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An dieser Stelle werden die achtzehn Mantras aufgeführt, die bei Yoga Vidya und in der Sivananda Tradition für Meditationen verwendet werden können. Für diese Mantras kannst du eine Einweihung bekommen. Durch das genaue Hinhören gibt sich vielleicht ein Anhaltspunkt, welches der Mantras für dich besonders geeignet ist. Wenn du ein Meditationslehrer bist, dann gibt es dir die richtige Aussprache dieser Mantras.

Verweis: die gesprochenen Versionen der Mantras finden sich auf der entsprechenden MP3-Datei auf unseren Internetseiten.

Bei Yoga Vidya gibt es 18 Moksha Mantras, die man für die Meditation verwenden und in die man eine Einweihung erhalten kann:

  1. Om Gam Ganapataye Namaha
  2. Om Sharavanabhavaya Namaha
  3. Om Namah Shivaya
  4. Om Namo Narayanaya
  5. Om Namo Bhagavate Vasudevaya
  6. Om Shri Ramaya Namaha
  7. Om Shri Hanumate Namaha
  8. Hare Rama Hare Krishna Mahamantra
  9. Om Namo Bhagavate Sivanandaya
  10. Om Shri Durgayai Namaha
  11. Om Shri Mahalakshmyai Namaha
  12. Om Shri Mahakalikayai Namaha
  13. Om Aim Saraswatyai Namaha
  14. Soham
  15. Om
  16. Gayatri Mantra
  17. Mahamrityunjaya Mantra
  18. Navarna Shakti Mantra

 

Dies sind die achtzehn Dhyana Moksha Mantras, die wir bei Yoga Vidya verwenden. In diese Mantras kannst du eine Einweihung bekommen. Kein anderes Mantra ist zulässig. Du kannst dir daraus ein Mantra auswählen und mit ihm alleine meditieren. Kurzfristig kannst du auch abwechseln und mit einem anderen Mantra meditieren. Langfristig ist es jedoch gut, in der Meditation beim gleichen Mantra zu bleiben. Wenn du dich dazu entschließt dauerhaft das Mantra zu verwenden und jeden Tag mindestens zwanzig Minuten mit ihm zu meditieren oder mindestens zwanzig Minuten lang das Mantra zu wiederholen, dann kannst du eine Mantra Einweihung bekommen.

Wie du diese erhältst und was das genau bedeutet, wie du dich darauf vorbereiten kannst, erfährst du im nächsten Beitrag.

Hinweis: In unserem achtwöchigen Mantra Meditationskurs (siehe Yoga Vidya Internetseiten) lernst du die verschiedensten Methoden kennen, wie du mit einem Mantra meditieren kannst. Du bekommst die Bedeutung von jedem einzelnen Mantra erläutert und erfährst Einzelheiten über die exakte Aussprache. Zudem wird die Mantra Weihe darin genau besprochen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS126 Mantras für die Meditation

Welche Mantras kannst du für die Meditation verwenden? Was sind überhaupt Mantras? Wie kommst du zu deinem Mantra? Wie suchst du dein Mantra aus?

Mantra Meditation in verschieden Kulturen

Es gibt viele unterschiedliche Meditationstechniken. Die verbreitetste Meditation auf der ganzen Welt ist vermutlich die Mantra Meditation. Menschen auf der ganzen Welt meditieren mit einem Mantra. In  Indien ist die Mantra Meditation am populärsten. Im Hinduismus spielt sie für spirituelle Menschen die größte Rolle. Im Buddhismus meditieren Menschen mit Mantras. In Form von einer Art Rezitation von Koran Versen ebenso bei den Moslems. Wir finden Mantras zudem bei den Sufis. Ebenfalls im Judentum und teilweise im Christentum, im immer währenden Jesus Gebet. Das „Gegrüsset seist du Maria“ kann man als eine Art von Mantra Meditation bezeichnen. Im Yoga werden Sanskrit Mantras rezitiert. Sie werden seit tausenden von Jahren gesprochen und haben eine besondere Kraft.

Mantra Meditation im Vergleich mit anderen Meditationstechniken

Der Vorteil der Mantra Meditation ist, dass sie auch wirkt, wenn man mal nicht ganz konzentriert ist. Allgemein gilt, dass alle unterschiedlichen Meditationstechniken gut sind und irgendwann zur Erleuchtung führen. Die Mantra Meditation im Speziellen hat ihren eigenen Charme, Schönheit und Bedeutung. Wenn man zum Beispiel einfach nur seinen Atem beobachtet und von null bis zehn zählst, du dann von vorne beginnst, mag das natürlich schon eine Hilfe sein für mehr Achtsamkeit. Es kann dabei helfen, sich von Gedanken zu lösen. Spirituell inspirierend ist es jedoch nicht sehr.

Angenommen, du übst alleine mit dem Body Scan, gehst von unten nach oben durch den Körper. Irgendwann ist das dann nicht mehr inspirierend und dein Geist fängt an zu wandern. Ich will nicht schlecht über die anderen Meditationstechniken sprechen, die ich selbst lehre und die vielen Menschen helfen. Ich will nur sagen, dass für die Mehrheit der Menschen langfristig die Mantra Meditation zur Haupttechnik wird. Über ein Mantra verbindet sich der Meditierende mit einer ganz besonderen spirituellen Kraft.

Die Kraft des Mantras und die Erfahrung des Göttlichen

Swami Sivananda hat ein Buch geschrieben, das „Japa Yoga“ heißt.  Swami Sivananda sagt dort „ein Mantra wird so oder so, also bewusst oder unbewusst, korrekt oder inkorrekt ausgesprochen, dich zu Gott führen.“

Das sind erst mal große Aussagen. Wer mit einem Mantra meditiert, kennt diese Phasen, wo der Geist nicht wirklich konzentriert war und der Meditierende zwischendurch Luftschlösser gebaut hat oder ein wenig gedöst hat. Wenn zwischen durch immer wieder das Mantra da war, fühlt man sich nach der Meditation spirituell stärker inspiriert. Darüber hinaus hat das Mantra die Kraft, besonders wenn es konzentriert wiederholt wird. Es kann dich in Überbewusstsein hinein führen zur Erfahrung des Göttlichen. Deshalb ist die Mantra Meditation aus gutem Grund für die meisten Menschen die effektivste Meditationsart und Technik. Es ist durchaus empfehlenswert, diese Form der Meditation über einen längeren Zeitraum zu üben. Natürlich kann man zusätzlich zur Mantra Meditation noch andere Meditationstechniken üben. Im großen Spektrum der Mantra Meditationen gibt es sehr viele weitere Techniken.

Bei Yoga Vidya gibt es den mehrwöchigen Kurs „Mantra-Meditationskurs“, in dem man noch sehr viel mehr über Mantras erfahren kann. Wir bieten zudem die fünftägige Mantra Meditation Intensiv Woche an. Dabei geht es fünf Tage lang intensiv darum, sich über mehrere Stunden täglich mit Mantra zu beschäftigen und zu üben. Dies erfolgt während Asanas, Pranayama und während dem Spazierengehen. Dabei wird das Mantra ständig wiederholt. All das hilft einem wirklich tief in die Meditation hineinzugehen, um vielleicht deine persönliche Mantra Meditationstechnik zu finden und die Erfahrung mit dem Mantra zu vertiefen.

In den Mantra Shastras wird gesagt, Mananat trajate iti mantraha. Das iti ist ein Mantra, welches man im Geist wiederholt, mananat. Es führt zur Befreiung, trajate.

 

Sechs Aspekte des Mantras

In dieser Definition ist jede Wort- oder Silbenkombination, die in dem du sie geistig wiederholst und dich zur Befreiung führen kann, ein Mantra. In den Mantra Shastras wird darüber gesprochen, dass es sechs Aspekte eines Mantras gibt.

Ein Mantra hat einen Rishi, eine Person, die das Mantra gefunden hat und dem es offenbart und enthüllt wurde. Die alten Rishis waren in tiefer Meditation und darin wurde ihnen das Mantra offenbart. Sie gaben dieses Mantra ihren Schülern weiter. Diese haben es wiederholt und sind selbst zur Gottverwirklichung gelangt. So verbirgt sich hinter einem Mantra eine ganze Guru-Linie, in der viele Menschen dieses Mantra wiederholt haben, und in derer Tradition es weitergegeben wurde. Wenn man ein Mantra wiederholt, wird man dadurch inspiriert von den vielen Menschen, die durch die Mantra Wiederholung die Gottverwirklichung erreicht haben.

Der zweite Aspekt des Mantras ist Matra, der Klang eines Mantras. Wenn du ein Mantra wiederholst, dann entsteht dabei ein Klang. Beim Om Namah Shivaya ist ein Klang, der messbar ist und digital beschrieben werden kann (z. B. in Form von MP3 Dateien).

Mantras wirken alleine schon durch ihren Klang. Wenn jemand ein Mantra wiederholt, ohne dessen Bedeutung zu kennen, wird er trotzdem die Kraft des Mantras spüren. Deshalb sollte man Mantras in der Sprache wiederholen, in der sie geschrieben, in der sie ursprünglich dem Rishi enthüllt wurden. Es ist ein Unterschied, ob man sagt Om Namah Shivaya oder Ehrerbietung der allumfassenden göttlichen Güte spricht. Das wäre die korrekte Übersetzung von Om Namah Shivaya. Nur Om Namah Shivaya hat die besondere Kraft des Klanges.

Ein dritter Teil eines Mantras ist Ishta Devata. Dies ist der Aspekt Gottes, zu dem du eine besondere Beziehung hast. Ishta heißt auch geliebt, Devata heißt Aspekt Gottes. In den Mantras liegen somit eingeschlossen bestimmte Ishta Devatas, kosmische Kräfte. Hinter Om Namah Shivaya gibt es Shiva. Om Namo Narayanaya ist der Aspekt Vishnus. Om Namo Bhagavate Vasudevaya ist Krishna. Du verbindest dich mit einem bestimmten Aspekt Gottes, wenn du das Mantra wiederholst. Dieser wird dich weiterführen zu Brahman, zum Ursprünglichen.

Ein Mantra hat ein Bija. Dies ist die Essenz oder der Same des Mantras. Bija kann in zwei Weisen interpretiert werden. Zum einen ist es die Essenz, wohin es geht. Bei den sogenannten Dhyana Moksha Mantras, den Mantras, die man für Meditation verwendet und die zur Erleuchtung (Moksha) führen sollen, ist Bija die Gottverwirklichung. Du wiederholst das Mantra, um zur Erleuchtung, zur Gottverwirklichung zu kommen. Es gibt Mantras, die andere Bijas haben. Beispielsweise Mantras, die dazu da sind, die Feuer-Energie zu erhöhen, wie beispielsweise mit Ram. Oder die Wasserenergie, Vam. Es gibt Bijas, die dich in den Kontakt mit dem göttlichen Nektar bringen, Tam. Es gibt Mantras, die als Bijas die Essenz haben, Vertrauen und Mut zu entwickeln, wie beispielsweise das Krishna Krishna Maha Yogin Mantra.

Eine zweite Interpretation von Bija ist die Keimsilbe, die mit dem Mantra zusammen hängt. Bei allen Dhyana Moksha Mantras ist Bija das „Om“. Alle Mantras, die zur Befreiung führen enthalten direkt oder indirekt das „Om“ und wollen dich zur Erleuchtung führen.

Der fünfte Punkt eines Mantras ist Shakti, die Kraft des Mantras. Diese setzt sich zusammen aus Rishi Shakti. Das Mantra ist angereichert mit der Kraft von allen Meistern, die die Gottverwirklichung erreicht haben. Es ist die Kraft des Klanges. Der Klang an sich hat eine Shakti. Es ist Ishta Devata Shakti, die Kraft hinter dem Aspekt Gottes. Du verbindest dich mit seiner Kraft.

Es gibt Bija Shakti, die Essenz des Mantras, die beschrieben werden kann mit der Sehnsucht deiner Seele nach Erleuchtung. Diese Shakti wird frei gesetzt und immer stärker, wenn du regelmäßig mit dem Mantra meditierst und dich dabei öffnest für den Rishi. Wenn das Mantra korrekt und mit Hingabe an das Göttliche sowie mit der Sehnsucht nach Erleuchtung rezitiert wird, sammelt sich im Laufe der Zeit die Shakti immer mehr an. Sie wird zu Ojas, zu einer spirituellen Energie, die sich konzentriert und dich irgendwann zur Erleuchtung bringt.

 

Kilaka – Verschluss des Mantras

Die Shakti ist aber blockiert durch Kilaka. Kilaka ist der Verschluss, der Pfropfen des Mantras. Es ist wie ein Keil, der verhindert, dass sich die Kraft des Mantras öffnet. Dieser Kilaka steht symbolisch für die Unreinheiten des Aspiranten und für alle Wünsche, die er hat und die der Spiritualität entgegenstehen. Dieser Kilaka, Pfropfen, muss geöffnet werden. Das geschieht zum einen, indem du das Mantra regelmäßig wiederholst. Zum anderen in dem du eine bestimmte Zeit lang das Mantra besonders viel wiederholst. Zum Beispiel in dem du mal an einer Mantra Intensiv Woche teilnimmst. Dann wird Kilaka geöffnet, Shakti erhöht und nach diesen fünf Tagen kann deine normale Mantra Meditation intensiver und stärker sein als vorher.

Kilaka wird auch gelüftet durch eine Mantra Einweihung. Wenn du diese erhälst, wird dabei der Kilaka gelöst, die Shakti kann stärker fließen und du bekommst einen größeren Kontakt zu den Meistern. Du spürst dich dem Göttlichen und der Erleuchtung näher.

Magiama, Vaikari, Upamsu, Magiama, Pashianti, Para

Mantras können gesungen oder laut rezitiert werden. Sie können geflüstert oder geistig wiederholt werden. Sie können dich in eine andere Ebene des Bewusstseins führen. Wenn du Mantras laut wiederholst, nennt sich das Vaikari. Werden sie geflüstert ist das Upamsu. Bei der geistigen Wiederholung nennt sich das Magiama. Wenn du in die Schwingung des Mantras hinein trittst, nennt sich das Pashianti. Pashianti kann geschehen ohne Wiederholung des Mantras. Du kannst jedoch das Mantra laut oder geistig rezitieren. Aber es überwiegt die Erfahrung der Schwingung des Mantras. Wenn alle Wiederholungen des Mantras in wörtlicher Form wegfallen und du den höchsten Bewusstseinszustand erreichst, dann bist du in Para.

Kirtan und Mantras

Wenn du Mantras singst, werden sie zum Kirtan. Ein gesungenes Mantra ist ein Kirtan. Es gibt auch Kirtans, die keine Moksha Mantras sind. Selbst die Moksha Mantras kannst du singen und sie werden dazu zum Kirtan. Es gibt viele Mantras und Kirtans. Es gibt auch viele Rezitationen von Schriften. Für die Meditation ist es gut, langfristig bei einem Hauptmantra zu bleiben. Das hat mehrere Gründe. Zum einen, wenn ein Mantra regelmäßig wiederholt wird, dann aktiviert sich dadurch die Shakti des Mantras. Zweitens wird durch regelmäßige Rezitation des gleichen Mantras auch der Kilaka, der Pfropfen des Mantras, geöffnet. Durch die Rezitation verbindest du dich immer mehr mit dem Rishi, immer mehr mit der Ishta Devata und spürst vermehrt die Essenz.

Mantra und Reinkarnation

Wenn du ein neues Mantra wiederholst, gibt es anfangs den Reiz des Neuen, weil dich der Klang vielleicht mehr fasziniert. Du kommst tiefer und höher, wenn du beim gleichen Mantra bleibst. Es gibt einen weiteren Punkt, der mit Reinkarnation und dem Leben nach dem Tod zusammenhängt. Der letzte Gedanke vor dem Tod ist der wichtigste. Wenn du stirbst, hast du nicht unbedingt die Gelegenheit zu überlegen, welchen Gedanken du jetzt haben möchtest. Angenommen, dein letzter Gedanke wäre an dein Haustier, dann wirst du im nächsten Leben irgendwo geboren werden, wo Haustiere eine wichtige Rolle spielen. Angenommen dein letzter Gedanke ist an dein Geld und deine Geldanlagen, dann wirst du später in einer Familie wieder geboren werden, in der Geld eine Rolle spielt. Wenn du einfach nur an deine Angehörigen denkst, wirst du nach dem Tod in Pitri Loka eingehen, mit deinen Verwandten in Beziehung treten und dich im nächsten Leben wieder inkarnieren mit deinen Familienangehörigen. Wenn hingegen dein letzter Gedanke ein Mantra ist, dann wirst du nach dem Tod in die höheren Welten gehen mit großer Wonne. Du wirst mit anderen spirituellen Aspiranten da sein, vielleicht sogar die Erleuchtung erlangen. In jedem Fall wirst du im nächsten Leben frühzeitig wieder beginnen können mit spirituellen Praktiken und dann vielleicht die Erleuchtung erlangen. So wäre es wünschenswert, dass der letzte Gedanke ein Mantra ist.

 

Wie findet man zu seinem eigenen Mantra?

Es gibt dafür mehrere Möglichkeiten. Es gibt Traditionen, in denen gibt es nur ein Mantra für die Meditation. Wenn du eine bestimmte Tradition wählst oder davon angezogen wirst, wirst du automatisch das Mantra dieser Tradition wiederholen. Es gibt bestimmte Gurus und Traditionen, die nur in ein Mantra einweihen. Zum Beispiel Om Namah Shivaya, das Maha Mantra Hare Rama Hare Rama Rama Rama Hare Hare Hare Krishna Hare Krishna Krishna Krishna Hare Hare. Andere Meister weihen nur in Soham ein.

Die zweite Möglichkeit wäre, eine Tradition zu wählen, in der es mehrere Mantras gibt. Dabei sucht dein Guru dein Mantra für dich aus. Du bekommst eine Mantra Einweihung oder dein Guru sagt einfach, dass dies dein Mantra ist. Angenommen, wenn du Schüler von Ammaji wärst und würdest sie um ein Mantra bitten. Dann würde sie dir ein ganz konkretes Mantra geben. Eine Sekunde Intuition und sie findet dein Mantra. Eine weitere Tradition dein persönliches Mantra zu finden, wäre anhand der Astrologie. Es gibt indische Astrologen, Vajias, die sich mit Jyotia beschäftigen. Sie schauen in dein Geburtshoroskop und empfehlen dir dann ein Mantra. Sie fragen dich auch, ob du an der Erleuchtung interessiert bist. Noch eine andere Weise ein geeignetes Mantra zu finden wäre, du gehst zu einer indischen Palmblatt Bibliothek und bittest dort den Palmblatt Bibliothek Verwalter, dir dein Mantra zu nennen. Er sucht dir das Palmblatt aus, wo ein Mantra daraufsteht.

 

Yoga Vidya Tradition

Wie wird es bei Yoga Vidya gehandhabt?

Hier folgen wir in einer bestimmten Tradition, der Sivananda Tradition. In dieser gibt es eine bestimmte Anzahl von Mantras, aus der sich der Aspirant sein Mantra, zu dem er einen Bezug hat, auswählt. In unserer Tradition gibt es die achtzehn Dhyana Moksha Mantras. Moksha bedeutet, sie führen zur Erleuchtung. Dhyana bedeutet für die Meditation geeignet. Dabei suchst du dir selber das Mantra aus, welches zu dir passt.

Achtzehn Moksha Mantras

  1. Om Gam Ganapataye Namaha
  2. Om Sharavanabhavaya Namaha
  3. Om Namah Shivaya
  4. Om Namo Narayanaya
  5. Om Namo Bhagavate Vasudevaya
  6. Om Shri Ramaya Namaha
  7. Om Shri Hanumate Namaha
  8. Hare Rama Hare Krishna Mahamantra
  9. Om Namo Bhagavate Sivanandaya
  10. Om Shri Durgayai Namaha
  11. Om Shri Mahalakshmyai Namaha
  12. Om Shri Mahakalikayai Namaha
  13. Om Aim Saraswatyai Namaha
  14. Soham
  15. Om
  16. Gayatri Mantra
  17. Mahamrityunjaya Mantra
  18. Navarna Shakti Mantra

Das sind die achtzehn Mantras unserer Tradition. Allesamt sind es Dhyana Moksha Mantras, aus denen du dein Mantra auswählst. Für die richtige Auswahl gilt es vier Grundprinzipien zu beachten.

 

Vier Grundprinzipien bei der Mantra Auswahl

Das erste wäre der Klang. Da du das Mantra hauptsächlich für die Meditation verwendest und das Mantra rezitierst, ist der Klang das Wichtige. Wenn du die Mantra Rezitationen hörst und dabei spürst, ein Mantra zieht dich besonders an, dann würde ich sagen, das ist dein Mantra.

Warum zieht dich der Klang eines Mantras besonders an?

Weil es insbesondere deiner Schwingung entspricht. Vielleicht hast du dieses Mantra bereits in einem früheren Leben wiederholt. Wenn du von einem Mantra, besonders vom Klang, berührt bist, dann verwende dieses Mantra.

Dazu eine kleine Besonderheit. Mantras werden auch gesungen. In der Meditation rezitierst du das Mantra. Du kannst zwar in der Meditation das Mantra geistig singen. Das kann sehr effektiv sein. Meistens wirst du feststellen, dass die Rezitation am wichtigsten ist. Zieht dich ein Mantra besonders an, wenn es gesungen wird in einer Gruppe, dann probiere erst mal aus, wie es ist, wenn du das Mantra geistig alleine wiederholst. Hat es dann immer noch den gleichen Effekt, die gleiche Wirkung? Gerade bei Mantras, wie das Maha Mantra, das Gayatri Mantra oder auch Shakti Mantra ist es oft, dass sie in der Gruppe gesungen sehr faszinierend sind, unser Herz berühren und tiefe spirituelle Erfahrung erzeugen. Manchmal tun diese Mantras das beim Rezitieren. Manchmal eben nicht. Bevor du nach dem einmaligen oder mehrmaligen Kirtansingen sofort die Mantra Einweihung in ein Mantra bekommen möchtest, probiere es zunächst ein paar Mal aus, mit diesem Mantra in der Stille zu meditieren.

Das zweite Kriterium ist das Bild, welches mit dem Mantra verbunden ist. Jedes Mantra steht in Verbindung mit einem Ishta Devata, einem Aspekt Gottes. Für diesen Aspekt gibt es eine bildliche Darstellung. Wenn du vom Bild eines meditierenden Shivas tief berührt bist, ist wahrscheinlich ein Shiva Mantra für dich geeignet. Wenn du vom Bild der Kali (schwarze Göttin, tanzend mit wild aufgerissenen Augen und heraus gestreckter Zunge) fasziniert bist, ist vermutlich Kali dein Mantra usw. Wenn es ein Bild gibt, das dich besonders anspricht, dann ist dies dein Mantra.

Als Drittes würde man sagen, die Mythen, die damit in Verbindung stehen, sind weiter entscheidend. Ishta Devata, der Aspekt Gottes, der mit dem Mantra in Verbindung steht, beinhaltet Mythen. Wenn du diese, um einen Aspekt Gottes, besonders anziehend findest, dann ist das entsprechende Mantra dein Mantra.

Der vierte Weg ist, Swarupa, deine Wesensnatur, Prakriti oder auch Svabhava. Die tiefe Motivation in dir hat etwas mit dem Mantra zu tun. Westliche Aspiranten machen sich sehr häufig am meisten Gedanken über Swarupa und kommen durch einen Selbstfindungsprozess zum Mantra.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 

 

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YVS125 Yoga und Sexualität

Was sagen die alten Yogaschriften zum Thema Sexualität? Wie sehen es die modernen Meister und Meisterinnen? Wie kann man Sexualität leben und ein yogisches Leben führen? Was hat es mit der Enthaltsamkeit auf sich?

Aus der Sicht der Yogis gibt es zu diesem Thema fünf Konzepte mit jeweils unterschiedlichen Antworten.

Fünf Konzepte der Sexualität

  1. Kundalini Yoga: Konzept von Prana und Apana Vayu Ojas. Darin beruht Sexualität auf einer sexuellen Energie, die es zu sublimieren und umzuwandeln gilt in Ojas, in spirituelle Energie.
  2. Vier Purusharthas: In diesem Konzept wird die Sexualität als eine der Motivationen des Menschen und letztlich Teil des vollständigen Menschseins betrachtet. Sexualität wird verstanden als ein Aspekt menschlicher Liebe.
  3. Brahmacharya: Konzept der Enthaltsamkeit in einem ganz speziellen Sinne.
  4. Vier Ashramas: Konzept der vier Lebensstadien. Sexualität wird in verschiedenen Lebensaltern unterschiedlich ausgelebt.
  5. Roter Tantra: Konzept der Sexualität als spirituelle Praxis.

 

Kundalini

Im Kundalini gilt Sexualität als Energie, die sich in Form von Prana, von Shakti zeigt. Der kosmischen Energie, die das gesamte Universum geschaffen hat. Diese Energie ist im Menschen wirksam, als Kundalini. Sie treibt den Menschen dazu sich zu fragen:

Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich?

Die Kundalini ist die Motivationskraft, die den Menschen dazu bringt sich spirituell zu entwickeln. Die Kundalini ist zudem die schöpferische Energie, die sich u.a. darin ausdrücken will, weiter neues Leben zu zeugen. Insofern ist Kundalini, in der Form von Apana Vayu, die Kraft hinter der Schaffung von neuen Lebewesen.

Prana und Apana Vayu

Prana kann man in fünf Aspekte unterteilen (siehe Vortragsreihe zum Thema Kundalini Yoga). Prana Vayu, ist die Energie hinter dem Überleben. Es gibt Apana Vayu, die Energie hinter Ausscheidungen, Fortpflanzung und damit der Sexualität und allem Schöpferischen.

Es gibt Samana Vayu, die Energie hinter dem Verdauungstrakt. Die Feuerenergie des Menschen zählt dazu. Es gibt Udana Vayu, die Energie hinter Nervensystem, Kommunikation, Sprache usw. Vyana Vayu, die Energie hinter der Bewegung (Blutkreislauf, Muskel und Skelettsystem).

So wirkt Apana Vayu als eine der fünf Pranas. Vom ersten Chakra aus gehend, ist sie die Energie hinter Ausscheidung, Menstruation. Hinter allem was nach unten geht. Apana Vayu vom zweiten Chakra aus wirkend, ist die Energie hinter der Sexualität und letztlich die Energie hinter dem Geburtsvorgang. Sexualität im engeren Sinne ist Apana Vayu und wird ausgelebt vom zweiten Chakra.

Was bedeutet Sublimierung?

Man kann die sexuelle Energie in die höheren Chakras bringen, wo sie sich als kreative Energie manifestiert. Als die Energie hinter dem künstlerischen Schaffen. Es ist die Energie, die sich sammelt als reines Ojas, als spirituelle Energie und dem Menschen in der Meditation verhilft, zur Gottverwirklichung zu kommen.

Kundalini Yoga gibt einige Empfehlungen, um Apana Vayu zu sublimieren. Dazu gibt es die Umkehrstellungen wie Kopfstand, Schulterstand usw. Dazu zählen die ganzen Beckenboden-Mudras wie Mula Banda, Ashwini Mudra und kleines Vajroli Mudra. All das hilft, dass die Kundalini Energie nach oben steigt. Bestimmte Visualisierungen und Meditationen unterstützen diesen Prozess. Beispielsweise die Sushumna Aktivierungs Atmung, mit dem kleinen Kreislauf und dem großen Kreislauf. All diese dienen dazu, dass die Energie durch die Sushumna nach oben kommt, damit auch Apana Vayu, dessen Sitz im unteren Körperbereich zu finden ist, in die Sushumna hineingehen und nach oben strömen kann.

In diesem Kontext kann sich vorübergehend das sexuelle Begehren ändern. Manche Menschen fangen mit Yoga an und haben dann über Tage, Wochen, Monate kaum sexuelle Bedürfnisse mehr und darüber vielleicht etwas verwundert sind. Dann kann es sein, dass Apana Vayu fast vollständig nach oben in die höheren Chakras sublimiert wird.

Umgekehrt gibt es Menschen, die nach Beginn der Yoga Praxis ein stark erhöhtes sexuelles Begehren spüren. Wenn das Apana Vayu in das zweite Chakra kommt und von dort letztlich etwas bewirken will, was sich in einer gesteigerten Sexualität äußern kann. In den indischen Hatha Yogaschriften wird häufig gesagt, dass jemand der Hatha Yoga übt, eine stärkere Sexualkraft hat. Wahrscheinlich war dies im alten Indien eine gewisse Motivation für viele Hatha Yoga zu praktizieren.

Gibt es eine vorübergehende Phase, in der sexuelles Begehren weniger wird oder fast ganz wegfällt? Es ist hilfreich zu wissen, in der Mehrheit der Fälle ist dies nur vorübergehend der Fall. Es dauert zumeist nur ein paar Wochen bis Monate an. Dies kann manchmal zu Missverständnissen führen, beispielsweise wenn ein Partner fälschlicherweise annimmt, er/sie habe jetzt die Sexualität überwunden. Ab jetzt gäbe es sie nicht mehr. Dann kann es sein, wenn z. B. einige Monate später sexuelle Wünsche wieder zurückkehren, dass er/die Partner/in bereits eine andere Weise gefunden hat diese zu befriedigen. Vorteilhafter wäre es, mit dem Partner/in darüber offen zu sprechen und einen guten Weg zu finden, damit umzugehen.

Bei einer Sublimierung bleibt normalerweise die ursprüngliche Funktion einer Energie weiterhin erhalten, obwohl ein Teil von ihr sublimiert wird. Ähnlich wie man Samana Vayu sublimiert, indem man Uddiyana Bandha übt oder Agni Sara, Nauli und Vorwärtsbeugen macht zudem auf eine sattwige Ernährung achtet und vielleicht fastet. Anschließend verdaust du die Nahrung besser, kannst mehr Vergnügen haben beim Essen und dein Gewicht wird sich harmonisieren. In diesem Prozess wird ein Teil von Samana Vayu umgewandelt in Ojas. In diesem Sinne könnte man sagen, Sexualität ist eine Manifestation von Prana. Ein Teil der Sexualität wird sublimentiert und ein anderer Teil der sexuellen Energie ausgelebt. Bedingt durch spirituelle Praxis, durch Psyche und Arbeitsanspannungen und anderes, entstehen auch Fluktuationen im sexuellen Begehren. Denn vom Kundalini Yoga Standpunkt aus, ist sexuelles Begehren Apana Vayu , das vom Svadhishthana Chakra aus wirkt. Je nachdem ob überhaupt die Energie zum Svadhishthana Chakra hochkommen kann oder vielleicht größtenteils weiter nach oben kommt, kann sexuelles Begehren mehr oder weniger sein.

Vier Purusharthas – Dharma, Artha, Kama und Moksha

Das zweite Konzept ist das der vier Purusharthas (ausführlich wird es in der Vortragsreihe „Der spirituelle Weg“ besprochen). Hierbei ist Sexualität zum einen natürlich ein großes Vergnügen des Menschen. Es ist angelegt als eine starke Motivation, sicherlich auch evolutionsbiologisch bedingt. Es ist die Energie vom zweiten Chakra ausgehend, was den Menschen Vergnügen bereitet. Im Sinne der vier Purusharthas wird empfohlen, dass Sexualität Teil einer Zweierbeziehung ist, die durch eine Liebe verbunden ist und sich auf verschiedenen Ebenen zeigt. Sexualität ist hier etwas, was Vergnügen bereitet und welches man dem anderen schenkt. Neben dem Sexualakt gehört dazu Zärtlichkeit, Hingabe usw. Aus einer Zweierbeziehung, in der Sexualität, sinnliche Liebe und Zärtlichkeit wichtig ist, entwickelt sich oft eine Wirtschaftsgemeinschaft. Man wohnt zusammen, unterstützt sich gegenseitig und teilt die Arbeiten im Haus auf. Die Partner unterstützen sich gegenseitig in ihrem beruflichen Alltag, ermutigen und tauschen sich darüber aus.

Eine Partnerschaft kann einem helfen, seine Fähigkeiten zu kultivieren, was die Ebene von Dharma wäre. Man kann einiges tun, um sich im Zusammensein mit einem anderen weiterzuentwickeln. Zum einen gelingt es Partnern, die eine Weile zusammen sind, die „richtigen Knöpfe“ zu drücken, sodass man merkt, wo die eigenen Schwächen liegen und wo man Reizreaktionsketten unterliegt. Zum anderen unterstützen sich die Partner, Partnerinnen hoffentlich beim Entfalten der eigenen Fähigkeiten, ermutigen einander und helfen sich gegenseitig, um aus der Komfortzone herauszukommen und mehr zu machen. Durch die Rückendeckung eines Partners kann sich der/die andere mal etwas weiter hinauswagen und sich mehr engagieren für eine bessere Welt. Aufgrund dessen man zu Hause einen Partner/eine Partnerin hat, der oder die einen so akzeptiert wie man ist, der oder die einem Trost schenken kann, wenn es mal nicht so gut läuft, bekommt man die Kraft das verstärkte Engagement dauerhaft gut durchzuhalten. Häufig entwickelt sich in der Partnerschaft dann auch spirituelle Liebe. Die Partner unterstützen sich gegenseitig in ihrer Spiritualität und ermutigen sich über tiefere Fragen nachzudenken. Insofern kann die sexuelle Liebe eine Grundlage sein für ein gemeinsames Haus, ein schönes Apartment, gewisse Gemeinsamkeiten und generell für schöne Momente in vielerlei Hinsicht.

Liebe hilft einem Menschen sich selbst zu entfalten, zu entwickeln und dem anderen zu helfen sich zu entwickeln und dabei bis zu Moksha zu gehen (Befreiung). Oft entstehen aus der Partnerschaft Kinder. Dann entsteht bei der Kindererziehung wieder Artha, der Wunsch nach finanzieller Absicherung und Erfolg ist wichtig. Sich um die Kinder zu kümmern, bedeutet vom Ego weg zukommen, für andere Menschen Verantwortung zu übernehmen und da zu sein. Dabei entfalten sich weitere eigene Fähigkeiten und Talente. In dem man das Göttliche in den Kindern sieht und lernt, dass auch in den Schwierigkeiten der Kindererziehung spirituelle Lektionen stecken, wird dadurch der Wunsch nach Moksha gestärkt. Beim Konzept der vier Purusharthas würde man sagen, dass Sexualität ein wichtiger Teil des Menschseins ist. Diese stellt eines der Motive dar, die eine gute Grundlage sein kann für Liebe und Entwicklung auf allen Ebenen.

