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YVS054 Spirituelles Wohnen

Wie kann man seine Wohnung, sein Zimmer oder sein Haus sattviger gestalten?

Wie du vielleicht weißt, kann man alles im Yoga sattvig, rajasig und tamasig gestalten. Und im Yoga wollen wir sattwig leben.

Wir wollen alles etwa so gestalten, dass es uns zum einen erhebt und dass es für Leichtigkeit und Freude des Geistes zuträglich ist. Wir wollen es so gestalten, dass es hilft spirituelle Stimmung zu erzeugen. Wir wollen es so gestalten das es aber auch ethisch und ökologisch vertretbar ist.

Seinen Wohnraum kann man sattvig, rajasig und tamasig gestalten.

Tamasig könnte z. B. dreckig bedeuten, Unordnung da ist, soweit das man nichts mehr tun kann.

Tamasig kann sich auch durch ungesunde Materialien ausdrücken, die in einem selbst und in den Mitmenschen Allergien und anderes auslösen. Tamasig kann auch die Gestaltung sein, die depressiv macht. Jetzt kannst du selbst überlegen. Vermutlich gehörst du nicht zu den Menschen, die tamasig wohnen. Aber vielleicht ein bisschen Tamas kann sich manchmal ansammeln im Sinne davon, dass sich dort das eine oder andere an Unordnung und Dreck ansammelt und was dich nicht mehr erhebt.

Es gibt ein kreatives Chaos und ich gehöre auch so leicht zu den kreativen Chaoten. Ich teile z. B. mein Büro mit zwei Assistentinnen. Ihr könnt raten, wessen Schreibtisch aufgeräumt ist und wessen kleine Stapel hat. Und meiner ist wahrhaftig der stapelbehaftete Schreibtisch. Und meine Assistentinnen sind mindestens momentan hypersauber und ordentlich. Wir kommen gut miteinander zurecht.

Aber dreckig darf es nicht sein. Und manchmal hilft es, wenn man sich nicht wohlfühlt aufzuräumen. Und danach fühlt man sich gut. Ich kenne einige Menschen, die immer dann, wenn es nicht so geht zwei, drei Stunden mit Aufräumen verbringen und dann ist auch der Geist wieder leichter und sattviger.

Als  Zweites wäre auch zu überlegen, ob es etwas im Wohnbereich gibt, das vielleicht aus ungesunden Materialien besteht? Die vielleicht etwas haben, was die Gesundheit negativ beeinflusst. Sollte das so sein, dann ist es klug sich davon zu trennen. Ich will jetzt das jetzt nicht so detailliert aufführen. Man braucht es jetzt auch nicht zu übertreiben. Aber wenn man sich nicht wohlfühlt und wenn man sich vielleicht woanders als in seiner Wohnung besser fühlt, wenn man woanders besser schläft als bei sich, dann stimmt etwas nicht.

Normalerweise sollte man in seinem eigenen Zimmer, seiner eigenen Wohnung besonders gut schlafen und sich regenerieren können. Vielleicht braucht es eine andere Matratze. Vielleicht muss die Matratze woanders sein.

Ich kann mich erinnern ich hatte mal jemanden, der hat mir erzählte, dass er seit zwei, drei Monaten Rückenprobleme hat, obgleich er dieselben Yogaübungen wie vorher macht. Da er bei mir Yogastunden gemacht hat, wusste ich, er macht die Yogastunden richtig. Eigentlich sollte jemand, der Yoga übt, keine Rückenprobleme haben. Und ich habe ihm noch einmal ein paar Tipps gegeben. Aber es hat nichts genutzt.

Das nächste Mal eine Woche später habe ich ihn noch einmal gefragt: „Wann hat das denn angefangen und hast du irgendetwas geändert? Hast du vielleicht deine Matratze geändert? Hast du das Bett umgestellt?“ Und dann sagte er plötzlich: „Ja, stimmt. Zwei Tage bevor das angefangen hat, habe ich eine neue Matratze gekauft. Aber das war doch eine ganz besonders gute Matratze. Vorher war noch eine alte Matratze aus meiner Studentenzeit vorhanden, schon 15 Jahre alt. Dann habe ich mir jetzt eine super, duper, super orthopädisch, usw. Matratze gekauft!“ Dann habe ich ihn gefragt: „Wo hast du denn deine Studentenmatratze?“ „Ja, die habe ich noch im Keller“. „Tausch sie einfach mal aus und stelle fest wie es dir geht.“

Und tatsächlich, eine Woche später kam er und hat gesagt, er habe jetzt seine Matratze weggegeben und er hat sich wieder eine günstige gekauft, die genau so war, wie seine Studentenmatratze und seitdem sind die Rückenprobleme weg.

 

 

Tamassige Farben vermeiden

Ein nächster Aspekt von Tamas vermeiden sind Farben. Es gibt Menschen, die machen ihre ganze Wohnung in dunklen Farben. Kann sein, wenn du dich wohlfühlst, ist es gut.

Vom Yoga her gelten als sattvige Farben weiß und gelb und helle Töne. Wenn deine Wohnung sehr dunkel ist, kann sie zu einem dunklen Gemüt führen. Sollte aber deine Wohnung dunkel sein und du fühlst dich gut, gibt es keine Notwendigkeit etwas zu ändern. Wenn du aber dunkle Farben hast und zu Hause fühlst du dich auch dunkel, probiere ein paar helle Bilder aufzuhängen oder die Wand weiß oder hellgelb zu streichen.

Dann schaue, welche Bilder du dort hast. Sind das vielleicht Bilder, die du früher mal gut fandst, aber die eigentlich eher deprimierend sind? Dann ersetze sie durch spirituelle Bilder.

Gehe vielleicht in deinem Geist durch dein Zimmer, durch deine Wohnung durch und schaue wie das wirkt, was da ist? Und eliminiere das, was nicht hilfreich für dich ist. Aber werfe nicht gleich alles raus! Insbesondere dann nicht, wenn du mit anderen Menschen zusammen bist. Jetzt nämlich alles tyrannisch zu bestimmen, ohne deine Mitmenschen mit einzubeziehen wäre rajasig. Also wenn du mit anderen zusammen bist, dann wäre es wichtig die anderen zu fragen und deine Anliegen hineinzubringen und zu überlegen.

 

 

Zur sattvigen Wohnraumgestaltung gehört aber auch Ökologie und Ethik. In der heutigen Zeit ist bekannt, dass der Planet beschränkte Ressourcen hat. Man sollte mit den Ressourcen von Mutter Erde sorgfältig umgehen. Nicht zu viel kaufen, insbesondere bei dem, was man kauft, schauen, es so ökologisch wie möglich zu machen, so wenig Ressourcen zu verbrauchen wie möglich, so wenig Mutter Erde schaden wie möglich. Deshalb ist es auch nicht ratsam jetzt alles wild rauszuschmeißen, sondern achtsam zu überlegen was weg oder ausgetauscht werden kann.

In diesem Sinne ist es vermutlich ökologischer dir eine Massage zu gönnen, anstatt irgendetwas zu kaufen nur um dir deine Stimmung zu verändern. Und dann immer mehr zu kaufen und dann immer mehr wegzuwerfen und dann immer Neues zu kaufen ist auch nicht die Lösung.

Wenn du Dinge aus deiner Wohnung sortierst, ist es manchmal die Mühe wert es zu einem Flohmarkt zu geben oder zu einem Charity Basar oder auch über Ebay, dass jemand anders etwas davon hat anstatt dort Mutter Erde weiter zu belasten.

In diesem Sinne würde man auch sagen, sparsam mit der Heizung umgehen, sparsam zu heizen, auch zu lernen sich vielleicht auch bei niedrigen Temperaturen wohl zu fühlen im Winter, was auch gesünder ist und vieles andere.

Also Ökologie, vielleicht auch Fair Trade und manches andere beachten bei dem, was du kaufst, ist auch wichtig für sattviges Wohnen.

In diesem Sinne sollten das nur ein paar Anregungen sein. Du kannst selbst überlegen wie du wohnst. Ob es so gut ist. Ob du es sattviger gestalten willst oder vielleicht fällt dir ja auch noch mehr ein.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS053 Umgang mit Wünschen und Bedürfnissen

Wünsche und Emotionen sind ein wichtiges Thema für alle Menschen. Sie sind ein wichtiges Thema für den spirituellen Menschen. Ich habe ja schon über verschiedene Bedürfniskategorien geschrieben: Sattva, Rajas und Tamas.

Heute möchte ich noch ein anderes Thema behandeln, das ich schon in anderen Kontexten angesprochen habe und das eines der Grundkonzepte ist das ich in meinem Buch „Der Königsweg zur Gelassenheit“ umfangreich mit vielen Beispielen beschreibe. Ein Konzept das ich in dem Seminar „Gelassenheit entwickeln“ genauer ausführe.

Umgang mit Emotionen und Wünschen:

Wünsche sind Handlungsempfehlungen mit Energie. DU selbst bist die Führungspersönlichkeit, die diese Handlungsempfehlungen entgegennimmt, wertschätzt und dann frei entscheidet, ob sie diesen folgen will oder nicht.

Die Evolutionsbiologen und die Evolotionspsychologen sagen, das alles menschliche Verhalten evolutionsbiologisch erklärbar ist und in irgend einem Kontext schon mal sinnvoll war. Unsere Wünsche sind entweder evolutionsbiologisch erklärbar oder eben auch biografisch erklärbar.

Alle Wünsche, die wir haben, haben ihren Sinn. So gibt es z. B. den Wunsch nach Süßem, nach Zucker. Evolutionsbiologisch erklärbar, wenn der Mensch in früheren Zeiten auf Nahrungssuche war, dann brauchte er kalorienreiche Nahrung, die Natur hat wenig hochkalorische Nahrung und die süßeren Zutaten haben etwas mehr Kohlenhydrate. Es ist also es sinnvoll, dass der Mensch Hunger nach Süßem bekommen hat.

In der heutigen Welt haben wir ganz andere Möglichkeiten den Appetit nach Süßem zu befriedigen. Natürlich führt das dann dazu das bei vielen Menschen der Blutzuckerspiegel durcheinander ist oder auch Übergewicht entsteht oder alle Körpersysteme durcheinander sind.

Wenn du merkst: da ist der Wunsch nach Süßem, dann solltest du einen Moment überlegen: Wünsche sind Handlungsempfehlungen mit Energie.

Vielleicht warst du gerade geistig sehr aktiv. Da ist der Blutzuckerspiegel etwas gesenkt. Du hast jetzt Lust auf eine Tafel Schokolade, bedeutet also Information mit Energie. Du könntest überlegen, statt der Schokolade ein paar Rosinen zu essen.

Du musst dich etwas disziplinieren, dich etwas zu beschränken. Dann wirst du feststellen, dass ein paar Minuten danach der Wunsch auf Süßes ist vorbei. Oder angenommen du hast den Wunsch jemanden anzuschreien. Da könntest du erkennen: Handlungsempfehlung mit Energie!

Die Handlungsempfehlung wäre das Anschreien. Und dann ist da jetzt noch eine Emotion, vielleicht auch eine Information dabei wie: Da hat mich gerade jemand nicht richtig behandelt.  Ich sollte also lernen damit geschickter umzugehen.

