Was in der westlichen Medizin „innere Uhr“ genannt wird, ist in der TCM die „Organuhr“. Beide Systeme erklären, dass unsere Organe und Körperfunktionen zu bestimmten Tageszeiten besonders aktiv sind. Laut TCM durchströmt Energie (Qi) auf festgelegte Bahnen (Meridianen) den Körper. Alle zwei Stunden wird ein Meridian (damit auch das Organ) besonders durchflutet. Wenn wir also immer wieder zur selben Zeit Beschwerden spüren, deutet dies darauf hin, dass mit dem Energiefluss etwas nicht stimmt. Diese Blockaden machen krank. Die Organuhr kann Hinweise geben, welcher Körperteil betroffen ist, und hilft in uns hineinzuhorchen. Es gibt Rhythmen, die sich täglich wiederholen. Kennt man diese Rhythmen, dann wird sich dies positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Daher können Beschwerden, die zu einer bestimmten Uhrzeit auftreten, darauf hinweisen, dass es in einem bestimmten Organ zu einer Störung gekommen ist. Hier erfährst du, wie du Störungen entdecken und auch wieder ausbalancieren kannst.
Leber:
1–3 Uhr: Typisch für ein gestörtes Leber-Qi ist, dass man zur Aktivzeit des Organs aufwacht. Aber auch weitere Symptome können auf ein Leberproblem hinweisen: z. B. kalte Hände und Füße, Übelkeit und ausgeprägte Nervosität, Schmerzen in der rechten Schulter, die nicht von einer Verspannung herrühren. Saure Komponenten im Essen (z. B. Früchte, Zitronensaft, Essig) entspannen die Leber. Auch verschiedene Getreidesorten sind gut für das Organ. Dagegen sollte man lieber auf Geräuchertes, Frittiertes, Knoblauch und Kaffee verzichten.
Harmonisierungs-Hilfen: In der TCM besitzen Lebensmittel eine Heilwirkung und werden in die Kategorien sauer, bitter, süß, scharf und salzig eingeteilt. Löwenzahn ist das Kraut, das der überlasteten Leber gut tut, ebenso Beifuß oder Wermut.
Lunge:
3–5 Uhr: Husten und Beklemmungsgefühle im Brustbereich sind Signale, dass etwas mit der Lunge nicht stimmt. Da sie uns mit Sauerstoff versorgt, können prinzipiell Infektanfälligkeit und Energiemangel auf eine Schwäche hinweisen. Das kann die Probleme lindern: Die Lunge hat die Aufgabe, Sauerstoff aufzunehmen und gleichzeitig Kohlendioxid abzugeben. Sie atmet die flüchtigen Abfallprodukte des Körpers aus. Hat man nun also ein Problem mit der Lunge, dann ist es günstig, das Organ mit Kräutern zu stärken. Hier ist Spitzwegerich das ideale Kraut. Wichtig ist, auf ein gut gelüftetes Schlafzimmer zu achten, damit gerade in der Nacht genügend Sauerstoff aufgenommen werden kann. Alle Pranayama-Übungen stärken unter anderem auch die Lungenfunktion. Ebenso Übungen aus der Atemarbeit nach Middendorf.
Harmonisierungs-Hilfen: Das Lungen-Qi fließt besser, wenn du 3- bis 4-mal täglich den Akupressurpunkt an der Handgelenksfalte unterhalb des Daumens mit dem Daumen der anderen Hand 2 Minuten kreisend massierst.
Dickdarm:
5–7 Uhr: Zu dieser Zeit reagiert die Peristaltik des Dickdarms am stärksten. Deshalb ist bei normaler Verdauung der erste Gang nach dem morgendlichen Aufstehen der auf die Toilette. Verspürst du bevor der Wecker klingelt Harndrang? Dies lässt – wie auch Bauchschmerzen (durch Blähungen und Stau) – auf Dickdarmprobleme schließen. Es hilft eine Akupressur-Massage an der Außenseite des Schienbeins. Dazu eine Faust ballen, mit den Fingerknöcheln von unterhalb des Knies bis zur Wadenmitte runter- und wieder hochfahren, etwa 2 Minuten lang, 10 Mal! Der Dickdarm ist das Organ des „Loslassens“. Leiden Erwachsene an Verstopfung, dann haben sie in der Kindheit nicht vermittelt bekommen, wie wichtig das Loslassen ist.