Brahmacharya – sexuelle Enthaltsamkeit

Brahmacharya bedeutet die sexuelle Enthaltsamkeit (weitere Informationen über monastisches Leben in unserer Tradition, Brahmacharya und Sannyasa, finden sich in einem anderen Vortrag). Es gibt das Konzept, dass man für eine gewisse Zeit oder auch dauerhaft sexuell enthaltsam leben will. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Man könnte sagen, es ist gut für eine gewisse Zeit lang Apana Vayu nicht auszugeben auf der Swadisthana Ebene. Sondern zu schauen, was passiert, wenn es vollständig sublimiert wird oder ich mich darum bemühe. Wenn ich zwischendurch sexuell motivierten auftretenden Gedanken und Wünschen nicht folge, entsteht dadurch ein höheres Prana. Dabei wird Apana Vayu in einer größeren Menge sublimiert in Ojas. Spirituelle Erfahrungen fallen dann leichter. Dabei ist wichtig, dass man dann mehr spirituelle Praktiken übt, um sich nicht einfach nur frustriert zu fühlen, sondern stattdessen anstrebt, höhere spirituelle Erfahrungen zu machen.

Enthaltsamkeit und Partnerschaft

Ein weiterer Grund für Brahmacharya kann ganz banaler Natur sein. Dass vielleicht der Partner, die Partnerin für eine Weile keine Lust auf Sexualität verspürt. Anstatt nun deinen Partner, deine Partnerin damit zu überfordern oder zu nerven, kann die Gelegenheit genutzt werden, Erfahrung in der Enthaltsamkeit zu sammeln. Anstatt fremd zu gehen oder komische Videos anzusehen, könntest du sagen, ich nutze die Gelegenheit, um Brahmacharya zu praktizieren. Nehme es als karmische Lektion an. Es kann als „Pause“ zwischen zwei Beziehungen gesehen werden. Angenommen, eine Partnerschaft ist zu Ende gegangen. Anstatt, dass man sich sofort in die nächste Partnerschaft hinein stürzt und eventuell noch belastet ist von der alten, hält man sich eine Weile zurück bevor man wieder Sexualität lebt. Etwa ein halbes Jahr nicht in Beziehung zu leben und Brahmacharya bewusst zu leben, ist vielleicht ein ausreichender Zeitraum. In dieser Zeit wird dann die alte Beziehung losgelassen und verarbeitet. Zusätzlich kann eine Ablösung auf energetischer Ebene geschehen. Erst dann, wenn weder Groll noch Bedauern aktiv sind (hinsichtlich der vergangenen Partnerschaft) und wenn tiefere spirituelle Erfahrungen wieder möglich sind, dann ist die Zeit reif für eine neue Partnerschaft, die dann vielleicht eine intensivere und lang andauerndere ist. Auf diese Weise kommt dieser Art von Enthaltsamkeit eine wichtige Funktion zu.

Bewusste Enthaltsamkeit

Menschen, die sich entscheiden vorübergehend oder andauernd auf Sexualität zu verzichten, entscheiden sich bewusst für Brahmacharya im Sinne von Enthaltsamkeit. Vorherrschender Gedanke ist, keine dauerhafte Beziehung einzugehen. Das kann der Fall sein, wenn man sich insgesamt mehr auf Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung ausrichten möchte. In diesem Falle kann eine Zweierbeziehung schnell zu viel werden. Auch wenn es nur darum geht, sexuelle Handlungen auszuführen, kann die Beziehung einseitig und unbefriedigend werden. Unverbindliche Sexualität funktioniert in den meisten Fällen eher nicht. Auf diese Weise Sexualität auszuleben, ohne eine verbindliche Beziehung, die beiden Partner gerecht werden würde, funktioniert in der Mehrzahl der Fälle nicht gut.

Es gibt dazu ein schönes Buch von Swami Sivananda mit dem Titel „Inspiration und Weisheit“. Darin gibt Sivananda einige andere Gründe, weshalb es gut sein könnte, Brahmacharya als sexuelle Enthaltsamkeit zu leben. Ein dauerhafter Entschluss für Brahmacharya ist manchmal schwierig, weil sich die Motivation, die man ursprünglich hatte, irgendwann ändern kann, wenn beispielsweise am Anfang fast keine sexuellen Wünsche vorhanden waren und irgendwann jedoch wieder kommen.

Man schätzt etwa zwischen 0,5 und 2 % Prozent der Menschen sind asexuell. Das heißt, sie haben überhaupt keine sexuellen Wünsche. Zum Teil müssen sie sich mühsam dazu motivieren, die nicht vorhandenen sexuellen Begierden irgendwo zu aktivieren. Weil es gesellschaftlich angesehen ist und erwartet wird. Im Yoga würde man vorschlagen, wenn keine sexuellen Wünsche vorhanden sind, Brahmacharya zu praktizieren. Wenn die Sexualität nur schwach ausgeprägt ist und sie nicht ausreichen würde, um in einer dauerhaften Partnerschaft dem anderen gegenüber gerecht zu werden, kann Brahmacharya gut praktiziert werden.

 

Vier Ashramas

Sexualität im Kontext von Brahmacharya, Garhasthya, Vanaprasthya und Sannyasa

Ein viertes Prinzip ist das der vier Ashramas, der unterschiedlichen Lebensstadien von Brahmacharya, Garhasthya, Vanaprasthya und Sannyasa. Brahmacharya ist hier die Schülerschaft bei einem Lehrer. Garhasthya ist das Berufs- und Familienleben. Vanaprasthya ist das Rentnerdasein und Sannyasa die Entsagung.

Erstes Lebensstadium: In diesem Sinne würde man sagen, Brahmacharya ist die Schülerschaft bei einem Lehrer im Alter von 8/12 – 20/25 Jahren. Als andere Variante kann man sich entscheiden für eine gewisse Zeit in einen Ashram zu gehen und Brahmacharya leben. Dort verbringt man etwa ein halbes oder viertel Jahr, jedoch ohne auf Partnersuche zu sein. Man konzentriert sich ganz auf spirituelle Entwicklung. Das wäre ebenfalls eine Form von Brahmacharya.

Ashramleben und Sexualität

Empfehlenswert ist dies für Personen, die beispielsweise als Sevaka zu Yoga Vidya in den Ashram kommen. Es ist ratsam, in den ersten sechs bis zwölf Monaten Brahmacharya zu leben. Wer ohne einen Partner in den Ashram gekommen ist, für den kann es klug sein, etwa 6–12 Monate ohne sexuelle Beziehung zu leben und sich ganz auszurichten auf den spirituellen Weg.

Natürlich gelingt dies Menschen sehr häufig nicht. Wenn man im Ashram praktiziert, hat man mehr Energie. Irgendwann sieht man einen anderen, man schaut sich in die Augen, es entsteht eine Anziehungskraft und schnell wird daraus eine sexuelle Beziehung. Anders betrachtet könnte man dann sagen, es ist toll, wenn man im Ashram einen spirituellen Partner begegnet. In normalem Alltag außerhalb fällt es spirituellen Menschen häufig nicht leicht ausreichend oft mit anderen spirituell orientierten Menschen zusammen zu sein, um sich ineinander zu verlieben.

Allerdings ist dann oft folgendes zu beobachten. Wenn ein neuer Sevaka eine sexuelle Beziehung eingegangen ist, wächst er ab diesem Moment in der Spiritualität nicht mehr so stark. Es ist dann nicht mehr das Wichtigste sich zu fragen:

Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist Gott? Wie entwickele ich mich spirituell weiter? Wie erreiche ich die Erleuchtung?

Wenn man sich verliebt hat, dies in die Sexualität mündet, steht diese Verbindung, dieses Verliebtsein an erster Stelle. Das Leben im Ashram und das Ziel der Erleuchtung eher auf Platz vier, fünf und sechs. Natürlich kann man sagen, als frisch Verliebte/r kann man das Gefühl bekommen (v.a. wenn man viel praktiziert hat), Gott überall zu sehen. Eine spirituelle Euphorie und Erfahrungen können geschehen. Aber zum Teil schwebt man eher in seiner eigenen Wolke.

Wenn du überlegst in einen Ashram zu ziehen oder gerade in einen gezogen bist, wäre es erst mal hilfreich mindestens die ersten 6 – 12 Monate enthaltsam zu sein. Es sei denn, eine der Hauptmotivationen in den Ashram zu gehen besteht darin, einen neuen Partner, insbesondere einen spirituellen Partner zu finden.

Zweites Lebensstadium: Garhasthya. Es ist die Phase des Weges, in der idealerweise alle vier Purusharthas eine Rolle spielen. Wo Sexualität eine Rolle spielt , Zärtlichkeit und alles was man schönes mit dem Partner erleben kann. Eine Zeit, in der man sich engagiert im Beruf und eine finanzielle Absicherung anstrebt usw. Wo man sich engagiert, um Gutes in der Welt zu bewirken, seine Fähigkeiten entwickelt und nach Moksha strebt.

Ein altes indisches spirituelles Ideal ist, dass man in Garhasthya allen vier Motivationen gerecht wird. Hierbei spielt Sexualität eine Rolle unter vielen. Sie wird idealerweise mit einem festen Partner/Partnerin gelebt. Irgendwann im Alter, zwischen 50 – 60 Jahren, manchmal früher, wird Sexualität oft weniger wichtig.

Mir hat mal jemand gesagt, die beste Weise sein sexuelles Begehren zu reduzieren ist eine gute Partnerschaft, die länger als fünf bis zehn Jahre dauert. Oft ist es der Fall, wenn die Partnerschaft tragend und gut ist, die Sexualität weniger und nicht außerhalb der Partnerschaft gesucht wird. Andere Dinge treten in den Vordergrund. Nach dem Modell der vier Ashramas geschieht das im Alter von etwa 50–60 Jahren. In diesem Alter wird bei den meisten Menschen sexuelles Begehren weniger. Gerade wenn man längere Zeit mit einem Partner, mit einer Partnerin zusammen war, werden andere Dinge wichtiger. Vom Yoga Standpunkt aus würde man sagen, man soll sich darüber freuen, dass das sexuelle Begehren weniger wird, denn es gibt genügend anderes, was eine Beziehung vertiefen kann. Hier sei angemerkt, dass wenig empfehlenswert ist, die schwächer werdende Sexualität mit künstlichen Mitteln anzukurbeln.

Die spirituelle Sehnsucht wird insgesamt stärker. Aus Vanaprastha wird irgendwann Sannyasa. Das bedeutet ein vollständiger Verzicht auf Sexualität. Klassischerweise beginnt dieses Lebensstadium mit etwa 75 Jahren oder beim Tod eines Partners. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der übriggebliebene Partner merkt, dass sein letzter Lebensabschnitt begonnen hat. Die Kinder sind aus dem Haus und Partner/Partnerin ist nicht mehr da. Nur noch Gott, die Gottverwirklichung, Erleuchtung steht vor bevor.

 

Roter Tantra – Sexualität als spirituelle Praxis

Das Konzept des Roten Tantra sieht Sexualität als spirituelle Praxis, um Gott zu erfahren. Es gibt darüber eine Reihe von Schriften und Büchern.

Die Theorie des Roten Tantras ist folgende:

Der sexuelle Akt wird in einem rituellen Kontext begannen, indem vorher z. B. Mantras wiederholt werden. Dadurch wird ein heiliger Raum geschaffen, welches den Prozess einleitet mit einer ausdauernden Zärtlichkeit. Werden bei dem sexuellen Akt Mantras wiederholt und bestimmte Mudras integriert, um beim Höhepunkt die Energie vollständig zu sublimieren, könnte man dabei höhere spirituelle Erfahrungen machen. Rein theoretisch wäre es möglich im Orgasmus letztlich Gott zu erfahren.

Roten Tantra gibt es in verschiedenen Weisen. Es gibt ein Training von Mula Bandha und Vajroli Mudra, das so weit geht, dass es beim Mann gar nicht zum Samenerguss kommt, sondern dass bestimmte Muskeln sich vor die Vorsteherdrüse setzen und den Samenerguss verhindern. Bei der Frau gibt es ähnliche Praktiken. Die Aussage ist, dass es durch Sexualität zur Spiritualität gehen kann. In der Sexualität wird die Energie Apana Vayu sublimiert.

Rotes Tantra versucht auszudrücken, dass Sexualität nicht Energie verbrauchen müsse. Wie es in manchen Interpretationen des Kundalini dargestellt ist, dass Sexualität dazu führt, dass man nachher weniger Prana hat. Jedoch sind das nur wenige Menschen, die das letztlich so beschreiben.

Generell gilt, man kann sexuell aktiv sein auch ohne das Rote Tantra. Man kann durch Sexualität und Liebe mehr Energie haben als ohne Sexualität.

Umgekehrt, wenn man eine enthaltsame Phase hat und in der Zeit Apana Vayu vollständig sublimiert, kann dies etwas sehr Schönes sein. Wenn man Sexualität mit viel Liebe macht und dies in einer spirituellen Umgebung geschieht, dass es der Liebesakt Teil einer spirituellen Erfahrung wird. Im Grunde genommen, kann man Sexualität, wie jede andere Handlung, Gott darbringen.

Dem hohen Anspruch des Roten Tantra stehe ich persönlich etwas skeptisch gegenüber. Ich hab die Rote Tantra-Bewegung über die Jahrzehnte etwas verfolgt und diejenigen, die das vor zwanzig, dreißig Jahren so gesagt haben, die sind heute zum Teil in große Skandalgeschichten verwickelt, da es auf ihren Seminaren teilweise gewaltsame Übergriffe gab. Nur bei wenigen Tantrikern hat man den Eindruck, dass sie (die in ihren frühen 30er Jahren Rote Tantra Lehrer waren und heute in ihren 50er und 60er Lebensjahren) große erleuchtete Meister geworden sind. Natürlich kann man bei klassischen spirituellen Menschen beobachten, dass sie nicht alle nach zwanzig, dreißig Jahren erleuchtet sind. Es gibt andere, die sich vielleicht spirituell gut entwickelt haben.

Man könnte sagen, für manche Paare ist es vielleicht eine interessante Weise ihre Sexualität mit rot-tantrischen Praktiken anzureichern. Bestimmte Energieerfahrungen, spirituelle Erfahrungen sind vermutlich dadurch möglich. Schwieriger wird es, wenn dadurch Erleuchtung erwartet wird.

 

Zusammenfassung

Es gibt fünf verschiedene Ansätze für Yoga und Sexualität. Sexualität als Energie, als Manifestation von Apana Vayu und insgesamt, um das Prana zu erhöhen. Zu sublimieren, subtil zu machen, in spirituelle Energie umzuwandeln, kann es hilfreich sein, viele Praktiken zu machen und Apana Vayu nach oben zu bringen. In diesem Prozess kann es Phasen geben, in denen sexuelles Begehren weniger oder mehr wird. Solange man dabei mit der Sexualität nicht künstlich übertreibt, kann man sie als Teil von spirituellen Erfahrungen sehen.

Einem Konzept der Sexualität als Mittel zur Sublimierung oder als Teilsublimieren entgegengesetzt, ist Brahmacharya als System der vorübergehenden oder andauernden Enthaltsamkeit. Die kann ganz natürlich entstehen, wenn Apana Vayu sich nicht über Svadhishthana Chakra manifestieren will. Zudem kann es aus Lebenssituationen entstehen wie beispielsweise einer vorübergehenden Trennung der Partner, aus beruflichen oder anderen Gründen. Wenn einer der Partner selbst bestimmte Gründe hat und zeitweise keine Sexualität haben mag, kann dies eine Ursache sein. Eine Schwangerschaft oder Krankheit und wenn eine Beziehung zu Ende gegangen ist, kann der Auslöser sein. Man kann dabei interessante Erfahrungen machen und schauen, dass man die Apana Vayu Energie vollständiger sublimieren kann.

Man kann Sexualität auch sehen im Kontext der vier Purusharthas, der Hauptziele des Menschen. Als eine Weise, einen Wunsch auf der Karma-Ebene sattwig und besonders wichtig, Sexualität ethisch auszuleben. Dies geschieht mit Respekt, ohne Gewalt und Druck gegenüber dem anderen. Verbunden im Wunsch, sich gegenseitig Vergnügen zu bereiten. Man könnte Sexualität als Teil einer Partnerschaft nehmen, in der Liebe auf allen vier Ebenen funktioniert. Im Kontext der vier Purusharthas ist es möglich zu entscheiden, keine dauerhafte Beziehung zu haben und dennoch auf eine Weise die eigene Sexualität alleine auszuleben, ohne damit jemanden zu schaden. Es wäre eine einfache Weise, die Karma Energie auszuleben.

Im Konzept der vier Ashramas sind die unterschiedlichsten Formen denkbar, die sich miteinander abwechseln. Es können Phasen mit und ohne Beziehung sein. Zeiten, wo Sexualität und Enthaltsamkeit in verschiedene Formen gelebt werden. Alles bewusst und ethisch vertretbar.

Ein wichtiger Aspekt, den es insgesamt zu beachten gilt: Man sollte die Bedeutung der Sexualität für die Spiritualität nicht überbewerten. In einigen Büchern über Sexualität oder über Brahmacharya wird so getan, als ob Sexualität die Hauptmotivation des Menschen sei. Es sei die größte Kraft des Universums und dadurch das ganze Leben kommt.

Im Leben der meisten Menschen spielt Sexualität in einem enger verstandenen Sinn nicht diese ganz große Rolle. Sexualität ist ein Aspekt des Menschseins, den man spiritualisieren und Gott darbringen kann. Den man sattwig leben kann oder überhaupt nicht ausleben kann. Es ist ein Aspekt unter vielen. Man wird voraussichtlich nicht durch Sexualität die Erleuchtung erlangen. Umgekehrt wird man auch nicht über Verzicht auf Sexualität die Erleuchtung erlangen.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Motivation und Kaste - Was hat es mit dem indischen Kastensystem auf sich? Gibt es einen logischen, beziehungsweise nachvollziehbaren Ursprung des Kastensystems? Was haben die Kasten mit der Motivation des Menschen allgemein zu tun? Was könnten verschiedene Motivationen eines spirituellen Aspiranten sein?

Das Kastensystem in Indien ist eine der großen Abirrungen der indischen Kultur. Wie Kasten Jahrzehnte und gar Jahrhunderte lang das Leben der Menschen und der Gesellschaft strukturiert haben, hat zu himmelschreiendem Unrecht und Schwierigkeiten geführt. Allerdings muss man sich bewusst machen, dass die Inder damit gar nicht so anders sind.

Kastenlosigkeit gab es auch in Europa. Dort hieß es Unehrbarkeit. Es gab die sogenannten unehrbaren Berufe im ganzen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit. Dazu zählten beispielsweise unter anderem die Schausteller und Zirkusleute. Sowie diejenigen, die sich mit den Toten beschäftigt haben, außerhalb der Priestertätigkeiten. Beispielsweise waren dies die Totengräber. Wenn jemand geboren war als Sohn oder Tochter einer unehrbaren Familie oder eines Unehrbaren, war er/sie automatisch unehrbar.

Indien im Vergleich zu Europa

Insofern ist die Kastenlosigkeit nicht nur eine Abirrung in Indien, sondern in großen Teilen der Welt. In Europa wurde sie erst nach der Französischen Revolution schrittweise abgeschafft. Dazu kommt, dass das Kastensystem in Indien erst richtig verfestigt worden ist durch die englische Kolonialherrschaft. Die Engländer wollten klare Ansprechpartner haben und sich auf die höheren Kasten beschränken. Dadurch haben sie diese bewusst gefördert, auch in ihrem Kastenstolz.

Ziel der Engländer war es dadurch Verbündete zu gewinnen und dass diese sich durch die Bevorzugung gegen das eigene Volk absetzen. Glücklicherweise spielt heute in Indien das Kastensystem immer weniger eine Rolle. Gerade in den großen Städten.

In der Bhagavad Gita gibt es immer wieder Bezug auf die Kasten. Krishna erläutert darin eine logische Begründung der Kasten. Vermutlich hat er diese bewusst gemacht, als Gegenpol zu dem, wie es ansonsten gehandhabt wurde. Krishna hat davon gesprochen, dass Kasten von der Swarupa eines Menschen abhängen. Seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste hängt mit der eigenen Wesensnatur zusammen. Er sagt darin ausdrücklich, dass der Kastenbezug nicht aus der Familie kommt und auch nicht durch Erbschaft. Die Kaste ist vielmehr durch die Wesensnatur, die in einem Menschen vorherrschend ist, gegeben. Der Mensch gehört einer der vier Kasten an. Dies soll hier erläutert werden in Verbindung mit einigen westlichen Prinzipien beziehungsweise mithilfe von Motivationsklassifizierungen.

Motivationsklassifizierungen Kama, Artha, Dharma und Moksha

Im Rahmen der Vortragsreihe „Der spirituelle Weg“, der ein Teil der Yoga Vidya Schulungsreihe ist, wurde bereits über die vier Motivationsebenen, die in jedem Menschen angelegt sind, gesprochen. Manche Menschen haben eine der vier Ebenen stärker ausgeprägt als andere. Bei anderen Menschen entwickelt sie sich weiter.

Kama bedeutet Sinnesbefriedigung. Es ist der Wunsch nach Vergnügen. Dazu zählen Sexualität, gutes Essen, schönes Wohnen, der Wunsch nach schöner Kleidung usw. Kurz gesagt, das Streben nach einem angenehmen Leben. Artha wird symbolisiert durch den Wunsch nach Reichtum, finanzieller Absicherung sowie nach gesellschaftlichen Ansehen und guter Reputation und nach Macht. All das zählt zu Artha.

Die dritte Motivationsebene ist Dharma. Darin stecken der Wunsch Gutes zu tun, die eigenen Talente zum Vorschein zu bringen, sowie die Persönlichkeitsentfaltung. Verbunden mit dem Wunsch in der Welt Gutes zu bewirken.

Als Viertes gibt es Moksha. Moksha heißt Erleuchtung. Der Ausdruck beinhaltet den Wunsch nach Befreiung und Erleuchtung.

In jedem Menschen sind all diese vier Wünsche angelegt. Jeder Mensch mag typischerweise essen, er schätzt Behaglichkeit, ein gutes Bett usw. Das ist der Karma Aspekt. Artha äußert sich in dem Wunsch eine gute Reputation zu erlangen, eine Absicherung zu haben. Die meisten Menschen streben danach mehr Geld zu haben.

Dharma manifestiert sich in dem Wunsch nach Entfaltung und dem Bedürfnis Gutes zu bewirken in dieser Welt. Moksha äußert sich im Menschen, zumindest ab und zu. Der Wunsch nach Befreiung tritt vor allem auf, wenn sie konfrontiert werden mit Tod, mit Krankheit und sich dann fragen, was soll das Ganze? Gibt es nicht einen höheren Sinn im Leben?

 

Kasten in der Bhagavad Gita – Shudra, Vaishya, Kshatriya und Brahmana

Krishna sagt in der Bhagavad Gita, dass sich die vier Kasten bestimmen nach der vorherrschenden Motivationskategorie eines Menschen. Jemand, der hauptsächlich den Wunsch nach Sinnesbefriedigung hat, der ist ein Shudra. Jemand, der vor allem nach mehr Geld strebt, um reich zu werden, ist ein Vaishya. Personen, denen es in erster Linie darum geht, sich für das Recht einzusetzen und das Richtige zu tun, sie sind Kshatriyas. Anderen, die hauptsächlich die Gottverwirklichung, die Erleuchtung anstreben, sind Brahmanas.

Shudra wird oft übersetzt als Tagelöhner, aber dies trifft es nicht ganz zu. Im Grunde genommen ist ein Shudra jemand, der gut essen, gut trinken will, der eine Wohnung haben will und der in der Familie Freude haben will. Heutzutage würde man ihn beschreiben als Person, die sich nicht zu viel engagieren will bei der Arbeit, ein schönes Zuhause haben will und vor allem Gemütlichkeit schätzt. Wenn die eigene Fußballmannschaft gewinnt, ist er glücklich. Wenn man das Gefühl hat, dass der Lidschatten zum Lippenstift passt, und das ganze irgendwie harmoniert mit dem Vorhang, dann ist alles gut. Dies alles beschreibt einen Shudra.

Menschen, die keine große Motivation haben mehr Geld, Macht und Einfluss zu erlangen, sondern Selbstentfaltung und Gottverwirklichung erstreben, sollten ein einfaches und ethisches Leben führen. Sich gleichzeitig dabei nicht zu sehr überfordern, im Sinne von zu viel Engagement. Sie können sich engagieren, jedoch dabei noch ein ruhiges, beschauliches Leben führen.

Diejenigen, die nach Artha streben, nach Reichtum, Macht, Finanzen und Geld, sollten Vaishyas werden. Vaishyas sind vor allem Kaufleute. Sie sollten ins Wirtschaftsleben gehen, sich darum bemühen in einer Firma Karriere zu machen. Sie sollten sich darum bemühen ein Geschäft zu eröffnen und so Wohlstand zu erreichen. Schon die alten Inder wussten, wenn Menschen, für die Geld wichtig ist, sich engagieren können in der Wirtschaft, diese wächst und letztlich alle davon profitieren. Das sind Menschen, die großes Engagement und Genie dort hineinbringen und die Wirtschaft ankurbeln, auch um selbst mehr Geld zu haben. Diese Menschen sorgen im Idealfall dafür, dass genügend Geld für alle da ist. An den Vaishya „hängt“ die Ökonomie. Natürlich müssen die Vaishyas im Zaum gehalten werden durch die Kshatriyas. Diese sind zum einen diejenigen, denen es darum geht, dass Recht richtig umgesetzt wird und dass es allen gut geht. Sie engagieren sich dafür, Gutes zu bewirken. Kshatriya wird oft unvollständig übersetzt als Krieger. Man würde eher sagen, Kshatriyas sollten Politiker sein. Sie sollten die Menschen in den Verwaltungen, in den Gerichten sein. Sie sollten alle solche Positionen besetzen, die sich um die öffentliche Ordnung kümmern. Die Kshatriyas sorgen dafür, dass Gesetze richtig erlassen werden und dafür dass die Vaishyas genügend Steuern bezahlen. Sie setzen sich generell dafür ein, dass das wirtschaftliche Handeln in einer bestimmten Ordnung abläuft.

Dieses System widerspricht dem, was Plato gesagt hat. Dieser sagte, die Philosophen sollten Könige werden. Diejenigen, die nach höchster Weisheit streben. Die Inder waren allerdings realistisch genug um zu wissen, wenn die Philosophen die Welt regieren, gibt es nur Probleme. Denn sie denken in zu hohen Kategorien. In den Alltag hinein zugehen und ihn zu strukturieren, das ist den Philosophen zu banal. Die Annahme, Brahmanas würden die Welt regieren, wäre ebenfalls eine ungute Vorstellung. Es gab genügend Gottes Staaten, die alle im Desaster endeten. Es sollten eben nicht die großen spirituellen Menschen und die großen Weisen versuchen die Welt zu regieren, die schaffen das nicht. Vielmehr diejenigen, denen es darum geht, dem Ganzen gerecht zu werden und denen dieses ein echter Herzenswunsch ist. Nur diese sollten Kshatriyas werden.

Krishna spricht in der Bhagavad Gita davon, wenn die falschen Menschen in den entsprechenden Positionen sind, Probleme entstehen. Beispielsweise in der momentanen westlichen Gesellschaft gibt es ein Problem, dass die Vaishyas Überhand nehmen. Diejenigen, die Geld haben wollen, haben zu viel Einfluss auf die Politik. Vielleicht gibt es manche Politiker, denen es eigentlich darum geht, ein Sprungbrett zu bekommen, um anschließend in die Wirtschaft zu gehen und dort viel Geld zu verdienen. Anderes Beispiel ist die übermäßige Privatisierung. Wenn letztlich Dinge, die eigentlich das Gemeinleben strukturieren sollen, in die Hände der Privatwirtschaft gegeben werden, führt das zu großen Problemen. Umgekehrt gibt es auch Schwierigkeiten, wenn Kshatriyas versuchen das Wirtschaftsleben zu strukturieren. Daran sind letztlich die Kommunisten gescheitert in der ehemaligen Sowjetunion und auch in China. Immer dort, wo Menschen probiert haben, eine gerechte Ordnung zu schaffen und versucht haben danach das Wirtschaftsleben auszurichten, funktioniert es so nicht.

Was in unserer Kultur fehlt, sind die Brahmanas. Es gibt zwar die Priester. Brahmana wird oft übersetzt mit Priester. Priester engagieren sich heutzutage recht viel in der Daseinsfürsorge und für soziale Werke. Das ist natürlich wichtig. Zur Spiritualität gehört auch uneigennütziges Engagement. Letztlich sollten die Priester sich um das Seelenheil der Menschen kümmern. Sie sollten sich darum kümmern, dass diese spirituelle Praktiken üben und sie ihr Leben auf Höheres ausrichten.

Wie ein idealer Staat aussehen würde, wenn das alles umgesetzt würde, das übersteigt an dieser Stelle meine Kompetenz. Es stellt eine Überlegung für spirituelle Aspiranten dar. Wenn Moksha wichtig ist, heißt das noch nicht, dass man automatisch Brahmana ist. Wenn das spirituelle Interesse größer ist als alles andere, dann entspricht das Brahmana. Für diesen Fall hält die indische Lehre zwei Ratschläge bereit.

Zwei Ratschläge der indischen Lehre zur Gestaltung des täglichen Lebens

Das eine wäre, dass man, um den Lebensunterhalt zu verdienen, einfache Arbeiten ausüben könnte, ähnlich wie ein Shudra. Das ist interessant im alten Indien zu sehen. Manche Brahmana waren zusätzlich einfache Bauern, die ein kleines Grundstück hatten. Oder sie waren einfache Handwerker, verrichteten Handlanger Dienste oder waren Tagelöhner für andere. Ansonsten führten sie ein asketisches Leben. Wenn man mit wenig zurechtkommt und jemand, dem es hauptsächlich um Moksha geht, der braucht nur wenig zum Leben. Er will nur einfach etwas essen und ein einfaches Bett haben. Mehr braucht es nicht. Er braucht nicht viel Geld, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn der Wunsch nach Moksha stärker ist als alles andere: vereinfache dein Leben, reduziere die Größe deines Apartments, die Größe deines Autos oder schaffe es ganz ab. Kaufe nur noch selten Kleidung usw. Wer mit wenig auskommt, benötigt wenig Geld. Er braucht sich nicht mehr so viel zu engagieren auf anderen Ebenen.

Eine zweite Aufgabe des Brahmana war die Durchführung von Ritualen und allgemeine Priesterfunktionen auszuführen. Eine Art Mischung aus Psychotherapeut und spiritueller Berater für andere. Heute würde man sagen, deinen Lebensunterhalt als Yogalehrer und als Meditationskursleiter zu verdienen. In Deutschland ist es zumindest so, dass du damit nicht besonders reich werden kannst. Wenn dein Hauptinteresse ist, Gott zu verwirklichen, brauchst du nicht viel zum Leben. Führe ein einfaches Leben und hilf anderen in der Spiritualität. Angenommen, du hast doch einige zusätzliche Sinnesbefriedigungswünsche und weiteres auf dieser Ebene. Dann bedeutet dies trotzdem, deine Sinne auf einfache Weise zu befriedigen. Du würdest einen Shudra Lebensstil führen, mit gleichzeitiger spiritueller Praxis.

 

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Was ist ein Swami? In welcher Tradition steht Yoga Vidya? Ist es bei Yoga Vidya möglich Mönch oder Nonne zu werden?

Swami wörtlich bedeutet „Meister“ oder „Herr“. Swamini heißt „Meisterin“. Diese Bezeichnung kennzeichnet jemandem, der eine Sache gemeistert hat. In unserer Tradition ist Swami ein Mönch oder eine Nonne.

Allerdings kann man in Indien als Nichtmönch oder Nichtnonne als Swamiji angerufen werden. Beispielsweise werde ich, Sukadev Bretz, als Leiter von Yoga Vidya, in Indien als Swamiji angesprochen, obwohl ich kein Mönchgelübde abgelegt habe und verheiratet ist.

Die Mönchstradition im Yoga ist sehr alt. Im alten Indien gab es mehrere religiöse Traditionen, etwa in der Zeit um 500 v. Chr. Zum einen gab es dort die brahmanische Tradition, in der die vier Lebensstadien, die Ashramas gelten und wichtig sind. Zum anderen gibt es die populäre Spiritualität verbunden mit Bhakti Yoga und einfache spirituelle Praktiken. Es gibt die sogenannte Shramana, die Tradition der Asketen, Einsiedler, Mönche und Nonnen. Jain Tradition und Buddhismus gehören dazu. Shramana war zu Anfang eine Tradition, die nur die eigene Entscheidung bedurfte. Im späteren Verlauf kamen Einweihungen dazu. Im Buddhismus verbreiteten sich Klöster, in denen eine ganze Gruppe von Nonnen oder Mönche zusammen gelebt haben. Buddha hat dieses Konzept sehr populär gemacht. Damals waren zehntausende Menschen Teilnehmer dieser Tradition. Es war eine Herausforderung diese große Menschenmenge zu ernähren. Die buddhistische und die Jain Tradition waren vorerst Teil der großen Traditionen, bis sie sich eigenständig gemacht haben.