Anstatt gleich loszuschlagen, oder anstatt gleich loszubrüllen, oder anstatt dir selbst ein schlechtes Gewissen zu machen, das du einen solchen Wunsch hast, kannst du einen Moment innehalten, und dir bewusst machen: Handlungsempfehlung mit Energie. Vielleicht kannst du das einen Moment lang wertschätzten. Du kannst innerlich zu dir sagen: „Danke lieber Appetit, danke liebes Gefühl, danke lieber Sinn für Gerechtigkeit, danke für diese Handlungsempfehlung!“ Und nachdem du gedankt hast einen Moment innehalten und überlegen, was ist sinnvoll?

Die meisten der Wünsche sind ja auch sinnvoll unabhängig davon, ob wir sie als sattvig, rajasig oder tamasig ansehen, biologisch sind sie sinnvoll und biografisch sind sie auch sinnvoll.

Es ist sinnvoll, dass wir im Kalten frieren und es ist sinnvoll, dass uns sehr starke Hitze nicht angenehm ist. Es gibt zwar ein größeres Spektrum, für das der Mensch geschaffen ist, als unsere Wohlfühlzone aber es gibt bestimmte Informationen.

Jetzt kannst du gerade überlegen, ob du irgendeinen Wunsch hast? Anstatt jetzt dich über ihn aufzuregen oder ihn gleich umzusetzen nimm ihn als Handlungsempfehlung mit Energie an, danke dafür und dann entscheide, ob du ihn umsetzen willst.

Weder wirst du frustriert sein, wenn du Wünsche nicht umsetzt noch wirst du so glücklich sein, wenn du Wünsche umsetzt. Wichtig ist nur, dass du anerkennst, dass es sinnvoll ist und für diese Wünsche dankst.

 

Emotionen

Emotionen sind Informationen plus Handlungsempfehlung plus Energie oder nur Informationen plus Energie.

Als Emotion kann man z. B. Angst ansehen. Angst ist Information mit Energie. Du kannst beispielsweise Angst vor deinem Chef haben. Da ist also eine Information. Da ist ein wichtiger Mensch. Und es ist wichtig, dass ich mich dort gut verhalte. Der Chef entscheidet letztlich, ob ich eine Beförderung kriege, ob ich eine Prämie kriege, ob ich im Unternehmen bleiben kann, ob ich die richtigen Aufgaben haben kann.

Angst ist also hier eine sinnvolle Information. Da ist jemand in Verbindung mit Energie und vielleicht auch die Handlungsempfehlung, Aufgaben ordentlich zu machen und sich zu bemühen. Aber das sind alles Informationen und Handlungsempfehlungen. Die Informationen können fehlerhaft sein. z. B. haben Chefs heutzutage sehr viel weniger Macht als Mitarbeiter so denken. Man kann nicht einfach jemanden hinauswerfen und selbst Aufgaben anders verteilen.

Also die Information dahinter kann korrekt sein, kann aber auch irrtümlich sein. Die Handlungsempfehlung sich übermäßig auf den Job vorzubereiten kann hilfreich sein, kann aber auch falsch sein. Vielleicht ist die Situation nicht so wie es die eigene Angst sagt. So kann man mit seinem eigenen Unterbewusstsein sprechen und sagen: „Danke für die Information, danke für die Handlungsempfehlung!“ Und dann atme ein paar Mal tief ein und aus, wiederhole ein Mantra oder mache etwas anderes.

Oder angenommen du hast irgendwo etwas Ärger oder Wut. Das ist eine Information. Vielleicht hat ein anderer sich nicht richtig verhalten. Vielleicht hat er Grenzen nicht beachtet und hat nicht eingehalten was er versprochen hat. Das ist dann erstmal eine Information. Vielleicht ist auch eine Handlungsempfehlung dabei: „Du musst jetzt sofort laut losbrüllen, um dadurch die Sache zu ändern.“ Beides mit Energie. Du kannst dir das anhören und du könntest zu dir selbst sprechen und sagen: „Danke, lieber Gerechtigkeitssinn für diese Information! Danke für diese Handlungsempfehlung!“ Und danach bist du frei zu tun was du tun willst.

Also keine Reiz-Reaktionskette wie viele andere Menschen. Man drückt ihren Knopf und sie springen entsprechend der Reiz-Reaktionskette.  Habe kein schlechtes Gewissen, weil du als spiritueller Aspirant immer noch solche Emotionen hast, sondern halte einen Moment inne und erkenne: Da ist eine Information, nimm die Handlungsempfehlung raus, danke dafür, mache eine kleine Pause, und dann überlegst du, wie du geschickt handeln kannst.

Das waren ein paar Gedanken zu Wünschen und Emotionen vom Standpunkt aus, Wünsche als Handlungsempfehlung mit Energie, Emotionen als Informationen mit Energie, manchmal auch Information plus Handlungsempfehlung mit Energie wahrnehmen zu können.

Eine Technik um mit dir selbst besser zurechtzukommen, eine Technik um zu lernen eigenverantwortlich auch mit dir selbst umzugehen. Du hast viele Kräfte. Du hast viele Fähigkeiten. Lerne sie zu benutzen aber sei nicht abhängig von den verschiedenen Aspekten deines Geistes. Werde zum Raja, zur Führungspersönlichkeit, zum Herrscher, nicht zum diktatorischen Herrscher, der alles bestimmt, sondern vielleicht auch zum Koordinator, der die verschiedenen Fähigkeiten und Kräfte, die in dir sind, geschickt einsetzen kann.

Mehr Anregungen im Umgang mit Wünschen und Gedanken, Nutzung der Gedanken und Emotionen findest du in anderen Texten, die ich verfasst habe, als es um Raja Yoga ging. Die vier Aspekte des Geistes, die fünf Chitta Bhumis und letztlich auch wie man als spiritueller Aspirant nach dem Höchsten strebt.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS052 Spiritueller Materialismus

 „Spiritueller Materialismus“ ist ein Teil der Textreihe der Yoga Vidya Schulung,  in der es um ganzheitliche Entwicklung deiner Persönlichkeit und spirituelles Wachstum geht.

Wenn du als Anfänger auf den spirituellen Weg gehst, gibt es verschiedene Aufgaben. Es gilt das Leben spirituell danach auszurichten.

Wenn du diese Textreihe verfolgt hast, kennst du die wichtigen spirituellen Praktiken oder spirituellen Übungen Asana, Pranayama, Meditation. Darin gilt es eine regelmäßige spirituellen Praxis zu finden.

Erstens muss der Anfänger sich zunächst die Frage stellen „Wie kann ich wirklich täglich gut praktizieren“?

Zweitens gilt es in den Satsang zu gehen also regelmäßig mit anderen zu praktizieren und dadurch spirituelle Gemeinschaft zu erfahren.

Dann gilt es als Drittes einen sattvigen, spirituellen Lebensstil zu führen was sich auf Ernährung, Kleidung, Wortwahl, Musikgeschmack, Wohnung und auch die Art und Weise, wie man seinen Beruf lebt, auswirkt. Es gilt also seine spirituelle Praxis ins tägliche Leben zu integrieren.

Dann gibt es die Aufgabe uneigennützig zu dienen und etwas Gutes zu tun. Es gilt als Nächstes auch seine Wünsche und Bedürfnisse kennenzulernen und diese auf sattvige Weise zu leben.

Weiterhin ist es wichtig Beruf, Familie und Partnerschaft gut in das spirituelle Leben zu integrieren. Es gilt auch sich selbst anzunehmen wie man ist.

Es nützt nämlich nichts sich unglücklich mit sich selbst zu fühlen, sondern man muss lernen seinen Körper zu mögen, seine Psyche zu mögen. Zwar daranzuarbeiten aber zu mögen.

Das ist schon eine ganze Menge auf dem Weg. Und du magst sagen: Oh, wie soll ich das schaffen? Aber wenn du dies irgendwann mal bis zu einem gewissen Grad hinbekommen hast, dann lauert die nächste Gefahr, nämlich spiritueller Materialismus.

Das heißt du machst aus Yoga eine Art Lebensstil, ohne aber bewusst an dir selbst zu arbeiten.

 

Wie kannst du spirituellen Materialismus vermeiden?

Erstens:

Hier ein paar Tipps wie du spirituellen Materialismus vermeiden kannst. Das erste wäre dich öfter zu fragen: „Wozu mache ich das überhaupt? Und bringe ich Intensität in die spirituelle Praxis?“

Mache dir bewusst „Ich will Gott erfahren. Ich will mein tiefstes Wesen erfahren. Ich will die Einheit erfahren!“

Wenn du das nicht so ausdrücken magst, dann sprich es anders aus: „Bitte lieber Gott, liebe kosmische Energie, schenke mir die Befreiung. Lass mich dich erfahren. Lass mich deine Gnade erfahren. Gib mir höchste Erkenntnis!“ Diese Intensität ist wichtig.

Zweitens:

Bevor du meditierst und Asanas, Pranayama machst, mache dir nochmals bewusst, warum du das tust. Direkt davor. Übe dann mit neuer Intensität.

Drittens:

Intensiviere deine Praxis über die Bequemlichkeitszone hinaus. Wenn du 30 Minuten gut sitzen kannst, dann setze dich mal ein oder zwei Stunden für die Meditation hin. Wenn du gerne bestimmte Asanas übst, übe auch mal Asanas, die du nicht gerne machst. Und wenn du herausgefunden hast, dass du am besten um sieben Uhr meditierst, dann stehe mal um halb Fünf auf und mache um fünf Uhr Meditation. Gehe aus der Bequemlichkeitszone heraus.

Viertens:

Nächster Tipp wäre, wenn du jemand bist der regelmäßig sehr viel praktiziert, zwei bis drei Stunden täglich, dann reduziere die Menge an Praxis etwas, sodass du innerlich so den Zwang spürst intensiver dabei zu sein. Das geht jetzt nicht, wenn du nur eine halbe oder eine Stunde am Tag praktizierst, aber wenn du zwei oder drei Stunden täglich praktizierst und dann trotzdem das Gefühl hast du bleibst stecken, kann es hilfreich sein mehr zu praktizieren oder auch etwas weniger.

Fünftens:

Mache bewusst Dinge, die dir keinen Spaß bereiten. Bringe etwas Unbequemlichkeit ins Leben hinein. Und lerne dann Dinge zu mögen, die du bisher nicht gemocht hast. Melde dich für die Dinge, die du nicht so gerne machst und mache sie mit Intensität und Freude.

Sechstens:

Verzichte auf die eine oder andere Bequemlichkeit. Tapas hilft dir auch aus dem spirituellen Materialismus auszubrechen. Also im Sinne davon, dass du mal verzichtest, auch beim Essen und dann auch mal fastest. Oder iss mal etwas was zwar grundsätzlich ethisch verantwortbar ist, was aber nicht ganz so einhundert Prozent gesund ist. Oder verzichte mal auf die eine oder andere Mahlzeit oder verzichte mal eine Woche auf alles Süße oder alles Salzige. Mache etwas was unbequem ist.

Siebtens:

Überlege, an welcher Eigenschaft du arbeiten kannst. Am Anfang wollen Menschen alles revolutionieren und wollen in ein paar Monaten zum Heiligen werden.

Dann stellen sie fest, dass das etwas länger dauern wird und irgendwann arrangieren sie sich mit allen kleineren und größeren Schwächen und hören auf, an sich systematisch zu arbeiten. Überlege, welche Eigenschaft du in dir kultivieren willst.