Harmonisierungs-Hilfen: Scharf wirkendes Essen stärkt das Dickdarm-Qi. Geeignet sind z. B. weißes Gemüse, Reis und frischer Ingwer.
Magen:
7–9 Uhr: Wer morgens keinen Bissen runterkriegt, hat ein schwaches Magen-Qi. Dabei wäre diese Zeit die beste für ein Frühstück. Denn mit dem Magen beginnend, haben alle Verdauungsorgane ihre maximale Aktivität am Vormittag. Mögliche Folgen einer Schwäche könnten Übelkeit und Bauchschmerzen sein. Trinke in dem Fall viel Tee: ideal sind z. B. Lindenblüten, Hagebutten oder Fenchel.
Harmonisierungs-Hilfen: Der Heillaut „hu“ (sprich: chuu) stärkt den Magen. Dazu Hände zwischen Brustbein und Nabel übereinanderlegen, tief einatmen, dann mit der Ausatmung „chuu“ sagen. 2 Mal täglich sechs Wiederholungen, bis der morgendliche Appetit zurückgekehrt ist.
Milz:
9–11 Uhr: Übelkeit, Völlegefühl und Abwehrschwäche können an einer Schwäche der Milz und des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) liegen. Die Bauchspeicheldrüse liefert Enzyme, die in den Dünndarm abgegeben werden und den bereits vom Magen anverdauten Speisebrei in kleinste Bestandteile der Eiweiße, Fette und Kohlehydrate zerlegen. Die Bauchspeicheldrüse liebt eine regelmäßige, stressfreie Essensaufnahme – nichts geht diesem Organ so gegen den Strich wie dauerhafter Stress. Diese Atemübung kann helfen: Aufrecht stehen und beim Einatmen abwechselnd den linken und den rechten Arm heben. In der Atempause den Arm kräftig nach oben dehnen und beim Ausatmen wieder locker sinken lassen. Das entspannt!
Harmonisierungs-Hilfen: Die Emotionen der Bauchspeicheldrüse sind Sorgen, Kummer und Kränkung. Ständiges Grübeln über ein Problem verlangsamt den Energiefluss. Angegriffene Magenschleimhäute lieben Ringelblume, Kamille und Käsepappeltee.
Herz:
11–13 Uhr: In der Schule, im Studium oder im Job bist du in der aktiven Zeit sehr unkonzentriert? Du schläfst häufig schlecht und wirst immer vergesslicher? Wenn du unter diesen Symptomen leidest, solltest du deinen Teint genauer anschauen (besonders zur aktiven Herzzeit). Bei einer Herz-Qi-Schwäche ist er blass, bei Qi-Überschuss eher violett. Ausgleichend wirkt hier der Heillaut „he“ (sprich: cheeeea): Beide Hände übereinander etwas links vom Brustraum auflegen: Die Energie in den Brustraum fließen lassen, ausatmen und „cheeeea“ sagen. Sechsmal wiederholen!
Harmonisierungs-Hilfen: Das Herz wird ruhiger, wenn Du zweimal täglich je zwei Minuten lang erst mit dem Mittelfinger der linken Hand den Akupunkturpunkt an der Handgelenksfalte unterhalb des rechten kleinen Fingers drückst und dann mit dem linken Daumen die Innenseite des rechten kleinen Fingers massierst. Ginseng stärkt das Herz.
Dünndarm:
13–15 Uhr: Wenn der Dünndarm nicht richtig arbeitet, fühlst du dich selbst nach einem leichten Lunch zu voll und unwohl. Psychisch macht sich der Qi-Mangel in Unzufriedenheit und Nörgelei bemerkbar. Bitterstoffe in Salaten wie Radicchio, Endivie oder Chicorée sowie Artischocken balancieren die Energie aus.
Harmonisierungshilfen: Qigong, eine Basisübung: Arme über die Seiten gestreckt bis in Schulterhöhe führen, dann Hände auf die Brust. Die rechte liegt unter der linken – wobei der Daumen der rechten Hand die linke Hand hinter dem kleinen Finger berührt. Während sechs tiefer Atemzüge die Energie in den Brustraum fließen lassen. Dreimal täglich üben!