Um 800 nach Christus gab es einen großen Meister namens Shankaracharya. Archaya heißt „Meister“ oder „spiritueller Lehrer“. Shankaracharya ist schon in jungen Jahren mit 16 Jahren, Swami geworden. Sein Guru war Govinda (Govindacharya), dessen Guru war Gopala (Gopalacharya). Zur Guru Linie, der Shankaracharya Linie gehört auch Vyasa und Sukadeva. Beide waren verheiratet und hatten Kinder. Sukadeva ist der Sohn Vyasas. Irgendwann ist diese Tradition in eine Mönchstradition übergegangen. Shankara formulierte einen bestimmten Orden, den Dashanami Orden (Dashanami = zehn Namen). Shankara hatte vier Hauptschüler, die in vier sogenannten Maths (Klöster) lebten. Diese gibt es bis heute. Das Shringagiri Math gab es seit Shankaracharya Zeiten. Die drei anderen Klöster wurden von muslimischen Mächten geschlossen und in neuerer Zeit wieder belebt. Obgleich die Hauptklöster geschlossen wurden, haben alle Dashanamis überlebt, denn in den Klöstern lebten nicht hauptsächlich Gemeinschaften, sondern zum Teil Wandermönche. Die Mönche wurden in vier Schüler zugeordnet und diese hatten Unterorden. Insgesamt gab es zehn. Unser Orden ist der Saraswati Orden. Der Grund dafür besteht darin, dass der volle Name Swami Sivanadas, Swami Sivanada Saraswati lautet. Im Yoga gibt es die Orden Swama, Sagara, Tirtha.

In Shankaracharyas Swami Orden ist es üblich, dass der Name auf Ananda endet. Es war nicht von Anfang an so, aber mindestens jetzt in dem Saraswati Zweig ist diese Namensendung üblich. Ananda bedeutet Freude. Es erinnert an das Ziel, die höchste Freude zu erfahren. Diese erfährt man durch Sannyasa, durch Entsagen. Ein Swami dieser Tradition hat bewusst entsagt. Es gibt die sogenannten großen Entsagungen. Man entsagt dem Wunsch nach Nachkommen, nach Partner, nach Ruhm und Ehre. Diese sind die drei Wünsche, denen ein Swami entsagt hat. Oft haben Swamis keine eigenen Besitztümer. Sie sollen mindestens keine haben, die sie an etwas binden.

Im christlichen Mönchs- und Nonnentum gibt es drei Gelübde:

  1. Das Gelübde der Armut
  2. Das Gelübde der Keuschheit
  3. Das Gelübde des Gehorsams.

Das Gelübde des Gehorsams gibt es in der Tradition Shankaracharyas nicht. Man kann als Mönch entscheiden in einer Gemeinschaft oder alleine zu leben.

Als Vorstufe von Sannyasa gibt es Brahmacharya. Ein Sannyasagelübde ist das Entsagen aller Vergnügungen auf der physischen Welt, auf der Astralwelt und auf der Kausalwelt. Alle Vergnügungen auf allen Ebenen wird entsagt. Brahmacharya ist in diesem Kontext das Noviziat. Für eine gewisse Zeit widmet sich der Brahmachary ganz der Spiritualität, um danach entscheiden zu können, ob er weiter zu Sannyasa gehen will.

Bei Yoga Vidya gibt es die Möglichkeit einer Brahmacharya Weihe, üblicherweise ist diese für drei Jahre verpflichtend. Mindestens sollte man ein Jahr vorher ohne Beziehung gewesen sein, mindestens ein Jahr schon Sevaka sein, dann kann man diesen Pfad probieren. Wenn man zu Hause lebt, ist das nicht Brahmacharya im Sinne des Ordens von Shankaracharya. Brahmacharya ist das Zusammenspiel von Enthaltsamkeit, Vorbereitung als Noviziat, Leben beim Lehrer und leben im Ashram.

Hast du diesen Entschluss gefasst, dann führst du Gespräche bei einem der Swamis bei Yoga Vidya. Darauf wird eine Brahmacharya Weihe vorbereitet oder eine Homa (ein Feuerritual). Dabei versprichst du für mindestens drei Jahre in den Yoga Vidya Ashrams und Zentren zu bleiben, bereit jede Aufgabe zu übernehmen, die anfällt, dir gegeben wird oder die notwendig ist. Man verpflichtet sich, sexuelle Enthaltsamkeit zu üben, ein einfaches Leben zu leben und zu dienen und intensiv zu praktizieren. Es bedeutet, dass man seinen Urlaub nicht in weltlicher Umgebung verbringen wird, sondern in einer Ashramumgebung und praktizieren wird.

Wenn man das drei Jahre gemacht hat, kann man sich für ein anderes Leben entscheiden und bei Yoga Vidya ein Partner bekommen, Kinder usw. Zum Schluss der Brahmacharyazeit gibt es ein Abschlussritual. Mit diesem Ritual wird gezeigt, dass ein neues Lebensstadium beginnt.

Die zweite Möglichkeit ist weiterhin als Brahmacharya zu leben. Nach sechs Jahren wird er zum Swami. Es gibt Gespräche und es folgt das Versprechen für den Rest des Lebens enthaltsam zu leben, nicht nach Eigenbesitz zu streben, keine Nachkommen zu erstreben und nicht nach Anerkennung, Name, usw. zu streben. Brahmacharys leben in einem Ashram, tragen gelbe Kleidung und bringen damit zum Ausdruck, dass sie um Licht und Erleuchtung bitten. Sie bekommen zusätzlich zu ihrem bisherigen Mantra die Brahmacharya Weihe. Weiterhin erhalten sie einen neuen spirituellen Namen, der zum Beispiel heißen kann „Brahmacharya Vanidevi Chaitanya“ oder „Brahmicharini Vanidevi Chaitanya“ (Chaitanya bedeutet: Jemand der zum höchsten Bewusstsein kommen möchte).

Für die Sannyasweihe gibt es wieder eine Feuerzeremonie. In der Feuerzeremonie macht man seine eigenen Totenrituale, denn Sannyasa heißt: Man will für die Welt sterben. Ein Teil des Totenrituals wird zelebriert. In dieser Zelebration wird gezeigt: Ich will auf der physischen Ebene, emotionalen Ebene und geistiger Ebene sterben. Ich will alle Verhaftungen loslassen.

Dann gibt es das Gelübde nach Verzicht auf Partnerschaft, sexuell enthaltsam zu leben, keinen Besitz zu erstreben. Man entsagt der physischen Welt, Astralwelt und der Kausalwelt. Man entsagt allen Verhaftungen. Danach bekommt man die Sannyasamantras.

Dazu gehören die vier Mahavakyas: Der Erste lautet „Tat Twam Asi.“ Aham Brahmasmi – ich bin Brahman, Ayam Atma Brahman – dieses Selbst ist Brahman, Prajnanam Brahma – Bewusstsein ist Brahman. Man nimmt sich vor, in diesem Geist zu leben (ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Psyche, ich bin das unsterbliche Selbst, der Atman) und aus diesem Bewusstsein heraus zu leben. Als Zeichen für diese Entsagung, wie das Feuer das Zeichen dafür ist, dass alles verbrannt ist, wird der Swami oder die Swamini anschließend orangefarbene Kleidung tragen. Das zeigt anderen Menschen, dass der Swami das Leben der Entsagung leben will. Es erinnert die betreffende Person, dass sie ein solches Leben der Entsagung leben will. Der Swami sollte anschließend nicht mehr so viel Zeit bei der vorherigen Familie verbringen. Es ist in Ordnung, die Familie zu kontaktieren. Aber er sollte nicht mehr längere Zeit dort leben. Es heißt, die Person lebt sonst nicht in einer weltlichen Umgebung. Im westlichen Kontext geht der Sannyasa in einem Ashram. Bisher gibt es nur zwei Swamis bei Yoga Vidya. Sie sind in einer spirituellen Umgebung und inspirieren andere mit ihrem Wunsch zu dienen und der Kraft ihres Entschlusses und Gott zu verwirklichen. In Indien lebt die Mehrheit der Swamis als Wandermönche oder Wandernonnen in kleineren Gemeinschaften oder sie praktizieren in einer kleinen Hütte für sich. Manche unterrichten und nehmen Schüler an.

Wenn du diesen Weg gehen möchtest, wirst du ein Jahr bei Yoga Vidya als Sevaka leben, um anderen zu zeigen, dass du ein spirituelles Leben führen kannst und ohne Beziehung leben kannst. Wenn du 6 Jahre Brahmachari warst, ist die Sannyasweihe möglich.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS122 Die 4 Ashramas, Lebensalter

Welche spirituellen Praktiken kann man in welchem Lebensalter üben? Ändert sich die spirituelle Praxis im Lauf der Jahrzehnte?

Varnashrama Dharma ist ein wichtiges Konzept im Hinduismus. „Varna“ heißt Farbe, „Ashrama“ steht für Lebensalter. Das Grundprinzip ist, dass Menschen in unterschiedlichem Lebensalter Yoga und Spiritualität anders leben. Das Konzept von Varana ist, dass unterschiedliche Motivationen der Menschen bedeuten, Spiritualität unterschiedlich zu leben. Nicht immer ist das, was in alten Schriften steht heute anwendbar. Mindestens die Grundgedanken können für uns von Bedeutung sein.

Ashrama

Ashrama heißt das, was zur spirituellen Praxis hin führt. Shrama heißt spirituelle Praxis und Bemühen. A ist das was hinführt. Im Hindi wird das lange A verkürzt. Man sagt Ashram. In den vier verschiedenen Lebensaltern, vier Ashramas, führt Unterschiedliches zur spirituellen Praxis. Ashrama ist zum einen das Lebensstadium, zum anderem ist es ein Ort, der für Shramana, für spirituelle Praxis, besonders geeignet ist. Das Yoga Vidya Ashram in Bad Meinberg ist ein Ort in dem Menschen dauerhaft wohnen. In dem Ashram können bis zu 800 weitere Menschen kommen, um spirituell gemeinsam zu praktizieren.

Die vier Ashramas, die vier Lebensalter sind:

  • Brahmacharya, in diesem Kontext ist es die Schülerschaft, die typischerweise im Alter von 8 bis 12 Jahre beginnt und bis zum 20. Lebensjahr verläuft.
  • Grihasta beinhaltet, das ein Mensch im Beruf und Familienleben steht. Es beginnt im Alter von 20 bis 25 und geht bis ins Alter von 50 oder 60 Jahren.
  • Dann gibt es Vanaprastha. Das beginnt im Alter 50 bis 60 und geht bis etwa 75. Man könnte sagen, es ist die Zeit des Rentenalters.
  • Schließlich Sannyasa. Dies ist die vollständige Entsagung, etwa ab 75 Jahre.

Brahmacharya

Die ersten acht bis zwölf Jahre kann das Kind bei den Eltern leben und wird erzogen. Es ist wichtig, dass schwangere Frauen sich gesund ernähren. Wenn das Kind später Appetit auf ungesundes Essen bekommt, kann es sein, dass das Kind in einem früheren Leben sich ungesund ernährt hat. Wenn die Mutter dem widerstehen kann, tut sie sich selbst und dem Kind etwas Gutes.

Der Vater hat die Aufgabe, die Mutter dabei zu unterstützen und ihr zu helfen. Es ist gut, schon von Anfang anzuschauen, dass das Kind in einer spirituellen Umgebung aufwächst und sich zu Klängen von Mantras oder in der Meditationsschwingung aufhält. Eltern sollten keine Angst haben, dass das Kind zu sehr geprägt wird, wenn es schon früh anfängt Yoga zu machen, denn ein Kind wird von allem geprägt, was sich um ihn herum befindet. 

Manche Eltern sagen, sie wollen nicht, dass das Kind sich später in eine bestimmte spirituelle Richtung entwickelt, sondern das Kind soll später selber entscheiden können, inwieweit es sich darauf einlassen mag. Wenn man das Kind nicht spirituell erzieht, erzieht man es in einer anderen Richtung, in die Nichtspiritualität. Nachher wird das Kind ebenso fortfahren. Das Kind wird schon genug von den Spielkameraden in eine materialistische Sichtweise hinein gebracht werden. Bis zum Alter von acht bis zwölf wird das Kind schließlich von den Eltern geprägt und es wird das mit machen, was Eltern wollen.

Im Alter von acht bis zwölf Jahren fangen die Kinder und später die Jugendlichen an, selbst nachzudenken. Wenn ein Jugendlicher spirituelle Samskaras hat, wird empfohlen, in diesem Lebensalter besonders zu praktizieren und die Zeit des jugendlichen Enthusiasmus zu nutzen. Es ist eine Zeit in der viele Jugendliche sich fragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Woher kommt die Ungerechtigkeit? Was soll ich machen in meinem Leben?

Es ist leider traurig, dass in unserer Zeit Jugendliche dermaßen mit schulischem Stoff voll gestopft werden, dass sie keine Zeit haben, wirklich Wichtigem nachzugehen. Vielleicht sind die Ferien nochmal besonders wichtig. Wenn Kinder und Jugendliche eine gewisse Neigung haben, ist diese Zeit geeignet, wo sie die Philosophie kennen lernen sollten und Asanas üben sollten. In der schulfreien Zeit können sie Rituale kennenlernen. In solchen Perioden sollten sie intensiver praktizieren. Es wäre wünschenswert in dieser Zeit in den Ferien mindestens eine bis vier Wochen intensiver mit spiritueller Praxis zu verbringen. Was in dieser Zeit aufgebaut wird, wird sich das ganze Leben fortsetzen. Heutzutage ist dies sehr unrealistisch vor dem 18ten Lebensjahr umzusetzen, weil Kinder und Jugendliche von der Schule sehr stark geprägt sind. Wenn es möglich ist, wäre es die richtige Zeit von philosophischen Konzepten, für Mantras, Asanas usw. zu lernen. Wenn sie dann 18 bis 25 Jahre alt sind, könnte dieser jugendliche Enthusiasmus besonders genutzt werden. Es ist eine Zeit, in der der Körper leicht flexibler wird. Wenn ein Sechzigjähriger Asanas übt, wird er nicht so schnell Fortschritte machen wie ein Zwanzigjähriger. Für einen Brahmacharya ist es besonders wichtig Asanas, Pranayama, Mantra und Seva im Sinne von uneigennützigem Dienen zu praktizieren. Eine gewisse Meditation ist in dieser Zeit auch wichtig. Oft wird für junge Menschen tiefe und lange Meditation schwierig sein. Es wird empfohlen, in dieser Zeit ein einfaches Leben zu führen. Im klassischen Brahmacharya wird gesagt, es sollen keine sexuellen Beziehungen eingegangen werden, es soll ein einfacher Lebensstil vorliegen, das Essen und die Kleidung sollten einfach sein und die Wohnsituation sollte minimalistisch sein. Das ist vermutlich im heutigen Kontext kaum mehr umsetzbar und vielleicht auch nicht notwendig.

Wenn ein Jugendlicher in dieser Zeit eine gewisse Neigung hat zu einem asketischen Leben, dann sollte man das als Elternteil als ein gutes Zeichen ansehen. Vermutlich ist es sinnlos, Jugendliche in der normalen Gesellschaft versuchen zu vermitteln, dass sie sexuell enthaltsam leben sollen, einfach leben sollen und einfache Kleidung haben sollen. Hier sollte man den Jugendlichen ermöglichen am normalen Leben teil zu nehmen und den normalen Werten der Gesellschaft und zusätzlich Spiritualität näher bringen.

Grihasta

Grihasta ist die Bezeichnung für Jemand der im Berufs und Familienleben ist. Im alten Indien haben Menschen im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren geheiratet. Manchmal werden in Indien schon Kinder im Alter von 2 bis 8 Jahre verheiratet. Die klassischen Schriften sprechen davon, dass zwei Menschen sich finden sollten, die vom Charakter her passen, die von ihrer Swarupa her stimmig sind. Typischerweise kommen dafür Astrologen und Gurus zusammen.

In dieser Phase ist es besonders wichtig Karma Yoga und Bhakti Yoga zu üben.

Karma Yoga ist der Yoga des uneigennützigen Dienens, des verhaftungslosen Handelns. Die Partner wachsen auf oder leben zusammen und dienen sich gegenseitig. Sie lieben sich auf allen Ebenen. Sie lernen diese Liebe zu kultivieren. Kinder kommen typischerweise in die Partnerschaft hinein. Das Paar wird den Kindern dienen. Es gilt den Nachbarn in der Umgebung zu dienen und den Gästen zu dienen, die kommen werden. Es gilt sich in der Gemeinschaft oder Dorfgemeinschaft zu engagieren. Da so wenig Zeit für spirituelle Praktiken da ist, gilt es überall das Ganze Gott darzubringen. Dies erfolgt durch Bhakti Yoga. Hinter allem Gott zu sehen und Gott dienen zu wollen steht hier im Vordergrund. Es gilt einen gewissen Sadhana zu üben. Sadhana ist die spirituelle Praxis. Dort gilt es etwa ein bis zwei Stunden am Tag für spirituelles Sadhana mit Asanas, Pranayama und Meditation, zu bewahren. Es gilt sattwig zu sein und ein sattwiges Leben zu führen. Karma Yoga wird als uneigennütziges Dienen betrachtet. Natürlich gilt es, Kontakt zu halten. Es ist wichtig mit einem spirituellen Lehrer oder einer spirituellen Gemeinschaft in Kontakt zu stehen und Satsang zu üben. Aber die Zeit für spirituelle Praktiken ist begrenzt. Es gilt ein ethisches, sattwiges Leben zu führen, zu dienen und alles was zu tun ist, zu spiritualisieren. Man kann seine Wünsche und Emotionen ausleben. Dies ist Karma. Die Sinnesbefriedigung und Artha, der Wunsch nach Erfolg und Anerkennung. Dharma, der Wunsch, seine Talente zu entfalten und der Wunsch etwas zu bewirken in dieser Welt.

Vanaprastha

Vana bedeutet wörtlich das Leben im Wald (Vana heißt Wald). Heute ist das sicherlich nicht mehr möglich, dass man sein Zuhause verlässt und im Wald lebt. Im alten Indien war das in Ausnahmefällen gegeben. Die Eltern haben das Haus verlassen und es den Kindern überlassen. Heute ist es üblich, dass die Kinder das Haus der Eltern verlassen und in eine kleinere Wohnung ziehen. Im Vanaprastha ist es anders herum. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Idealerweise ziehen die Eltern in den Ashram. Manche ziehen als Familie in den Ashram.

Die klassische Aufgabe der Vanaprasthas ist die Lehrerrolle zu übernehmen für andere. Die jungen Brahmacharys haben klassischerweise im Alter von 8 bis 12 das Haus der Eltern verlassen. Sie sind daraufhin in ein Haus von Vanaprasthas gezogen. Es ist gerade als Vanaprastha angemessen, Yoga zu unterrichten. In dem Alter machen viele eine Yogalehrerausbildung. Sie stellen fest: es ist die Aufgabe, Yoga weiterzugeben. Was in Vanaprastha wichtig ist, ist zum einen die Zeit für Asana und Pranayama zu erhöhen. Wer schon früh beginnt, wird im späteren Alter mehr Vitalität und Gesundheit erfahren. Hatha Yoga in diesem Alter besonders wichtig. Ebenso wichtig ist das Lehren. Yogapraktiken werden an andere weitergegeben. Für manche mögen es die Enkel sein. Es heißt allerdings: Man soll im Vanaprasthalebensalter nicht seine ganze Zeit mit den Enkeln verschwenden. Vor allem sollte man nicht in die Erziehung der Kinder eingreifen. Es gibt leider viele Konflikte zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter, weil die Schwiegermutter meint, die Schwiegertochter kann nicht richtig erziehen. Großeltern reden ihren Kindern in die Erziehung der Enkel ein. Das solltest du nicht machen. Es ist etwas Menschliches, dass der Vanaprastha lehren will und jungen Menschen etwas beibringen will. Dies sollte jedoch nicht gegen deine Kinder erfolgen. Mache es viel mehr für andere. Wachse in die Lehrerrolle hinein.

In dieser Zeit ist natürlich Meditation wichtig. Gerade hier wird Meditation tiefer wirken. Besonders wichtig ist es, den Kontakt zu einem Ashram zu erhöhen, im Sinne von einer spirituellen Lebensgemeinschaft. Wenn du schon längere Zeit mit diesem Ashram in Verbindung warst, dann biete dort mehr dein uneigennütziges Dienen an. Du kannst dort unterrichten, vielleicht deinen Urlaub dort verbringen oder regelmäßig als Seminarleiter dort sein, in dem du häufiger Kurse nimmst. Hier wird die persönliche Familie langsam etwas weniger wichtig. An Wichtigkeit gewinnt der Stellenwert, sich mit anderen spirituellen Menschen zusammenzufinden. Dies kann das Zusammensein in einem Ashram sein oder eben eine Tätigkeit als Lehrer. Du bist mit anderen spirituellen Menschen in Kontakt, die du selbst inspirierst.

Sannyasa

Sannyasa bedeutet Entsagung. Sannyasa ist klassischerweise die Zeit ab 70, 80 Jahre bis zum Tod. Es würde heißen, du trennst dich von deinem Partner, löst dich von deinen Kindern und Enkeln und gehst ganz in den Wald. Dort widmest du dein Leben ganz der Meditation und dem Studium von Vedanta. Sannyasa bedeutet heutzutage nicht, dass du deine Familie ganz loslässt und dein Partner verlässt. Wenn ein Partner gestorben ist, dann lässt der andere ganz los. Wenn du selbst körperlich nicht mehr in der Lage bist, für andere Gutes zu tun, dann kann man loslassen und akzeptieren, dass man von anderen bedient werden muss, dass man eventuell gepflegt werden muss. Du hast weiter zwei Pflichten. Die eine Pflicht ist zu meditieren. Wenn die Meditation im Sitzen nicht mehr geht, mache es liegend.

Die zweite Aufgabe ist mit Vedanta und Jnana Yoga dich von allem zu lösen und zu erkennen: Sat chid ananda Swarupoham. Dies bedeutet: Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.

Man könnte sagen, manchmal kommt Sannyas etwas vorher. Wenn du keine Gelegenheit mehr hast, andere zu unterrichten und zu lehren, dann ist es Zeit für die Meditation. Mehr zu meditieren, spirituelle Bücher zu lesen und dich von allen Verhaftungen zu lösen wird in dieser Zeit empfohlen. Idealerweise wirst du in diesem Stadium die Erleuchtung erlangen. Wenn der Körper stirbt, ist das unwichtig und unbedeutend. Du hast vorher losgelassen und allem entsagt.

In diesem Sinne kannst du dich freuen auf das, was zukünftig auf dich zukommt. Wenn du momentan jugendlich bist, nutze die Zeit intensiv Asanas und Pranayama zu üben. Lerne, über die spirituellen Prinzipien, nutze deinen Enthusiasmus und lasse dich nicht von deinen Eltern in deinem Enthusiasmus behindern. Wenn du in Grihasta bist und merkst, du hast nicht sehr viel Zeit für die Praktiken, dann nehme dir die Zeit, die du brauchst, aber praktiziere mindestens eine Stunde. Diene und denke an Gott. Halte zudem Kontakt in einem Satsang mit anderen spirituellen Menschen. Lebe ein sattwiges Leben. Es ist in Ordnung, deinen Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen. Tue etwas für die Gemeinschaft. Wenn es Zeit ist, deine Kinder auf eigenen Beinen stehen können und sie entweder das Haus verlassen oder du das Haus verlässt, lasse los. Wenn ihr beiden zusammen seid, aber nicht mehr voneinander abhängt, dann bist du im Vanaprastha.

Jetzt übe wieder mehr Asanas und Pranayama. Widerstehe den Wunsch nur noch zu meditieren. In diesem Alter musst du an deinem Körper arbeiten. Lebe besonders gesund. Dann komme ins Lehren hinein. Wenn die Meditation tiefer werden kann, verbringe mehr Zeit damit. Intensiviere den Kontakt mit einem Ashram. Dies kann erfolgen, in dem du dort selbst lehrend bist. Du bringst deine Fähigkeiten ein oder in dem du intensiv Seminare machst und vieles nochmals lernst. Irgendwann ist die Zeit gekommen, wo deine äußeren Pflichten weniger werden. Weil deine Meinung nicht mehr gefragt ist, wenn du körperlich nicht mehr in der Lage bist, dann erkenn dies als Übergang zu Sannyasa. Es ist die Zeit, in der weniger äußerliche Dinge mehr bewirken. Vermehrte Meditationen und Reflektionen über die Tiefe des Wesens sind vorherrschend. Allen Verhaftungen entsagen und erfahren Sat chid ananda Swarupoham: Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS121 Entscheidungen spirituell treffen

Wie kannst du dich gut entscheiden? Wie kannst du Entscheidungen spirituell treffen? Wie kannst du dir sicher sein, dass deine Entscheidung eine gute Entscheidung ist?

Die Bhagavad Gita ist ein Lehrgespräch zwischen Schüler und Lehrer. Ein Gespräch zwischen Arjuna und Krishna. Insbesondere ist die Bhagavad Gita ein Entscheidungsgespräch. So kann man die Bhagavad Gita als Grundlage dafür nehmen, wie man gute Entscheidungen treffen kann. Die Bhagavad Gita beginnt zunächst damit, dass der Schüler Arjuna in einer Situation ist, in der er keine Antwort kennt. Er ist in einem ethischen Dilemma. Egal was er tut, es wird schwierig sein.

Der erste Schritt einer richtigen Entscheidung ist zu erkennen: Ich kann die Entscheidung logisch-rational nicht fällen. Wenn du eine richtige Entscheidung treffen willst, beginnst du erst einmal mit dem Eingeständnis sie nicht alleine fällen zu können. In dieser Situation gibt es keine logischen Entscheidungen. Natürlich gibt es einfache Entscheidungen. Das heißt, wenn du die Entscheidung hast zu lügen oder nicht zu lügen, dann entscheide dich nicht zu lügen. Wenn du die Entscheidung hast ein Tier umzubringen, um zu essen, dann ist es besser zu sagen, du bringst das Tier nicht um. Es gibt ethisch korrekte Entscheidungen, aber manche Entscheidungen sind nicht so einfach. Das sind die Entscheidungen, wo du in einem Dilemma steckst. Hier gilt, es sich bewusst zu machen, dass du allein die Lösung nicht hinbekommst.

So wendet sich Arjuna an Krishna und sagt: Er weiß nicht, was zu tun ist und bittet ihn um Hilfe. In diesem Sinne kannst du dich mit einem Gebet an Gott wenden. Du kannst dich an dein höheres Selbst wenden. Wenn es jemanden gibt, der spirituell fortgeschritten ist, kannst du dich an sie oder an ihm wenden.

Der zweite Schritt ist es, die Entscheidung in einem größeren Kontext hineinzubringen. In der Bhagavad Gita macht das Krishna im zweiten Kapitel. Er spricht zu Arjuna über die Unsterblichkeit der Seele. Arjuna ist verzweifelt und denkt, von ihm hängt alles ab. Krishna sagt, deine Seele ist unsterblich, sie wird geboren in diesem Körper und anschließend wird sie wieder diesen Körper verlassen. Was auch immer auf der physischen Ebene passiert, wird sowieso vergehen. Ein Schritt besteht darin, wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, erst aus der Verzweiflung herauszukommen.

Krishna lächelt zu Arjuna und sagt „Weise Worte sprichst du; doch wo nichts zu beklagen ist, da beklagst du. Die Weisen klagen nicht, über Leben oder Tod der Wesen.“

In diesem Sinne sei dir bewusst, was immer du zu tun hast, vor dem Hintergrund des Selbst, was unsterblich ist, ist es nicht ganz so wichtig. Krishna fährt fort und sagst: „Wenn du deine Entscheidungen so fällst, dass du alles Gott darbringst, ist es wiederum irrelevant. Was immer du tust, tue es so gut wie du kannst. Bringe es Gott dar. Ob es richtig ist oder erfolgreich oder nicht erfolgreich, ist dann nicht so erheblich.“

Er sagt ihm: Nimm dir vor, was immer du tust, mit Karma Yoga Haltung zu machen und fühle dich als Instrument. Bringe das, was du tust, als ein Opfer dar. Tue es für Gott. Dann ist es nicht mehr wichtig, was du machst, sondern mit welcher Einstellung du es tust.

Im sechsten Kapitel sagt er: „Bringe deinen Geist zur Ruhe, meditiere regelmäßig.“

Wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, dann meditiere. Es gibt Menschen, wenn sie vor einer wichtigen Entscheidung stehen, sich ein paar Tage nehmen, um zu meditieren oder zu fasten. Indem man regelmäßig spirituelle Praktiken übt, wird der Geist klarer. In jedem Fall solltest du wichtige Entscheidung nicht in einem Zustand von Niedergeschlagenheit und Depression (Tamas) treffen. Auch nicht im Zustand von Gier, Getriebenheit und noch weniger aus Ärger heraus (Rajas). Bringe den Geist zur Ruhe.

Im Kapitel 7 bis 12 spricht Krishna: Übe Hingabe, verehre Gott. Indem du Gott verehrst und Hingabe an Gott übst, öffnest du dich für ein größeres Ganzes. Die Intuition wird dich besser führen, wenn du dich auf dieses Höhere einstimmst. Im elften Kapitel sagt Krishna, dass letztlich alles geschieht, was geschehen soll. Letztlich macht Gott alles. Du selbst in deinem beschränkten Dasein und nur Teil dieses kosmischen Geschehens. Nachdem Krishna im Kapitel 2 bis 12 diese großen Zusammenhänge gebraucht hat, wird er in den nächsten sechs Kapiteln bestimmte Kriterien geben.

Zunächst ist es wichtig, wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst zu meditieren über das Unendliche und Ewige. Bringe deinen Geist zur Ruhe. Übe Hingabe zu Gott und bitte um Führung. Dann wird es konkreter. Krishna spricht über Sattwa, Rajas und Tamas. Er spricht von Daiva und Asura, ethisch und unethisch. In der Entscheidung betrachtet: Was ist unethisch? Was ist ethisch? Was entspricht Satya, Ahimsa, Aparigraha, Brahmacharya und Asteya?

Tue nichts, was gegen ethische Prinzipien verstößt. Nachdem du die ethischen Prinzipien beachtet hast, treffe deine Entscheidung so sattwig wie möglich. Man kann sagen, so spirituell wie möglich. Wenn du vor einer Berufswahl stehst, überlege: Wo kannst du mehr Gutes bewirken? Überlege, was dir in deiner spirituellen Praxis hilft? Wenn du eine Wohnung beziehen willst, überlege was besser ist für die spirituelle Praxis. Nachdem er über die Gunas und die Ethik (Daiva und Asura) gesprochen hat, kommt er zum nächsten Punkt: Swarupa und Svadharma. Überlege: Was sagt dir dein tiefes Herz? (Was ist dein Svabhava?). Was sind deine besonderen Talente (Prakriti und Swarupa)? Schaue, wie du diese im besonderen Maße einsetzen kannst. Überprüfe alles von der karmischen Situation her. In welcher Situation bist du? Was ist in der Situation deine Aufgabe? Treffe eine Entscheidung.

Wenn du die Entscheidung getroffen hast, dann bringe sie Gott dar. Krishna spricht im 66. Vers des 18. Kapitels ein Vers, der jeden Morgen und Abend am Ende des Arati in den Yoga Vidya Ashrams rezitiert wird.

sarva-dharman parityajya

mam ekam saranam vraja

aham tvam sarva-papebhyo

moksayisyami ma sucah

Nachdem du alles abgewogen hast, bringe alles Gott dar. Dann wirst du nichts Falsches tun, dann wirst du keine Sünde begehen und kein schlechtes Karma bekommen. Mit anderen Worten: Bringe deinen Geist zur Ruhe, mache dir bewusst, dass hinter allem die göttliche Wirklichkeit steht, bete zu Gott, bitte Gott um Führung, mache dir bewusst in welcher karmischen Situation du bist, überlege vom Standpunkt der Ethik und überlege vom Standpunkt von Sattwa.

 

Was sagt dir dein Herz?

Was hast du an Fähigkeiten?

Dann triff eine Entscheidung, bringe sie Gott dar und setze sie um. Wenn du das alles gemacht hast, bring anschließend alles Gott dar. Sage innerlich: Gott, ich bringe dir die Entscheidung dar, ich bringe dir die Handlungen und die Früchte dar. Danach tue was zu tun ist, engagiere dich mit Herzen, Güte und Liebe, so gut du kannst. Ob es nachher gut geht oder nicht, liegt nicht mehr an dir.

Krishna sagt ausdrücklich, ein Kriterium, ob die Entscheidung die richtige war, ist nicht, ob es nachher erfolgreich war oder nicht. Manchmal wirst du vom Karma dazu gebracht, Entscheidungen zu treffen, die nachher scheinbar im Desaster enden. Aus diesem Desaster wächst du und lernst. Es war keine Fehlentscheidung, sondern vielleicht war es genau die richtige Entscheidung damit du das erfährst und andere auch. Wenn du diese spirituellen Entscheidungen triffst, kannst du loslassen. Letztlich geschieht was geschehen soll. Soweit einige Tipps aus der Bhagavad Gita.

Einen Moment kannst du innehalten und überlegen:

Stehst du vor einer Entscheidung?

Ist es wichtig oder nicht so wichtig?

Wenn ja, gehe die Schritte durch. Mache dir erst bewusst, deine Seele ist unsterblich. Letztlich geschieht was geschehen soll. Die Entscheidung ist nicht ganz so wichtig wie du denkst. Dann nimm dir vor, bevor die Entscheidung getroffen wird, deine Praktiken zu intensivieren. Zu Gott zu beten und Gottesverehrung zu betreiben. Vielleicht willst du schon im Voraus überlegen, ob es ethische Gesichtspunkte gibt. Überlege über Sattwa, Rajas und Tamas. Was wäre das richtige vom spirituellen Standpunkt aus?

Wenn du das alles loslässt, kannst du überlegen:

Welche besonderen Stärken habe ich?

Was ist von der Tiefe meines Herzens her richtig?

Wenn du an all das gedacht haben wirst, nimm dir vor, es Gott darzubringen. Vielleicht magst du ein Tag darüber schlafen, dann kannst du alles Gott darbringen und die Entscheidung treffen. Schließlich setzte mit aller Kraft und aller Freude, mit aller Energie und all deinen Fähigkeiten die Entscheidung um.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Wie erkennt man, was zu tun ist? Wie erkennt man was seine Pflicht, seine Aufgabe ist? Was hat die eigene Wesensnatur und das Karma mit der eigenen Verantwortung zu tun?