Vielleicht willst du mehr Geduld kultivieren, Mut kultivieren, Einfühlungsvermögen kultivieren, deine Schüchternheit überwinden, usw.

Ein Meister, den ich sehr schätze, Swami Chidananda hat mal gesagt: „Jeder Aspirant sollte immer wissen, an was er oder sie gerade bewusst arbeitet!“ Jetzt kannst du einen Moment innehalten und könntest dir selbst überlegen, woran du momentan bewusst arbeitest. Wenn du es nicht weißt, dann bist du entweder erleuchtet oder du bist noch nicht regelmäßig auf dem Weg. Wenn du regelmäßig auf dem Weg bist, vielleicht bist du gerade in einer spirituellen Gemütlichkeitsphase. Überlege, woran du arbeiten könntest.

 

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS051 Umgang mit den eigenen Schattenseiten

Als spiritueller Aspirant wirst du manchmal Eigenschaften in dir begegnen, die du nicht besonders magst. Wie gehst du damit um? Manche davon kannst du transformieren. Manche davon kannst du spiritualisieren und andere sind etwas hartnäckiger.

Das Konzept des Schattens wurde besonders beschrieben von einem Psychiater namens Carl Gustav Jung, ein Schüler von Sigmund Freud, der Spiritualität auch in die Psychologie integriert hat.

  1. C. G. Jung war auch ein Yogaübender. Und er war ein lebhafter Teilnehmer an Kongressen und Konferenzen in Bezug auf Yoga, Buddhismus und Spiritualität. Und er hat gesprochen über zwei Arten von Schatten, die der Mensch hat.

Man kann sagen, der eine Schatten sind Schattenseiten, die man in sich nicht mag, die man aber leben sollte, integrieren sollte, auf eine gute Weise leben sollte.

Die zweite Art eines Schattens sind Schattenseiten, die wir nicht leben sollen, derer wir uns bewusst werden können und sie letztlich utilarisieren können.

Ich werde jetzt keinen Text erstellen genau in der Terminologie von C. G. Jung. Ich will einfach einige dieser Erkenntnisse übersetzen in die spirituelle Sprache wie sie vielleicht üblich ist oder wenigstens bei Yoga Vidya üblich ist.

Also zunächst der Schatten, den wir haben und den wir integrieren sollen. Was kann damit gemeint sein? Angenommen du bist ein sehr ordentlicher Mensch und du hast einen Kollegen oder einen Nachbarn oder vielleicht auch ein Kind, das absolut unordentlich ist?

Nehmen wir an du bist ordentlich und du hast immer deinen Schreibtisch picobello und dein Kollege hat ein Chaos. Da sind Stapel und alles Mögliche und das regt dich furchtbar auf. Du denkst immer: wie kann man nur?

Wenn dich etwas in einem anderen aufregt, was dich eigentlich nichts angeht und was eigentlich von einer übergeordneten Ethik nicht wirklich unethisch ist, dann bist du vielleicht deinem Schatten dort begegnet und du bekämpfst ihn in jemand anderem.

Vielleicht hast du auch eine chaotische Seite in dir. Vielleicht hast du auch eine kreative Seite in dir. Und vielleicht hast du Angst davor. Vielleicht ist sogar deine Ordnung und deine Ordentlichkeit nur eine Weise dein eigenes Chaos zu strukturieren. Und du bekämpfst es jetzt in jemand anderem. Dann wäre es überlegenswert wie könntest du vielleicht diese chaotische Seite in dir mal etwas leben?

 

Vielleicht hast du einen anderen Schatten. Du hast auch eine Seite, die sich vielleicht nach Ordnung sehnt, nach Ruhe, nach einem strukturiertem Dasein. Vielleicht solltest du dein Chaos auch ab und zu mal etwas mehr strukturieren und auch etwas Strukturierteres in dein Leben bringen.

Vielleicht magst du einen Moment überlegen. Insbesondere, was regt dich bei anderen auf, was aber von einem ethischen Gesichtspunkt her nicht unethisch ist?

Also wenn dich zum Beispiel aufregt wie Menschen andere niedermachen, dann ist das gut. Das ist jetzt kein Schatten. Wenn dich aufregt wie Menschen die Ressourcen dieses Planeten vergeuden, dann ist das kein Schatten. Sondern das ist eine gewisse Bewusstheit.

Aber wenn dich Ordnung oder Unordnung aufregen, Extroversion, Introversion aufregt, wenn dich oberflächliches Geschwätz aufregt, dann hast du da vielleicht einen Schatten. Und wenn du dort einen Schatten hast, kannst du überlegen ist dieser integrierbar? Ist da irgendwas in mir was das auch will?

Aber es kann sein, das du ein sehr ordentlicher Mensch bist und wenn dein Kollege Chaos auf dem Schreibtisch hat, dann schaust du es nur liebevoll an. Dann hast du keinen Schatten.

Wenn dich nicht aufregt, was ein anderer macht, selbst wenn du es nicht machst, dann ist es kein Schatten. Du musst nicht alle Aspekte des menschlichen Verhaltensspektrums leben.

Gut, vielleicht bist du zu dem einen oder anderen gekommen. Vielleicht magst du überlegen. Vielleicht magst du einen Moment lang diesen Text unterbrechen, aufschreiben oder überlegen, wo du vielleicht einen Schatten hast und wie du ihn vielleicht leben kannst.

 

 

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Stark Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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In den letzten Texten schrieb ich über Sattva, Rajas und Tamas, wie wichtig es ist sattwig zu leben. Ich hatte davon geschrieben wie man den Beruf spiritualisiert, Partnerschaft spiritualisiert. Ich hatte auch schon etwas über sattwige Ernährung geschrieben und über die Wichtigkeit an sich selbst zu arbeiten. Ich hatte geschrieben über die verschiedenen spirituellen Praktiken. Das letzte Mal auch über die 5 K, die fünf Dinge, die man keinesfalls zu sich nehmen sollte.

Auf dem spirituellen Weg ist aber auch wichtig, dass man es realistisch herangeht. Und letztlich geht es auch um Dharma, das heißt seine eigenen Talente leben oder auch sich selbst kennenlernen und würdigen lernen. Man kann sagen das ist auch ein Aspekt von Selbstliebe.

Was soll das genau heißen? Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Temperamente. Und es ist wichtig, dass du realistisch an den spirituellen Weg herangehst und keine Ideale hast, die deinem Temperament letztlich widersprechen. Der Tipp ist nämlich: lebe dein Temperament. Lebe es auf sattvige Weise. Aber identifiziere dich nicht mit deinem Temperament und lass dich auch nicht durch dein Temperament begrenzen. Ich gebe ein Beispiel. So wird es am leichtesten.

Angenommen du hast ein zyklothymes Temperament. Das wäre zum Beispiel himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Wenn du ein solches Temperament hast, dann magst du erwarten, dass wenn du Yoga übst die Tiefen weggehen und du nur noch euphorisch bist. Das ist unrealistisch. Wenn du ein zyklothymes Temperament hast, dann wirst du das höchstwahrscheinlich auch haben, wenn du spirituell praktizierst. Es gibt Ausnahmen. Ich kenne Menschen, die sagen, dass sie vor Beginn ihrer Spiritualität, immer ihre Hochs und ihre Tiefs hatten und dass seitdem sie Yoga machen, sie insgesamt doch eine gleichmäßige Gelassenheit haben. Es gibt zwar kleinere Schwankungen, aber nicht mehr die großen wie vorher. Das kann geschehen. Und wenn es geschieht, sei dankbar dafür. Doch das geschieht mehr oder weniger von selbst. Es geschieht. Dazu braucht es keine besondere Anstrengung. Du musst nur täglich deine Asanas, Pranayama und Meditation üben, einen Sinn in deinem Leben sehen. Und wenn dann manches von dir abfällt, dann war das nicht wirklich etwas, was du in der Tiefe deines Wesens warst.

Aber wenn du wirklich jemand bist mit zyklothymen Temperament, dann wirst du das auch bleiben, wenn du Yoga übst. Du wirst es nur anders sein können. Dann kann es sein, dass du Hochenergiephasen und Niedrigenergiephasen hast. Und beide haben wichtige Aspekte, Lernaspekte. Erwarte nicht vom spirituellen Weg, dass du ab da nur noch Hochs hast.

Selbstliebe ist ja auch ein wichtiges Wort oder Selbstakzeptanz. Wenn du überlegen würdest, angenommen, ich hätte weder die Hochs noch die Tiefs, wäre mir das lieber? Wenn du jemand mit zyklothymen Temperament bist, würdest du sagen, nein. Einfach so gemäßigt das will ich nicht sein.

Wenn der Preis für meine Hochs ist, dass ich auch Tiefs haben muss, dann bin ich bereit diesen Preis zu zahlen.

Und so solltest du mit zyklothymen Temperament dir überlegen, wie wird deine Praxis sein in deinen enthusiastischen Hochenergiephasen? Vielleicht werden die Praktiken intensiver sein. Vielleicht werden sie mehr sein. Oder müssen sie ausgleichend sein. Vielleicht werden sie euphorischer sein. Es kann auch anders sein.

Und du kannst dir überlegen wie werden meine spirituellen Praktiken sein in Niedrigenergiephasen? Wichtig ist, dass du in den Niedrigenergiephasen auch wirklich praktizierst und nicht aus lauter Enttäuschung, dass du jetzt doch wieder in deine Melancholie hinein gestürzt bist, ganz aufhörst mit spirituellen Praktiken.

Wenn du also grade jetzt in einem Hoch bist oder auf einem aufsteigenden Ast oder merkst schon, es kann demnächst kippen, dann überlege schon, wie wirst du praktizieren in der Niedrigenergiephase, in der melancholischen Phase, in der Verzweiflungsphase? Vielleicht wirst du weniger praktizieren. Vielleicht wirst du mehr schlafen müssen. Oder du wirst anders praktizieren müssen. Vielleicht wirst du auf Sonnengruß verzichten und einfach direkt mit der ersten Asana beginnen. Vielleicht wirst du mehr meditieren oder weniger meditieren. Oder du wirst mehr oder weniger Pranayama machen. Es ist gut als Mensch mit zyklothymen Temperament zu überlegen, wie sieht meine Hochenergiepraxis aus und wie sieht meine Niedrigenergiepraxis aus?

 

Zweiter Aspekt von Temperament ist Introversion und Extroversion. Es gibt eher introvertierte Menschen. Es gibt eher extrovertierte Menschen. Introvertierte Menschen sollten jetzt nicht denken, dass sowie sie Yoga machen zu euphorischen Menschen werden, die jetzt mit allen Menschen leicht Kontakt haben. Sondern du kannst es wertschätzen, dass du gerne allein bist, allein mit dir sein kannst, dass du Kraft bekommst in dir selbst. Und dann lass dich nicht durch die Introversion behindern. Gehe auch die ja auch auf andere zu. Überwinde deine Schüchternheit und Yoga wird die dabei helfen. Mit Yoga hast du mehr Energie, mehr Mut, mehr Selbstvertrauen. Aber ein bisschen eigenes Bemühen braucht es auch.

Wenn du extrovertiert bist, dann denke jetzt nicht, dass du zu einem Menschen wirst, der jetzt nur alleine mit sich selbst zufrieden ist und dass du nur noch schweigen wirst und endlich aufhörst dich mit oberflächlichen Menschen zu beschäftigen und ab jetzt nur noch den ganz wichtigen Dingen des Lebens folgst.

