viele körperlich und geistig kranke Menschen im Altersheim. Besonders berührte mich eine alte Frau in einem Rollstuhl, die kaum noch sprechen konnte, aber voller Begeisterung mitsang.

Einige noch nicht so alte Frauen interessierten sich für das indische Harmonium. Ich erzählte ihnen, dass christliche Missionare dieses Instrument für Indien entwickelt hatten. Es wurde in Indien so beliebt, dass es zu einem Hauptinstument für Yoga-Bhajans geworden ist. So kam es dann Ende letzten Jahrhunderts mit dem Yoga in den Westen. Daraufhin wollten die Frauen auch indische Lieder hören. Mein neustes Lied "Sita Ram" konnten sie sofort mitsingen. Es ist ein einfaches Mantra, dass uns an die große Liebe zwischen der schönen Prinzessin Sita und dem indischen Prinzen Ram erinnert.

Ich spürte, wie die Energie im Raum immer mehr gereinigt und von Frieden und Glück erfüllt wurde. War meine Mutter am Anfang noch sehr unruhig und wollte immer wieder aufstehen, saß sie zum Schluss glückselig auf ihrem Platz und war kaum dazu zu bewegen zum Essen zu gehen. Aber das Abendbrot wartete und so endete ein schöner Liederabend. Und ich fuhr mit dem Fahrrad beschwingt und voller Lieder zurück in meine Yogihütte im Wald.

https://www.youtube.com/watch?v=aN3SkyAOXSE (Sita Ram)

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Kommentare

  • Lieber Nils, wie wundervoll du immer wieder berichtest über deine Erfahrungen im Altersheim, ich lese dein Block sehr gerne. Vielen Dank für die Yoga-inspirationen für den Alltag. Om Shanti, lieben gruß Ananda

  • Ja - alte Menschen haben nichts mehr, woran sie festhalten, daher ihre Ein(fach)heit in der Energie wenn sie sich freuen. Es ist beglückend - das Du das machst, so haben viele etwas davon, so sind die Wege Gottes Unerforscht.

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