Die Bhagavad Gita verwendet einige wichtige Sanskrit-Ausdrücke, die ich erläutern will.

In einigen weiteren Verse erläutere ich, wie Pflicht entsteht aus Karma und eigener Wesensnatur. Zunächst einige wichtige Sanskrit-Ausdrücke.

Dharma und Karma sind sehr vielschichtige Begriffe. Die Schönheit der Bhagavad Gita ist zum Teil, das Krishna dort immer wieder Wortspiele macht. Er verwendet den gleichen Ausdruck zum Teil im gleichen Satz an unterschiedlichen Bedeutungskontexten. Manchmal ist dies nicht so einfach, denn in der Übersetzung gehen diese Wortspiele meistens verloren. Es ist oft gut, wenn man das ganze Bedeutungsspektrum kennt.

Dharma heißt kosmische Ordnung. Dharma heißt das, was hält. Dharma heißt auch Pflicht und Verantwortung. Dharma heißt Gewebe. Dharma hat demnach sehr viele Bedeutungen.

Das Wort Karma hat ebenfalls mehrere Bedeutungen. Karma kennst du als Gesetz von Ursache und Wirkung. Karma ist auch das, was auf dich zukommt. Schicksal, das dir geschickt ist, woran du wächst. Karma sind die Erfahrungen, die du machst, um spirituell zu wachsen. Karma heißt auch Handlung. Das, was du tust, ist Handlung. Karma sind die Rituale und die Handlungen, die du für Gott tust. Karma ist auch Karma Yoga, der Yoga der Tat, so zu handeln, dass es dich zu Yoga führt, zur Einheit und zur Vereinigung mit Gott. Prakriti ist die Natur. Prakriti ist zum Einem die ganze Welt, die ganze Schöpfung. Im Unterschied zu Purusha. Purusha ist die Seele. Purusha ist das Bewusstsein und Prakriti ist die Natur. Die ganze Welt ist Prakriti. In der Sanskrit-Philosophie gibt es Purusha und Prakriti. Es gibt nicht nur die kosmische Prakriti. Es gibt auch die individuelle Prakriti, die eigene Natur. Vielleicht erinnerst du dich an Ayurveda. Dort wird gesagt, die Prakriti besteht aus einem Zusammenspiel aus Vata, Pitta und Kapha. Es gilt seine Wesensnatur herauszufinden.

In der Bhagavad Gita wird die eigene Wesensnatur Prakriti in weiteren Dimensionen beschrieben. Prakriti ist Svabhava. Svabhava wird als Wesensnatur beschrieben. Bhava hat etwas mit Existenz zu tun, das was ins Leben gekommen ist. Bhava heißt tiefes Gefühl und tiefe Modulation. Bhava kann Liebe heißen. Svabhava ist ein bisschen die tiefe Wesensnatur, das was dich bewegt, was dich ausmacht, in einem relativen Sinn.

Es gibt Svarupa. Rupa heißt Form und Svarupa ist die eigene Form. Svarupa heißt in dem Kontext dein Körper und deine Psyche, was dich im besonderen Maße ausmacht. Shankara in späterer Zeit definiert Svarupa als die wahre Natur. Es ist Satchidananda: Sein, Wissen und Glückseligkeit. Wenn die Bhagavad Gita von Svarupa spricht, dann meint sie mehr. Es ist das, was dich in der Essenz ausmacht, in der Persönlichkeit, in deinem Körper und deiner Psyche, Motivation und deinen Fähigkeiten.

Man könnte sagen in einem relativen Sinn sind Prakriti, Svabhava und Svarupa ähnliche Begriffe. Sie haben alle eine höhere Bedeutung. Prakriti mit höherem Kontext meint die gesamte Welt. Im engeren Kontext ist es deine Natur. Svabhava ist das gewordene des Selbst, was letztlich das ganze Universum ist. Aber auch das, was dich in deinem Herzen ausmacht, ist Svabhava.

Svarupa ist ein bisschen deine Form, was du verkörperst. Dann gibt es noch einen Begriff Svadharma. Svadharma ist deine eigene Verantwortung, deine eigene Pflicht und deine Aufgabe. Die Bhagavad Gita beginnt mit dem Schüler Arjuna. Er fragt, was seine Aufgabe ist und was sein Svadharma ist. Was soll er tun? Er ist verwirrt hinsichtlich seiner Pflicht und seiner Aufgabe. Er weiß nicht, ob er das eine oder das Andere machen soll. Auf eine gewisse Weise ist die Bhagavad Gita ein Beratungsgespräch von Krishna zu Arjuna, wo er ihm sagt, wie er sein Svadharma herausfinden kann.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

 

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Wie kannst du handeln ohne Verhaftung? Wie kannst du im Alltag Karma Yoga üben? Was heißt es, handeln ohne Verhaftung und trotzdem engagiert sein?

Was steht hinter der Bedeutung, wie man eine Handlung ausführt, ohne gebunden zu sein? Wie kann man handeln, ohne neues Karma zu schaffen? Wie kannst du im Alltag so handeln, dass du spirituell daran wächst?

Wenn man handelt, gibt es ein Motiv. Warum handelst du? Es gibt verschiedene Karma Yoga-Motive. Du kannst handeln, um zu dienen. Du kannst z. B. handeln, um Gott zu dienen, einem Menschen zu dienen, vielen Menschen zu dienen, uneigennützigen Werken zu dienen usw.. Du kannst handeln aus Verantwortung heraus. Weil du weißt, du hast die und die Aufgabe oder du bist in der und der Situation. Du willst der Verantwortung gerecht werden. Du kannst als Motiv haben, du folgst einer Eingebung. Es kann sein, dass du von innen heraus eine Institution bekommst, eine Inspiration, eine Eingebung. Du weißt, ich muss das tun. Das sind einige der Motive. Du siehst etwas was fehlt. Die meisten Menschen handeln aus dieser Absicht heraus. Ein Handeln, um Geld, Lob, Zuneigung und Anerkennung zu bekommen wären keine Karma Yoga-Motive.

Wie handelst du? So gut wie es geht, mit vollem Engagement sollten deine Handlungen erfolgen. Das ist etwas Wichtiges. Es gibt manchmal Menschen, die wollen Gutes tun. Weil sie nachher dafür nichts bekommen, machen sie es eben halbherzig. Viele Menschen sind Vereinsmitglieder in gemeinnützigen Vereinen. Solange sie Lust darauf haben machen sie es. Verschwindet die Lust darauf, lassen sie es sein. Oder sie fangen erst an, in gemeinnützigen Vereinen mitzuhelfen, zunächst uneigennützig, aber irgendwann wollen sie etwas dafür bekommen. Dann ist es kein echtes Karma Yoga mehr. Wie macht man es? So gut wie man es kann. Man macht es außerdem mit Herz, Freude und mit Liebe.

Dann ist wichtig, wie macht man es? Man macht es als Instrument. Du denkst nicht, dass alles nur von dir abhängt, sondern du fühlst dich als Instrument. Du lässt alles los und sagst „dein Wille geschehe“. Du stellst dir vor das letztlich Körper und Psyche Teil der kosmischen Körper und Psyche sind. Du selbst bist das unsterbliche Selbst. Du bist ohne Identifikation. Ohne Identifikation heißt, ich bin nicht der Handelnde. Du weißt, zwar tust du etwas, aber du identifizierst dich damit nicht. Es geschieht als Instrument ohne eine Identifikation. Es ist verhaftungslos. Verhaftungslos kommt an mehreren Stellen hinein. Hier heißt es, du machst die Handlung verhaftungslos, weil du bereit bist jederzeit wieder loszulassen. Falls du z.B. irgendeine Aufgabe bekommen hast und da gibt es jemanden anders, der die genauso gut kann wie du und dort das vielleicht gerne machen würde, dann hänge nicht daran, sondern gib das dem anderen. Du kannst dich dann für etwas Neues engagieren. Dies ist verhaftungslos. Du hast etwas gemacht so gut du es konntest. Plötzlich ist es nicht mehr möglich das zu tun. Dann lass es los, ohne daran zu hängen.

Das nächste ist die Frage: Was machst du gegenüber dem Ergebnis? Wenn die Handlung abgeschlossen ist, was machst du dann?

Du bringst es „Gott dar“, in du sagst „was auch immer ich getan habe, oh Gott, ich bringe es dir dar“. Du machst es nicht, um etwas Konkretes zu erreichen, sondern um es Gott darzubringen.. Zudem erwartest du keine Belohnung dafür. Es ist eine Gleichgültigkeit gegenüber Erfolg. Du tust deine Handlungen, so gut wie du kannst. Wenn es nachher schiefgeht, ist es auch in Ordnung.

 

Als ich jung ins Yogazentrum gekommen bin mit gerade 18 Jahren, habe ich dort angefangen Karma Yoga zu üben. Ich habe angefangen mitzuhelfen und habe einiges gelernt über Karma Yoga. Habe ein wenig über die Bhagavad Gita erfahren und bekam meinen ersten Job dort. Das war staubsaugen. Nachdem ich eingezogen war, ich hatte schon vorher mit geholfen, wollte ich dienen, dem Werk seines Meisters dienen, den Schülern dienen. Ich habe es aus Verantwortung gemacht. Es war mir übertragen als Aufgabe. Ich habe es gemacht, so gut wie ich konnte. Die Teppiche sollten danach sauber sein. Ich habe es mit Herz gemacht, ganz im Bewusstsein, in der Gegenwart, ohne an die Zukunft zu denken. Gut mit Herz und ich habe mich als Instrument gefühlt. Gott wirkt durch mich und durch den Staubsauger. Es war fast wie ein euphorisches Gefühl, aber in der Gegenwart.

Es gab kein Denken an die Zukunft und an die Vergangenheit. Mit ganzem Herz, mit ganzer Bewusstheit, mit „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya“ usw. war ich bei der Sache. Es war eine sehr euphorische Handlung. Ich habe mich bemüht, mich nicht damit zu identifizieren, nicht der Handelnde zu sein, es floss irgendwo. Ich habe Ende des Staubsagens immer alles Gott dargebracht, gleichmütig gegenüber Belohnung. Jemand der Staub saugt, kriegt selten ein Wort der Anerkennung. Ich war gleichmütig gegenüber Erfolg und Misserfolg. Damals wurden dort „Cookies“ gebacken. Beim Essen der Cookies sollen die Teilnehmer immer einen Teller benutzen, wegen der vielen Krümel. Was haben die Teilnehmer gemacht? Cookies gegessen, ohne einen Teller zu benutzen. Innerhalb von zehn Minuten nachdem die Teilnehmer gekommen waren, war der Teppich am Eingang wieder dreckig. Ich habe mich bemüht gleichmütig zu sein und nicht verhaftet zu sein an die Sauberkeit des Teppichs. Fast selbst zufrieden habe ich gedacht, es gelingt mir jetzt eine Karma Yoga-Handlung zu machen. Bis jemand anderes ins Zentrum eingezogen ist. Dann hat die Leiterin des Zentrums gesagt: „Du machst jetzt etwas anderes. Der andere wird jetzt dein Karma Yoga-Job des Staubsaugens übernehmen.“ Ich habe ihr gesagt, dass ich doch gerne meine Tätigkeit ausführe. Dann hat die Zentrumsleiterin mich nur freundlich angesehen und hat alles gestimmt. Ich war etwas verhaftet.

Ich habe gedacht, ich bin jetzt Staubsauger. Das war jetzt mein Karma Yoga. Ich bin aufgegangen. Die nächsten Tage habe ich mich immer wieder beobachtet, ob der andere das richtig macht. Ich nahm es mit Humor und lächelte über mich selbst. An Staubsaugen fällt es vermutlich nicht so schwer die Verhaftung los zulassen. Das nächste Karma Yoga, was ich dann bekommen habe, war Toiletten zu putzen. Dann habe ich, der bisher die Toiletten noch nie geputzt hatte, gesagt: „Ich zeig dir wie man Toiletten putzt.“ Voller Empörung hab ich gesagt: „Ich weiß wie man Toiletten putzt.“, ich bin glücklicherweise in einer Familie aufgewachsen, wo es nur drei Jungen gab. In meiner Generation war das üblich. Bei Jungs und Mädels haben die Mädchen die Hausarbeit gemacht und Jungen nicht. Meine Mutter, schon aus Selbsterhaltungstrieb, hat uns dreien gezeigt, wie man putzt, wie man kocht, wie man Geschirr spült, backt, wie man näht usw. Ich wusste wie so etwas geht. Ich war auch derjenige unter uns, dem das durchaus Spaß gemacht hat und der gerne Hausarbeit gemacht hat.

Ein anderer Karmayogi wollte mich anweisen und es mir zeigen. Ich willigte ein. Er hat mich in die Toilette geführt und hat gesagt: als Erstes muss du wissen, der Toilettensitz ist jetzt die Murti, der Gott der sich dort manifestiert. Toiletten putzen heißt, Gott zu verehren, wie in einer Puja. Puja ist ein Verehrungsritual. Dort hat man eine Göttin Murti. Der man Reismilch und Wasser übergießt. Der man Blumen da bringt und Malas darbringt usw.  Jetzt wird die Toilettenschüssel die Murti sein. Zu Anfang verneigst du dich, du sagst ein Mantra, du rufst Gott in der Toilettenschüssel an und danach machst du Abishekam, Wasser, Spülmitteln usw. kommen hinzu. Dann reibst du das Ganze ein. Das ist wie trocknen und darauf bringst du ein paar andere Sachen dar und verneigst dich. Das ist dann deine Puja. Das ist Karma Yoga.

Danach habe ich verstanden, warum dieser Mensch immer nach den Toilettenputzen voller Freude mit leuchtenden Augen zurückkamen. Bis heute habe ich diesen Menschen immer vor den Augen, wie er diese leuchtenden Augen hat. Ich habe gesehen, wie er eine vollständig reine Karma Yoga-Handlung gemacht hat. Er hat es gemacht, als einen Dienst an Gott, an den Meistern. Es war seine Aufgabe. Er hatte es gemacht so gut er es konnte. Es hatte nicht lange gedauert, das wäre im Zentrum nicht gegangen.

Spirituelles Karma Yoga heißt nicht ineffizient. Es musste schnell gehen. Es gab so viel zu tun, so viel was gemacht werden wollte, um mehr Menschen zum Yoga zu bringen. Nicht langsam und meditativ, das war es nicht, sondern schon effektiv. Mit Herz, Liebe, mit Hingabe und als Instrument für Gott. Ohne Identifikation und verhaftungslos zu sein. Man kann es ruhig an einem anderen weitergeben, das Ganze Gott darbringen. Man sollte gleichmütig gegenüber Erfolg und Misserfolg sein, wenn man eine Toilette sauber macht. Paar Minuten später, wenn die ersten Schüler da sind, ist es schon nicht mehr sauber. Gleichmütig gegenüber Belohnung für das Toilettenputzen. Man erhält selten Anerkennung. Wenn man merkt, andere bekommen Anerkennung, man bekommt als Toilettenputzer sie nicht, merkt man, ob es einem etwas ausmacht oder nicht. Wenn das, was man tut, nicht gelobt wird, dann hat man eine echte Karma Yoga-Handlung gemacht. Jetzt kann man selbst überlegen, was gilt es zu tun in den nächsten Tagen. Was sind deine Motive? Wie kannst du das, was zu tun ist, mit ganzen Herzen, mit großem Engagement und effektiv tun. Wie kannst du es machen als Instrument Gottes? Ohne verhaftet zu sein. Nimm dir vor alles nachher Gott darzubringen, gleichmütig zu sein in Erfolg und Misserfolg und nicht an den Früchten zu hängen. Immer dann, wenn du leidest, nachdem du etwas getan hast, weißt du, gegenüber irgendetwas hast du dort verstoßen.

Irgendwo hast du die Karma Yoga-Handlung nicht richtig gemacht. Vielleicht warst du nicht verhaftungslos gegenüber der Handlung. Vielleicht hast du dich selbst identifiziert: „Wow was habe ich großartiges gemacht“, vielleicht bis du unglücklich, wenn es nicht gut ausgeht. Vielleicht bist du unglücklich, wenn du nicht kriegst, was du denkst, was du dafür bekommen solltest. Realistisch gesehen wirst du vielleicht nicht jede Handlung dir reines Karma Yoga machen können. Swami Venkateshananda, ein Schüler von Swami Sivananda, hat gesagt, dass nur ein selbstverwirklichter Yogameister die vollkommende Karma Yoga-Handlung machen kann. Du kannst dich bemühen bei immer mehr Handlungen überwiegend Karma Yoga zu machen. Du kannst immer weniger wunschgetriebenes, verhaftetes, ergebnisgetriebener und auf Belohnung ausgerichtete Handlungen machen. Du kannst versuchen mehr Karma Yoga hineinzubringen, mehr dienen, mehr Nichtidentifikation, mehr loslassen und weniger Wunsch, Verhaftung, Erwartung usw.

Mache das während der nächsten Woche ganz bewusst. Handle immer mehr wie ein Karma-Yogi und du wirst merken, wie Krishna es in der Bhagavad Gita uns verspricht. Du wirst Freude haben und kein Leid. Du wirst lernen, wachsen und nicht gebunden sein.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Verse 39 – 51. Karma Yoga als verhaftungsloses Handeln und Jnana Yoga.

Wie kann man seinen Alltag spiritualisieren? Wie kann man handeln, ohne gebunden zu sein?

Dies ist eines der wichtigen Themen der Bhagavad Gita.

Karma Yoga heißt zum einen, uneigennützig zu dienen, etwas zu tun für andere und tätige Nächstenliebe. Das ist ein Aspekt von Karma Yoga.

Der zweite Aspekt von Karma Yoga ist Handeln ohne Verhaftung. 

Vers 39

Du hast die Weisheit über Samkhya gelernt, höre nun die Weisheit über Yoga. Wenn du sie besitzt, oh Arjuna, wirst du die Bande des Karma abwerfen.

Krishna spricht hier über Jnana-Yoga, dem Yoga des Wissens und über Karma Yoga, dem Yoga des Tuns. Bisher hat er über Samkhya gesprochen, über Brahman, Atman, die Unsterblichkeit der Seele usw. Ab Vers 10 bis Vers 38 des 2. Kapitels ging es um Samkhya im Sinne von Jnana-Yoga. Dabei ist nicht hauptsächlich das Samkhya-Philosophie-System gemeint, eines der 6. Darshanas, sondern allgemein Jnana Yoga. Jnana Yoga kann auf der Terminologie des Samkhya basieren, dieses verwendet Krishna, wenn er über Purusha und Prakriti spricht. Samkhya kann sich auch auf Vedanta, Uttara Mimamsa (= die nach oben ausgerichtete Betrachtung) beziehen.

Wenn Krishna in diesen Versen über Yoga spricht, meint er damit Karma Yoga, der Yoga der Tat und der Handlung.

Arjuna fragt Krishna: „Was soll ich jetzt tun? Soll ich jetzt handeln oder soll ich mich zurückziehen und einfach nur noch meditieren?“ Krishna greift das auf, indem er sagt: „Ich habe dir erst einmal über Samkhya erzählt, der Unsterblichkeit der Seele. Egal was du tust, du wirst dich nicht verändern. Daher spielt es keine große Rolle, ob du kämpfst oder nicht kämpfst, was du tust oder nicht tust.“

Mit diesen Worten kann er erst einmal die Verzweiflung aus Arjuna herausnehmen.

Wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, hilft es, erst einmal zu sagen: so wichtig ist die Entscheidung nicht. Die Seele ist unsterblich und egal, was geschieht, es ist vergänglich. Auf einer Ebene der Relativität ist alles, was du tust irgendwann wieder verschwunden.  Auf einer absoluten Ebene passiert nichts. Auf dieser Grundlage kannst du dir sagen, dass du dich nicht so wichtig nehmen sollst.

Dann gibt es die zweite Grundlage. Das ist Karma Yoga. Mit Karma Yoga kann man die Bande des Karma abwenden. Das Gesetz des Karma ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Wenn du etwas tust, dann reagierst du auf etwas. Du bist in einer karmischen Situation. In dieser karmischen Situation, Prarabdha Karma (das Karma, das sich in diesem Leben manifestiert) erfährst du etwas und du reagierst darauf mit Identifikation oder Wunsch. Dadurch schaffst du neues Karma, was wieder zur Ursache für künftiges Karma wird. Dadurch schaffst du wiederum neues Karma, Agami Karma. Das bleibt eine Weile dort als Sanchita Karma (angehäuftes, gespeichertes Karma, dessen Lektionen in der Zukunft auf dich zukommen). Darauf wirst du neues Prarabdha Karma säen. Das sind die Bande des Karma.

Mit Karma Yoga kannst du diese Bande des Karmas durchtrennen. Du wirst nicht mehr neues Karma schaffen, du wirst nur die Lektionen lernen, die das Schicksal dir bereithält. Wie das geht, das wird Krishna in den nächsten Versen sagen.

 Vers 40

Beim Karma Yoga ist keine Anstrengung vergebens und es entsteht auch kein Schaden. Er sagt gleich zu Anfang, selbst wenn du nur ein bisschen umsetzt, hilft dir das. Schon ein wenig von diesem Wissen, schon ein wenig Praxis von diesem Yoga schützt vor großer Furcht und hilft bei großer Gefahr.

Er sagt, wenn du das machst, vermeidest du Schaden, schlechtes Karma für dich und für andere.

 Vers 41

Hier, oh Arjuna, gibt es nur einpünktige Entschlossenheit. Weit verzweigt und endlos sind die Gedanken der Unentschlossenen.

Er sagt, du kommst durch die Einstellung des Karma Yoga zur Entschlossenheit. Du wirst nicht ständig überlegen, ob du das Richtige gemacht hast, ob du es nicht richtig gemacht hast. Du  fragst nicht, ob du es nicht hättest anders machen sollen. Du hast nicht mehr die Vorstellung davon, dass nicht alles von dir abhängt. Die Einstellung des Karma Yoga hilft, mit Entschlossenheit das zu tun, was zu tun ist.

Vers 42

Blumige Worte finden die Unweisen, die in den rühmenden Worten der Veden gefallen finden, oh Arjuna und sie sagen: „es gibt nichts anderes“.

 Vers 43

Sie sind voller Wünsche, der Himmel ist ihr Ziel und das Ergebnis ihres Tuns ist eine neuerliche Geburt. Sie schreiben verschiedene Methoden mit einer Überfülle von bestimmten Handlungen vor, um Vergnügen und Macht zu erlangen.

Hier spricht Krishna über die Veden, und zwar von bestimmten Teilen davon. Es gibt zwei Teile der Veden, den Karma Kanda (Handlungen und Rituale) und den Jnana Kanda (beschreibt das höchste Wissen und wie man dorthin kommt).

Karma heißt hier, das Gesetz des Karmas. Wie kann man das Gesetz des Karmas nutzen, um seine Wünsche zu erfüllen? Das kann man z. B. bei einem bestimmten Opferritual, einer bestimmten Puja, einem bestimmten Mantra oder indem man Tapas übt (bestimmte Askese-Übungen). Oder man tut etwas, indem man spendet, um Konkretes zu erreichen. Es gibt bei der Puja, wie auch bei der Homa einen Moment, der sich Sankalpa nennt. Dabei kannst du einen Wunsch oder ein bestimmtes Anliegen äußern mit dem Wunsch dahinter, um das oder jenes zu erreichen. Genauso könntest du sagen: „Lieber Gott, bitte gib mir, dass ich den Job bekomme“, „Bitte gib, dass mein Unternehmen funktioniert und dafür gebe ich dir eine gewisse Menge Geld.“ Das ist auch eine Form der spirituellen Praxis, man würde fast sagen, der religiösen Praxis. Du machst etwas, um dafür belohnt zu werden. Tatsächlich ist vieles in der populären Religion darauf zurückzuführen. Menschen geben Gott ein Versprechen und sie sagen, wenn ich das und das bekomme, dann werde ich das und das tun. Sozusagen ein gewisser Handel gegenüber Gott.

„Lieber Gott, ich möchte gerne die Gunst dieses Menschen erlangen!“ Vielleicht bist du verliebt und sagst: „Wenn das gelingt, dann werde ich das und das tun“. In den Veden gibt es Teile, in denen das auch beschrieben wird. Um dies und jenes zu erreichen, musst du diese und jene Puja machen, das und das Mantra wiederholen, so und soviel Geld in karitative Werke stecken usw.

Krishna sagt, das ist nicht Spiritualität. Tue nichts Spirituelles, um nachher etwas anderes dafür zu bekommen. Das zu tun heißt, gebunden zu sein an sein Karma. Damit schaffst du neues Karma. Vielleicht schaffst du dir gutes Karma. Aber es ist letztlich egal, ob du in Goldketten gebunden bist oder in rostigen Eisenketten. Ketten sind Ketten. Karma Yoga heißt, dich zu lösen von den Ketten des Handelns.

Das würde Arjuna sagen, denn Arjuna hat im ersten Kapitel davon gesprochen, dass es, wenn er jetzt das und das tut, eine negative Konsequenz gibt. Egal, was er tut, es wird immer eine negative Konsequenz haben. Wenn man seine Pflicht nicht erledigt, schafft es negatives Karma.

Krishna sagt, es gibt einen Weg, wie du schlechtes Karma vermeiden kannst. Das ist Karma Yoga. Die Lektionen zu lernen, aus den Erfahrungen, die das Karma gibt und zu handeln ohne Verhaftungen, um kein neues Karma zu schaffen.

Vers 44

Menschen, die an Vergnügen und Macht hängen und deren Geist durch solche Lehren abgelenkt wird, entwickeln nicht diese Bestimmtheit, die stets auf Meditation und Samadhi ausgerichtet sind.

Das musst du dir bewusst machen. Es geht in der Spiritualität letztlich um die Gottverwirklichung. Es gibt immer wieder relative Wirkungen der Spiritualität. Du übst Asanas und Pranayama für die Gottverwirklichung, aber ebenso, um gesund zu sein, zu bleiben oder um mehr Prana zu haben. Du übst Raja Yoga, um Gottverwirklichung zu erreichen und den Geist zu kontrollieren. Vielleicht auch, um erfolgreicher in deinem Job zu sein durch klarere Konzentration und mehr Ausstrahlung, um das zu bekommen, was du willst.

Du lässt dein Prana erhöhen, um damit die Chakras zu öffnen, damit die Kundalini zu erwecken und eins zu werden mit dem Kosmischen. Vielleicht willst du dein Prana erhöhen, um mehr Ausstrahlung zu haben oder um sexuell attraktiver zu sein. Du übst so vieles und wirst vielleicht auch Yogalehrer. Vielleicht hast du schon angefangen, selbst zu unterrichten. Wahrscheinlich ist deine Hauptmotivation, Gutes zu tun. Vielleicht lernst du, wie man unterrichtet, um Geld zu verdienen und um Respekt und Anerkennung zu bekommen.

Grundsätzlich sagt Krishna: „Wenn du spirituelle Dinge tust, um etwas zu bekommen, dann dient das für dich nicht zur Befreiung. Je mehr du spirituelle Praktiken übst, um Gott zu verwirklichen, desto mehr hast du diese einpünktige Bestimmtheit, mit der du zu Gott kommst.“

Krishna lehrt den ganzheitlichen Yoga, um auf verschiedenen Ebenen zu handeln. Bei Yoga Vidya lehren wir ebenso diesen ganzheitlichen Yoga mit den vier Purushartas:

Kama = Sinnesbefriedigung

Artha = Ziel, beruflicher Erfolg

Dharma = seine Anliegen umzusetzen, seine Talente zu entwickeln

Moksha = Befreiung

Krishna sagt, wenn du zu sehr eine gemischte Motivation hast, dann hast du nicht die Einpünktigkeit, die es braucht, um zu Samadhi zu kommen. Wenn du Samadhi erreichen willst, achte nicht zu sehr auf deine anderen Wünsche, sondern tu das, was du tust, um Befreiung zu erlangen. Wenn du wirklich mit einpünktiger Bestimmtheit zur Gottverwirklichung kommen willst, gilt es, deine Pflichten und Aufgaben zu tun.

Vers 45

Die Veden sprechen von den 3 Eigenschaften der Natur. Erhebe dich über diese drei Eigenschaften. Oh Arjuna, befreie dich von den Gegensatzpaaren und weile immer in der Eigenschaft von Sattva (Tugend), frei von (dem Gedanken an) Erlangen und Behalten und ruhe fest im Selbst.

Es gibt 3 Eigenschaften (Gunas), Sattva, Rajas und Tamas. Die Veden sprechen über diese 3 Eigenschaften und sagen, kultiviere Sattva. Tamas – (Trägheit, Dunkelheit) gilt es zu überwinden. Das Egoistische, das Besser-sein-wollen als andere, Wunschstreben, das Getrieben sein von Gier und Ärger, Neid und Eifersucht gilt als rajasig. Überwinde dies.

Entwickle Sattva. Sattva heißt Reinheit, Licht, Harmonie. Das, was an Sat - der Wahrheit - ausgerichtet ist. Das, was aus Sat, der Wahrheit kommt, das, was dich zurückführt zu Sat.

Er sagt hier, erhebe dich über die Gegensatzpaare, aber verweile zuerst in der Eigenschaft von Sattva. Dann erhebe dich über die Gegensatzpaare wie Hitze und Kälte, Erfolg und Misserfolg, Vergnügen und Schmerz, Lob und Tadel usw. Diese sind nicht so wichtig. Dann verweile zwar in Sattva, erhebe dich aber darüber.

Der Mensch geht durch Veränderungen. Etwas Tamas wirst du immer haben, sei es, weil du müde bist. Etwas Rajas wirst du haben, mit dem Drang danach, etwas zu tun. Sattva wirst du auch haben. Aber du bist nicht Sattva. Du solltest sogar über Sattva hinauslaufen. Er spricht von einer Freiheit von Gedanken an Erlangen und Behalten.

Menschen wollen etwas erlangen. Sie wollen Geld haben. Sie wollen Eigentum haben und möchten geliebt werden. Anerkennung von anderen, Wissen erlangen und behalten ist den Menschen wichtig. Wenn man dies schon hat, dann will man es behalten. So lange wie man etwas erlangen will ist man vom Wunsch getrieben. Wenn man es dann behalten will, ist man wunschgetrieben. Es geht nicht darum, nicht etwas zu erlangen, sondern es geht darum, los zulassen. Es geht darum, dienen zu wollen und nicht verhaftet zu sein.

Vers 46

Für den Brahmanen mit Selbsterkenntnis sind alle Veden ebenso viel wert, wie ein Wasserbehälter an einem überfluteten Ort.

Nur ein Weiser, der das Selbst verwirklicht hat, für den haben die Veden keinen Nutzen, denn er besitzt das unendliche Wissen über das Selbst. Wenn genügend Wasser da ist, brauchst du nicht noch zusätzlich Wasser herbei zuschleppen. Krishna spricht deshalb besonders intensiv, weil Arjuna aus der Purva Mimamsa Tradition kommt. Ihm geht es darum, seine Pflicht zu tun und dann dafür Gutes zu bekommen. Ihm geht es eigentlich um die Gottverwirklichung. Er hat gelernt, wenn man dies macht, bekommt man das und wenn man jenes macht, kriegt man etwas anderes.

Er hat Angst, falsches zu tun. In diesem Fall beginge er Papa, eine Sünde. Das bedeutete negatives Karma. Er will deshalb Papa verhindern. Krishna sagt, gehe über das hinaus, was Sünde oder Nicht-Sünde ist. In späteren Versen im 3. Drittel der Bhagavad Gita sagt er, dass es ethische und unethische Handlungen gibt und dass er selbstverständlich das Ethische tun soll. Sattva ist wichtig. Sattva entspricht auch der Ethik und dem, was aus Liebe und Mitgefühl entsteht.

Vers 47

Du hast nur das Recht zu handeln und deinen Pflichten nachzukommen, aber keinen Anspruch auf die Früchte deines Tuns. Lass weder die Früchte deiner Handlung dir Motiv zur Handlung sein, noch wende dich zum Müßiggang.

Das ist einer der wichtigsten Verse der Bhagavad Gita. Er sagt, dass du das Recht und die Aufgabe hast, deinen Pflichten nachzukommen. Es geht darum, dass du überlegst, was deine Pflicht ist, was dein Svadharma (Rechte und Pflichten) ist.

Es geht nicht darum, dass du deshalb dafür belohnt werden sollst. Du kannst deine Pflicht tun, trotz dem Misserfolg ernten und trotzdem Probleme bekommen. Wir müssen unser scheinbar negatives Karma ernten, um dadurch zu wachsen. Die Situationen, in die wir kommen, hängen nicht unbedingt damit zusammen, wie wir vor kurzem gehandelt haben. Wir haben karmische Lektionen bekommen, um unsere Erfahrungen damit zu machen und um zu handeln, so gut wir können. Was nachher dabei herauskommt ist nicht wichtig. Nur, was du tun solltest, um das größtmögliche Gute zu bewirken und dies nachher loslassen.

Wenn es dir nicht um die Früchte deiner Handlungen geht, dann heißt das nicht, dass du deshalb nicht engagiert tätig bist, sondern bedeutet, dass du das Richtige tust. Das ist manchmal ein Problem in gemeinnützigen Vereinen. Menschen, die etwas nicht dafür bekommen was sie tun, engagieren sich ein bisschen, soweit es ihnen Spaß macht. Wenn sie keine Lust mehr haben, lassen sie los und geben es ab, bzw. auf. Das ist keine Verhaftungslosigkeit, sondern das ist Verantwortungslosigkeit. Die wenigen in einem Verein, die verantwortungsbewusst sind, müssen dann immer wieder alles abfangen.

Wende dich nicht dem Müßiggang zu und handle nicht verantwortungslos. Erkenne, was zu tun ist und tue das, was zu tun ist mit großem Engagement, mit Hingabe und mit Freude. Tue es für Gott, tue es für die Menschen.

Vers 48

So handle, oh Arjuna und sei fest im Yoga. Gib alle Verhaftungen auf und bewahre Gleichmut in Erfolg und Misserfolg. Ausgeglichenheit im Geist oder auch Gelassenheit wird Yoga genannt.