Als extrovertierter Mensch brauchst du Gesellschaft von anderen Menschen. Und die müssen auch nicht alle genauso spirituell sein wie die, die du idealerweise hättest. Aber als extrovertierter Mensch nimm dir Zeit für deine Praktiken. Verbinde deinen überschäumenden Enthusiasmus mit Liebe. Erwarte von Anderen nicht zu viel. Freue dich. Sieh das Göttliche in Allen.

Eine weitere Form von Temperament, die ich jetzt hier herausgreifen möchte, ist Ängstlichkeit bis Paranoia. Jetzt nicht die psychotische Paranoia, die ist behandlungsbedürftig durch einen Psychiater. Sondern Angst, die jemand ständig hat vor allem Möglichen. Ich möchte hier gerade verweisen auf mein Buch „Der Königsweg zu Gelassenheit“, oder auch die Videoreihe über Tugenden und Schattenseiten. Da gibt es eine Reihe von 2.700 Videos. Angenommen du bist ein Mensch, der eher zu Ängstlichkeit neigt, dann wirst du vermutlich auch künftig sehen, was für Gefahren dort sind. Eventuell hast du eine bestimmte Neigung des Vata-Temperamentes. Vielleicht hast du ein introvertiertes Vata-Temperament.

Vata ist ein Ausdruck aus dem Ayurveda. Man sieht was alles schiefgehen könnte und man spürt alles. Du könntest dich als Frühwarnsystem begreifen. Ängstliche Menschen sehen viele Gefahren und bereiten sich vielleicht vor, müssen aber auch zwischendurch den Mut bekommen sich nicht von der Ängstlichkeit beherrschen zu lassen.

Ich kenne einige langjährige spirituelle Menschen, für die ist es immer noch eine Überwindung zum Beispiel einen Yogakurs zu geben und sie äußern immer noch tausend Bedenken, wenn man ein neues Projekt beginnt. Das ist nichts Schlechtes. Solche Menschen sind auch wichtig. Es ist wichtig sich bewusst zu machen, das doch einiges schiefgehen kann. Und es ist auch wichtig, dass man sich gut vorbereitet auf etwas. Wenn du also ein ängstlicher Mensch bist, dann erwarte nicht, dass du jetzt ein Mensch voller Optimismus werden wirst. Sondern liebe dich auch dafür, dass du die Schwierigkeit siehst. Bereite dich besser vor. Sei dir bewusst, dass es vielleicht deine Aufgabe auch ist, Dinge zu erwähnen, die schiefgehen können. Entwickle aber auch Mut. Lass dich nicht von deiner Ängstlichkeit beherrschen. Ja, und Yoga hilft dir auch mit Atemübungen, mit Meditation, mit anderen Körperübungen Prana zu bekommen, Selbstvertrauen zu bekommen um Schüchternheit und Ängstlichkeit zu überwinden.

Dann gibt es noch das melancholische Temperament. Also Menschen, die immer wieder am Sinn des Lebens verzweifeln, Menschen, die immer wieder sehen wie viel Hohlheit in dieser Welt ist, Menschen, die das Leiden in der Welt in hohem Maße sehen.

Wenn du jetzt Yoga übst, dann erwarte nicht, dass du immer euphorisch bist. Vielleicht wirst du euphorische Phasen haben. Aber wertschätze dich selbst auch für dieses Temperament. In unserer heutigen Zeit werden die Melancholiker viel zu wenig wertgeschätzt. Es gibt sehr viele große Denker, die melancholisch waren. Von Schopenhauer über Goethe, vermutlich auch der Buddha, denn die erste der vier edlen Wahrheiten ist „Alles Leben ist Leiden“, und viele andere.

Daran siehst du: auch Melancholiker können tief denken. Und indem du dir bewusst machst, das Leid der Welt zu sehen, die Oberflächlichkeit zu durchschauen siehst du tief und du blickst durch, worum es dort geht im Leben. Wertschätze dich dafür und spiritualisiere es, so kannst du Vairagya und Viveka entwickeln. Aber bleibe dort nicht hängen. Es gibt noch etwas Tieferes als Melancholie. Und das ist die Freude und die Liebe des Selbst. Wenn es dir zwischendurch immer wieder gelingt Herzensverbindung zu anderen Menschen aufzunehmen, dich zu öffnen für den göttlichen Segen, findest du Freude in der Tiefe.

Du wirst vielleicht auch nach Yoga weniger oberflächliche Freude empfinden. Dafür wirst du tiefer blicken und vielleicht weniger Versuchungen zum Opfer fallen. Aber du wirst zur großen Freude kommen. Nicht umsonst werden die Bilder und die Statuen von Buddha immer von großer Freude gekennzeichnet sein. Durch das Annehmen des Leides in dieser Welt könnend die Melancholiker über das Leiden hinaus wachsen und tiefe Freude, Liebe und Mitgefühl erfahren.

Ähnlich ist es auch mit Pessimisten. Pessimisten sind solche, die sehen was alles schiefgehen kann. Und die sich deshalb darauf vorbereiten. Wenn du ein Pessimist bist, erwarte nicht, dass du durch das Yoga zum Optimisten wirst. Du wirst vielleicht Pessimist bleiben und wertvoll sein, weil du zum einen siehst, was schiefgehen kann. Deshalb wirst du vielleicht eine gesündere Ernährung haben. Deshalb wirst du vielleicht konsequenter sein mit Gesundheitstipps, deshalb wirst du zum Beispiel, wenn du etwas Neues angehst, genauer schauen was alles schiefgehen kann und dich darauf vorbereiten.

Deshalb wirst du vielleicht in deinem Verein oder bei deiner Arbeit Andere auch darauf aufmerksam machen, was schiefgehen kann und sorgst so für den gesamtheitlichen Erfolg.

Schätze dich also auch für deine Fähigkeit zum Pessimismus. Aber gehe noch tiefer. Denn in der Tiefe heißt Spiritualität Vertrauen in Gott. Letztlich auch die Dinge, die schiefgehen, haben einen Sinn.

Auch die Probleme die kommen sind Aufgaben, an denen man wachsen kann. Und hinter allem ist die göttliche Wirklichkeit.

Das waren jetzt nur ein paar Anregungen zum Thema eigenes Temperament annehmen, spirituelle Selbstliebe entwickeln.

Überlege jetzt selbst, welche Aspekte hast du in deinem Temperament? Überlege, welche positiven Aspekte dein Temperament hat und wie du es spirituell leben kannst. Aber überlege auch, dass du dich nicht beherrschen lassen willst von diesem Temperament, vielleicht welche ergänzenden Aspekte du auch in dir hast, die auch gelebt werden wollen und die du leben kannst für Gutes in der Welt, für ein volles Leben um Gutes zu bewirken und für spirituelle Entwicklung. Und mache dir bewusst; ich bin nicht Körper und Geist. Unsterbliches Selbst bin ich. Ich bin nicht die Psyche. Ich bin auch nicht das Temperament und die Persönlichkeit. Ich habe einen Körper, eine Psyche, ein Temperament mit vielen Eigenschaften. Und ich kann etwas tun für meinen Körper. Ich kann meine Psyche entwickeln. Und ich bin das unsterbliche Selbst.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Heute möchte ich über eine wichtige Empfehlung sprechen, die zu den sogenannten Sattwa-Empfehlungen gehört nämlich das Konzept des sogenannten „Fünf K“.

„K“ steht hier für „kein“. Fünf Dinge, die man nicht zu sich nehmen soll. Es hat etwas zu tun mit Kama unter den vier Purushartas. Hier nicht Karma, sondern Kama.

Und das heißt, auf der Ebene der Sinnesbefriedigung gibt es Sattwa, Rajas und Tamas. Und darüber habe ich ja in den vorigen Vorträgen schon eine Menge erzählt. Unter anderem gibt es eben das Tamasige.

Die grob tamasigen Dinge sind eben Fleisch, Fisch, alkoholische Getränke, Rauchen und Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes.

Und diese fünf K sind tamasig aus verschiedenen Gründen. Und ein spiritueller Aspirant sollte auf diese fünf Substanzen verzichten. Der Verzicht auf diese fünf Substanzen ist motiviert aus verschiedenen Gründen, gesundheitliche Gründe, energetische Gründe, bewusstseinsmäßige Gründe und ethische Gründe.

Und weil es für diese fünf Gründe gibt auf allen vier Ebenen, ist es besonders wichtig darauf zu verzichten. Zunächst einmal gesundheitliche Gründe.

 

Erste Begründung

All das Genannte ist ungesund. Fleisch ist ungesund. Fisch ist ungesund. Alkoholische Getränke sind ungesund, Rauchen ist ungesund, Drogenkonsum ist ungesund. Und zwar sehr stark ungesund. Bis heute nimmt man an die wichtigsten Empfehlungen sein Leben um 10 Jahre oder mehr zu erhöhen wäre nicht zu rauchen, es wird oft gesagt nicht zu viele alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, Fleisch und Fisch zu reduzieren und auch keine Drogen zu sich zu nehmen. Also es gibt wichtige Gesundheitsgründe.

Zweite Begründung

Als Zweites sind wichtig energetische Gründe. Im Yoga wollen wir eine sattwige, eine feinstoffliche Energie haben. Wir wollen unsere höheren Chakren aktivieren. Es ist vielleicht schwierig für Menschen, die nicht auf dem spirituellen Weg sind, das zu beschreiben aber es gibt ein gewisses sattwiges Energiegefühl, eine gewisse Leichtigkeit, eine gewisse Ausstrahlung, ein gewisses Licht.

Man sieht es Menschen an, ob sie spirituell praktizieren und auf diese Dinge verzichten oder ob sie es nicht tun. Man sieht es sogar, wenn Menschen spirituell praktizieren und dabei Fleisch essen und Alkohol trinken. Es ändert die Aura.

Also was man zu sich nimmt plus die spirituellen Praktiken, hat einen Einfluss auf Prana. Und wenn es dir um die Erleuchtung geht, wenn du auf dem spirituellen Weg vorankommen willst oder wenn du einfach nur ein leichtes Energiegefühl haben willst dann verzichte auf all das. Bestimmte dieser Substanzen machen dumpf und blockieren die Nadis. Und dazu gehört Fleisch und Fisch und Rauchen. Diese Substanzen bringen das Pranafeld durcheinander und schaffen eine schlechte Ausstrahlung bzw. eine diffuse Ausstrahlung. Dazu gehört z. Bsp. Alkohol. Und manche der Substanzen können sogar Nadis, Energiekanäle beschädigen und auch Chakras beschädigen. Dazu gehören Drogen. Der Grund weshalb Drogen ja auch bewusstseinsverändernde Wirkung auf den Geist haben und danach noch lange nachwirken, ist das sie einen starken Einfluss haben auf Nadis und Chakras und zum Teil auch Energieprobleme entstehen, die zum Teil noch Monate, vielleicht sogar Jahre weiter da sind.