Blase:
15-17 Uhr: Da der Meridian der Blase vom Kopf entlang des Rückgrats verläuft, kann ein gestörter Energiefluss gerade nachmittags zu Kopfweh oder Schmerzen zwischen den Schultern führen.
Diese Atemübung hilft: Beim Luftholen das Becken etwas nach vorn schieben, dabei die Muskeln im Unterbauch anspannen. Beim Ausatmen wieder locker lassen. 30-mal wiederholen, dreimal täglich.
Harmonisierungs-Hilfen: Gerste, Sellerie, Spargel oder Kürbiskerne helfen, das Qi auszubalancieren und so den Entwässerungsprozess und andere Beschwerden zu normalisieren.
Nieren:
17–19 Uhr: Frieren oder Schmerzen im unteren Rücken am späten Nachmittag weisen auf ein schwaches Nieren-Qi hin. Es kann zudem sexuelle Unlust und Angstgefühle auslösen. Denn die Nieren regeln laut TCM nicht nur den Wasserhaushalt, sondern beeinflussen u. a. auch die Libido. Die Niere (besser gesagt, die Nebennieren) beeinflussen die Geschlechtsorgane. Fruchtbarkeitsprobleme haben also oft auch hier ihren Ursprung.
Harmonisierungs-Hilfen: Eine Fußmassage verleiht Energie: Ein Bein so übers andere winkeln, dass man bequem den Fuß erreicht. Dann die Mitte der Fußsohle viele Male mit vier Fingern oder beiden Daumen kreisend massieren. Danach die Seite wechseln.
Kreislauf:
19–21 Uhr: Du bist abends genervt und willst von Zärtlichkeiten nichts wissen? Das deutet auf eine Qi-Schwäche im Blutkreislauf hin. Die TCM nennt das System „Herzhülle“. Es soll unsere Liebesfähigkeit beeinflussen. Körperlich machen sich Kreislauf-Qi-Probleme durch Herzklopfen, Schwindel und Durchblutungsstörungen bemerkbar. Auch die Akupressur des Punktes am oberen Ende der vorderen Achselfalte stärkt das Kreislauf-Qi: Mit dem Mittelfinger erst leicht, dann etwas tiefer drücken, ca. 3 Minuten lang halten.
Harmonisierungs-Hilfen: Neben Qigong-Übungen wird empfohlen, viel Rosmarintee zu trinken oder Misteltropfen. Diese nimmt man speziell am Morgen zwischen 7 und 9 zu sich. Außerdem: Der Magen hat in dieser Zeit seine Ruhephase und sollte nicht mehr belastet werden: kein Naschen!
Körperwärme (Dreifach-Erwärmer):
21–23 Uhr: Häufige Rücken- und Kopfschmerzen vor dem Schlafengehen sind typische Anzeichen für einen Qi-Blockade in der Wärmeregulation. Geißblattblütentee hilft bei einer gestörten Wärmeregulation und damit z. B. auch bei Fieber – einem deutlichen Zeichen dafür, dass etwas mit dem Körper nicht stimmt. Dafür einmal täglich 6 bis 15 Gramm Geißblattblüten in einem Liter Wasser erhitzen, bis es auf ein Drittel eingekocht ist. Dann trinken.
Harmonisierungs-Hilfen: Ein paar Tropfen Lavendelöl auf Schläfe, Puls und den Kopfpolster aufgetragen wirken ausgleichend.
Galle:
23–1 Uhr: Schlafstörungen um Mitternacht sind ein Zeichen für ein gestörtes Gallenblasen-Qi. Wer zudem häufig nach fettem Essen mit Übelkeit zu kämpfen hat, sollte etwas unternehmen.
Harmonisierungs-Hilfen: Pfefferminztee reguliert das Gallen-Qi: Am besten mit frischen Blättern aufbrühen und drei bis fünf Tassen über den Tag verteilt trinken. Artischockensaft (z.B. von der Firma Schoenenberger, im Reformhaus erhältlich) regt den Gallefluss an.
Quelle: "gesund24", redaktionell bearbeitet von Bhajan Noam
Der Heilpraktiker Lothar Ursinus gibt mit seinem Vortrag einen kleinen Einblick in das rhythmische Geschehen der Organe.
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