Hier gibt Krishna das Schlüsselwort für Gelassenheit, dem Handeln ohne Verhaftung. Tue, was zu tun ist, frage dich, was deine Aufgabe und deine Pflicht ist und wie gut du für das größtmögliche Gute tätig sein kannst. Was ist die Lektion hier? Dann handle, so gut du kannst ohne Verhaftung. Ohne Verhaftung an die Handlung deshalb, weil du vielleicht nachher das loslassen musst, weil diese Aufgabe vielleicht jemand anders übernehmen wird. Sei ohne Verhaftung an den Erfolg. Es kann sein, dass du alles richtig machst und trotz dem Misserfolg hast. Wenn du dich für etwas engagierst und alles gut ist, dir aber niemand für deine Tätigkeit dankt, sei ohne Verhaftung an die Früchte. Wenn du dies übst, dann bist du in Samatva (Gelassenheit und Gleichmut).

Vers 49

Handeln ist im Yoga der Weisheit weit unterlegen, oh Arjuna. Nimm Zuflucht bei der Weisheit. Unglücklich sind die, deren Motiv die Früchte der Handlung sind.

Karma ist Handlung und zum anderen das Gesetz von Ursache und Wirkung. Karma ist die Situation, in der du gerade bist. Krishna sagt, wenn du etwas nur tust, nur um das Gesetz von Karma auszunutzen, Gutes zu tun, um anschließend etwas Gutes zu bekommen und Schlechtes zu vermeiden, um karmische Bestrafung zu vermeiden, dann ist das nichts Bedeutungsvolles. Auf eine gewisse Weise heißt das, dass du motiviert bist durch Angst oder Belohnung. Damit kommst du nicht zur Befreiung.

Er sagt, das ist sehr dem Buddhi Yoga (Yoga der Einsicht) unterlegen. Die Einsicht, dass es deine Aufgabe ist, deine Pflicht zu tun und nicht verhaftet zu sein an Erfolg und Misserfolg, führt dich zur Befreiung. Wenn du nur Gutes tust, um belohnt zu werden, um das Gesetz des Karmas auszunutzen, dann wirst du dort gebunden sein. Du wirst unglücklich sein, wenn etwas nicht gelingt. Die karmischen Früchte überlagern sich. Es liegt nicht ganz in deiner Hand. Du kannst ein guter Mensch sein, du kannst alles geschickt tun und mit Engagement bei der Sache sein. Trotzdem kann alles, was du getan hast vollständig zusammenbrechen. Wenn du nur nach Anerkennung strebst, wirst du unglücklich sein, weil du ständig überlegen wirst, ob alle deine Tätigkeiten ausreichend waren.

Vers 50

Der Mensch, der Weisheit (Gemütsruhe) besitzt, weist in diesem Leben, in dieser Welt, gutes wie auch schlechtes Karma von sich, deshalb widme dich dem Yoga. Yoga ist Geschick im Handeln.

Hier spricht er von Sukrita und Duskrita. Sukrita sind gute Handlungen und Duskrita sind schlechte Handlungen. Gute Handlungen sind Handlungen, die gutes Karma erzeugen. Duskrita sind schlechte Handlungen, die schlechtes Karma erzeugen. Er sagt, überwinde diese Vorstellung, Gutes zu tun, um Gutes zu bekommen und Schlechtes zu meiden, um schlechtes Karma zu vermeiden. Jemand, der Weisheit besitzt, handelt nicht mehr, um belohnt zu werden. Er hat keine Angst mehr vor Strafe. Er tut das, was gut ist und tut es so gut, wie er es kann. Er sagt deshalb, Yoga ist Geschick im Handeln. Kaushala heißt Geschick und Engagement, Energie und Enthusiasmus. Es bedeutet auch loslassen. Daher sagt er, wenn du weise bist, dann überwinde die Vorstellung, dass du für gute Handlungen belohnt werden müsstest und höre auf, Angst vor falschen Handlungen zu haben. Tue das, was du tust mit Engagement, mit Geschick, so gut du kannst. Yoga Karma Sukhausalam, Kaushalam, dann lasse los.

Vers 51

Die Weisen, die mit Wissen erfüllt sind, die die Früchte ihrer Handlungen aufgegeben haben und die frei sind von den Fesseln der Geburt, gehen an einen Ort, der jenseits allen Leidens ist.

Was geschieht, wenn du wie ein Weiser bist, wie ein Weiser handelst und mit Wissen erfüllt bist? Wa passiert, wenn du das Wissen hast, das unsterbliche Selbst zu sein?

Darüber sprach er ab Vers 10 im 2. Kapitel. Weiterhin befasst er sich mit der Aussage: Du bist nicht der Körper. Der Körper kommt und geht. Er ist wie ein Kleidungsstück, das du anziehst und irgendwann wieder ausziehst. Die Erfahrungen, die du machst, kommen und gehen. Er sagte vorher, die Erfahrungen sind die Kontakte der Sinne mit den Objekten. Sie haben ein Anfang und ein Ende. Sie haben Höhen und Tiefen. Ertrage sie tapfer.

Sei weise; es geschieht, was geschehen soll. Tue deine Pflicht im Rahmen des kosmischen Ganzen, sei ein Instrument und hänge nicht an den Früchten des Handelns. Dann bist du gelöst von den Fesseln der Geburt. Das sind die Aussagen. Fesseln der Geburt heißt, dass du neues Karma schaffst. Du handelst, um etwas Gutes zu bekommen oder du lässt los und gehst an einen Ort jenseits allen Leidens.

Durch Erwartungen entsteht Leiden. Wenn du etwas tust, um etwas zu erreichen, entsteht Leiden.

Durch Karma Yoga hat man sofort die Wirkung, jenseits des Leidens zu gehen. Du wirst befreit von allen Verhaftungen, die kommen und gehen. Du erreichst einen Zustand jenseits von allem Leiden. Was heißt das? Wenn du darüber nachdenkst, dass alles Leiden durch Verhaftung und Erwartung entsteht, dann tue das, was zu tun ist, so gut wie du kannst. Dann lasse los.

Wie oft ärgere ich mich, dass ich nicht bekomme, was mir zusteht. Wie oft ärgere ich mich, weil ich nicht so behandelt werde, wie ich behandelt werden sollte. Wie oft ärgere ich mich, dass ich ungerecht behandelt wurde. Wie häufig habe ich Wünsche und bin traurig, dass sie nicht erfüllt wurden? Sei dir bewusst, dass Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung ist. Lasse dann los und übergib es Gott.

Beobachte dich, wenn du plötzlich bemerkst, dass du die Motivation, etwas zu tun verlierst, wenn es dir nicht mehr darum geht, persönliches dafür zu bekommen.

Lächle darüber und werde dir dessen bewusst. Tu das, was zu tun ist, so gut wie du kannst und du wirst feststellen, dass es dir sogar Freude macht, ohne an Erfolg, Misserfolg, Angst und Bestrafung zu denken.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Kommentar zum 2. Kapitel der Bhagavad Gita.

Jetzt möchte ich die Verse 10 bis 30 des 2. Kapitels der Bhagavad Gita kommentieren.

Die Bhagavad Gita, der „Gesang des Erhabenen“ oder "die von Gott gesungene", ist ein wunderbares Werk, um zu verstehen, wer du wirklich bist. Das 2. Kapitel ist vielleicht das wichtigste Kapitel. Es schreibt praktisch über alles, was das spirituelle Leben ausmacht.

Vers 10

Die Seele ist unsterblich. Nichts kann der Seele passieren. Der physische Tod berührt die Seele nicht.

Sanjaya (der Erzähler) sprach: Nachdem Arjuna zu Hrishikesha (Krishna) gesprochen hatte, sagte er: „Oh Krishna, ich will nicht kämpfen!“ und verstummte. „Bitte sage mir, was zu tun ist. Ich will aber nicht kämpfen!“

Manchmal wenden sich Schüler an einen Lehrer: „Bitte sage mir, was ich tun soll" und dann beantworten sie paradoxerweise mit „aber, ich weiß schon, was ich nicht will!"

Zu dem Verzweifelten, der zwischen den beiden Armeen stand, sprach Krishna beinahe lächelnd folgenden Worte: „Arjuna ist verzweifelt, er weiß nicht, was er tun soll. Er rauft sich das Haar, hat die Waffen weggeworfen“. Krishna lächelt weise. 

Der Schüler ist verzweifelt, der Lehrer ist liebevoll, aber lächelt. Es ist Mitgefühl da, zerfließt aber nicht in Mitleid. Er geht nicht ganz in diesen Sumpf hinein und behält die übergeordnete Perspektive.

Krishna holt Arjuna aus seiner Froschperspektive heraus. Arjuna ist gefangen. Er weiß nicht, was er tun soll. Egal was er tut, es wird immer falsch sein.

Krishna sagt ihm: „Du erzählst weisen Worte, aber du bist unsterblich. Alle sind unsterblich. In Wahrheit wird nichts passieren. Du magst jetzt denken, du tötest und andere werden getötet. Aber in Wahrheit passiert nichts. Die Weisen sorgen sich weder um die Lebenden, noch um die Toten. Es gab nie eine Zeit, in der ich nicht war oder auch du oder dieser Herrscher. In Wahrheit werden wir in Zukunft niemals aufhören zu sein.“

Wenn du verzweifelt bist, mache dir bewusst, dass du unsterblich bist, dass dir nichts passieren kann. Ob du Liebeskummer hast, einen Konflikt mit dem Partner, dem Chef, eine unheilbare Krankheit hast oder jemand schlecht über dich spricht, was auch immer geschieht, du bist unsterblich und unberührt von allem.

Krishna relativiert plötzlich den Konflikt, in dem Arjuna sich befindet und sagt ihm, das spiele keine große Rolle.

Vers 13

So wie in diesem Körper das Verkörperte durch Kindheit, Jugend und Alter geht, so geht es auch in einen anderen Körper. Der unerschütterliche Mensch sorgt sich nicht darum.

Du, als Bewusstsein bist schon in diesem Körper durch verschiedene Stadien gegangen. Wenn du alte Fotos hast, siehst du dich als Baby, als Schüler, Jugendlicher. Du bist in diesem Körper durch verschiedene Stadien hindurchgegangen, aber du als das Ich, hast dich nicht verändert. Irgendwann stirbt dieser Körper, aber du bleibst bestehen.

Oh Arjuna, die Kontakte der Sinne mit den Objekten, die Hitze und Kälte, Vergnügen und Schmerz hervorrufen, haben ein Anfang und ein Ende. Sie sind nicht dauerhaft. (Titikshasva). Ertrage sie tapfer, oh Arjuna. Schönes geschieht, weniger schönes geschieht, Menschen sind freundlich, mal weniger freundlich, du hast mal Erfolge, dann wieder Misserfolge. Halte es aus, lerne es, dich nicht davon berühren zu lassen.  Es spielt keine Rolle.

Dieser unerschütterliche Mensch, den all dies nicht berührt, dem Vergnügen und Schmerz gleichbedeutend sind, der ist geeignet, Unsterblichkeit zu verwirklichen. Er sagt, du bist das Unsterbliche selbst. Du bist der Atman. Um diesen zu verwirklichen, bewahre Gleichmut in den Wechselfällen des Lebens.

Vers 16

Das Unwirkliche hat kein Sein, es gibt kein Nichtsein des Wirklichen. Wer die Wahrheit kennt, hat erkannt, was an beidem wahr ist. Diese relative Welt ist nicht wirklich real. Es ist eine Illusion, Maya. Das Absolute wird niemals zur relativen Welt und die relative Welt existiert nicht wirklich. Erkenne das und lächle in dieser relativen Welt.

Vers 17

Erkenne das als unzerstörbar, welches all' das durchdringt. Niemand kann die Zerstörung des Unvergänglichen bewirken. Es heißt, diese Körper, die das ewige, unzerstörbare und unermessliche Selbst umgeben, hätten ein Ende.

„Kämpfe, oh Arjuna. Körper haben ein Ende“.

Kämpfe kann man so interpretieren: höre auf, dich zu identifizieren. Du bist nicht der Körper. Du bist nicht die Psyche. Bemühe dich, das zu verwirklichen.

Vers 19

Weder derjenige, der das Selbst für den Tötenden hält, noch derjenige, der denkt, es, das Selbst, werde getötet, erkennt, dass das Selbst weder tötet noch getötet werden kann.

Nichts kann dir passieren, nichts kann deinen Angehörigen passieren. Wenn dein Vater oder deine Mutter stirbt oder dein Kind gestorben ist oder du erfährst, dass du eine unheilbare Krankheit hast, dann mache dir bewusst, dass nicht  du, dein Vater, deine Mutter oder dein Kind gestorben ist, sondern der Körper. Das Selbst ist unsterblich, mache dir das bewusst.

Vers 20

Es, das Selbst, wurde nicht geboren und stirbt auch niemals. Nachdem es diese materielle Welt verlässt, hört es dennoch nicht auf zu sein.

Als ungeborenes, ewiges, unveränderliches und uraltes Selbst kann es nicht getötet werden. Selbst dann nicht, wenn der Körper getötet wird. Wenn ein Mensch jedoch erkennt, dass das Selbst unzerstörbar, ewig ungeboren und unerschöpflich ist, wie kann der Mensch dann töten oder Tod verursachen?

So wie abgetragene Kleider abgelegt und neu angelegt werden, wirft das verkörperte Selbst abgetragene Körper ab und betritt andere und neue. Wie du verschiedene Kleider anziehst und nachher wieder ausziehst, wirst du Körper anziehen und wieder ausziehen. Die Kleidung wechselst du. Deinen Körper wechselst du. Bist du jemand anderes, wenn der Körper stirbt? Nein. Auf gewisse Weise machst du das jeden Tag. Nachts verlässt du diesen Körper, schaffst dir deine Traumwelt, verlässt die Traumwelt, gehst in den Tiefschlaf. Am nächsten Morgen betrittst du wieder deinen Körper. Nachts legst du wieder das Körperbewusstsein ab. Der Körper muss gewaschen und gereinigt werden. Der Körper braucht Asanas, Pranayama und gute Ernährung. Immer wieder von Neuem. Irgendwann geht dieser Körper kaputt.

Ich erlebe es leider immer wieder bei Yoga-Aspiranten, dass dies in der Theorie zwar gut klingt, wenn jemand nahe Angehörige wie Mutter, Vater oder der Partner stirbt oder man eine gefährliche Krankheit hat, dann ist man vollkommen verzweifelt. Das ist menschlich nachvollziehbar. Aber du solltest im Hinterkopf behalten, dass die Seele unsterblich ist. Der Seele passiert nichts.

Bei wichtigen Entscheidungen, z. B. bei Krebs, ob Chemotherapie erfolgen soll oder nicht, ob Biologika eingenommen werden sollten oder nicht, Operationen angebracht sind oder Bestrahlung angemessen ist. Es ist nicht erheblich. Tue das, was du denkst und was am besten helfen kann, dass der Körper weiter lebt.

Du bist das unsterbliche Selbst. Nicht so viel hängt von deiner Entscheidung ab. Nur, ob du dieses Körperkleid noch etwas länger oder kürzer hast. Es ist nicht so wichtig.

Vers 23

„Waffen schneiden es nicht“, „Feuer verbrennt es nicht“, „Wasser befeuchtet es nicht“, „Wind trocknet es nicht“.

Das kann man deuten als die vier Elemente. Waffen stehen für die Erde und alles, was damit zusammenhängt, Feuer steht für das Feuer und alles, was passieren kann, Verletzungen und Kränkungen, Ärger usw. „Wasser befeuchtet es nicht“ - Wasser könnte für Emotionen und Gefühle usw. stehen. „Wind trocknet es nicht aus“. Wind steht für Gedanken usw. Es ist egal, was geschieht, das Selbst ist unberührt.

Vers 24

Das Selbst kann nicht zerschnitten, verbrannt, befeuchtet oder getrocknet werden. Es ist ewig, all-durchdringend, fest, unverrückbar und ohne Anfang und ohne Ende. Von ihm, dem Selbst heißt es, es sei nicht sichtbar, gedanklich nicht fassbar und unveränderlich. Da du weißt, dass es so ist, sorge dich nicht.

Vers 27

Denjenigen, die geboren wurden, ist der Tod gewiss, sowie die Geburt für diejenigen, die gestorben sind. Sei nicht besorgt über das Unvermeidliche.

Zu Beginn sind Wesen unsichtbar, in ihrer Mitte sichtbar, oh Arjuna, und am Ende sind sie wieder unsichtbar. Warum sollte man sich also sorgen? Der eine sieht dies, das Selbst als Wunder an, der andere spricht darüber wie von einem Wunder, ein anderer hört davon wie von einem Wunder und obwohl sie davon gehört haben, versteht das Selbst doch keiner. Dies, das im Körper jedes Menschen wohnende, ist stets unzerstörbar, oh Arjuna, deshalb: sorge dich nicht.

Das sind wunderbare Verse, mit denen Arjuna die Unsterblichkeit der Seele beschreibt. Spüre das, lasse diese Worte auf dich wirken. Lies die Bhagavad Gita, 2. Kapitel 10 ff immer wieder. Gerade auch, wenn du einmal in einer schwierigen Situation bist.

In einer verzweifelten Situation gilt es erst einmal, herauszukommen aus der bisherigen. Wenn alle um dich herum verzweifelt sind und lamentieren, schau dir den übergeordneten Standpunkt an. Du bist unsterblich! Der Körper vergeht. Alles auf dieser Welt hat ein Anfang und ein Ende.

Die Bhagavad Gita hört hier nicht auf. Es geht 16 1/2 Kapitel weiter. Es reicht nicht aus, um die ethisch korrekte Antwort zu geben auf ethische Dilemma.

Man könnte sagen, das sind alles Kapitel, in denen Krishna Arjuna erst einmal Grundeinstellungen vermittelt. Damit kann er noch nichts entscheiden.

1) Jnana-Yoga, Vedanta.

Darin erzählt er ihm über die Unsterblichkeit der Seele.

Er erzählt Arjuna, dass die Seele unsterblich ist und sagt ihm, dass er sich nicht so viele Gedanken machen und die Emotionalität verlassen soll. Seine Verzweiflung sei überflüssig. Er sagt: „Egal, wie du dich entscheidest, die Seele ist unsterblich. Es hängt nicht davon ab, was du denkst.“

2) Karma Yoga.

„Tue, was zu tun ist, ohne verhaftet zu sein, gib alles Gott dar“.

Krishna erzählt Arjuna, mit welcher Einstellung du so handeln solltest, dass du dich nicht bindest? Identifiziere dich nicht. Sei gleichmütig in Erfolg und Misserfolg, hänge nicht an den Früchten der Handlung und fühle dich als Instrument. Gib alles Gott dar. Dabei spielt es auch keine Rolle, was du tust.

3) Bhakti-Yoga

„Bringe alles Gott dar, erkenne Gott, fühle Gott, entwickle Gottesliebe“.

Krishna sagt Arjuna, bringe alles Gott dar. Verehre Gott, sieh in allem Gott, verneige dich vor Gott und bitte Gott um Hilfe.

4) Raja-Yoga, Yoga des Geistes

„Lerne, deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Entwickle Gelassenheit in Erfolg und Misserfolg, in Lob und Tadel, in Hitze und Kälte, wenn es schön und weniger schön ist. Lerne zu meditieren, mache deinen Geist ruhig.“

Nachdem Arjuna all das verstanden hat, erst danach ab dem 13./14. Kapitel, gibt Krishna Arjuna konkrete Kriterien an die Hand, derer Arjuna entscheiden kann.

Er erzählt ihm von Sattva, Rajas und Tamas und rät ihm, tue das Sattwige. Er spricht zu ihm über Sura und Asura (oder Daiva und Asura). Es ist das Lichtvolle, das ist das Ungute oder das Ethische und das Unethische. Tue das Ethische. Dann spricht er zu ihm über Dharma, Verantwortung. Er gibt ihm Kriterien, worin er erkennt, was seine Verantwortung und Pflicht ist. Er spricht über Swarupa und sagt ihm, höre auf dein Herz und spüre, was du tief im Inneren für richtig hältst.

Dann sagt er ihm, nachdem du all das abgewogen hast, bringe alles Gott dar. Lass los, triff eine Entscheidung und dann wird dir nichts Schlimmes passieren.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS116 Bhagavad Gita Einführung

Was ist die Hintergrundgeschichte der Bhagavad Gita? Was hat Bhagavad Gita mit Mahabharata zu tun? Wer ist der Autor? Was sind die Themen der Bhagavad Gita?

Die Bhagavad Gita, wörtlich der Gesang Gottes oder der Gesang des Erhabenen, ist eine der wichtigsten Yoga-Schriften. Zusammen mit Yoga Sutra, Upanishaden und Hatha Yoga Pradipika gehört die Bhagavad Gita zu den vier Schriften, die für die Yoga Vidya-Tradition von besonderer Bedeutung sind. Unter diesen vier ist im klassischen Yoga die Bhagavad Gita die wichtigste Schrift.

Die Bhagavad Gita gilt als heilige Schrift. Die Verse der Bhagavad Gita haben Mantracharakter. Bis heute gibt es Menschen, die die ganze Bhagavad Gita jeden Tag vollständig rezitieren. Bei Yoga Vidya rezitieren wir die Bhagavad Gita immer wieder. Es ist ein großartiges Buch, mit dem man immer wieder neue Aspekte der Spiritualität entdeckt. Es ist gut, etwas mehr über den Hintergrund der Bhagavad Gita zu wissen.

Ich selbst habe einen Kommentar zur Bhagavad Gita verfasst, wo ich die Hintergrundgeschichte zur Bhagavad Gita etwas ausführlicher beschrieben habe. Hier werde ich sie etwas vereinfachen. Wenn du etwas mehr darüber wissen willst, kannst du in dem Buch nachlesen. Ebenfalls gibt es einen Bhagavad Gita Blog, wo ich zu jedem Vers der Bhagavad Gita einen Kommentar geschrieben habe. 

Bhagavad Gita – Gesang des Erhabenen

Bhagavan bedeutet der Erhabene. Gita heißt der Gesang, die Gesungene. Mit Bhagavan ist Krishna gemeint.

Die Bhagavad Gita ist als Dialog geschrieben. Es ist ein Zwiegespräch zwischen Krishna und Arjuna – Krishna, der Lehrer und Arjuna, der Schüler.

Arjuna hat eine Frage an Krishna und Krishna antwortet, indem er ihm letztlich die Grundlagen des ganzheitlichen Yoga beschreibt.

Wie ist es dazu gekommen?

Die Bhagavad Gita ist ein Teil des Mahabharata-Epos. Mahabharata ist eines beiden Itihasas, der großen Epen, zusammen mit Ramayana. Mahabharata ist das umfangreichste Epos der Weltliteratur. Es hat sehr viele Verse. Es heißt sogar, dass es verschiedene Bücher beinhaltet. Mahabharata beschreibt letztlich die Geschichte eines Herrschergeschlechtes, der Bharatas. Es beschreibt die verschiedensten Dinge, die passiert sind. In Indien gibt es den Ausdruck, was es im Mahabharata nicht gibt, das gibt es nicht. Insbesondere zwischenmenschliche Situationen, jede ethische Frage, jede Entscheidung, jeden Charakter findet man im Mahabharata.

Maha bedeutet großartig. Bharata bezieht sich auf einen König mit diesem Namen. Die Mahabharata ist die Geschichte dieses Königs Bharata und seiner Nachkommen, die als Bharatas oder auch Bharatiyas bezeichnet werden.

Die Inder haben sich selbst lange Zeit als Bharatiyas bezeichnet, als die Nachkommen von Bharata. Der Name für Indien ist eigentlich Bharata Varsha.

Der Name Indien leitet sich vom Fluss Sindhu ab, den die Griechen Indus nannten. Sindhu ist ein Fluss in Nordwestindien. Heute ist es Pakistan. Für die Griechen war das Land vor und hinter dem Fluss Indus Indien.

Die Perser nannten diese Region Hindustan. Hindu bezeichnet einen Inder und Hindustan ist das Land Indien.

Von den Engländern wurde das Land India genannt. Für die Inder selbst war das Land lange Zeit Bharata Varsha. Es ist relativ neu, dass die Inder sich selbst als „Inder“ ansehen. Es ist eine Umschreibung von außen.

Bharata war ein großartiger Held und großartiger König, der tugendhaft und tapfer war. Er hat ganz Indien geeint. Er war ein legendärer König und so großartig, dass das ganze Land nach ihm benannt wurde. Die Bewohner des gesamten Subkontinentes benannten sich nach ihm.

Das Herrschergeschlecht, das von ihm ausging, waren die Bharatas.

Im Mahabharata wird das Leben von Bharata beschrieben. Seine Daten, wie er zum Schluss einem Königreich entsagt hat usw. sind dort niedergeschrieben. Bharata hatte viele Nachfahren. Kuru war auch ein großer König, aber nicht so großartig wie Bharata. In diesem Sinne ging es Schritt für Schritt bergab. Kuru war immer noch groß und das Herrschergeschlecht benannte sich nach Kuru. Es waren die Kauravas, die Nachkommen von Kuru.

Darunter gibt es zwei wichtige Brüder. Der ältere Dhritarashtra und der jüngere Panda waren dies. Normalerweise hätte Dhritarashtra die Königskrone erben sollen, aber er war blind. Weil es hier um die Essenz gehen sollen, werde ich die Geschichte, warum er blind ist, nicht erzählen. Dhritarashtra war blind und die Großen des Landes beschlossen, dass Pandu König werden sollte und das Königreich regieren. Pandu hatte fünf Söhne, die sich die Pandavas nannten. Einer von ihnen, der eine wichtige Rolle in der Bhagavad Gita spielt, ist Arjuna. Seine Brüder waren Yudhishthira, Bhima, Sahadeva und Nakula.

Pandu ist relativ früh gestorben. Die Pandavas waren noch minderjährig. Wer sollte jetzt das Königreich regieren? Es brauchte einen König. Die Großen des Landes einigten sich darauf, dass nun doch Dhritarashtra König werden sollte. Dhritarashtra, obgleich er blind war, wurde daraufhin zum König gekrönt. Dhritarashtra war nicht nur körperlich blind, was nicht ganz so tragisch gewesen wäre. Er war auch geistig blind. Er hat immer wieder seine Augen verschlossen, insbesondere vor den Un- und Missetaten seiner Söhne. Dhritarashtra hatte 101 Söhne mit einer einzigen Frau. Pandu hatte fünf Söhne mit drei Frauen.

Dhritarashtra hatte 101 Söhne. Warum es gerade 101 waren, ist eine faszinierende Geschichte, die hier aber nicht erzählt wird. Der älteste dieser 101 Söhne war Duryodhana, der Schreihals. Er war derjenige, der immer wieder laut etwas sagte. Kein allzu schöner Name für einen Sohn. Duryodhana wollte herrschen, wollte Macht und keinen anderen neben sich haben. Die anderen hundert Kauravas trauten sich neben Duryodhana nichts und wurden seine treuen Gefolgsleute. Jetzt gab es nur ein Problem. Dhritarashtra war der König. Wer sollte König werden nach Dhritarashtras Tod? Die meisten im Königreich dachten, dass müsste der älteste Sohn von Pandu werden, Yudhishthira, denn Pandu war der vorige König. Andere standen auf dem Standpunkt, Dhritarashtra ist der jetzige König, so sollte sein Sohn Duryodhana der König werden. Die Erbfolge war ungeklärt.

Duryodhana wollte nicht warten bis Dhritarashtra sterben würde und die Edlen des Landes es entscheiden würden. Er wollte sein Schicksal in seine Hand nehmen und versuchte mehrmals alle fünf Pandavas umzubringen. Von Jugend an gab es ein Attentat nach dem anderen, das Duryodhana selbst ausführte oder in Auftrag gab. Die Pandavas konnten all diesen Attentaten entgehen. Es wurden immer mehr.

Die Pandavas bemühten sich, das Gute und das Rechtmäßige zu tun. Sie lernten gut, waren freundlich zu ihren Mitmenschen und im Umgang mit anderen zuvorkommend. Sie setzten sich für die gute Sache ein.

Duryodhana und den Kauravas ging es um Macht, Vergnügen und um Wohlstand. Sie wollten etwas für sich haben.

Schließlich dachten die Großen des Landes, so kann es nicht weitergehen. „Es geht nicht, das die Kauravas die Pandavas ständig drangsalieren. Wir müssen eine Lösung finden.“ Yudhishthira sagte das auch und bot an, der Dhritarashtra solle weiter Oberkönig sein. „Wir könnten das Königreich in zwei Teile teilen. Duryodhana regiert die eine Hälfte, ich die andere Hälfte unter dem Oberkönig Dhritarashtra. So können wir es gut regeln.“ Die Großen des Landes stimmen zu und Duryodhana stimmte ebenso zu.

Duryodhana sagte, „aber ich darf mir aussuchen, welchen Teil ich regieren darf“. Yudhishthira, um des lieben Friedens willen, stimmte zu. Bis jetzt hatten sich die Pandavas gegen die Mordanschläge nie zur Wehr gesetzt. Sie hatten sich immer retten können, aber sie hatten nie gekämpft gegen die Kauravas. Sie haben sie nicht zur Anklage gebracht, sondern sie es einfach erduldet. Duryodhana suchte sich jetzt die fruchtbare und die bevölkerungsreiche Hälfte des Landes aus. Er wollte in Hastinapura, der Hauptstadt, regieren und Yudhishthira irgendwo im Dschungel und in Wüsten, wo wenig Menschen lebten.

Yudhishthira war ein sehr guter König, er war geschickter, wohlmeinender König. Er regierte gut und so kam die Hälfte des Königreiches, wo Yudhishthira regierte, zum Blühen. Die Menschen zogen dorthin, Land wurde urbar gemacht und Städte und Straßen entstanden. Yudhishthira baute Tempel und Krankenhäuser. Er förderte die Wissenschaften und brachte ein gutes Heer zustande.

Yudhishthira lebte in Frieden mit allen Nachbarn und andere erkannten ihn immer mehr als Oberherrscher an. Sie dachten, wenn Yudhishthira der Oberherrscher ist, dann hören die Kriege auf und wir können Frieden haben. Yudhishthira wurde schließlich von vielen Königen gebeten, er möge das Kaisertum annehmen. Dhritarashtra war noch da. Aber viele bedrängten Yudhishthira damit Frieden im ganzen Land herrscht, ein Kaiser über ganz Indien zu werden. Das war die damals bekannte Welt.

Yudhishthira stimmte schließlich zu und Duryodhana, dem das gar nicht behagte, wollte sich aber nicht gegen alle stemmen. Er erkannte Yudhishthira als Kaiser an. Jetzt schien alles groß und wunderbar.

Duryodhana rauchte vor Zorn und vor innerem Frust. Er dachte, jetzt ist Yudhishthira Herrscher über alles und ich bin sein Untergebener. Er war es nicht wirklich, aber irgendwo als Unterkönig. Natürlich war Dhritarashtra noch der Oberoberkönig über beide.

Duryodhana ersann eine List. Er wusste von einem „kleinen“ Laster, das Yudhishthira hatte. Er war ein Spieler. Man könnte sagen, er hatte eine Neigung zur Spielsucht. Yudhishthira wusste das und spielte deswegen gar nicht. Insbesondere das Würfelspiel hatte er als Kind und Jugendlicher geliebt. So forderte Duryodhana Yudhishthira zu einem Würfelspiel heraus. Yudhishthira musste kommen, denn wenn ein König einen anderen zu einem Spiel einlädt und der andere die Einladung ausschlägt, würde es zum Krieg kommen. Yudhishthira wollte keinen Krieg. Er hatte schon Jahrzehnte seines Lebens damit verbracht, verschiedenstes Unrecht über sich ergehen zu lassen.

Hier verkürze ich die Geschichte. Es gab zwei Würfelspiele. Beim zweiten Würfelspiel verlor Yudhishthira wieder und wieder. Yudhishthira hatte zwar Freude am Spiel, aber er war nur ein mäßig guter Spieler. Ein Onkel von Duryodhana war ein sehr geschickter Würfelspieler. Er war ein Falschspieler, der andere betrügen konnte. Er wusste wie er Würfel vor dem Wurf präparieren konnte. Yudhishthira verlor ein Spiel nach dem anderen. Zum Schluss hieß es, wer den letzten Wurf verliert, der muss zwölf Jahre ins Exil gehen mit all seinen Geschwistern. Im dreizehnten Jahr muss er inkognito bleiben, ohne erkannt zu werden. Nach dreizehn Jahren bekommt er seine Hälfte des Königreiches zurück.

Es kam wie es kommen musste, Yudhishthira verlor. Er und seine Brüder zusammen mit der gemeinsamen Frau, Draupadi, gingen zwölf Jahre lang ins Exil. Als spirituelle Menschen meditierten sie in dieser Zeit viel. Arjuna machte insbesondere viel Pranayama und Asanas. Er bekam verschiedene Pranas und Siddhis, alle möglichen Kräfte. Er hatte Visionen von Shiva. Im Exil im Dschungel verbrachten sie eine schöne Zeit. Spirituelle Menschen lieben es durchaus, keine Verantwortung mehr zu haben, wenn sie praktizieren und in der Natur sein können. Sie halfen dabei den Weisen im Wald und besuchten einige Ashrams. Im dreizehnten Jahr gelang es ihnen inkognito zu bleiben.

Nach dreizehn Jahren sandten die Pandavas Boten zu Duryodhana aus und sagten: „Wir haben die Bedingungen erfüllt und jetzt bitten wir darum, dass unser Königreich uns zurückgegeben wird.“

Duryodhana war die letzten dreizehn Jahre nicht untätig geblieben. Er hatte seine Macht gefestigt. Seine Vertrauensleute hatte er in das Königreich von Yudhishthira gegeben. Das gesamte Königreich hatte er unter seine Herrschaft gebracht. Alle Oppositionellen waren eingeschüchtert. Von den meisten Großen des Landes hatte er sich einen Vertrauenseid schwören lassen. Er lachte den Boten nur an und sagte: „Die Pandavas sollen im Wald bleiben. Ich behalte das Königreich!“ Die Pandavas schickten wieder einen Boten und sagten: „Wenn schon nicht das ganze Königreich, dann möchten wir wenigstens einen Teil!“. Duryodhana sagte: „Nichts gebe ich euch!“.