Es gibt emotionale Gründe und es gibt eben auch bewusstseinsmäßige Gründe. Im Yoga wollen wir meditieren können. Wir wollen tiefe Erfahrungen machen in der Meditation. Und wenn man diese Substanzen zu sich nehmen würde, die man nicht zu sich nehmen soll, dann fällt es schwerer zu meditieren. Die Erfahrungen in Asanas und Pranayama sind nicht so gut. Umgekehrt verzichtest du auf Fleisch, Fisch, Alkohol, Rauchen und Drogen dann sind deine Erfahrungen in der Meditation tief und großartig.

Daher der Tipp: verzichte auf Fleisch, Fisch, Rauchen, Alkohol, Drogen.

 

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS048 Freunde auf dem spirituellen Weg

Wenn wir den spirituellen Weg anschauen, dann spielen die sogenannten vier Purusharthas eine Rolle, und es spielt Sattwa, Rajas und Tamas eine Rolle.

Die vier Purusharthas sind Kama, Artha, Dharma und Moksha.

Freunde für das Vergnügen

Freunde zu haben ist ein menschliches Bedürfnis. Nicht alle Menschen haben das gleiche Bedürfnis, aber die meisten Menschen wollen auch mit anderen zusammen sein. Und so gibt es manche Freunde, die man einfach hat, um etwas Schönes miteinander zu machen, um sich miteinander wohl zu fühlen. Auch Aristoteles hat ja zum Beispiel eine Klassifikation von Freunden gemacht, eben das eine ist, dass Freunde für Vergnügen, man würde sagen kama im Sinne von: Man macht gemeinsam etwas, was schön ist, oder man genießt einfach das zusammen sein mit dem andern.

 

Die Nutzen-orientierte Freundschaft

Eine zweite Art von Freundschaft ist die Nutzen-orientierte Freundschaft. Man hat ein paar Freunde und die Hauptbasis der Freundschaft ist: Man hilft sich gegenseitig. Es gibt, zum Beispiel, Geschäftsfreunde, und tatsächlich sind viele Menschen, die beruflich miteinander zu tun haben, Freunde. Wenn ein Unternehmen Kunden hat, wachsen oft irgendwelche Freundschaften zusammen. Oder, gar nicht mal selten, wenn eine Unternehmerpersönlichkeit mit dem Rechtsanwalt oder Steuerberater zu tun hat, irgendwo entsteht dann auch eine gewisse Freundschaft. Oder unter Kollegen entstehen Beziehungsgeflechte, wo auch eine gewisse Freundschaft dabei ist. Also Freundschaft wo man sich gegenseitig hilft – auf diesem Gebiet.

Dann gibt es aber auch Freunde und auch Aristoteles findet diese besonders wichtig: Freunde, die einem helfen sich zu entwickeln. Freunde, die interessiert sind an dem anderen für sich selbst. Die sind also nicht nur da, wenn man miteinander Spaß hat, nicht nur da, wenn man davon einen Nutzen hat, sondern man ist tiefer interessiert in den anderen. Und indem man einen Freund hat, der tiefes Interesse an einem selbst hat, hilft das auch der Selbstfindung und Selbstentwicklung. In diesem Sinne können sich Freunde auch gegenseitig und unterstützen und ermutigen in der Persönlichkeitsentwicklung, können sich gegenseitig unterstützen/ermutigen auch in sozialem/ökologischem Engagement Gutes zu bewirken. Und gute Freunde würden sich auch unterstützen auf der Ebene von Moksha, eben auf dem spirituellen Weg. Wenn man Freunde hat, mit denen man sprechen kann über Gott, über spirituelle Praxis, über ethische Fragen auf dem Weg, wenn man jemanden hat, dem man seine spirituellen Zweifel mitteilen kann, und der einem dann hilft, diese Zweifel zu überwinden, wenn man jemanden hat, dem man seine spirituellen Erfahrungen beschreiben kann, seine Schwierigkeiten, aber auch seine schönen Erfahrungen, ist das etwas sehr Wertvolles.

Manche Menschen wollen all das von ihrem Partner/ihrer Partnerin haben, manchmal ist aber Partner/Partnerin überfordert damit, und Mensch braucht auch Freunde.

 

Freunde auf verschiedenen Ebenen

Die meisten Menschen haben verschiedene Freunde, auch wenn im Deutschen zum Teil das Wort „Freund“ in einen sehr engen Kontext bezogen wird, insbesondere Männer bezeichnen manchmal nur das als ihren Freund, was in anderen Kulturen oft von Frauen als der „beste Freund“ bezeichnet wird. Typischerweise, ob das immer so ist weiß ich nicht, ist es meine Erfahrung, unter Yoga Aspiranten/Aspirantinnen, eine Reihe von Frauen erzählen von ihren Freundinnen, und haben dann recht viele, und Männer sprechen seltener von ihren Freunden, höchstens von ihrem Freund, oder, ja, man ist halt zusammen, aber man würde sich nicht unbedingt als Freund bezeichnen.

Ich würde jetzt sagen: Jeder Mensch, der in etwa auf gleicher Ebene steht, und zu dem man eine gewisse Beziehung von Liebe hat, und mit dem man über einen gewissen Zeitraum in Verbindung steht, ist in dieser Hinsicht ein Freund, oder eben eine Freundin.

Und es kann manchmal hilfreich sein, wenn man sich bewusst wird – auf welchen Kategorien ist denn dort Freundschaft?

Es gibt manche Freunde, da ist es einfach schön, mit denen zusammenzusein. Und vielmehr braucht es dann auch nicht. Es gibt manche Freunde, die einen unterstützen. Man weiß: Wenn ich dort irgendwas brauche, sowohl beruflich, oder auch für mein zu Hause, die sind da, die sind hilfsbereit. Vielleicht nicht unbedingt die Freunde, die man auf der Kama-Ebene hat. Es kann manchmal helfen, dass man weiß: Auf den kann ich diesbezüglich bauen. Aber wenn ich das von einem Menschen erwarte, der einfach nur mit mir zusammen ist, weil es schön ist, dann werde ich enttäuscht sein, wenn ich dort echte Hilfe erwarte. Da kann man sich drüber ärgern, dass man die Hilfe nicht bekommt, man könnte aber auch sagen: Gut, unterschiedliche Freundschaften, unterschiedliche Formen von Liebe.

Wenn man sich so ein bisschen bewusst macht, auf welchen Ebenen man dort Freundschaften hat, und dass es okay ist, wenn man Freundschaften hat, die nur auf einer Ebene da sind, dass es schön ist, wenn man Freundschaften hat, die, vielleicht mindestens ein oder zwei Freunde, die vielleicht besonders tief sind, dann erleichtert das manches. Man erwartet nicht von den Menschen, mit denen man ab und zu mal nett zusammen ist, dass die für einen da sind, wenn es kritisch wird. Man erwartet auch nicht unbedingt, dass die Menschen, mit denen man beruflich irgendwie ein angenehmes Verhältnis hat, dass die einen in der Tiefe der Seele verstehen, und dass man ihnen aus seinen tieferen Problemen und Anliegen erzählen kann. Sie müssen noch nicht mal ein Verständnis haben für den eigenen, spirituellen Weg.

Spirituelle Freunde

Umgekehrt gibt es auch spirituelle Freunde, die auf der Ebene von Moksha sind. Mit denen man, zum Beispiel, zusammen einen Yogakurs besucht, eine zweijährige Yogalehrerausbildung zusammen macht, wo es schön ist, sich über spirituelle Fragen auseinander zu setzen und mit ihnen zu teilen. Man inspiriert sich gegenseitig. Aber das muss nicht heißen, dass die unbedingt einem helfen würden, wenn es darauf ankommt. Das muss nicht heißen, dass, wenn man zusammen ins Kino gehen würde, oder zusammen in eine Pizzeria geht, dass das schön wäre – unterschiedliche Freundschaften, unterschiedliche freundschaftliche Liebe, auf unterschiedlichen Gebieten. Und so kann diese Art von Purushartha einem helfen, seine Bekannten, zu denen man durchaus eine Herzensverbindung hat, mal durchzugehen. Und vielleicht magst du jetzt mal einen Moment innehalten und gerade überlegen: Was würde ich denn als meine Freunde im weiteren Sinne ansehen?

 

Und auch auf dem spirituellen Gebiet, spirituelle Freundschaften heißt auch wieder: Freundschaften untereinander, wo man sich in sattwiger Spiritualität gegenseitig stärkt.

Noch etwas zur Pflege von Freundschaft und Finden von Freundschaften. Freundschaften entstehen, wenn man mit anderen Menschen zusammen ist. Eine einfache Weise, Freundschaften zu finden, wäre, zum Beispiel: Gemeinsam einen Yogakurs zu besuchen. Und es hat eine besondere Schönheit, zum Beispiel auch eine zweijährige Yogalehrerausbildung mitzumachen, und einfach eine halbe Stunde vorher zu kommen, ne viertel Stunde länger zu bleiben. Allein dadurch, dass man Menschen hat, mit denen man spricht, entsteht Freundschaft. Der Mensch hat die wunderbare Fähigkeit der Empathie, das heißt, die Fähigkeit, Liebe zueinander zu entwickeln, zu kultivieren, zu erfahren. Wenn du also Freundschaften suchst auf einem bestimmten Gebiet, dann sorge einfach darum, dass du regelmäßig Kontakt mit anderen hast. Dann zeige Interesse für den anderen. Spricht miteinander, spüre vom Herzen etwas, und erzähle auch etwas von dir. Erzähle ruhig auch ab und zu mal etwas von dir, was dich bedrückt. Man sagt so schön: Man wird respektiert für seine Stärken, man wird geliebt für seine Schwächen. In der Freundschaft spielt eine wichtige Rolle die Liebe und die kommt auch, wenn man sich gegenseitig das Eine oder Andere erzählt, was einem schwerer fällt. Aber es darf kein Ungleichgewicht sein. Wenn du zu viel erzählst und der andere erzählt nichts, dann sucht er oder sie das Weite, typischerweise. Aber: Du kannst auf diese Weise Freundschaften erreichen, indem du einfach Zeit hast, die du verbringst, mit anderen Menschen zusammen.

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS047 Beruf und Spiritualität

Beruf ist ein wichtiger Aspekt des Lebens. Viele Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit und ihrer Energie, ihres Denkens, ihres Engagements mit Beruf. Für viele Menschen ist der Beruf de facto das Wichtigste. Auch wenn fast alle Menschen sagen würden, ihre Familie sei wichtiger, verbringen sie mehr Zeit und Engagement mit Beruf. Selbst der Urlaub wird eher gesehen als Regeneration, um etwas zu tun im Beruf. Wenn man von Freizeit spricht, dann stellt sich die Frage, warum es Freizeit heißt. Die Zeit ist frei von dem, worum es eigentlich geht, nämlich den Beruf. Und freie Tage heißt, man ist von dem frei, wozu man eigentlich da ist, Beruf. Es ist ganz deutlich, in der Alltagssprache und im Selbstverständnis gerade des westlichen Menschen spielt der Beruf eine ganz besondere Rolle. In früheren Jahrhunderten gab es so etwas wie Beruf nicht, sondern man musste dafür sorgen, dass man isst und trinkt. Wenn man in der Wüste ist, muss natürlich das Wasser irgendwo herkommen, und man muss ein Zuhause haben, aber es gab keine Trennung zwischen Beruf und Freizeit. Man machte so viel wie nötig war, damit man das hatte, was man brauchte, und mehr nicht. Irgendwann gab es die großartige Entdeckung des siebten Tages, dass man am siebten Tag ruht, und so wurde die Woche strukturiert. Sechs Tage sollst du arbeiten, am siebten Tag sollst du ruhen. Schließlich wurde irgendwann das Konzept von Arbeitszeit und Freizeit eingeführt und in den letzten Jahren gibt es wieder einen gegenläufigen Trend, die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. In gar nicht mal wenigen Firmen ist ein bisschen surfen im Internet für private Zwecke geduldet, in anderen Firmen überhaupt nicht. Oft wird fast erwartet oder mindestens ist es üblich, dass Mitarbeiter mit ihrem Smartphone ihre E-Mails zu Hause checken und dass sie einiges auch in der Freizeit vorbereiten für den Beruf.

Dies ist auch ein Vortrag im Rahmen der Vorträge „Die vier Purushartas“. Daher wird das Thema Beruf und Purushartas ebenfalls behandelt.

Die vier Purusharthas sind die vier Bedürfniskategorien, die vier Motivationskategorien, die vier Ebenen des menschlichen Strebens.

Kama ist sinnlich emotional.

Artha ist Erfolg, Geld und Absicherung.

Dharma hat zwei Aspekte. Dharma heißt zum einen, etwas für andere tun, der Gesellschaft etwas zurückgeben, und zum anderen, seine eigenen Talente und Fähigkeiten leben und entfalten.

Moksha ist Erlösung, Erleuchtung, im engeren Sinne spirituelle Entwicklung.

 

Der Beruf und die vier Purusharthas

Beruf hat eine Bedeutung auf allen vier Ebenen. Erstens hat der Beruf eine Funktion, selbst das Leben schöner zu gestalten. Manche Menschen lieben es, berufstätig zu sein, weil es eine angenehme Arbeit ist, weil sie nette Kollegen haben, weil es Spaß macht, weil es schön ist.

Manche Menschen genießen das, was sie tun, ohne dem eine größere Bedeutung zu geben, und sie genießen es, mit ihren Kollegen und Kolleginnen zusammenzusein.

Eine zweite Funktion des Berufs ist Artha. Man verdient Geld, man bekommt Anerkennung für das, was man leistet, man hat das Gefühl des Erfolgs, und so ist Artha hier richtig.

Dann gibt es Dharma. Dharma bezogen auf den Beruf heißt, man macht etwas Sinnvolles, man hat eine berufliche Aufgabe gewählt, von der man weiß, man tut dafür etwas Gutes für die Menschheit, für die Tiere, für die Natur, für einzelne Menschen und so weiter.

Der zweite Aspekt von Dharma ist, man hat das Gefühl, man entwickelt sich durch seine berufliche Tätigkeit. Man lernt sich besser kennen, man entfaltet seine Talente, man kann das leben, was in einem steckt. Und man kann auch sagen, der Beruf hilft einem, spirituell zu wachsen. In dem Sinn kann man sagen, wenn man einen Beruf hat, zum Beispiel in einer spirituellen Gemeinschaft, dann kann man sagen, Dienst in der spirituellen Gemeinschaft an sich hilft der spirituellen Entwicklung. Man kann aber auch sagen, jede Art von Berufstätigkeit kann der spirituellen Entwicklung dienen, weil es Herausforderungen gibt. Es gibt Herausforderungen wie zum Beispiel – einen ungeduldigen Chef und muss lernen damit umzugehen. Manchmal gibt es sehr viel zu tun und man muss seine eigenen Bedürfnisse mal zurückstecken und uneigennützig tätig sein. Es gibt vielleicht Phasen, in denen man langweilige Aufgaben hat, dann gilt es, die eigene Disziplin unter Beweis zu stellen. Es gilt vielleicht auch, unter Beweis zu stellen, dass man auch langweilige Tätigkeiten spiritualisieren kann, zum Beispiel, indem man ein Mantra wiederholt, Achtsamkeit im Alltag übt. Oder es gibt Phasen, wo man ungerecht behandelt wird. Dann kann man lernen, sich mehr durchzusetzen, mutig zu sein oder geduldig zu sein, loszulassen, Kränkungen zu überwinden. Es gibt so vieles, was man im beruflichen Leben lernt, das man von einer spirituellen Warte aus sehen kann, und was einem helfen kann, spirituell zu wachsen.

Man kann jetzt verschiedene Arten unterscheiden. Zum einen kann man sagen, es gibt berufliche Tätigkeiten, die alle vier Aspekte gut berühren. Es ist ein Job, der einem Spaß macht, Freude macht, wo man mit netten Kollegen zusammen ist und Spaß hat, Kama.

Zum anderen gibt der Beruf einem auch genügend finanzielle Mittel und das Gefühl des Erfolgs und man bekommt die Anerkennung, die man braucht, Artha. Man tut dabei etwas Gutes, man hat das Gefühl, das, was man macht, ist sinnvoll und man hat außerdem das Gefühl, dass die eigenen Fähigkeiten entwickelt werden und man kann seine besonderen Fähigkeiten einbringen, Dharma.

Und man hat auch das Gefühl, durch die Herausforderungen im Beruf wächst man spirituell und man kann sich selbst zum Instrument des Göttlichen machen und es blitzen im Beruf immer wieder Erfahrungen des Göttlichen auf. Dann würde man sagen, das ist eine berufliche Tätigkeit, in der alle vier Purushartas wichtig sind und berücksichtigt werden.

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Partnerschaft und Beziehung von einem Standpunkt, der vier Purusharthas: Kama, Artha, Dharma, Moksha

 

Das ist ein stark gekürzter Vortrag im Rahmen der Reihe über Vicharana, die zweite Stufe auf dem spirituellen Weg. Den vollständigen Vortrag kannst du in diesem Video anhören. Er ist ein Teil des Vortrags über den spirituellen Weg und dies wiederum ist ein Teil der großen Vortragsreihe Yoga Vidya Schulung. Man kann sehr viel über Spiritualität und Partnerschaft sagen. Es gibt auch auf yoga-vidya.de einen längeren Artikel über Yoga und Sexualität.

Wenn man in einer Partnerschaft lebt und auf dem spirituellen Weg ist, dann gibt es ein paar Gesichtspunkte, die überlegenswert sind. Es gibt die Möglichkeit, man lebt mit einer Person zusammen, die auf dem gleichen spirituellen Weg ist. Es gibt die Möglichkeit, man lebt mit einer Person, die auf einem anderen spirituellen Weg ist. Und es gibt Partner, die vielleicht nicht bewusst auf einem spirituellen Weg sind, die das sogar negieren, auf einem spirituellen Weg zu sein.

Purusharthas

In den vorigen Vorträgen wurden die vier Purusharthas besprochen: Man könnte sagen die vier Bedürfniskategorien des Menschen. Kama sind die sinnlichen, emotionalen Bedürfnisse. Artha ist Beruf, bzw. finanzielle Absicherung, Wirtschaft und auch Wunsch nach Erfolg. Dharma hat zwei Aspekte: Entfaltung der eigenen Fähigkeiten und so leben, wie man es selbst für gut hält; der zweite Aspekt ist, sich für die Gemeinschaft einsetzen, etwas Gutes bewirken. Als viertes Moksha, die Befreiung.

Partnerschaft und Kama

Partnerschaft ist etwas, was den Menschen in all seinen Aspekten berührt. Partnerschaft ist für viele Menschen zusammen mit dem Beruf das, was die meiste Energie und den meisten Raum im Leben einnimmt. Eine Partnerschaft berührt auch alle vier Aspekte des Menschseins. Idealerweise ist man in einer Partnerschaft natürlich auch viel lieber auf einer physischen Ebene, auf einer sinnlichen Ebene, da gibt es die sexuellen Aspekte einer Partnerschaft: Zärtlichkeit und das Gefühl, sich in der Gegenwart des anderen wohl zu fühlen. Das ist alles Kama. Im Yoga würde man sagen, eine Weise seine sinnlichen Bedürfnisse auszuleben, ist eine Partnerschaft die auf Langfristigkeit ausgelegt ist und wo die sinnlichen und sexuellen Bedürfnisse Teil einer tieferen Liebe sind.

Partnerschaft und Artha

Zweiter Aspekt von Partnerschaft ist Artha. Artha heißt berufliche Absicherung, finanzielle Absicherung.

Man könnte sagen eine Partnerschaft ist auch eine Wirtschaftsgemeinschaft. Ist diese Wirtschaftsgemeinschaft gut organisiert, ist sie auch ein Teil einer guten Partnerschaft. In einer Partnerschaft teilt man typischerweise die finanziellen Mittel. Man muss sich darüber klar werden, wer wie viel Geld ausgeben kann, wie man das regelt, das gemeinsame Leben, die Gemeinschaft, wer Anschaffungen macht, wie man diese macht. Natürlich bedeutet eine Partnerschaft als Wirtschaftsgemeinschaft auch, dass es eine gewisse Arbeitsteilung gibt: vielleicht kocht der eine in der einen Woche, der andere in der anderen. Vielleicht hat man eine bestimmte Weise, wie man die Hausarbeit aufteilt, die Kindererziehung und auch den beruflichen Teil.

All das gilt es auch, geschickt zu regeln, wenn man Partnerschaft auch vom spirituellen Standpunkt aus sieht. Man kann manchmal auch einfach sagen, in einer Partnerschaft zu leben, macht es oft auch leichter, zusammen überhaupt von einem wirtschaftlichen Standpunkt zu existieren, sodass man mehr Raum für anderes hat.

 

Partnerschaft und Dharma

Der dritte Aspekt ist Dharma. Eine ideale Partnerschaft vom Yoga Standpunkt aus ist eine Partnerschaft, in der sich die Partner gegenseitig ermutigen, ihre Talente zu nutzen, hier zu sich selbst zu kommen.

In einer idealen Partnerschaft fühlt man sich in seinen eigenen Fähigkeiten bestätigt und gestärkt. Man bekommt durch die Partnerschaft Inspiration, die eigenen Anliegen zu leben und diese auch zum Guten von anderen zu nutzen. In einer idealen Partnerschaft von diesem Standpunkt aus ermutigen sich die Partner gegenseitig, sich für eine Gemeinschaft zu engagieren. Auf eine gewisse Weise heißt Dharma in der Partnerschaft natürlich auch, dass man dem Partner dient, dem Partner hilft. Es heißt vielleicht auch, dass man sich um Nachkommen kümmert. Falls in einer Familie Kinder entstehen, dann ist das auch ein Teil des Dharmas: Sich um die Kinder kümmern. Dharma hilft also hier über das Ego hinauszuwachsen und das ist auch etwas, weshalb eine Partnerschaft oft Menschen hilft auf dem spirituellen Weg voranzukommen, weil man sich gegenseitig umeinander kümmert, weil man lernt von seinem eigenen Ich etwas abzusehen, weil man lernt, auch zusammen für etwas Übergeordnetes dazusein, seien es Kinder, sei es sich als Paar zu engagieren.

Partnerschaft und Moksha

Der vierte Aspekt von Partnerschaft ist Moksha: Befreiung, Erleuchtung.

Idealerweise ermutigen sich die Partner gegenseitig darin, auf dem spirituellen Weg voran zu schreiten. Sie ermutigen sich in ihren spirituellen Praktiken. Sie praktizieren zusammen und durch die gemeinsame spirituelle Praxis entsteht ein Prana-Feld, ein Energiefeld, ein Feld der Liebe, welches zum einen die Partnerschaft auf anderen Ebenen beflügelt, und zum anderen hilft in der Meditation tiefer zu kommen. Idealerweise hat man das Gefühl, wenn man mit dem Partner, der Partnerin zusammen meditiert, Asanas und Pranayama übt, sind die Erfahrungen tiefer, intensiver und mit dem Partner zusammen übt man mehr.