Die Pandavas wurden von Krishna besucht. Krishna war eine Inkarnation Gottes, eine Manifestation Gottes auf Erden und ein machtvoller König. Er war König der Yadava auf Dvaraka, einer großen Insel. Es heißt sogar, dass es sich um einen Kontinent, im Indischen Ozean vor dem heutigen Gujarat, handelte. Dort wollte Krishna in Frieden leben. Deswegen war er mit seinem gesamten Volk ausgewandert. Er wollte den idealen Gottesstaat errichten, einen Staat, wo Menschen alles hatten, was sie brauchten und in Frieden mit den anderen leben konnten.

Krishna war ein Freund von Arjuna, ein Freund der Pandavas. Ebenso war er ein Freund von Dhritarashtra und ein Vertrauter an seinem Königshof. Die Pandavas baten Krishna, als Bote an den Hof von Duryodhana zu gehen. Krishna ging dorthin, aber Duryodhana antwortete: „Wir geben ihnen nichts. Die Pandavas sollen im Wald bleiben!“ Krishna kam zurück. In der Zwischenzeit gab es viele rechtschaffene Menschen, die zu den Pandavas gingen. Nun überlegten die Pandavas: „Wollen wir den Frieden oder sollen wir für die gerechte Sache kämpfen?“ Jahrzehnte ihres Lebens hatten sie sich gegen die Missetaten von Duryodhana nicht zur Wehr gesetzt. Sollten sie jetzt wieder klein beigeben? Sie selbst hatten keine Wünsche. Für sie selbst spielte es keine Rolle, ob sie ein Königreich regierten oder nicht. Aber die anderen bedrängten sie und sagten: „Wir haben dreizehn Jahre Tyrannei erduldet. Es muss jemand aufstehen gegen diese Tyrannen!“ Schließlich entschieden sich die Pandavas, zu kämpfen. Viele kamen zu ihnen, um ihnen beizustehen. Viele kleinere Könige gingen mit ihren Truppen zu Yudhishthira und den Pandavas. Duryodhana hatte das viel größere Heer. Er war der Regierende dieses Königreichs. Er hatte die anderen fast gezwungen, seine Verbündeten zu sein.

Es gab ein kleines Heer von Yudhishthira und ein großes Heer von Duryodhana. Diese trafen sich auf dem sogenannten Kurukshetra. Kshetra heißt Feld. Kuru bedeutet die Nachfolger von Kuru. Es war ein Bereich, wo sich die Pandavas und die Kauravas treffen würden. Kurukshetra galt als heiliges Feld. Manchmal wird es als Dharmakshetra bezeichnet, als Feld der Rechtschaffenheit. Pandavas und Kauravas standen sich gegenüber und was jetzt weiter geschieht, ist das Thema der Bhagavad Gita.

Wie ist die Bhagavad Gita geschrieben?

Die Mahabharata hat verschiedene Erzählebenen. Und die Bhagavad Gita ist so geschrieben worden.

Dhritarashtra, der alte blinde König war in der Hauptstadt Hastinapura zurückgeblieben. Er hatte einen Ratgeber namens Sanjaya, der die Gabe der Fernsicht bekommen hatte. Er konnte sehen, was weit weg war. Sanjaya war im Palast und konnte mit seinem Auge der Intuition sehen, was auf Kurukshetra geschah. Dhritarashtra erfuhr durch Boten, dass auf Kurukshetra etwas Schlimmes passierte und wandte sich an Sanjaya.

Damit beginnt die Bhagavad Gita.

Erster Vers, erstes Kapitel, Bhagavad Gita

01-01 dhritarashtra uvaca dharma-kshetre kuru-kshetre samaveta yuyutsavah mamakah pandavas caiva kim akurvata sanjaya

Dhritarashtra sprach: Was taten mein Volk und die Söhne Pandus, nachdem sie sich zum Kampf bereit auf der heiligen Ebene von Kurukshetra versammelt hatten, oh Sanjaya?

01-02 sanjaya uvaca drishtva tu pandavanikam vyudham duryodhanas tada acaryam upasangamya raja vacanam abravit

Nachdem König Duryodhana die in Schlachtreihe aufgestellte Armee der Pandavas gesehen hatte, ging er zu seinem Lehrer und sagte:

01-03 pasyaitam pandu-putranam acarya mahatim camum vyudham drupada-putrena tava sisyena dhimata

Sieh, oh Lehrer! Diese gewaltige Armee der Söhne der Pandus, die der Sohn Drupadas, dein weiser Schüler in Schlachtordnung aufgestellt hat.

Dhritarashtra hat Sanjaya gefragt: Was ist passiert? Was ist geschehen zu Beginn dieser Schlacht? Sanjaya erzählte das Geschehen. Sanjaya sagte „Duryodhana schaute über das ganze Schlachtfeld. Er schaute die Reihen an, seine eigenen und die der Gegner.“

Duryodhana hatte letztlich wiederum Angst.

Im zehnten Vers sagt Duryodhana:

01-10: Unsere Armee, die von Bhishma befehligt wird, ist unzureichend, während die ihre, die Bhima führt, groß genug ist.

Das ist schon eine große Lektion. Ein Tyrann hat immer Angst. Selbst, wenn er die Macht hat. Duryodhana hat ein viel größeres Heer mit den größten Generälen. Die Pandavas waren dreizehn Jahre im Exil und verfügten über keine Erfahrung mehr im Umgang mit Waffen und Schlachten usw. Sie konnten gut meditieren und konnten sich gut an Gott wenden. Duryodhana mit seiner großen Armee war Schlacht erprobt. Er hatte die Zeit genutzt alle möglichen Könige zu unterwerfen. Duryodhana hat Angst. Denn letztlich weiß er, Dharma, das Recht, ist auf der Seite der anderen. So beschreibt es Sanjaya.

Was machte Duryodhana? Er schaute sich alles an. Er ging durch die Reihen. Er war nervös. Er sprach mit seinen Generälen.

Nun die Frage: Was machten die Pandavas?

01-14 Dann bliesen auch Krishna und Arjuna, die in ihrem mit weißen Rössern bespannten prächtigen Streitwagen saßen, in ihre göttlichen Muschelhörner.

Nun sind auch Krishna und Arjuna da. Was machte Krishna auf dem Schlachtfeld?

Krishna war ein König. Er hatte eigentlich gesagt, er wolle in die Streitigkeiten, die Kämpfe und die Kriege nicht involviert sein. Er will ein friedvolles Regime führen. Deshalb hat er mit seiner Yoga-Shakti einen ganzen Kontinent vor der Küste Indiens geschaffen und ist mit seinem Volksstamm, den Yadavas, dahin ausgewandert. Er wollte zeigen, friedvoll erblüht ein Königreich am besten. Nachdem der Kampf beginnen sollte, bat Arjuna den Krishna, „Bitte, steh mir doch bei!“

Krishna sagte: „Du kannst entweder meine Armee haben, die Yadavas, eine große Armee, die gut trainiert ist oder ich komme zu dir. Aber ich selbst werde nicht kämpfen“. Arjuna lächelte und sagte: „Ich will nur dich, denn da wo du bist, da wird auch Sieg sein. Ich will nicht deine Armee. Ich will nicht deine Waffen. Ich will nur dich.“

Auf eine gewisse Weise ist darin eine Grundfrage, die man immer wieder gestellt bekommt. Was willst du haben: Gott oder seine Armee? Immer wieder wirst du auf dem spirituellen Weg vor diese Frage gestellt. Willst du dich für Gott entscheiden oder für die Gaben Gottes? Manchmal musst du wählen. Diese eine Entscheidungsalternative führt dich vielleicht eher zu Gott, die andere gibt dir mehr Vergnügen und Reichtum, mehr Freunde und Anhänger usw. Das ist alles göttlich, aber es ist die Armee Gottes. Im Zweifelsfall solltest du dich für Gott entscheiden.

So machte es Arjuna. Krishna lachte und sagte: „Was willst du denn jetzt mit mir anfangen, ich werde nicht kämpfen?“ Arjuna sagte: „Wenn das in Ordnung für dich ist, dann seist du mein Wagenlenker. Wenn du mein Wagenlenker bist, dann bist du immer bei mir und dann kann mir nichts passieren.“ Krishna lächelte und sagte „Ich werde dein Wagenlenker sein“. Das zeigt, Gott kann sehr demütig sein. Arjuna war, man könnte sagen, ein Dahergelaufener. Ihm gehörte gar nichts. Selbst, wenn Yudhishthira gewinnen würde. Arjuna war nur ein Prinz. Krishna dagegen eine Inkarnation Gottes, Herrscher über Dvaraka, einem friedvollen Königreich – der großartigste seiner Zeit. Er wurde jetzt zum Wagenlenker von Arjuna, ein Kleiner im Verhältnis zum anderen. Für Krishna war das ganz in Ordnung.

Krishna und Arjuna bliesen ihr Muschelhorn und das hieß, jetzt war zum Beginn der Schlacht geblasen worden. So beschreibt es der Vyasa in den Worten von Sanjaya, was dort alles geschehen ist.

Vyasa ist der Autor der Mahabharata und er lässt Sanjaya dem Dhritarashtra alles erzählen.

01-20 Als nun Arjuna, der Sohn Pandus, dessen Zeichen Hanuman, der Affe war, die Leute aus der Partei Dhritarashtras so in Schlachtreihe aufgestellt sah und auch sah, wie die Waffen entsichert wurden, um zu beginnen, nahm er seinen Bogen und wandte sich mit den folgenden Worten an Krishna.

01-21/22 Arjuna sprach: Stelle meinen Wagen in die Mitte zwischen die beiden Armeen, oh Krishna, damit ich die sehe, die hier zum Kampfe bereit aufgestellt sind, und weiß, gegen wen ich zu kämpfen habe, wenn die Schlacht beginnen soll

01-23 Denn ich möchte sie genau sehen, die hier zum Kampf versammelt sind, und dem übelgesinnten Duryodhana (dem Sohn Dhritarashtras) in der Schlacht zu gefallen wünschen.

01-26 Da sah Arjuna, dass hier (in den Armeen) Väter und Großväter, Lehrer, Onkel, Brüder, Söhne, Enkel und auch Freunde aufgestellt waren.

01-27 Er sah Schwiegerväter und auch Freunde in beiden Armeen. Als der Sohn Kuntis, Arjuna, alle seine Angehörigen so aufgestellt sah, sprach er von großer Sorge und tiefem Mitleid erfüllt.

Krishna führte den Wagen auf einen kleinen Hügel. Arjuna schaute über das ganze Feld. Er sah, dass seine Gegner die Verwandten waren. Das Ganze war ein Bruderkampf, ein Kampf der Geschwister und ihm graute davor.

Auf eine gewisse Weise ist das eine wichtige Lektion im Leben des Menschen, wir sind alle Geschwister. Arjuna wusste es die ganze Zeit. Jetzt wurde es ihm bewusst. Wir sind alle auf diesem Planeten Kinder von Mutter Erde, Kinder Gottes. Wir sind alle Geschwister und wenn wir plötzlich erkennen, wir sind alle eins, dann ist die Frage wie können wir jetzt weiter vorgehen?

Im Fall von Arjuna, bedeutet dies: Die anderen mögen Schlechtes getan haben, aber sie sind trotzdem meine Verwandten. Soll ich mich jetzt wirklich gegen sie wenden?  

Arjuna sprach:

01-28 Arjuna sprach: Wenn ich diese meine Verwandten kampfbereit in Schlachtreihe aufgestellt sehe, oh Krishna,

01-29 Versagen meine Glieder, mein Mund wird trocken, mein Körper zittert, und mein Haar steht zu Berge.

01-32 Ich wünsche nicht den Sieg, oh Krishna, nicht das Königreich und auch nicht Freuden. Was nützt uns Herrschaft, oh Krishna, oder Freuden, oder selbst das Leben?

01-33 Die, für die wir Königreich, Freuden und Annehmlichkeiten wünschen, stehen hier, bereit zu kämpfen und Leben und Vermögen einzusetzen.

Arjuna braucht nichts. Er ist deshalb der ideale Schüler. Er lernt in den letzten dreizehn Jahren. Er muss nur meditieren und dann ist er glücklich. Er braucht ein bisschen was zu essen, das bekommt er im Wald. Er braucht keine besonderen Kleider und er braucht kein besonderes Zuhause. Er würde letztlich nur als Bruder von Yudhishthira, das Königreich mit regieren, damit es anderen gut geht. Aber diejenigen, für die er das Königreich übernehmen würde, die werden jetzt gleich kämpfen. Kampf heißt Krieg, Krieg heißt Tod. Tod will er nicht. So weiß Arjuna nicht, was er tun soll.

 

Im 46. Vers sagt Arjuna:

01-46 Es wäre für mich besser, die bewaffneten Söhne Dhritarashtras erschlügen mich im Kampfe, während ich unbewaffnet bleibe und keinen Widerstand leiste

01-47 Sanjaya sprach: nachdem Arjuna so in der Mitte des Schlachtfeldes gesprochen hatte, warf er Pfeil und Bogen von sich und setzte sich mit von Sorgen überwältigtem Geist im Streitwagen hin

Es ist eine ganz dramatische Situation, in der zwei Armeen gegeneinander aufgestellt sind. Sie wollten eigentlich schon aufeinander zugehen. Krishna und Arjuna stehen zwischen den beiden Armeen. Arjuna hat die Waffen weggeworfen. Beide Parteien schauen verwundert. Was machen die dort? Die Pandavas wollen nicht weiter gehen. Sie sind eine kleinere Armee. Nur, weil Arjuna so großartig ist. Außerdem hat er jetzt die Waffen von Shiva. Er hat Prana, verfügt über Energie und ist ein guter Bogenschütze. Sie haben überhaupt eine Chance. Ohne Arjuna sind sie verloren und gehen in das sichere Verderben. Sie gehen demnach nicht weiter.

Die Kauravas denken „Der Sieg ist unser! Arjuna wirft die Waffen hin! Jetzt haben die anderen keine Chance“. Sie gehen nicht weiter voran und hoffen, dass Arjuna weggeht. Sie fürchten, wenn sie jetzt nach vorne brechen, wird Arjuna vielleicht doch zu den Waffen greifen. Sie warten und hoffen darauf, dass Arjuna weggeht.

In dieser Situation fragt Arjuna Krishna.

Zweites Kapitel, vierter Vers.

02-04 Arjuna sprach: Oh Madhusudana, wie soll ich im Kampf Pfeile gegen die verehrungswürdigen Bhishma und Drona schicken?

02-05 Besser ist es in der Tat, in dieser Welt Almosen zu empfangen, als die Edelsten niederzustrecken. Töte ich sie aber, wird schon in dieser Welt all meine Freude am Besitz und an der Erfüllung meiner Wünsche mit ihrem Blut befleckt sein.

02-07 Mein Herz ist vom Makel des Mitleids überwältigt; mein Geist verwirrt hinsichtlich meiner Pflicht. Ich bitte Dich: Sage Du mir klar, was für mich richtig ist. Ich bin Dein Schüler. Lehre mich, da ich bei dir Zuflucht gesucht habe.

02-08 Ich sehe nicht, dass es diese Sorge, die meine Sinne verbrennt, beseitigen würde, auch nicht, wenn ich blühende und unangefochtene Macht über die Erde und Herrschaft über die Götter erlange

Jetzt beginnt die eigentlich Bhagavad Gita. Man sagt, Arjuna hat seine Frage gestellt. Man sagt manchmal, Arjuna ist der ideale Schüler. Damit man einen Lehrer bekommt, braucht es einen Schüler. Manchmal entsteht die Frage: Wie finde ich einen Guru? Du findest einen Guru, indem du ein Schüler bist. Arjuna hat schon ein gewisses Alter. Schon einmal ist er zu einem Lehrer in die Lehre gegangen. Viele Jahrzehnte hat er spirituelle Praktiken gemacht. Man könnte sagen, für einen idealen Schüler ist das erste Kriterium: Arjuna hat schon gelernt über Yoga, er hat schon intensiv praktiziert. Er hat erstens gelernt. Zweitens hat er praktiziert. Drittens hat er sich bemüht, ein rechtschaffenes Leben zu führen.

Er hat sich immer bemüht, das Richtige zu tun. Er hat an sich gearbeitet und schon Visionen Gottes gehabt. Shiva ist ihm erschienen.

Viertes Kriterium ist, er ist bereit alles aufzugeben. Er hängt an nichts. Er hat schon das Luxusleben im Königreich geführt. Er hat alles aufgegeben und lebte als Bettler im Wald. Öfters hat er gehungert, weil es nichts zu essen gab. Öfters hat er im Monsun draußen geschlafen, aufgeweicht und nass. Es hat ihm nichts ausgemacht. Er ist wunschlos. Er will für sich nichts, volles Vairagya ist vorhanden.

Fünftes Kriterium von Arjuna als idealer Schüler ist, er ist in einer verzweifelten Situation. Er weiß nicht weiter. Nur wenn du nicht weiter weißt, brauchst du einen Guru. Dann brauchst du wirklich einen Guru. Arjuna ist in dieser Situation, es ist eine ethisch unlösbare Situation: Kämpft er, dann gibt es Blutvergießen. Kämpft er nicht, gibt es auch Blutvergießen. Denn wenn er nicht kämpft, werden die Kauravas sicher gewinnen. Dann gibt es weniger Blutvergießen, weil schnell alle Pandavas getötet werden. Wenn er aber kämpft, werden in beiden Parteien viele sterben. Was soll er tun? Man könnte sagen, ein weiteres Kriterium ist, er hat seit vielen Jahren versucht, im Frieden zu leben. Oft gab es Anschläge. Um des Friedens willen, haben die Pandavas nichts dagegen getan. Jetzt hatten sie sich nach dem Konsultieren von vielen, auch von Krishna, doch überlegt zu kämpfen.

Aber Arjuna weiß, es sind alle seine Geschwister, auch die Bösen. Es gibt nicht wirklich gut und böse. Das Ego würde sagen, wir sind die Guten, die andern sind die Bösen. Das ist weggeblasen. Objektiv gesehen sind die anderen die Bösen. Die auf der eigenen Seite sind die Guten. Aber eigentlich ist es so: Alle Wesen sind Geschwister. Was soll er jetzt tun?

Es gibt keine gute Lösung. In dieser Situation wendet er sich an Gott, er wendet sich an Krishna. Jetzt kann Krishna lehren. Das Interessante ist, jetzt ist sein Lehrer sein Freund. Krishna ist der Freund von Arjuna. Die beiden kennen sich seit Jahrzehnten. Aber erst jetzt wird Krishna der Lehrer von Arjuna. Wo Arjuna nicht weiter weiß und sich ganz an Krishna wendet, kann Krishna sprechen.

Eine Frage, die oft im Kontext der Bhagavad Gita gestellt wird: „Gibt es einen gerechten Krieg?“ Es ist keine einfach zu beantwortende Frage. Die Bhagavad Gita beantwortet sie in ihrem Schluss, wo Krishna Arjuna in siebzehn Kapiteln Ratschläge gibt. Er spricht zu ihm über das Selbst und das Nichtselbst, über die Gunas, über ethisches Leben, rechtschaffenes Leben. Er spricht mit ihm über Karma Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Jnana Yoga. Er spricht über Swarupa und Swadharma. Er spricht alle Aspekte des spirituellen Lebens an, auch wie man meditiert. Eigentlich verrückte Situation. Es dauert mehrere Stunden, alle warten. Krishna unterweist Arjuna. Zum Schluss sagt Krishna dem Arjuna: „Jetzt tue, wie du es spürst, was richtig ist“.

Arjuna weiß, ohne dass Krishna ihm zum Schluss noch rät, es ist richtig zu kämpfen. Sie kämpfen. Es gibt ein furchtbares Gemetzel. Die Pandavas gewinnen.

Die Pandavas regieren das gesamte Königreich. Nachdem sie die Regierung eingesetzt haben und das Land wieder gut regiert ist, verlassen diese fünf wieder das Königreich, ziehen in die Einöde und meditieren. Ihnen ging es nicht um das Königreich. Sie wollten dem Guten und Rechtschaffenen zum Sieg verhelfen, das Gute wieder einsetzen.

Auf eine gewisse Weise würden wir heute sagen, schöner wäre es gewesen, sie hätten eine neue Art von gewaltfreiem Widerstand gefunden und Duryodhana wäre auf diese Weise abgesetzt worden. Es hätte eine Palastrevolution gegeben, blutlos, und alles wäre gut ausgegangen. Leider ist es nicht gewesen. So wäre es ein liebes Ende gewesen.

Öfters gibt es diese Frage: War es richtig, dass die Alliierten im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler-Deutschland in den Krieg gezogen sind? War es aufseiten der Amerikaner richtig, hätte man Hitler gewähren lassen sollen? Wenn er alle versklavt hätte, wäre irgendwann die Herrschaft zusammengebrochen? Die Amerikaner, die Engländer u. v. a. haben sich entschlossen. Sie wollten kämpfen. Hitler hatte Churchill Friedensangebote unterbreitet. Der hätte sagen können, warum sollen wir weiter kämpfen? England kann weiter regieren. Vermutlich war es richtig, dass Churchill weiter gekämpft hat, dass die Amerikaner in den Krieg gezogen sind und das nicht Hitler freie Bahn bekommen hat, bis er Russland, die Sowjetunion, ganz Eurasien unterworfen hätte und sein Terrorregime versucht hätte, dauerhaft zu machen. Es gibt immer wieder diese Frage.

Man soll die Frage nach dem gerechten Krieg nicht zu frühzeitig stellen. Dabei kann man aus der Mahabharata lernen. Die Kauravas haben über Jahrzehnte probiert, Krieg zu verhindern. Sie haben über Jahrzehnte Unrecht gewähren lassen im Sinne von keine Waffengewalt, zwar protestieren sie, Boten und Vermittler wurden geschickt, Mediatoren gesandt und dies erfolgte immer wieder. Irgendwann ging es nicht mehr. Nach Jahrzehnten der Versuche, haben sie sich entschlossen zu kämpfen.

Die Bhagavad Gita hat nicht nur dieses zum Thema, sonst würde man sagen, was hat das mit uns zu tun? Wir leben im, ich hoffe auch langfristig, friedvollen Mitteleuropa. Wir stehen nicht vor dieser Frage. Manchmal steht die UNO vor solchen Fragen in der Welt.

Vor allen Dingen ist auch manchmal die Frage, soll ich mich bemühen? Soll ich mich einsetzen? Soll ich Widerstand leisten oder soll ich es nicht tun? Nicht mit Waffen, solange es einen Staat mit einer Rechtsordnung gibt, wenn es nicht immer gerecht ist und ihre Probleme hat. Man kann trotzdem überlegen, soll ich mich einsetzen? Soll ich den Mund aufmachen? Soll ich mich für die gute Sache einsetzen? Soll ich mich für Tierrechte einsetzen? Soll ich mich für Veganismus einsetzen? Soll ich mich einsetzen für Ökologie? Soll ich mich dafür einsetzen, dass Bäume gut behandelt werden? Immer wieder kommen Fragen. Soll ich es selbst dann machen, wenn ich andere Menschen innerlich verletze? Es ist manchmal gut, im Sinne von übergeordneten Sachen auf kleine Dinge zu verzichten. Keine einfachen Fragen. Die Pandavas,haben aus gutem Grund über Jahrzehnte alles Mögliche probiert.

In diesem Sinne ist die Bhagavad Gita eine Entscheidungshilfe. Man könnte sagen die Bhagavad Gita ist ein Lehrgespräch. Arjuna stellt eine Frage. Er weiß nicht weiter. Krishna antwortet ihm. Er gibt ihm Kriterien, anhand derer er selbst entscheiden kann, was zu tun ist. Diese Antwort von Krishna und die Kriterien, die er dem Arjuna gibt, sind letztlich die gleichen Kriterien, anhand derer auch wir Entscheidungen treffen können. Krishna sagte dem Arjuna um Schluss: „Jetzt entscheide selbst!“. In der Mehrheit der Situationen, in denen man einen großen Lehrer fragt, was man tun soll, geben die Lehrer Kriterien und sagen; „Jetzt entscheidest du selber!“. Dann kommt die Intuition.

Manchmal stellen Menschen die Frage, warum spielt die Bhagavad Gita auf dem Schlachtfeld, eine Situation, die spirituellen Menschen unsympathisch ist. Sie möchten gerne alles friedvoll haben. Wir könnten vielleicht sagen: „Ja, damit wir keine Ausrede haben“.

Manchmal sagen Menschen, wenn ich Ratschläge gebe, „du hast gut reden, du lebst in einem Ashram. Dort  ist es immer alles friedvoll. Menschen gehen sehr freundlich miteinander um. Da gibt es keine Konflikte. Woher weißt du wie es im wahren Leben zugeht?“

Mein Kameramann lächelt mir gerade zu. In einem Haufen von Idealisten wie in einem Ashram, gibt es natürlich Konflikte. Nicht solche Konflikte wie der Krieg zwischen Pandavas und Kauravas. Es treten andere Konflikte in Erscheinung.

Die Antwort ist in jedem Fall „Krishna hat Arjuna in der extremsten menschlichen Situation spirituelles Leben erläutert, und zwar deshalb, damit wir wissen, spirituelle Prinzipien sind in jeder Situation anwendbar. Es ist nicht so, dass man sagt, nur wenn die Arbeit getan ist, alles in Ordnung ist, ich meine Ruhe habe, jetzt kann Spiritualität sein“.

Nein, in jedem Moment, auch in der extremsten menschlichen Situation, sind spirituelle Prinzipien anwendbar. Jeder Moment des Lebens ist ein spiritueller Moment. Jeder Konflikt ist von einem spirituellen Gesichtspunkt aus zu sehen. Dein ganzes Leben, Berufsleben, Familienleben, Hobbyleben, Engagement, Einsatz für die gute Sache, alles solltest du betrachten unter einem spirituellen Aspekt. Wie ein Leben spirituell gelebt werden kann, darum geht es in der Bhagavad Gita. Darüber werde ich die nächsten Male sprechen und aus der Bhagavad Gita rezitieren und zitieren.

Ich will noch einen Vers aus der Bhagavad Gita lesen, die Antwort von Krishna im zwölften Vers, zweites Kapitel:

02-12 na tv evaham jatu nasam na tvam neme janadhipah na caiva na bhavisyamah sarve vayam atah param

Was das bedeutet, darüber werde ich dir beim nächsten Mal erzählen.

Das war Einführung in die Bhagavad Gita, Hintergrundgeschichte der Bhagavad Gita, Hintergrundgeschichte des Lebens.

Mehr zur Bhagavad Gita findest du in dem Kommentar zur Bhagavad Gita. Es gibt viele große Kommentare. Ich habe einen Kommentar geschrieben, wo ich versucht habe, die Bhagavad Gita so zu erläutern, das Menschen in einem westlichen Kontext viele Tipps bekommen, ihr Leben zu spiritualisieren.

Es gibt von Swami Sivananda eine wunderschöne Bhagavad Gita, die von einem sehr hohen Standpunkt aus geschrieben ist, dem Vedanta-Standpunkt. Swami Sivananda ermahnt immer wieder: „Löse dich von allem Beschränkten. Tue deine Aufgaben. Sieh Gott in allem.“

Wir haben bei Yoga Vidya auch Bhagavad Gita-Seminare und Bhagavad Gita-Weiterbildungen. Auf unseren Internetseiten gibt es den gesamten Text der Bhagavad Gita mit der Wort-für-Wort-Übersetzung, Sanskrit, Devanagari und Umschrift, Rezitation und umfangreiche Vorträge, Video-Vorträge, Audiovorträge. Jeder einzelne Kommentar ist kommentiert von Swami Sivananda, verschiedene Kommentare von mir und anderen. So kannst du sehr tief in die Bhagavad Gita einsteigen.

Alles zu finden auf www.yoga-vidya.de.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS115 Jivanmukta, der lebendig Befreite

Jivanmukta  bedeutet „der lebendig Befreite“. Was heißt Befreiung? Wie wirst du sein, wenn du die Befreiung erreicht hast? Wie lebt ein lebendig Befreiter? Wie wirst du leben, wenn du die Erleuchtung erlangt hast?

Diese Fragestellungen werden folgend betrachtet.

Aus Swami Sivanandas Buch „Inspiration und Weisheit

Swami Sivananda schreibt im Kapitel über Jivanmukta folgendes: „Ein Jivanmukta ist ein befreiter Weiser. Er hat zu Lebzeiten Verwirklichung erreicht. Er lebt in der Welt, aber er ist nicht von der Welt. Er weilt immer in der ewigen Wonne des Höchsten Selbst. Er ist Ishvara selbst.“

Jivanmuktas leben ohne Ego, zumindest ohne Eigensucht. Sie leben also ohne etwas für sich haben zu wollen. Sie leben im Einklang mit dem Unendlichen, in dem Wissen, selbst das Unendliche zu sein. Sie wirken durch einen konkreten Körper. Ein Jivanmukta hat Nirvikalpa Samadhi erreicht. Er hat Atma Jnana, die Erkenntnis des wahren Selbst erlangt, trotz des verbliebenen Karmas.

Ähnlich wie in einem luziden Traum, wo der Träumende weiß, dass er das Bewusstsein hinter diesem Traum ist, gibt es in dem Traum eine konkrete Gestalt, durch die er handelt und wahrnimmt. Ein Jivanmukta kann jederzeit seine Einheit mit Allem in Samadhi erfahren. Danach kann er in den Körper zurückkehren und handeln.

Der Jivanmukta ist voll erblühter Jnani, mit reinem Mitgefühl, Liebe und Barmherzigkeit. Er ist voller außerordentlicher Liebenswürdigkeit und verborgener Kraft und Stärke. Liebe und Glanz scheinen durch seine strahlenden Augen.

Um einen Jivanmukta zu erkennen, musst du selbst ein Jivanmukta sein. Trotzdem gibt es ein paar erkennbare Kennzeichen. Die Liebenswürdigkeit ist stark und man kann sie spüren. Ein Jivanmukta ist ein befreiter Weiser. Als Jivanmukta verschwinden alle Unterschiede. Es gibt kein „weiblich“ und kein „männlich“ mehr. In seiner Gegenwart spürt man Kraft und Stärke. In den Augen strahlen Liebe und Glanz. Wenn man ein Foto von Swami Sivananda anschaut, spürt man diese Liebe und Freude. Der oder die Jivanmukta hat nicht die mindestens selbstsüchtigen Interessen. Er oder sie ist frei von Sorgen, Schwierigkeiten, Probleme, Leid, Kummer und Ängste. Wenn sich Schmerz in seinem Körper zeigt, krümmt sich der Geist niemals unter diesen Gegensätzen. Der Jivanmukta hat weiterhin einen Körper und kann Schmerzen wahrnehmen. Er oder sie kann sich jedoch davon lösen. Für ein Jivanmukta hat Schmerz keine Bedeutung. Die wahre Größe eines verwirklichten Yogis kann nicht beschrieben werden. Die Augen sind heiter und fest, die Handlungen vollkommen heilig. Die Sprache ist süß und knapp, inspirierend und beeindruckend. Seine Haltung ist hochherzig, berührend, reinigend. Der Blick ist barmherzig und die Gesten sind erleuchtend. Der Jivanmukta ist allwissend, hat intuitives transzendentales Wissen und klare Einsicht in den Herzen aller Dinge und Wesen. In der Gegenwart eines Jivanmuktas erfährt man ein tiefes Gefühl von Frieden und Harmonie. Es ist inspirierend.

Es gibt einige Biografien von großen Jivanmuktas, die sich zu lesen lohnen. Das sind zum Beispiel Biografien von Swami Sivananda, Anandamayi Ma, Ramana Maharshi und vielen anderen. Wenn man diese Biografien liest, kann man sie als Vorbilder betrachten, die uns helfen, auch so zu sein. Die Beschäftigung mit Jivanmuktas ist einerseits inspirierend, andererseits kann man sich selbst fragen: Wie würde ich als Jivanmukta handeln? Oder man überlegt: Wie würde Sivananda in dieser Situation handeln? Ein Jivanmukta zu sein ist ein ehrenwertes Ziel. Langfristig gesehen wird ein Mensch die Erleuchtung erlangen. Sich in die Gedanken, Handlungen und Entscheidungen eines Jivanmuktas hinein zu versetzen, ist ein weiterer Schritt.

  

Kennzeichen des Jivanmukta

Der Jivanmukta ist vollkommen frei von Ichdenken, Zweifel, Ängsten und Kummer. Diese vier Kennzeichen zeigen, dass ein Mensch Vollkommenheit erlangt hat. Frei von Ichdenken heißt, er kann nicht mehr gekränkt werden. Wenn er beschimpft wird oder wenn schlecht über ihn oder sie gesprochen wird, stört es ihn nicht. Er will nichts Besonderes für sich haben und nicht besser sein als andere. Daher hat er keine Angst vor dem Tod und kein Ichdenken, denn das Selbst ist unendlich und ewig. Der Körper und die Psyche sind begrenzt und gehören ihm nicht, sondern sie sind Handlungswerkzeuge. Ähnlich wie die Rolle eines Schauspielers, der Raumanzug bzw. Kostüm eines Schauspielers verhält es sich mit einem Jivanmukta. Für ein Jivanmukta ist alles klar, daher ist er frei von Zweifel. Er ist frei von Furcht, denn es besteht keine Notwendigkeit, Angst vor etwas zu haben. Er ist frei von Kummer, denn er hat Ananda vollkommen verwirklicht.


Das Doppelbewusstsein eines Jivanmukta

Swami Sivananda spricht über das Doppelbewusstsein eines Jivanmukta. Samadhi ist die Erfahrung der unendlichen Einheit (Brahman). Kommt ein Jivanmukta aus Samadhi, hat er oder sie ein Doppelbewusstsein. Er nimmt das Universum so wahr, wie andere auch. Auf einer anderen Ebene weiß ein Jivanmukta, dass alles Eins ist. Jivanmukta kann andere sehen, hören, riechen und mit anderen Mitgefühl haben. In der Tiefe seines Seins weiß er: Tat Twam Asi: Du bist Eins mit mir. Doppelbewusstsein heißt, gleichzeitig die Welt zusehen wie andere und zugleich die Einheit sehen und erfahren.