Idealerweise ermutigt man sich in einem sattvigeren Leben, also Ernährung, Kleidung, Haus, Ökologie, alles sattviger zu gestalten. Man ermutigt sich gegenseitig auch öfters Satsang zu besuchen und Seva zu üben, also uneigennütziges Dienen, was ja auch wieder in Dharma hinein geht.

So wäre es ideal in einer Partnerschaft: Liebe auf der sinnlichen Ebene, emotionales Wohlfühlen miteinander, also die emotionale Liebe, tiefe spirituelle Liebe und auch eine Liebe, weil man sich gegenseitig unterstützt, in wirtschaftlicher Unabhängigkeit, in beruflichem Erfolg, in sozialem Engagement, in der Entfaltung der Persönlichkeit und eben auch in der Spiritualität. Wer eine solche ideale Partnerschaft hat, kann dankbar sein, und demütig. Ein Tipp ist, kleine Unstimmigkeiten nicht überbewerten. Ein Grundgefühl von Dankbarkeit ist etwas Wichtiges, auf dessen Grundlage Liebe wachsen kann. Dankbarkeit und Liebe helfen, dass man mit den kleineren Reibereien, die auch entstehen können, gut leben kann.

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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YVS045 Guten Morgen: das Gute und das Angenehme

Om Namah Shivaya und guten Morgen, guten Tag, guten Nachmittag, guten Abend.

Was heißt guter Morgen, guter Nachmittag, guten Abend? Was heißt ein guter Abend für einen spirituellen Aspiranten? Hier gibt es alte Schriften, die sagen, es gibt das Gute und es gibt das Angenehme: Shreya Marga und Preya Marga. Shreya Marga ist der Weg des Guten. Preya Marga ist der Weg des Angenehmen.

Katha Upanishad

Es gibt eine bekannte Schrift, die sogenannte Katha Upanishad; in dieser Upanishad gibt es einen Lehrer namens Yama und der hat einen Schüler namens Nachiketas. Nachiketas will wissen, wie erreiche ich das höchste Gute. Yama antwortet „In dieser Welt gibt es zwei Wege: den Weg des Guten, Shreya Marga, und den Weg des Angenehmen, Preya Marga.“ Wenn du den Weg des Guten gehst, dann erreichst du das höchste Ziel. Wenn du den Weg des Angenehmen gehst, dann erleidest du Schiffbruch in deinem Leben, dann kommst du ins Leid und letztlich in den Tod.

Wir finden in der griechischen Mythologie etwas Ähnliches: Herakles am Scheideweg. Dort gibt es auch den Scheideweg, dort wird es dann der Weg der Tugend und des Lasters genannt. Allerdings die Upanishad spricht nicht von Tugend und Laster, sondern von dem Weg des Angenehmen und dem Weg des Guten.

 

Rajasige Freude, tamasige Freude, sattwige Freude

Das Gute kann auch angenehm sein. Das Angenehme kann auch gut sein. Aber das ist es nicht immer. Es gibt das lateinische Sprichwort iucundum non semper bonum est: Das Angenehme ist nicht immer gut. Hier gibt es ein paar Verse in der Bhagavad Gita und dort spricht Krishna von drei Arten von Freude. Krishna spricht von der rajasigen Freude, der tamasigen Freude und der sattwigen Freude. Er sagt, rajasige Freude ist das, was zum Anfang wie Nektar und nachher wie Gift ist. Sattwige Freude ist das, was zum Anfang wie Gift ist und nachher wie Nektar. Tamasige Freude ist das, was zum Anfang wie Gift ist und nachher wie Gift ist und nur aus Verblendung wie Freude erscheint und man nicht lassen kann.

Rajasige Freude

Wir nehmen ein paar Beispiele. Rajasige Freude kann heißen, eine Tafel Schokolade zu essen. Es schmeckt toll, während man sie isst, mindestens für Menschen, die dafür den Geschmack haben. Nachher folgt Sugar High, Zucker hoch, Theobromin und damit Koffein. Es belebt, beschwingt viele Menschen. Es fühlt sich erstmals gut an. Danach, 1 – 2 Stunden später, hat man zu wenig Zucker im Körper, wieder Heißhunger, Unruhe und so weiter. Wenn du wieder etwas Zucker isst, dann irgendwann wird der Blutzuckerspiegel ganz durcheinander gebracht. Man wird immer dicker und so weiter. Also es führt zu Elend. Zu Anfang wie Nektar, nachher wie Gift.

Anderes wäre, man hat jemand anderem heimgezahlt und freut sich diebisch, dass man es ihm jetzt heimgezahlt hat. Am Anfang wie Nektar, aber nachher sieht man sich nicht nur einmal, sondern öfter und ein spiritueller Mensch wird es nachher auch bedauern, wenn er das Leid des anderen sieht.

Sattwige Freude

Beispiel für sattwige Freude: Du nimmst dir vor zu Fasten. Fasten wird am 2. oder 3. Tag schwierig sein. Der kann schwierig sein, vor allem wenn es das erste Mal ist. Aber wenn du es dann durchhältst, nach 5 Tagen dann wieder anfängst zu essen, fühlst du dich so leicht und so erhaben.

Ein weiteres Beispiel du nimmst dir vor jeden Morgen zu meditieren. Am Anfang morgens, vielleicht gerade noch dazu im Winter, das Bett ist so warm, das Zimmer so kalt, noch dazu, wenn du ökologisch orientiert bist und nicht so viel heizt durch die Nacht. Du stehst trotzdem auf. Es ist fast wie Gift. Du meditierst und du fühlst dich gut und ein Tag verläuft voller Freude. Oder Asanas: Vielleicht gerade morgens; du bist steif und so weiter. Jetzt den Sonnengruß zu machen, klingt erstmals wie Gift. Du machst es trotzdem, du fühlst Dich gut, schon nach ein paar Minuten Asanas. Nachher geht Prana durch alle Phasen deines Wesens. Du fühlst Energie, dir geht es gut und danach verläuft der ganze Tag anders, nachher wie Nektar.

Tamasige Freude

Beispiel für tamasige Freude: Das betrifft insbesondere Süchte. Z. B. du bist nikotinabhängig, von Zigaretten abhängig. Du gierst nach einer Zigarette, du zündest dir eine an und du findest es eklig, dass du von diesem Glimmstängel abhängig bist. Du kannst es trotzdem nicht lassen. Du fühlst dich vorher mies, während mies, nachher mies. Zwischendurch sind vielleicht die Entzugserscheinungen mal weg. Das wäre eine tamasige Art des Vergnügens, die kein echtes Vergnügen ist.

Die höhere sattwige Freude

Von sattwiger Freude gibt es eigentlich zwei Arten. Ich habe eben davon gesprochen, wie es Krishna in der Bhagavad Gita beschreibt: am Anfang wie Gift, nachher wie Nektar. Aber es gibt auch die höhere sattwige Freude, was heißen soll, wenn du etwas machst, was gut ist und was du gerne machst, dann ist das die höhere sattwige Freude.

Z.B. angenommen du meditierst eine Weile täglich, dann liebst du die Meditation, du freust dich, wenn du aufwachst: „Ach, ich kann meditieren“, du freust dich während der Meditation und du freust dich nachher. Man kann sagen, immer dann, wenn du eine sattwige Gewohnheit regelmäßig machst, wird sie zu einer sattwigen Freude höher Ordnung.

Oder angenommen du hast es gelernt, dich eine Weile ohne Weißzucker zu ernähren und plötzlich merkst du, wie gut ein Apfel schmeckt, wie gut eine Birne schmeckt, wie gut ein gutes Brot schmeckt. Ein ganzes Geschmacksuniversum öffnet sich für dich und du freust dich.

Oder angenommen du hast gelernt anderen Menschen in kleinem Maße Gutes zu tun. Am Anfang war es vielleicht eine Überwindung, wenn du das bisher nicht so häufig gemacht hast, aber du merkst wie schön es ist, anderen Gutes zu tun, einen kleinen Teil deiner Zeit für andere zu opfern, so schön.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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In diesem Teil der Reihe aus der großen Reihe Yoga Vidya Schulung, geht es um 3 wichtige Hindernisse auf dem spirituellen Weg. Dies ist ein Thema, das Swami Sivananda besonders in seinem Buch „Sadhana“ beschreibt, da gibt es ein Kapitel über den Geist des Aspiranten, des Suchenden. Dieses Kapitel ist auch im Yoga Vidya Yogalehrer Handbuch abgedruckt.

Es gibt drei Haupthindernisse:

  • Vorgefasste Ideen und Vorurteile
  • Eingebildete Pflichten
  • Umgang mit Schwierigkeiten und Anstrengungen
  1. Hindernis: Vorgefasste Ideen und Vorurteile

Zitat aus „Sadhana“ von Swami Sivananda:

„Der/die Sadhana beginnt das spirituelle Leben mit bestimmten eigenen Vorstellungen über Sadhana, die spirituelle Praxis, über Selbstverwirklichung, über Guru, spirituellen Lehrer und ähnlichem. Diese Vorstellungen können sich in tiefe Vorurteile verfestigen. Tatsächlich jedoch ist das spirituelle Leben ganz anders als die individuelle Einbildung es glaubt.

Es ist wichtig sich bewusst zu sein, auf dem spirituellen Weg Vorstellungen darüber zu haben, wie er sein soll. Du hast Vorstellungen, wie ein Yogalehrer, ein spiritueller Lehrer sich verhalten soll, du hast Vorstellungen, wie ein Aspirant sich zu verhalten hat, du hast Vorstellungen, wie spirituelle Praxis sein sollte, wie spiritueller Fortschritt sein sollte, vielleicht auch davon, wo du selbst stehst. Diese Vorstellungen werden auf dem spirituellen Weg enttäuscht werden und das ist gut, denn enttäuscht heißt aus der Täuschung heraus zu kommen. Wenn der spirituelle Weg so wäre, wie du es dir vorstellst, dann würdest du einfach nur deine Fantasien ausleben, das kannst du ja im Traum machen, du könntest dir vorstellen, wie du den spirituellen Weg gehst, kannst dir auch ein eigenes Theaterstück daraus machen oder visualisieren, in deiner Fantasie kannst du es ausleben.

Aber so ist der spirituelle Weg nicht. So ist ein wichtiger Aspekt des spirituellen Weges: Habe einen offenen Geist, frei von Vorurteilen. Es ist gut ethische Wertvorstellungen zu haben, die sollte man schon haben und die sollte man sich auch nicht ausreden lassen, im Yoga sind das Satya, Ahimsa, Asteya, Brahmacharya, Aparigraha und daran sollte man schon Lehrer messen. Da gehört Nichtverletzen dazu, also wenn du einen Lehrer hast, der zu Gewalt aufruft, ist er wahrscheinlich nicht der richtige. Wenn du jemanden hast, der ständig andere anlügt, ist er auch nicht der richtige. Wenn du jemanden hast, der betrügt, solltest du ihn nicht als Lehrer akzeptieren. Wenn ein Lehrer bezüglich Sexualethik das eine predigt und das andere lebt, ist er auch nicht der richtige Lehrer. Wenn du jemanden hast, der andere besticht oder bestochen werden kann, ist er auch nicht der richtige. Manche Vorstellungen solltest du nicht zur Seite geben. Der Ratschlag, den ich gebe, der ist durchaus mit Vorsicht zu genießen. Also sei vorurteilsfrei, aber nicht wertfrei.