Samadhi Jnani und Vyavahara Jnani

Die Lebensweisen von Jivanmuktas und Weisen sind nicht immer gleich. Ein Jivanmukta kann fürstlich leben, wie Bhagiratha, ein indischer König. Ein Weiser kann wie ein Bettler leben. Andere wiederum sind in Meditation versunken. Sie verrichten kaum Aktivitäten und leben zurückgezogen. Jadabharata lebte auf diese Weise. Andere leben in hektischen überbevölkerten Städten, stürzen sich in den Dienst, sprechen mit Menschen, halten Vorträge, geben spirituellen Unterricht und schreiben Vorträge. Shankara lebte diesen Stil. Die Lebensweise hängt von Prarabdha, vom jeweiligen Karma ab. Jeder Jivanmukta, jede Jivanmukta hat unterschiedliches Prarabdha. Demnach gibt es ganz unterschiedliche Jivanmuktas.

Ein Vyavahara Jivanmukta lebt in der Welt, handelt und hat Aktivitäten. Ein Samadhi Jnani ist derjenige, der sich zurückzieht von Allem. Sein normales Karma ist ausgearbeitet, deshalb verbringt er den größten Teil der Zeit in Samadhi. Er lebt in Klöstern oder in einer Höhle. Jivanmuktas zu beurteilen ist nicht einfach. Sie können unterschiedliche Charaktere haben. Swami Sivananda war stets im Gleichgewicht und versprühte ständig uneigennützige Liebe.  Es gibt Jivanmuktas, die sehr subtil, edel sind und fast schweben. Swami Chidananda war ein solcher Jivanmukta. Swami Krishnananda war in seiner Art burschikos. Anandamayi Ma strahlte unendliche mütterliche Liebe aus. In ihrer Gegenwart fühlte man sich vollständig aufgehoben. Es gibt die unterschiedlichsten Verwirklichten. Ein Vyavahara Jnani kann ein Lehrer, Verkäufer oder eine Krankenschwester sein. Jede ethische Berufsgruppe kann ein Jnani ausrichten, der das Höchste verwirklicht hat.

Glücklicherweise gibt es selbstverwirklichte Meister und Meisterinnen, die in großem Stil lehrten wie Swami Sivananda, Anandamayi Ma, oder Swami Vivekananda. Diese Meister hatten vor ihrer Verwirklichung die tiefe Inspiration, vielen Menschen zur Verwirklichung zu helfen. Sie hatten nach ihrer Verwirklichung dieses Karma. Unterschiedliches Karma führt zu unterschiedlichen Lebensweisen. Man kann sich selbst diese Frage stellen: Angenommen ich hätte die Befreiung erreicht, wie wäre ich? Wie würde ich leben? Diese Fragen sind rein hypothetisch. Indem man über sie nachdenkt, gewinnt die Frage an Attraktion. Gedanken haben Anziehungskraft. Wenn man ständig darüber nachdenkt, was alles schiefgeht, ist der Geist damit gefüllt. Wenn man ständig über die eigenen Schwächen nachdenkt, ist der Geist damit befüllt. Es ist manchmal gut darüber nachzudenken, was danebengehen kann, um vorbereitet zu sein. Manchmal ist es gut darüber nachzudenken, was man für Schwächen hat, um daran arbeiten zu können. Noch wichtiger ist es darüber zu meditieren: Wer werde ich als Jivanmukta sein? Wie werde ich als Jivanmukta sein? Vielleicht magst du jetzt darüber einige Momente nachdenken oder meditieren.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS114 Samadhi

Samadhi ist Überbewusstheit und eine Bewusstseinserweiterungserfahrung. Samadhi bedeutet, das Individuum erfährt sich als Eins mit dem Göttlichen. Samadhi führt zu Moksha, zur Befreiung.

Aus Sivanandas Buch „Inspiration und Weisheit

Samadhi, Vereinigung, Ekstase, ist ein Einssein mit Gott. Samadhi ist eine überbewusste Erfahrung, die Verwirklichung des Selbst. Samadhi ist eine wonnevolle Vereinigung. Das Selbst geht im Ewigen, im Atman auf. Wie Salz im Wasser oder Kampfer in der Flamme geschieht dies. Es ist ein Zustand reinen Bewusstseins. Samadhi verankert dich im Atman. Durch Samadhi wird das begrenzte Selbst im grenzenlosen absoluten Bewusstsein aufgenommen. Samadhi ist das Einssein von Jivatman (individuelle Seele) und Paramatman (Höchste Seele). Die in Samadhi erreichte Erkenntnis ist unendliche Erkenntnis. Sie ist übersinnlich und intuitiv. Vernunft, Schlussfolgerungen und Beweise können nicht hingelangen.

Samadhi ist innere göttliche Erfahrung jenseits von Worten und Ausdrucksmittel. Es ist paradox, zu versuchen von etwas zu sprechen, das nicht zu erläutern ist. Über Worte kann die Sehnsucht erweckt werden und die Seele angesprochen werden. Ziel des Yogas ist es, in diesem Leben Samadhi zu erreichen. In Samadhi ist Erkenntnis des Selbst und die Verwirklichung des Selbst. Samadhi ist kein abstrakter Zustand, sondern reine Freude. Es ist die Erfahrung von Wonne und höchstem Wissen. Samadhi führt zu Moksha, zu Befreiung. Es gibt Zwischenstadien von Samadhi. Aus Samadhi entsteht ein dauerhaftes Jnana. Nach dem Zurückkehren ist das Alltagsbewusstsein. Es bleibt etwas von diesem Wissen erhalten.

Swami Sivananda schreibt, in Samadhi gibt es weder Meditation noch den Meditierenden. Beide werden eins und identisch. Der Meditierende hat seine Persönlichkeit im Ozean Gottes aufgelöst. Er selbst wird einfach zum Werkzeug Gottes. Wenn er aus der Meditation kommt und sein Mund auftut, spricht er mühelos und ohne zu überlegen durch direkte Intuition.

Die vierte Dimension

Der Samadhi Zustand ist weder Wachen noch Träumen. Es sind keine Sankalpas (Wünsche) und keine Gedanken da. Samadhi ist kein Schlaf. In Samadhi gibt kein Bewusstsein, sondern reines Bewusstsein. Samadhi ist die vierte Dimension in der die unendliche Wonne Brahman herrscht.

Samadhi schenkt Moksha, Befreiung und Erlösen. Es ist der Gipfel und der Höhepunkt von Yoga. Mit dem Erlangen von Selbsterkenntnis verschwindet die Unwissenheit. Mit dem Verschwinden von Unwissenheit verschwinden zudem das Ichdenken und Identifikation usw. Nur durch Samadhi kann das Unerkannte erkannt, das Ungesehene gesehen und das Unerreichbare erreicht werden. Ein Mensch der aus Samadhi zurückkommt, kann genauso leben und sich bewegen wie vorher. Es mag keine auffälligen Veränderungen in seinem Leben geben. Aber sein Bewusstsein hat sich grundlegend verändert. Er ist vollständig anders als vorher in der Tiefe seines Wesens.

Zum Schluss folgen einige Worte von Swami Sivananda. Diese können gerne als Anlass genutzt werden, um in die Meditation zu fallen.

Kontempliere über Atman, das höchste Selbst. Erfülle dein Geist mit Atman. Identifiziere dich selbst mit Brahman. Denke, du bist Brahman. Du wirst Brahman erfahren. Schweige. Erkenne dich Selbst. Lass den Geist im Unendlichen aufgehen. Diese Wahrheit ist einfach und schlicht. Erfahre sie.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS113 Abstrakte Meditationstechniken

Welche abstrakten Meditationstechniken gibt es?

Wie funktionieren sie?

Wie wirken sie?

Abstrakte Meditationstechniken sind Techniken aus dem Jnana Yoga und aus dem Vedanta. Es geht darum, sich von Identifikationen zu lösen und zu erfahren, wer du wirklich bist. Im Vedanta heißt es: „Frag, wer bin ich, erkenn dein Selbst und sei frei.“ Um das zu machen, reicht nicht bloßes Nachsinnen darüber, sondern Meditation ist der Weg. In tiefer Meditation kommt man zu Atman Jnana, Erkenntnis des Selbst und zu Brahman Jnana, Erkenntnis von Brahman.

Insbesondere diese vier verschiedene Meditationstechniken: Sakshi Bhava (die Beobachtungsmeditation), Vichara (die Selbstbefragungs-, die Untersuchungsmeditation), Vakya (Meditation über Aussprüche aus den Upanishaden oder von großen Meistern), Abheda Bodha Vakya (das Auflösen von Bildern und Worten) werden im Folgenden erläutert.

Sakshi Bhava

Sakshi Bhava, die Beobachtungsmeditation, entspricht im Buddhismus der Vipassana Meditation, sie entspricht auch der modernen Achtsamkeitsmeditation, die im Jahr 2000 immer populärer geworden ist.

Bhava heißt Einstellung, Gefühl oder inneres Wesen und Sakshi bedeutet Beobachter oder Zeuge. Durch Beobachtung lernt man sich zu lösen mit der Identifikation. Eine Technik, die bei Yoga Vidya gerne geübt wird, ist die Benennungsmeditation. D. h. man benennt beschreibend Erfahrungen mit dem Ziel, sich davon zu lösen. Statt zu sagen „mir tut die Schulter weh“ sagt man „Schmerz in der Schulter oder Empfindung in der linken Schulter“. Statt zu sagen „ich bin total unruhig“ kann man sagen „Empfindung zwischen Kehle und Nabel“. Statt zu denken „was soll das Ganze“ sagt man innerlich „Wortgedanke“. Indem du klassifizierend oder lokalisierend die Erfahrung beschreibst, löst du dich aus der Identifikation. Der nächste Schritt wäre sich selbst als Sakshi, ein Zeuge und Bewusstsein zu erfahren. Es gibt weitere Arten von Sakshi Bhava wie Bodyscan, hier kann man den Körper von unten nach oben spüren. Sakshi Bhav ist eine Einstellung in den Asanas, um zu spüren, was zu beobachten und erfahrbar ist. Man kann reine Achtsamkeit praktizieren, indem man neugierig sitzt und beobachtet was man erfährt. Hier löst man sich ebenfalls auch dem Erfahrbaren, um schließlich zum Beobachter zu werden.

Vichara

Vichara, die Untersuchungsmeditation, stellt Fragen und analysiert sie. Typischerweise folgt der Meditierende eine bestimmte Methodologie. Zum Beispiel könnte er in der Meditation fragen: Wer bin ich? Daraufhin stellt er eine Objekt-Subjekt-Beziehung dar: „Ich bin nicht das Beobachtete, sondern ich bin der Beobachter“, „Hier ist der Körper, ich bin nicht der Körper, aber ich identifiziere mich mit dem Körper“. Der Aspirant weiß, dass durch Identifikationen mit Körper und Geist Leid entsteht. Er übt sich im Vichara und sagt sich „ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Psyche, usw.“ Andere Fragen die gestellt werden können, sind zum Beispiel,: Was ist Glück? Was ist die Welt? Was ist Bewusstsein? Was ist der Sinn des Lebens?

Vakya

Vak heißt Sprache oder das Gesagte. Im Wesentlichen ist das ein Nachdenken über ein Begriff oder einen Satz in den Upanishaden. Es kann ein anderes Werk wie, die Vedanta oder ein Werk von großen Meistern sein. Zum Beispiel kann über die Maha Vakyas meditiert werden („Ich bin Brahman“, „Du bist das“ oder „Meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit“). Normalerweise erfolgt Vakya in verschieden Schritte. Zuerst hört jemand ein Vortrag, danach denk er darüber nach. Dann betritt er den Raum des reinen Bewusstseins, in dem die Bedeutung der Vakyas erfahrbar ist und verwirklicht wird. Moksha, die Befreiung, ist das Ziel.

Abheda Bodha Vakya

Abheda heißt hier Auflösen oder Aufspalten. Man trennt und löst sich von Bodha (Bildern) und Vakya (Wörter). Diese Technik löst bewusst Wörter und Bilder auf. Danach wird reines Bewusstsein erfahrbar. Tauchen Bilder auf, eliminiert man diese im Geist.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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YVS112 Vedanta-Philosophie

Zusammenfassung der wichtigsten philosophischen und spirituellen Prinzipien von Vedanta.

Brahman – das Absolute

Im Vedanta gibt es nur eine höhere Wirklichkeit. Brahman allein ist wirklich. Bewusstsein ist Brahman. Dieses Bewusstsein ist jenseits von Zeit und Raum. Es war immer schon da, ist und wird immer sein. Deshalb ist es reines, unbegrenztes Sein. Dieses Brahman (Chit) ist nicht nur einfach da, sondern bewusst. Es ist nicht Bewusstsein von etwas, sondern Bewusstsein an sich. Dieses Bewusstsein (Ananda) ist Freude, kein abstraktes Bewusstsein, sondern unendliche Glückseligkeit.

Maya

Maya (Täuschung, Illusion) entsteht aus Brahman. Täuschung und Brahman sind nichts anderes. Brahman produziert aus sich selbst eine Täuschung.

Jagad

Jagad ist das manifeste Universum. Das manifeste Universum ist kein festes existierendes Universum. Es ist immer Maya (Täuschung). Ähnlich wie ein Traum.

Ishwara

Die Intelligenz, die sich hinter dem Universum manifestiert, ist Ishvara (der persönliche Gott). Das soll heißen, die Welt ist nicht einfach nur ein sinnloser Traum, sondern sie scheint nach Prinzipien zu funktionieren. Ishwara ist Brahma, Vishnu, Shiva – Schöpfer, Erhalter und Zerstörer. Ishwara hat sowohl männliche als auch weibliche Attribute. Sie ist in der Polarität. Ishwara ist das Bewusstsein hinter Jagad, der ganzen Welt. Ähnlich wie der Träumende das Bewusstsein hinter dem Traum ist.

Atman

Atman, das Selbst. Atman ist unendliches Selbst, reine Freude.

Upadhi

Upadhi ist das begrenzende Attribut. Man könnte sagen, die Körper oder Hüllen (Shariras/Koshas). Upadhi sind Teile von Jagad, entstanden aus der Identifikation mit ihnen.

Jiva

Jiva, das Individuum, hat Sehnsucht danach, sich selbst zu erfahren. Denn durch die Identifikation mit Upadhi, hat Jiva nur begrenztes Wissen. Jiva will reines Bewusstsein erfahren. Nur Atman kann sich selbst erfahren.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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YVS111 Indische Philosophiesysteme

Shaddarshana – sechs klassische Philosophiesysteme und was sie mit der Praxis von Yoga zu tun haben (Shash (sechs), Darshana (Weltanschauungssysteme, Philosophiesysteme)).

Yoga ist ein Übungs- und Praxissystem. Yoga ist weltanschauungsübergreifend. Schon im alten Indien wurde Yoga praktiziert. Die Bedeutung von Darshana ist Sichtweise oder Weltanschauung. Ein Darshana definiert oder beschreibt was die Welt ist, wie sie entstanden ist, ob es eine höhere Wirklichkeit gibt und wenn ja, ob sie erfahrbar ist, was der Mensch ist, was das Ziel des Lebens ist und ob es einen Sinn im Leiden gibt.

Es gibt die folgenden sechs Darshanas: Purva Mimamsa, Vaisheshika, Nyaya, Samkhya, Yoga und Uttara Mimamsa.

Purva Mimamsa

Purva heißt ursprünglich und Mimamsa bedeutet System, Weltanschauungssystem. Im Purva Mimamsa geht es darum, Verdienste anzuhäufen und keine Sünden zu begehen. Im Purva Mimamsa spricht man von Punyas (Verdienst) und Papas (Sünde oder Vergehen).

Das Gesetz von Karma wird besonders betont, insbesondere das Gesetz der Kompensation. Wenn du anderen Gutes tust, wird Gutes zurückkommen. Wenn du Schlechtes tust, wird Schlechtes zurückkommen. Wird ein Papa (eine Sünde) begangen, können zusätzliche Punyas erworben werden, um schlechtes Karma wieder gut zu machen. Bei einer falschen Ernährung können Reinigungsübungen ausgeübt werden, um die Giftstoffe wieder aus dem Körper auszuleiten. Wenn man schlecht zu einem Menschen war, kann man den Schaden wieder gutmachen, indem man mit der Person spricht und sie fragt, was sie braucht. Wenn das nicht möglich ist, weil die Person zu sehr gekränkt ist, kann man anderen gegenüber Gutes tun. Schlechtes Karma kann auf verschiedene Weise gereinigt werden.

Dieses Philosophiesystem erfordert große Selbstverantwortung. Die Verantwortung für das eigene Glück, Gesundheit oder Krankheit liegt in der eigenen Hand. Alle Schicksalsereignisse sind Folgen der eigenen Handlung in diesem oder einem anderen Leben. Das Gute, das man sät, wird sich in diesem oder in einem anderen Leben manifestieren.

Vaisheshika

Vaisheshika ist ein materialistisches Philosophiesystem. Es vertritt einen rationalen Standpunkt. Wie kann man so leben, dass man ein ethisches, glückliches und gesundes Leben führt?

Zum Glück gehört auch die Ethik. Ein Mensch ist nur dann glücklich, wenn er sich ethisch verhalten kann. Vaisheshika richtet sich wissenschaftlich aus und erklärt die Wirkungen des Yoga von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus. In diesem Kontext gründete sich Anfang der 20er Jahre ein Institut namens Kaivalyadhama. Dort wurde mit verschiedenen EEG-, EKG- und anhand von Pulsmessungen etc. geforscht. Seitdem wird dort Yogaforschung betrieben, deren Studien auch bei Yoga Wiki gesammelt werden. Yoga, als Trainingssystem betrachtet, kann individuell optimiert und angepasst werden. Die Wirkungen der Meditation werden wissenschaftlich erklärt, in Forschungen über das Gehirn, Psyche, usw.

Nyaya

Nyaya, die „Logik“, fragt: „Wie kommt man zu logischen Schlussfolgerungen?“ „Wie kann man erkennen, ob eine Aussage korrekt oder inkorrekt ist?“

Die Antworten werden logisch angeschaut. Dieses System wurde einige Jahre v. Chr. entwickelt. Es gab eine Denkschule, die sich über tausend Jahre – womöglich auch zweitausend – weiterentwickelte. Man findet im Nyaya logische Gottesbeweise. Es ist eine Herangehensweise an Yoga, die beispielsweise den Anspannungs- und Entspannungsablauf auf logische Weise erklärt.

Samkhya

Samkhya gilt als dualistisches und doch spirituelles Philosophiesystem. Es beschreibt das Universum als Zusammenstellung von Purusha und Prakriti. Das reine Bewusstsein (Purusha) ist unveränderlich, nicht materiell und unendlich. Prakriti, die kosmische Energie oder die Natur, manifestiert sich in den drei Gunas: Sattva, Rajas und Tamas. In der Kausalwelt überwiegt Sattva, in der Astralwelt Rajas und in der physischen Welt Tamas. Alles in diesem Universum ist ein Zusammenspiel von Sattva, Rajas und Tamas.

Purusha, das unendliche Selbst, spiegelt sich in Prakriti. Daraus entsteht eine Einzelseele, die durch den Körper- und Geistkomplex wirkt. Die Seele macht Erfahrungen und genießt sie auch. Sie liebt es, in dieser Welt zu sein.

Patanjali sagt, der Grund warum sich Purusha in Prakriti spiegelt, ist, dass Purusha Erfahrungen macht und die Kräfte erfährt, die in ihm und Prakriti angelegt sind. Purusha erfährt die Fähigkeiten, die in ihm angelegt sind, will aber wieder zurückkehren. Der Grund ist, dass in der Welt kein Glück zu erfahren ist. Purusha ist in sich selbst vollkommen. Körper und Psyche sind vergänglich und in ständiger Veränderung. Purusha sehnt sich wieder danach, das Unendliche zu erfahren.

Purusha kehrt zurück zum kosmischen Wissen (Jnana), indem es sich von der Identifikation mit Prakriti löst. Wie gelingt ihm das? Zum einen, indem es Prakriti katalogisiert, analysiert und die verschiedene Teile von Prakriti aufzählt. Samkhya bedeutet wörtlich Aufzählung.

Samkhya spricht von Sthula, Sukshma, Karana und von den Eigenschaften der Natur (Sattva, Rajas und Tamas) in der physischen Welt, der Astralwelt und der Kausalwelt. Das Ayurvedasystem mit den verschiedenen Doshas (Vata, Pitta und Kapha) und den fünf Elementen ist daraus entwickelt worden.

Gemäß der Samkhya-Philosophie wird die Identifikation gelöst und die Beobachtung gewinnt an Wichtigkeit. Anstatt zu denken „mir geht es schlecht“, sagt man „mein Geist ist in einem tamasigen Zustand“ oder „das Vata ist zu stark geworden (Ängste, Unruhe)“. Anstatt zu sagen „ich bin so ärgerlich“ sagt der Sankhya Yogi „mein Pitta ist hoch geworden“. Er sagt nicht „ich bin träge“, sondern „mein Kapha ist stark geworden“.

Glück geschieht, wenn man sich aus der Identifikation mit Körper und Psyche löst. Dies ist über Achtsamkeit erfahrbar und indem man zum reinen Beobachter/zur reinen Beobachterin wird (Sakshi) und sich selbst als reines Selbst erfährt. Yogaübungen sind so weit von Nutzen, als sie helfen, sich vom Vergänglichen und von Identifikation zu lösen. In der Asana kann der Yogi/die Yogini alles spüren und beobachten. Er/sie spürt die Dehnung im Bein, die Energie in der Wirbelsäule, das Pulsieren im Dritten Auge. Er/sie beobachtet es und löst sich dann davon und wird sich bewusst „ich bin das Bewusstsein“. In der Meditation spürt man den Atem, die Empfindungen und löst sich anschließend daraus.

Im Yoga Vidya Kanal gibt es Anleitungen zu Achtsamkeitsmeditationen. In Schweigeretreats, die bei Yoga Vidya stattfinden, spielt Sakshi Bhava, die Achtsamkeitsmeditation, eine große Rolle.

Yoga

Yoga ist das fünfte Philosophiesystem und wird auch Patanjali Yoga oder Raja Yoga genannt. Yoga, basierend auf dem Philosophiesystem von Samkhya, beschreibt weitere Weisen, wie man zu Verwirklichung kommen kann. Zum einen wird gesagt, durch Hingabe an Gott kann man Selbstverwirklichung erreichen. Patanjali sagt, Hingabe an Gott ist ein Weg zur Befreiung (Ishvara Pranidhana).

Eine andere Weise, zu Befreiung zu kommen, ist den Geist zur Ruhe zu bringen. Wenn dir das gelingt, erfährst du deine wahre Natur und erreichst darüber Befreiung. Wie bringst du den Geist zu Ruhe? Dazu übe Yama und Niyama, Ethik im Alltag. Übe ein spirituelles Leben, ein diszipliniertes reines Leben mit Selbststudium und Selbstbeobachtung. Übe Asanas und Pranayama. Übe Pratyahara, trainiere deinen Geist darin, immer wieder nach Innen zurück zu kehren. Lerne, den Geist nicht von den Sinnen nach Außen führen zu lassen. Es ist möglich, dass man zu seinem Geist wie auf Kommando sagen kann „Geh nach Innen!“.

Wenn der Wunsch nach Eis kommt, gehe nach Innen. Wenn man denkt, man würde ungerecht behandelt werden, kann man Pratyahara üben, die Fähigkeit nach Innen zu gehen. Dann folgt Dharana, Konzentration. Patanjali sagt: „Übe deine Konzentration immer wieder, mache nicht andere für deinen Gemütszustand verantwortlich.“ Du kannst dich konzentrieren und du bist dafür verantwortlich. Es gilt, sich zu konzentrieren. Man entscheidet selbst, ob man diesen Vorschlägen von Gedanken, Emotionen und Wünschen folgt oder sie ziehen lässt. Wer in Dharana geübt ist, kommt in Dhyana, einen meditativen Zustand von Transzendenz der Wonne. Dieser verschmilzt mit der Zeit zu Samadhi, dem Überbewusstsein. Über dieses Überbewusstsein erfährst du deine wahre Natur (Sat- Chit- Ananda) und erreichst Befreiung (Kaivalya). Gemäß Patanjali ist das, was dir hilft zum überbewussten Zustand zu kommen, das Richtige für dich.

Uttara Mimamsa

Uttara Mimamsa wird auch Vedanta (das Ende des Wissens) genannt. Uttara (Höchstes) bezeichnet sich als höchstes Philosophiesystem. Vedantins nehmen für sich in Anspruch, die höchste Wirklichkeit formuliert zu haben. Diese ist die endgültige Beschreibung. Befürworter anderer Yogawege würden das anders sehen. Vedanta sagt, in Wahrheit bist du Brahman, das reine Bewusstsein. Die scheinbare Welt ist eine Illusion (Maya). Die scheinbare Welt (Jagad) scheint beherrscht zu werden von Ishvara, dem persönlichen Gott, der schöpft, erhält und zerstört. In Wahrheit gibt es nur Brahman. Das Universum in Zeit und Raum erscheint nur. Er ist wie ein Traum, wie eine Schlange in einem Seil oder eine Fata Morgana in der Wüste. Du Selbst und Jeder ist Brahman.

Als Selbst (Atman) identifiziert sich der Einzelne mit einem Teil von Maya, mit den sogenannten Upadhis, den begrenzenden Attributen. Es entsteht eine Identifikation. Man denkt „ich bin Körper, ich bin Psyche“ und bezieht vieles auf sich selbst. So geht man in Samsara Chakra, den Kreislauf von Geburt und Tod, ein.

In dieser Samudra Maya, dem Ozean der Maya, diesem Sukha Duka Samudra, dem Ozean von Vergnügen und Schmerz, sind immer wieder Höhen und Tiefen, Wellen.

Es entsteht Jiva, die individuelle Seele. Die individuelle Seele ist damit nicht zufrieden. Sie weiß, dass eigentlich alles Illusion ist. Tief im Inneren denkt sie „so kann es nicht sein“ und sehnt sich nach Befreiung.

Wie kommt sie zu dieser Befreiung? Mit Techniken aus dem Samkhya, aus Viveka (Unterscheidungskraft). Es geschieht nicht mit Identifikation und Sakshi Bhav (Beobachten). Uttara Mimamsa weist der Jnana, der Erkenntnis, besonderen Stellenwert zu. Einer der großen Postulate von Vedanta ist: Erkenne wer du wirklich bist. Frage dich, wer du bist. Erkenne dein Selbst, sei frei.

Vedanta sagt, es ist gut, zur Vorbereitung andere Praktiken zu üben, um zur Erkenntnis zu kommen. Damit sind Asanas, Pranayamas, ethisches Leben, Mantra-Singen, Reinigungen und Meditation gemeint. Das alles hilft, den Geist vorzubereiten. Dann frag: Wer bin ich? Erkenne dein Selbst, sei frei. Dann erkennst du, dass du immer schon reines Bewusstsein warst.

Für die Yogaübungen, insbesondere für die Meditation, heißt das, du bist jetzt schon vollkommen. Die Vollkommenheit brauchst du dir nicht zu verdienen. Du bist sie jetzt schon. Du bist aber in einer Illusion. Gehe humorvoll mit dir selbst und mit anderen um. Übe die Praktiken, aber nicht, um dir damit Verdienste einzufahren, sondern um leichter aus der Identifikation heraus und in den Beobachtungsmodus hinein zu kommen und dich schließlich zu fragen: Wer bin ich?

Alle Techniken sind Mittel zum Zweck und der Zweck ist die Verwirklichung von Ayam Atma Brahman. Dieses Selbst ist Brahman.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS110 Indische Schriften und Yogaschriften

Welche heiligen Schriften kennen die Inder? Welche Schriften gibt es im Hinduismus? Welche dieser Schriften sind besonders für Yoga relevant? Was sind die wichtigsten Yogaschriften?

Zunächst werden die klassischen Schriften erwähnt, die als orthodoxe Schriften bezeichnet werden. Dies sind die Schriften, die im heutigen Hinduismus als verbindlich gelten. Sie liegen dem Yoga zugrunde, sind aber nur teilweise für Yoga von Bedeutung. Dann werden spätere heilige Schriften besprochen, die zum Teil für Yoga von Bedeutung sind. Danach werden die vier wichtigsten Schriften für das ganzheitliche Yoga erklärt. Insbesondere sind diese im Yoga Vedanta wichtig, wie auch im Yoga Sivananda System und damit bei Yoga Vidya.

Die vier klassischen Schriften

Die vier klassischen Schriften nennen sich Veda, Smriti, Purana und Itihasa. Veda bedeutet wörtlich „das Wissen“. Dies sind die Schriften, die das uralte Wissen beschreiben. Veda wird bezeichnet als Shruti („das Offenbarte“). Die Veden wurden den Rishis (uralte Seher aus der Vergangenheit) offenbart. Die Rishis waren in überbewussten Zuständen, aus welchen ihnen das höhere Wissen offenbart wurde und wodurch die Veden entstehen konnten. Diese Offenbarungen manifestierten sich in vier verschiedenen Sammlungen.

Die Veden

Ein großer Heiliger namens Veda Vyasa hat diese Veden gesammelt. Veda Vyasa bedeutet „der Sammler der Veden“(Vyasa = Sammler). Zur Zeit Veda Vyasas gab es viele Überlieferungen. Die Rishis gaben ihren Schülern die heiligen Hymnen weiter. Sie wurden in mündlicher Form weitergegeben. Vyasa sammelte sie und machte daraus vier Hauptkomplexe: Rigveda, Samaveda, Yajurveda, Atharvaveda.

Jede Veda hat vier Untergruppen. Veden sind letztlich Sammlungen von Schriften aus unterschiedlichen Zeiten, von unterschiedlichen Rishis, die in einem losen System gesammelt sind. Sie sind ähnlich der christlichen oder der jüdischen Bibel, die nicht in einem entstanden sind, sondern über Jahrhunderte. Es gibt unterschiedliche Aussagen darüber, wann die Veden in die Welt gekommen sind. Diese über viele Jahrhunderte mündlich überlieferten Schriften haben Mantra-Charakter. Es heißt, dass die Klangschwingung noch wichtiger ist, als die Bedeutung. Manche Veden haben einen eigenartigen Inhalt, d.h. wenn man sie wörtlich übersetzt, klingen sie schräg. Manche Teile sind sehr erhebend in ihrer Bedeutung und wirken erhebend wenn man sie rezitiert bekommt, insbesondere von jemandem, der geübt darin ist. Die Veden wurden über viele Jahrhunderte mündlich überliefert, bis sie irgendwann niedergeschrieben wurden.

Rigveda ist der erste Teil der Veden. Darin geht es um die Schöpfung und Fragen wie: Was ist die Welt? Worum geht es in dieser Welt? Yajurveda ist der Verehrungsveda. Dort geht es um Yajna, die Formen der Gottesverehrung. Feuerrituale nehmen hier eine besondere Bedeutung ein. Samaveda, der Veda des Gesanges, beinhaltet besonders hymnische Schriften und Atharvaveda, der manchmal als der „dunkle Veda“ bezeichnet wird. Darin wird eine Geheimwissenschaft behandelt. Manche bezeichnen diese als vier verschiedene Rezitationsformen, insbesondere hat Samaveda eine spezielle Rezitationsform.

In jedem der vier Veden gibt es vier Teile: die Samhitas, die Brahmanas, die Aranyakas und die Upanishads.

Die Samhitas sind die ältesten Teile, die ursprünglich offenbarten Teile mit besonders starkem Mantra-Charakter, die man z. B. bei Pujas rezitieren kann. Es sind starke Hymnen.

Der zweite Teil, die Brahmanas, beschreibt, wie man die Samhitas in brahmanischen Ritualen nutzt, wie man sie einsetzt für Puja, für Yajna, usw. Darin ist beschrieben, wie sie verwendet werden. Die Brahmanas sind zwar besonders für Brahmanen gedacht, für andere sind sie aber auch durchaus wichtig. Brahmanas sind besonders umfangreich und haben einige Aussagen über die Welt als Ganzes.

Die Aranyakas (Waldschriften) sind ursprünglich für Menschen gedacht, die in Vanaprastha (Waldeinsamkeit) hineingehen. Sie beschreiben auch spirituelle Praktiken.

Der letzte Teil, Upanishad, ist ursprünglich gedacht für Menschen im vierten Lebensalter (Sannyasa), die Allem entsagen und zum Höchsten kommen wollen. Dies ist der Teil der Veden, wo es um metaphysische Fragen geht, um die Transzendenz und Fragen wie: Wer bin ich? Was ist die Welt? Was ist Gott? Wie erreiche ich die Gottverwirklichung?

In den klassischen Schriften wird von 108 Upanishaden gesprochen, wobei es unterschiedliche Aussagen gibt, welche Teile der Veden als Upanishaden klassifiziert werden.

Die Smritis

Smritis („das Überlieferte“/„das Erinnerte“) sind Gesetzestexte und Anwendungen der spirituellen Prinzipien für den Alltag.

Es gibt zwei Hauptsmritis: Manusmriti und Yajnavalkya Smriti. Diese gelten als die alten Smritis; später gab es noch weitere. In Analogie dazu gibt es in der Yoga Vidya Gemeinschaft ein Regelwerk für Sevakas, das sich Yoga Vidya Smriti nennt. Es ist eine Art Ordensregel, wie wir gemeinsam leben wollen, d. h. nach welchen ethischen Prinzipien, wie Entscheidungen getroffen werden und wie die spirituellen Prinzipien im Alltag gelebt werden sollen.

Puranas

Die Puranas sind die uralten Schriften, insbesondere aber Göttergeschichten. Die Puranas gliedern sich in drei Hauptteile. Insgesamt gibt es 18 solcher Puranas, z. B. die Shiva Puranas, die besonders Shiva verehren und andere Aspekte von Shiva wie Ganesha, Subrahmanya. In den Vishnu Puranas geht es um Vishnu und seine verschiedenen Inkarnationen wie Rama und Krishna, und in den Shakti Puranas geht es um die göttliche Mutter und damit um Durga, vor allem auch um Kali und viele andere Manifestationen der göttlichen Mutter.

Die Puranas gelten als ältere Schriften als die Shrutis und die Smritis. Hier finden sich die Hauptrichtungen des Hinduismus: der Shaivismus, Vaishnavismus, Shaktismus. Im Deutschen werden diese auch Shivaismus, Vishnuismus und Tantra bzw. Tantrismus genannt.

Die Yoga Vidya Tradition ist, wie die Yoga Vedanta Tradition, eine übergreifende Tradition, in der alle Aspekte eine Rolle spielen. Bei den Hare Krishnas spielt z. B. nur der Vishnu-Aspekt eine besondere Rolle.

Puranas sind besonders umfangreich und enthalten viele Göttergeschichten. Bekannt ist z. B. die Markandeya Purana. Hier wird die göttliche Mutter beschrieben. Devi Mahatmya, ein Teil dieser Purana, wird gerne zu Navaratri rezitiert. Die Bhagavatam ist die Schrift, die besonders Vishnu in seinen Inkarnationen verehrt, v. a. Krishna. Die Shiva Purana ist besonders wichtig zur Verehrung von Shiva.

Itihasa

Die Itihasa sind Heldenepen. Sie sind ähnlich der Ilya und Odyssee von Homer. Hier werden spirituelle Fragen im Kontext von Geschichten und Menschen diskutiert, die sich bemühen, das Richtige zu tun. Die wichtigsten Itihasas sind Ramayana und Mahabharata. Ramayana ist die Geschichte von Rama. Die Mahabharata ist die Geschichte über ein Herrschergeschlecht, begonnen mit den Bharatas. Diese enthalten als zentralen Text die Bhagavad Gita.

Sowohl die Puranas als auch die Itihasas wollen helfen, das ethisch Richtige zu tun, indem sie viele ethische Geschichten und Beispiele enthalten, wie Menschen falsche Entscheidungen getroffen haben, wie Gott helfen kann und wie man als fortgeschrittener Aspirant wieder fallen kann. Als fortgeschrittener Aspirant ist es nicht immer einfach zu verstehen, was das Richtige ist.

Die Schriften sind sehr umfangreich und müssen von verschiedenen Gesichtspunkten aus interpretiert werden. Diese werden Darshana genannt. Aus dem gesamten Schrifttum und aus späteren Schriften werden bestimmte Gesichtspunkte zusammengetragen, um ein spirituelles System in einer bestimmten Weltanschauung und bestimmte Sichtweisen zu haben. Es ist ein praktisches System mit der Frage, wie man zur Gottverwirklichung kommt.

Es gibt weitere Schriften, die zwar nicht verbindlich sind, aber als spirituell gelten. Drei davon sind Agamas, Göttergeschichten späterer Zeit. Ebenfalls darin enthalten sind Shiva-, Vishnu- und Shakti-Agamas. Die Agamas bauen auf den Puranas auf. Unter den Agamas gibt es die sogenannten Tantras, d. h. Schriften, die sich mit der Verehrung der göttlichen Mutter Devi/ Shakti beschäftigen. Einige davon sind im Yoga von besonderer Bedeutung, nämlich die Hatha Yoga Schriften.

Außerdem gibt es die Sutras („Leitfäden“). Bekannt ist v. a. das Yoga Sutra, das im Rahmen der zweijährigen Yogalehrerausbildung behandelt wird. Sutras gibt es für verschiedene Aspekte des Yoga. Im Brahma Sutra geht es um Vedanta, im Bhakti Sutra um die Entwicklung von Bhakti und im Yoga Sutra um Raja Yoga.

Welche dieser Schriften sind für das ganzheitliche Yoga der Yoga Vidya Tradition von Bedeutung?

Bei Yoga Vidya spielen vier Schriften eine Hauptrolle, drei davon werden in der zweijährigen Yogalehrerausbildung behandelt. Zu allen vieren gibt es neuntägige Weiterbildungen. Die Erste – Upanishad oder die Upanishaden – ist der letzte Teil der Veden, der letzte Teil von Shruti. Hier geht es ganz besonders um Vedanta und damit um Jnana Yoga. Die zweite wichtige Schrift ist die Bhagavad Gita, die ein Teil des Mahabharata darstellt und einer der beiden Teile der Itihasas ist. Die Bhagavad Gita behandelt alle Yoga Wege, besonders Karma und Bhakti Yoga. Die Yoga Sutra, eine der wichtigen Sutras, geschrieben von Patanjali, behandelt Raja Yoga. Die Hatha Yoga Pradipika, wörtlich „Licht auf Hatha Yoga“ wurde geschrieben von Yogi Svatmarama und ist von besonderer Bedeutung für Hatha- und Kundalini Yoga.

Es gibt noch viele weitere Schriften (Panchadashi, Tantra, Shiva Samhita, Bhakti Sutra, etc.). Sie sollen Hilfestellung fürs Praktizieren geben. Über die Erfahrung kommt die Höchste Verwirklichung der Einheit.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS109 Karma: Gesetz von Ursache und Wirkung

Was ist Karma? Was ist das Gesetz des Karmas? Was sind die drei Phasen des Karmas? Was ist kollektives Karma?  Gibt es richtige und falsche Entscheidungen? Was ist wichtiger, Freiheit oder Determinismus? Wie kannst du mit uneigennützigem Dienen die Bande des Karmas überwinden?

Karma ist eines der Grundkonzepte im Yoga Vedanta System.

Du findest das Karma in ähnlicher Form in anderen Aspekten des Yoga, im Buddhismus, im Taoismus, in der westlichen Esoterik und angedeutet in der Bibel, sowohl in der Thora als auch im neuen Testament sowie in vielen Lehren vieler Kulturen.

Hier geht es besonders um die Yoga Vedanta Richtungen.

Zunächst gibt es das „Gesetz des Karmas“. Dieses besagt, dass alles, was du jetzt erfährst, einen Sinn hat. Alles, was kommt, hilft uns, uns weiterzuentwickeln. Vielleicht erinnerst du dich an die sieben spirituellen Prinzipien, über die es im Rahmen dieser Schulungsreihe Texte gibt. In meinem Buch „Karma und Reinkarnation“ sind sie noch genauer beschrieben. Karma gehört zu diesen spirituellen Prinzipien. Es heißt dort, dass deine Erlebnisse und Erfahrungen dir helfen, zu wachsen. Statt über deine Erlebnisse zu schimpfen, sei dir bewusst, dass das Aufgaben für dich sind. Das Leben ist eine Schule. Ereignisse sind Aufgaben, Schicksal ist Chance.

Als Zweites besagt das Gesetz des Karmas, dass das, was du tust und wie du handelst und mit welchem Motiv du handelst, eine Auswirkung auf das hat, was du zukünftig erfährst. Was jetzt kommt, ist da, damit du wächst. Das ist der Sinn des Karmas. Wie du jetzt handelst, hat eine Auswirkung auf das, was du künftig zusätzlich zu deinen bisherigen Aufgaben bekommst.

Das Gesetz des Karmas ist sehr komplex. Es gibt ein Missverstehen zum Karma und dies ist gerade in Indien verbreitet. Hierbei wird Karma einfach nur als Belohnung und Bestrafung interpretiert nach dem Motto: „Tue ich etwas Gutes, geschieht mir etwas Schönes, und tue ich etwas Böses, geschieht mir etwas Schlechtes. Wenn ich etwas Gutes erhalte, muss ich vorher etwas Gutes getan haben. Wenn ich Leiden erfahre, muss ich etwas Schlechtes getan haben.“

Diese Interpretation des Karmas ist nicht die Interpretation des ganzheitlichen Yoga. Krishna wendet sich in der Bhagavad Gita dagegen, Patanjali wendet sich im Yoga Sutra dagegen. Die alten Yogameister haben schon vor Jahrtausenden immer wieder gesagt, dass sich das Karma nicht darauf beschränkt. Es geht weniger um ein System von Belohnungen und Bestrafungen. Es umfasst das spirituelle Wachsen, sein Leben als Aufgabe zu interpretieren und nicht als ein Belohnungs-Bestrafungs-System. Karma hat mehrere Phasen, um die es im Folgenden geht.

 

Die drei Phasen des Karma

Diese drei Phasen sind: Agami, Sanchita und Prarabdha Karma.

Sanchita ist der Speicher des Karma. Es sind alle zukünftigen Aufgaben, die du erst noch bekommen wirst. Dies ist alles, was du noch erfahren musst.

Prarabdha Karma ist das Karma, das du jetzt empfängst und welches schon begonnen hat, Früchte zu tragen, und was du dann erfahren wirst.

Agami Karma ist das neue von dir jetzt erzeugte Karma mit Gedanken, Worten und Handlungen. Was du jetzt tust, erzeugt neues Karma. Es wartet noch viel Karma auf dich.

 

 

Kollektives Karma

Manchmal kommt die Frage auf: „Gibt es so etwas wie ein kollektives Karma?“ Dies könnte das Karma eines ganzen Landes sein, das Karma einer ganzen Zivilisation. Oder vielleicht das Karma für alle Menschen in einem Flugzeug oder in einem Zug.

Letztlich ist der Begriff des Karma gekoppelt an ein Individuum, welches Erfahrungen macht. Deshalb ist in den indischen Schriften nicht die Rede von einem kollektiven Karma. Es ist vielmehr so, dass jedes Individuum sein Karma erntet. Menschen inkarnieren sich zur gleichen Zeit und gelangen in eine ähnliche Situation, um ihre Lektion auszuarbeiten. Wenn in einem bestimmten Land Katastrophen geschehen, ist das nicht deshalb, weil der entsprechende Staat sich vielleicht vor 100 Jahren falsch verhalten hat, sondern es geschieht, weil Menschen sich aus früheren Leben gesammelt haben, um hier gemeinsames Karma abzuarbeiten. Zumindest dem Yoga Vedanta Begriff des Karma ist so etwas wie Kollektivschuld unbekannt. Im Yoga Vedanta würde es nie heißen, dass es der Fehler eines Volkes ist, wenn dieses leidet. Es gibt stattdessen Individuen, die sich dort aus verschiedenen Gegenden manifestieren, um jetzt gemeinsames Karma abzuarbeiten. 

Wenn viele Menschen etwas gemeinsam erfahren, könnte man von kollektivem Karma sprechen, aber ohne dass dem eine Kollektivschuld eines Landes oder eines Volkes zugrunde liegt.

Letztlich ist es ein interessanter Gedanke im Gesetz des Karma und der Reinkarnation, dass Menschen sich nicht immer wieder in derselben Gegend, derselben Zivilisation inkarnieren.

 

Richtige und falsche Entscheidungen vom Standpunkt des Karmas

Als spiritueller Mensch willst du richtige Entscheidungen treffen. Du willst das Richtige tun. 

Es ging vorher um spirituelle Entscheidungsfindungen. Das ist ein Thema der Bhagavad Gita. Die Beschäftigung mit der Bhagavad Gita und wie man Entscheidungen trifft, wird ein wichtiges Thema in den folgenden Texten sein.

Im Wesentlichen geht es hier darum, zu erkennen, dass richtige Entscheidungen solche Entscheidungen sind, die du triffst, um Gutes zu bewirken. Bete und bitte um Führung. Betrachte alle ethischen Gesichtspunkte und tue dann das, was du aus der Tiefe heraus für das Richtige hältst. Wenn du eine gute Intention hast, Gutes bewirken willst und nach bestem Wissen und Gewissen eine Entscheidung getroffen hast, war die Entscheidung in jedem Fall richtig. Das Kriterium, ob eine Entscheidung richtig war, ist nicht der Erfolg oder Misserfolg. Du kannst die richtige Entscheidung getroffen haben und nachher geht alles schief. Du solltest vielleicht die Erfahrung des Misserfolges machen, des Scheiterns, des Zusammenbrechens. Damit du diese Erfahrung haben konntest, musstest du die entsprechende Entscheidung treffen. Lass los und treffe die Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen. Lass los, setze die Entscheidung um, und was nachher dabei heraus kommt, liegt nicht mehr in deiner Hand.

Gesetz des Karma – Freiheit oder Determinismus?

Es ist eine der uralten philosophischen Fragen: Haben wir Freiheit oder ist alles vorherbestimmt?

Das Gesetz des Karma zeigt dir einige Gesichtspunkte, die im Folgenden anhand der drei Phasen und der fünf Untergesetze des Karma betrachtet werden.

Determinismus: In einiger Hinsicht sind wir nicht frei. Zum einen haben wir die Lernlektionen, die noch vor uns sind. In diese physische Welt inkarniert zu werden, heißt, es gibt Lektionen zu lernen.

Nehmen wir zum Beispiel ein Kind, das in die Schule kommt, wo es lesen, schreiben, rechnen, etwas über Heimatkunde und anderes lernen soll. Das ist Sanchita Karma. Bestimmte Dinge, die wir erfahren sollen, sind da. Prarabdha Karma, ist das, was wir jetzt erfahren. Es ist bis zu einem gewissen Grad vorherbestimmt. Bestimmte Teile des Sanchita Karma kommen in diesem Leben. Wir müssen sie erfahren. Bei Manchem können wir nichts ändern; es kommt einfach. Wir haben die Freiheit, inwieweit wir Sanchita Karma erzeugen. Wir können gesund leben, und damit schaffen wir neue Wirkungen. Es wird eine Gesundheitswirkung haben. Wir können geschickt und liebevoll mit anderen kommunizieren; das wird eine Wirkung haben. Wir können uns beruflich geschickt engagieren mit einer folgenden Wirkung. Wir können unsere Gedankenkraft nutzen und damit positive Samen säen, die wir später ernten. Wir können mit den Aufgaben des Lebens umgehen, mit dem Wunsch, zu lernen; es ist das Gesetz der Evolution. Wir können dem fünffachen Sinn des Lebens gerecht werden. Das heißt, wir haben die Freiheit, schneller zu lernen. Indem wir schneller lernen, können wir schneller wachsen. Wenn wir einen subtilen Geist haben und bewusst durch die Welt gehen, muss sich manches Prarabdha Karma nicht grobstofflich manifestieren. Es muss sich nicht immer wieder manifestieren. Vielleicht haben wir die Lektion zügiger verstanden.

Wir können auf das Gesetz der Kompensation einwirken, wenn wir wissen, dass wir etwas Falsches mit einer falschen Motivation gemacht haben. Wir können uns dann selbst entscheiden, den Schaden wieder gut zu machen. Wir können es bereuen und durch tätige Nächstenliebe versuchen, es wieder gut zu machen. Wir können dafür sorgen, dass wir künftig nichts mehr tun, um anderen Schlimmes anzutun; so können wir das Gesetz der Evolution nutzen und haben Freiheit. Wir haben die Freiheit uns ganz an Gott zu wenden. Wenn wir uns an Gott wenden, wird das Karma auf andere Weise ablaufen, damit wir zügiger zur Verwirklichung gelangen. Wir haben eine gewisse Freiheit, zu entscheiden, welchen Teil des Sanchita Karma wir zunächst erfahren. Man kann sich für nichts entscheiden, für das man kein Karma hat, aber man hat eine gewisse Freiheit, in welchem Kontext man Karma erfährt und in welcher Reihenfolge.

Du hast zum Beispiel die Freiheit, eine Yogalehrerausbildung zu machen oder nicht. Nichts zwingt dich dazu. Wenn du kein Karma für eine Yogalehrerausbildung hast, dann magst du dich anmelden wollen, aber es kommt etwas dazwischen. Wenn jetzt noch nicht der Moment gegeben ist, sondern erst in zwei Jahren, dann magst du es jetzt wollen, aber es klappt nicht. Du könntest dich entscheiden, keine Yogalehrerausbildung zu absolvieren, selbst wenn es in deinem Karma läge. Vielleicht kommt es dann zu einem späteren Zeitpunkt. So gibt es immer wieder Entscheidungen, die du treffen kannst. Aber du kannst dich nur für etwas entscheiden, wofür Sanchita da ist, das in diesem Leben zu Prarabdha Karma wird. Du hast einiges an Freiheit und manches ist vorherbestimmt; Karma manifestiert sich. Manches Karma manifestiert sich zu einem bestimmten Zeitpunkt deines Lebens und du kannst daran gar nichts ändern. Auf anderes hast du Einfluss. Insbesondere hast du Einfluss darauf, mit welcher Einstellung du herangehst. Du kannst ganz bewusst daran arbeiten, eine Einstellung des Lernens einzunehmen und bei allem, was kommt, Gutes bewirken zu wollen.

Die Bande des Karma überwinden

Letztlich geht es im Yoga nicht darum, nur positive Dinge zu erleben und dafür Positives zu schaffen.

Im Yoga geht es darum, alle Verhaftungen zu überwinden und die Gottverwirklichung zu erreichen. Im Karma Yoga – im uneigennützigen verhaftungslosen Dienen – geht es darum, alle beschränkten Dinge zu überwinden, sich nicht zu identifizieren, alles Gott darzubringen und nichts zu wünschen. Ein/e Karma Yogi/Yogini überlegt, was seine/ihre Aufgaben sind, was er/sie lernen und bewirken kann und wie er/sie seine/ihre Fähigkeiten kultivieren kann.

Daraufhin unternimmt er/sie alles, was dafür notwendig ist. Dies erfolgt ohne Erwartungen und ohne zu denken, dass es eine eigene Handlung sei. Du kannst dir bewusst sein, dass du Aufgaben bekommst, die im Rahmen des kosmischen Ganzen im Sinne von Bewirken wichtig sind. Du bekommst Aufgaben, an denen du lernen kannst. Was dabei herauskommt, hängt nicht an dir. Dir können Aufgaben gegeben werden und sie können dir wieder genommen werden. Egal, wie gut du etwas tust, es kann jederzeit wieder im Desaster enden. Wenn du verhaftungslos als Instrument dienst, uneigennützig und jederzeit bereit bist, loszulassen, in Erfolg und Misserfolg sowie in Lob und Tadel gleichmütig bleibst, dann wirst du die Bande des Karma und des Handelns überwinden.

Wenn du Nirvikalpa Samadhi, die höchste Verwirklichung, erreichst, bist du vom Karma befreit. Weil du die Einheit mit allem erfahren hast, schaffst du kein neues Karma, kein Agami Karma. Weil du eigentlich alles gelernt hast, was es zu lernen gilt, verbrennen die Samen des Sanchita Karma. Nur die Teile des Prarabdha Karma, die begonnen haben, Früchte zu tragen, gehen weiter. Deshalb heißt es, dass auf Asamsakti, d. h. der Erleuchtung im ersten Stadium – die fünfte Stufe der Bhumikas – weiter ein scheinbar normales Leben folgt. Nur schaffst du kein neues Karma mehr. Sanchita Karma ist zu Ende, Prarabdha Karma läuft weiter ab. Es geht weiter mit Padarthabhavini, der sechsten Stufe der Bhumikas. Dabei ist das Prarabdha Karma weitestgehend zu Ende. Wenn es ganz zu Ende ist, landest du in Turiyaga, der Ebene von dauerhaftem Turiya; du verschmilzt mit dem Absoluten.

Im Buch „Karma und Reinkarnation“ ist das genauer beschrieben; du kannst es auf unserer Internetseite (www.yoga-vidya.de) finden. Es gibt jede Menge Einzelvorträge zu Themen, die in diesem Text vorkommen: zu Sanchita Karma, zu Prarabdha Karma, zu Agami Karma zu Karma Yoga und vielem anderen.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS108 Astralwelten, Astralwesen, Geister, Engel

Was sind Astralwelten? Welche Astralwesen gibt es? Was sind Naturgeister, Naturwesen, Engelswesen, erdgebundene Geister? Wie gehen wir damit um?

In den vorangehenden Texten ging es um Reinkarnation. In den ersten Texten dieser Vortragsreihe ging es um die drei Ebenen, über das Selbst, über die Welt, das Individuum und die Frage „Wer bin ich?“

In diesem Text geht es um Astralwelten.

Im Yoga Vedanta geht man davon aus, dass wir das unsterbliche Selbst sind. Wir sind Atman.

Es gibt eine Weltenseele, Brahman. Dieses Brahman manifestiert sich in dieser Welt, die als Jagat bezeichnet wird.

Jagat, die Welt, hat drei Dichtigkeitsstufen. Diese drei Stufen sind die physische Welt, die Astralwelt und die Feinstoffwelt.

Die physische Welt wird als Stola bezeichnet. Es ist die grobstoffliche Welt.

Die Astralwelt wird als Sukshma bezeichnet. Dies ist die feinstoffliche Welt.

Die Kausalwelt wird als Karana bezeichnet. Es ist die Ursachenwelt hinter allem anderen.

Diese Welten sind ineinander verwoben. Die physische Welt kann nicht existieren ohne die Astralwelt. Diese wiederum existiert nicht ohne die Kausalwelt. Es gibt Astralwelten, die mit der physischen Welt wenig in Kontakt stehen.

Yogis gehen davon aus, dass es ein multidimensionales Universum gibt, in dem sich die verschiedensten Universen gegenseitig überlagern und letztlich voneinander unabhängig sind.

Es gibt in dem Raum, in dem du dich befindest, eine Vielzahl von Wesen, von Astralwesen. Sie sind zugleich anwesend und stehen zum Teil im Kontakt mit dir. Manche wollen allerdings gar nichts von dir wissen, ebenso wenig, wie du etwas von Ihnen weißt. Als Analogie könntest du dir Röntgenstrahlen vorstellen, Fernsehsendungen oder Handyausstrahlungen. Auf einem TV können z.B. Programme abgespielt werden. Ohne TV ist dies nicht möglich, trotzdem existieren die Programme.

Es gibt auch feinstoffliche Materie, von der du nichts mitbekommst. Es gibt so viele verschiedene Schwingungen in dieser Welt, wobei der Mensch den größten Teil davon nicht mitbekommt. Es ist durchaus möglich, dass es Wesenheiten gibt, die auf subtilen Ebenen existieren und mit dieser physischen Welt nicht in Kontakt stehen. Genau das sagt das Konzept der Astralwelten. Dieses geht im Yoga über das hinaus, was die Physik sagt, da es im Yoga um subtile Schwingungsebenen geht. Vielleicht wird die Physik in ein paar Jahrzehnten noch feinere Instrumente haben und kann damit Kontakt zur Astralwelt aufnehmen. Denkbar ist dies. Es entspricht in etwa der Phase, in der die Menschen auf Tonbändern eigenartige Stimmen hörten oder in der Digitalphotographie eigenartige Lichtwesen sahen. Die Technik hat es geschafft, diese sogenannten Störungen zu eliminieren, und so kann es in der modernen Digitalphotographie nicht mehr passieren, dass Lichtwesen sichtbar werden, und bei modernen Tonaufnahmen sind auch keine eigenartigen Stimmen nicht mehr zu hören. Das liegt nicht daran, dass es diese Wesen nicht mehr gibt, sondern daran, dass Technikfirmen viel dafür getan haben, dass sie nicht mehr sicht- und hörbar werden können. 

Andersherum wäre es möglich, sich darum zu bemühen, diese Lichtwesen sichtbar und die scheinbaren Störstimmen hörbar zu machen. Bisher wird dort aber wenig Energie hineingesteckt.

Soweit ein paar allgemeine Anmerkungen zum Thema. Etwas spezieller geht Yoga davon aus, dass die physische Welt nicht ohne die Astralwelt funktioniert. Was auf dieser physischen Welt existiert, hat ein Korrelat in der Astralwelt. Manches, was in dieser physischen Welt geschieht, kann dadurch erklärt werden, dass dahinter die Astralwelt und die Astralwesen sind. Diese physische Welt wird von einer subtileren Welt gesteuert.

Der einzelne Mensch ist kein physisches Wesen, sondern in dem Bewusstsein, das er einen Astralkörper hat und mit diesem Astralkörper einen physischen Körper hat, mit dem er Erfahrungen in der physischen Welt macht. Mit diesem kann er einiges in der physischen Welt bewirken. Du bist überall Bewusstsein. Als Individuum existierst du als Astralkörper. Stirbt der physische Körper, verlässt du den physischen Körper. Wenn du dich neu inkarnierst, wirst du mit deinem Astralkörper in den physischen Körper hineingehen. Wenn du mit Menschen kommunizierst, trittst du nicht nur über Sprache, Bildzeichen oder Schrift in Kontakt, sondern mit deinem Prana. Wenn du in jemanden verliebt bist, ist das Band, das du dabei spürst, eine Energieverbindung. Das Vertrautheitsgefühl, das du zu manchen Menschen hast, stammt vielleicht aus einem früheren Leben. Wenn du in einen Raum gehst und irgendeine Anwesenheit spürst, ist dort vielleicht ein Astralwesen.

Es gibt verschiedene Weisen, Astralwesen, Feinstoffwesen einzuteilen. Im vorangehenden Text ging es u. a. um Pretas, die erdgebundenen Geister. Es sind verstorbene Personen, die den Aufstieg in die höheren Welten nicht geschafft haben und erdnah geblieben sind. Die Pitris werden übersetzt als Vorfahren. In diesem Kontext bedeuten sie Verstorbene, die sich noch nicht inkarniert haben, aber in den feinstofflichen Welten sind, um dort Erfahrungen zu machen und letztlich durch die Kraft ihrer Gedanken ihre eigene Welt schaffen.

Zuletzt ging es um die Pretas, die erdgebundenen Geister, die mit Menschen in Kontakt treten können. Du kannst sie zum Beispiel als eine schwere Energie erfahren, als eine irgendwo traurige Präsenz. Wenn du dich mit ihnen beschäftigst, merkst du, dass sie dir Energie nehmen wollen. Sie wollen Prana von dir haben.

Wenn du in Kontakt zu einem Preta trittst, der sich als graue Gestalt manifestiert, dann schicke ihm „Om Tryambakam“, Lichtgedanken und „Om Namah Shivaya“. Gib ihm Arati, denke an ihn oder sie, aber nur einen Tag bis maximal drei Wochen. dann höre auf, an ihn oder sie zu denken.

Pitri sind die Astralwesen der verstorbenen Ahnen. Im Yoga gibt es keine Praktiken, diese Verstorbenen anzurufen. Es gibt schamanische Traditionen, in denen das üblich ist, so wie es auch bei den alten Griechen üblich war. In der Yogatradition sagen wir, dass wir die Verstorbenen in Ruhe lassen sollten. Sie sollten meditieren und sich bemühen, in die höheren Welten zu kommen, statt uns zu helfen. Wir wenden uns an andere.

Es gibt Richtungen, die die Verbindung mit den Verstorbenen stärker praktizieren und dafür gute Gründe haben mögen.

Siddhas sind die Verstorbenen, die den physischen Körper verlassen haben, aber nicht vollständig verschmolzen sind. Sie haben die Vollkommenheit erreicht, sich aber entschieden, nicht dauerhaft zu verschmelzen. Sie existieren weiter auf sehr subtiler Ebene, helfen den Menschen, wenn Aspiranten in Krisen sind und manifestieren sich ihnen gegenüber. Sie können männlich und weiblich sein, typischerweise sind sie über diese Polarität hinaus. Sie können Aspiranten und Aspirantinnen Visionen geben. Manche dieser Siddhas sind mit heiligen Orten verknüpft. In Kerala gibt es zum Beispiel den Berg Agastya Kuttam. Dort soll der Rishi Agastya wohnen. Andere sollen sich vervielfältigen; wo Ramas Name wiederholt wird, dort manifestiert sich Hanuman und will helfen.

Einige andere dieser Siddhas sind bekannt. Es gibt Berichte von aufgestiegenen Meistern, welche als eine Gruppe von Siddhas gelten. Dann gibt es noch Apsaras und Gandharvas. Apsaras ist eine Sammelbezeichnung für alle weiblichen Astralwesen. Gandharvas stehen für alle männlichen Astralwesen. Im engeren Sinn sind die Apsaras die himmlischen Tänzerinnen, Nymphen. Die Gandharvas beziehen sich auf die himmlischen Musiker. Diese werden unterschiedlich beschrieben. Es gibt indische Schriften, die Dutzende von Astralwesen aufzählen.

In dieser einfachen Systematik kann man sagen, dass dies die Naturwesen, die Feenwesen, die Elfen usw. sind. Es gibt die Spezialkategorie, die sogenannten Bhutas, d. h. Elementewesen. In der Esoterik ist von den Undinen = Wassernymphen, den Sylphen = Luftwesen, den Salamandern = Feuerwesen und den Gnomen/Zwergen/Erdgeistern die Rede. Das sind die Bhutas.

Die Apsaras und Gandharvas können Pflanzengeister, Baumgeister, Pflanzenengel und Baumengel sein. Wenn du in der Natur bist, kannst du manchmal spüren, dass dort Feinstoffwesen sind. Dann gibt es insbesondere die Dikpalas, die Hüter von Orten. Wenn du an einen bestimmten Ort gehst, kannst du davon ausgehen, dass es dort irgendein Feinstoffwesen gibt, das für diesen Ort verantwortlich ist und an diesem Ort wirkt. Wenn du in einen heiligen Raum gehst, kannst du – bevor du ihn betrittst – einen Moment innehalten und dich mit den Dikpalas, den Hütern des Ortes, verbinden. Du kannst sie um Erlaubnis bitten, eintreten zu dürfen. Erst daraufhin betrittst du den heiligen Raum. In diesem Raum kannst du dann eine besondere Energie spüren. Jedes Haus hat einen Dikpala, jede Stadt hat einen Dikpala und jede Region. Insbesondere an heiligen Orten kann man besonderen Kontakt zu ihnen aufnehmen.

Es gibt auch die Devas. Diese können in der westlichen Esoterik und mit den Feinstofftraditionen mit den feineren Engelswesen in Verbindung gebracht werden. Sie haben übergeordnete Aufgaben. Sie sind verantwortlich für bestimmte Handlungen. Indra z. B. gilt als König der Götter, der sich um alles kümmert, was in der Milchstraße abläuft. Es gibt zudem Agni, den Feuergott, der verschiedene Feuerwesenheiten hat – Agni Bhuta. Es gibt Varuna, der sich um alles kümmert, was Wasser ist und mit allem in diesem Element in Verbindung steht. Und es gibt Vayu, den Windgott, der mit allen kleineren Windengeln in Kontakt ist und diesen vorsteht. Dann gibt es die Devas, die für ganze Planeten zuständig sind und für kosmische Kräfte stehen und so weiter.

Das ist etwas anderes als Ishvara. Ishvara ist der Gott, der im ganzen Universum ist und darin verschiedene Formen hat.

In diesem Sinne sind die Devas, die auch als Devatas bezeichnet werden, kosmische Kräfte, die in der Feinstoffwelt sind, auf allen Ebenen der Schöpfung bestimmte Funktionen haben und mit denen der Mensch in Kontakt treten kann. Von ihnen kann er lernen und sich mit ihnen einstimmen, um harmonisch zu leben.

Bei den Shanti Mantras, z. B. „Sham No Mitra“, werden die verschiedenen Feinstoffwesen angerufen, so etwa die Devas. Die Devas sind letztlich den Bhutas, Apsaras und Gandharvas vorgesetzt.

Zu all diesen, die alle mit der physischen Welt in Verbindung stehen und uns allen helfen können, gibt es jede Menge von subtilen Wesenheiten, die in ihren eigenen Universen sind und mit denen wir typischerweise nicht kommunizieren. Eventuell kann es denen gelingen, sich mal hörbar oder sichtbar zu machen. Eventuell können das die sogenannten Ufos oder Außerirdischen sein, die von einer anderen Dimension her zu uns kommen. Denkbar ist das.

Wie geht der Aspirant mit diesen Wesenheiten um?

Das Vedanta empfiehlt, sich mit keinem dieser Wesenheiten zu beschäftigen. Frag vor allem: „Wer bin ich?“ Erkenne dein Selbst und sei frei. Im Bhakti Yoga würde man sagen: Wende dich direkt an Gott und öffne dich für den Segen der Siddhas und Devas. Kümmere dich nicht um die anderen. Im Kundalini Yoga will man auf allen Ebenen der Existenz in Harmonie leben und positive Energien haben. Dort würde man sagen: Schick den Pretas Licht und Mantras. Lebe in Harmonie mit Apsaras, Bhutas, Gandharvas und Dikpalas und erbitte die Hilfe der Devas.

Gerade im Schamanismus spielt es eine große Rolle, die Pretas zu erlösen und mit diesen Feinstoffwesen Kontakt aufzunehmen, sie zu bitten, einen weiterzuführen zu den Devas, den höheren Wesenheiten, um zum Höchsten zu kommen.

Wenn du es nicht magst, brauchst du dich um all das nicht zu kümmern. Aber es kann etwas Schönes sein, Kontakt zu Wesenheiten auf verschiedenen Ebenen aufzunehmen und sich in die höheren Ebenen führen zu lassen. Insbesondere gibt es dir ein gewisses Vertrauen und Sicherheit, dass es mehr gibt als die physische Welt.

Bei Yoga Vidya gibt es Seminare zu Naturspiritualität und Schamanismus, in denen du lernen kannst, mit Baumwesen, Elfen und Feenwesen, mit Wassergeistern, Quellgeistern, Engelswesen und was es in diesem Bereich sonst noch alles gibt, Kontakt aufzunehmen. Auf unserer Internetseite sind weitere Infos zu den verschiedensten Formen der Engelswesen zu finden. Dort stehen dir Videos über 1.600 verschiedene Engel und Engelsnamen sowie Videos über dutzende von spezialisierten Astralwesen, Feinstoffwesen und deren Funktionen zur Verfügung. In der Suchfunktion kannst du den Namen eines konkreten Wesens eingeben oder allgemein nach „Feinstoffwesen“ und „Astralwesen“ suchen.

Wenn du durch die Natur gehst, kannst du Licht schicken und empfangen. Du kannst dich für Segensenergie öffnen, wenn du einen Raum betrittst und solche ebenfalls in den Raum hineingeben. Unabhängig davon, ob du daran glaubst oder nicht, ist es etwas Schönes, diesen inneren Modus zu haben, Licht zu geben, Licht zu empfangen, sich inspirieren zu lassen und Inspiration zu geben, sich nicht allein zu fühlen, sondern verbunden zu sein.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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