Menschen gehen in einen Ashram und denken, dort müsste alles vollkommen sein. Jeder, der im Ashram ist, geht liebevoll mit anderen um und dann stellst du fest, dass Leute sich an Essensschlangen vordrängeln, dass Leute an der Rezeption an einem langen Anreisetag auch mal genervt reagieren, du stellst fest, dass ein Vortragender deine Frage nicht richtig versteht. Da siehst du, du hast die heile Welt zu sehr in einen Ashram projiziert. Und es gibt gute Gründe, dass diese heile Welt nicht da ist in dieser physischen Welt. Wir lernen durch Herausforderungen, wir lernen auch dadurch, dass Dinge eben nicht so sind, wie wir sie gerne hätten. So sagt Swami Sivananda zum Ende dieses Abschnittes über das erste Hindernis: „Gehe das Leben eines Aspiranten, einer Aspirantin, mit geistiger Offenheit. Löse dich von deinen Vorstellungen und deinen Vorurteilen, die vom Ego erzeugt wurden. Nähere dich den spirituellen Dingen mit einer ernsthaften, offenen empfangsbereiten Einstellung gepaart mit dem Wunsch zu lernen. Sei bereit deine geistige Einstellung und deine spirituelle Praxis dem anzupassen, was du lernst, anstatt zu wünschen, dass alles sich deiner geistigen Vorstellung anpasst. Den Lieblingsvorstellungen zu entsagen ist sehr notwendig, wenn du auf dem spirituellen Weg beständig und harmonisch voranschreiten willst.“

Vielleicht magst du jetzt einen Moment innehalten und überlegen welche Vorurteile, Vorstellungen, vielleicht auch romantischen Vorstellungen vom spirituellen Weg du hast, welche wurden vielleicht schon bisher auf deinem Weg enttäuscht und bist du bereit, deinen Vorstellungen zu entsagen, um anderes zuzulassen? Und was sind vielleicht wichtige ethische Prinzipien, die du nicht aufgeben solltest, die du selbst dann nicht aufgeben solltest, wenn das in einer Gemeinschaft oder von einem Lehrer verlangt werden würde? Auch das ist wichtig, weil es so viele Menschheitsverführer gibt.

  1. Hindernis: Vorstellungen von Pflichten

Dazu zählen zusätzliche Pflichten, die man sich aufhalst, um den spirituellen Weg nicht zu gehen. Ein paar Sätze von Swami Sivananda: „Das zweite Problem, mit dem fast jeder Anfänger zu tun bekommt, hängt mit den Vorstellungen von Verpflichtungen zusammen. Oft ist es so, dass vor dem Anfang des spirituellen Sadhanas diese Pflichten eben nicht da sind, aber wenn du mit Sadhana ernsthaft beginnen willst, siehst du dich plötzlich allen möglichen neuen Verpflichtungen gegenüber Familie, Freunden und anderen, die deinem Sadhana im Wege stehen“.

Natürlich hast du Verpflichtungen und Seva – dienen ist etwas Wichtiges; Dharma, seine Aufgaben zu erledigen ist etwas Wichtiges auf dem spirituellen Weg. Aber es passiert manchmal, dass Menschen, die den spirituellen Weg zu gehen beginnen, sich plötzlich neuer Aufgaben annehmen um eben keine Zeit für spirituelle Praktiken haben.

 

  1. Hindernis: Umgang mit Schwierigkeiten und Anstrengungen

Sadhana ist nicht immer einfach, Swami Sivananda sagt dazu: „Wenn du regelmäßig Sadhana praktizierst, kann es sein, dass du überall Hindernissen entgegentrittst. Du magst sogar denken, dass es dir vorher besser ging. Sei nicht traurig, es gibt Gründe dafür“, und es gibt verschiedene Gründe, warum man am Anfang diese Widerstände hat, der erste, den er beschreibt, ist: „Spirituell zu praktizieren heißt regelmäßig stromauf gegen die uralten Gewohnheiten zu schwimmen“, also dein Leben umzustellen, was gar nicht so einfach ist. Wenn du dir vornimmst, jeden Tag Yoga zu praktizieren, deine Ernährung sattwig zu gestalten, wenn du dir vornimmst freundlich und liebevoll mit deinen Mitmenschen umzugehen, wenn du dir vornimmst auch sonst dein Leben sattwig zu gestalten, wirst du merken, dass der Gemütlichkeitsaspekt hinein kommt. Du willst morgens länger schlafen oder plötzlich kommt die Gier nach einer unsattwigen Nahrung oder es kommt Ärger und eine Angst auf. Das heißt alte Gewohnheiten kommen wieder und so könnte man sagen, es gibt verschiedene Hindernisse:

  • Bergauf zu gehen ist anstrengend. Wenn du bergauf Fahrrad fährst, ist das anstrengend, bergab ist einfach, aber wo entwickelst du deine Muskeln? Beim Bergauffahren. Und so kann es am Anfang sein, dass es anstrengend ist und es kann auch sein, dass du etwas langsamer gehen musst und es kann sein, dass du dir zwischendurch eine Pause gönnst, zwar praktizierst, aber du musst nicht an einem Tag den 3000er hochfahren mit dem Fahrrad. Aber gehe den Weg, sei dir bewusst es ist anstrengend, aber mit jeder Anstrengung wirst du stärker.
  • Was auch anstrengend sein kann, ist überhaupt, dass du die andere Richtung gehen willst und du bemerkst, wie viele Dinge du tust, die spirituell nicht okay sind. Wenn du vorher einfach gegessen hast, was du gemocht hast und jetzt beim Essen dir Disziplin auferlegst, nicht zu früh, nicht zu spät, das was ökologisch verträglich ist, nicht zu viel Zucker, keine tierischen Produkte, da merkst du plötzlich wie viele Wünsche in dir schlummern, wie viele Widerstände dort sind. Wenn du dir vornimmst, liebevoll mit anderen Menschen zu sprechen, wirst du dir bewusst, wie häufig du aus Ärger und Gekränktheit sprichst. Wenn du dir vornimmst, morgens früh aufzustehen, wirst du feststellen, wie gemütlich du doch ansonsten bist und wie schwierig es dir fällt. Also das Bemerken, dass noch einiges zu tun ist, an sich ist schmerzhaft, es zu ändern ist anstrengend.
  • Wenn du Gutes tun willst, kommt manches an die Oberfläche, was vorher tief in dir drin war. Es kann sein, dass du meditierst und während du meditierst, vielleicht über liebevolle Güte – Maitri Bhavana – plötzlich in dir Aggression hochkommt. Es kann sein, dass du über „Anandoham“ meditierst – ich bin Freude – und plötzlich kommt abgrundtiefe Traurigkeit und Verlassenheit. Du meditierst über das Göttliche an sich und plötzlich kommt dir hoch, was für tiefe Kränkungen dir vielleicht als Kind zugefügt wurden. So kommt also manches aus deinem Unterbewusstsein zur Oberfläche und das ist gut so. Mein Tipp wäre hier nicht zu viel drüber nachzudenken, woher und warum das kommt, sondern du kannst lieber froh darüber sein, dass es an die Oberfläche kommt, eine Spannung, die tief in dir ist, kommt an die Oberfläche. Schaue sie an, identifiziere dich nicht, projiziere nicht, lasse los, mache weiter mit deiner Praxis und du kommst zu dem, was tiefer ist.

Zum Ende dieser Lektion der letzte Absatz aus dem Kapitel „Der Geist des Suchenden“ von Swami Sivananda: „Gehe den Sadhana Marga, den spirituellen Weg, mit einem offenen Geist ohne Vorurteile. Sei dir des höchsten Zieles des Lebens, Sadhana zu praktizieren für die Gottverwirklichung, bewusst. Trage ruhig und heiter alle anfänglichen Prüfungen, Versuchungen, Widerstände. Du wirst das ewige Leben, unvergessliches Strahlen, Frieden und Wonne ernten.“

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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In dieser Lektion im Rahmen der Vortragsreihe über den spirituellen Weg aus der Yoga Vidya Schulung „Ganzheitliche Entwicklung des Menschen“ geht es um Wünsche und Bedürfnisse vom spirituellen Standpunkt aus, die vier Purusharthas, die vier Ebenen von menschlichen Wünschen und Bedürfnissen.

Purushartha“ heißt Bedürfnisse, Wünsche und Bestrebungen des Menschen. „Purusha“ heißt unter anderem Mensch, das Wort hat noch andere Bedeutungen, „Artha“ heißt hier Bestrebung, Wunsch und in diesem Kontext sind die Purushartas die Wünsche und Bestrebungen des Menschen. Der Mensch hat auf dieser Welt Bestrebungen und Wünsche auf vier verschiedenen Ebenen und ein spiritueller Aspirant hat auch Wünsche und Bestrebungen auf allen vier Ebenen. Manche Menschen haben mehr Bedürfnisse auf der einen Ebenen als auf anderen und bei vielen Menschen kommt mal die eine Ebene, mal die andere zum Vorschein. Der Trick oder die Aufgabe des spirituellen Aspiranten wäre die wichtigen Bedürfnisse kennenzulernen, diese auf sattwige Weise teilweise zu befriedigen, auf andere zu verzichten, mit allem verhaftungslos umzugehen und alles auf Gott auszurichten.

Die vier Bedürfniskategorien sind:

  • Kama – Sinnesbefriedigung, sinnlich-emotionale Bedürfnisse des Menschen
  • Artha – Wunsch nach finanzieller Sicherheit, beruflichem Erfolg, Ansehen
  • Dharma – Gutes bewirken in der Welt, Fähigkeiten und Kräfte entfalten
  • Moksha – Befreiung, Gottverwirklichung

4 Purusharthas

Der Mensch hat auf allen vier Ebenen Bedürfnisse, aber es gibt Menschen, bei denen spielt die eine Bedürfniskategorie eine stärkere Rolle als bei anderen. Es gibt z.B. Menschen, bei denen ist Kama besonders wichtig, Sinnesbefriedigung und emotionale Bedürfnisse. Diese Menschen sind relativ zufrieden, wenn sie ein schönes Zuhause haben, schön in den Urlaub fahren können, ihr gutes Essen und Trinken haben und nette Menschen um sich herum haben. Es gibt auch eine Tradition, die würde sagen, der Mensch bei dem Kama überwiegt, ist ein Shudra, und man würde ihm empfehlen, diesen Wünschen und Bedürfnissen besonders nachzugehen und ein Leben entsprechend geprägt zu führen und dennoch alles Gott darzubringen.

Artha, die zweite Ebene, bedeutet Streben nach beruflichem Erfolg, nach Anerkennung und auch nach mehr Geld. Als nach Artha Strebende würden die sogenannten Vaishyas bezeichnet. Vaishya wird oft ungenügend als Kaufmann übersetzt, bezieht sich aber allgemein auf Menschen, denen Erfolg, und Geld besonders wichtig ist, insbesondere Erfolg im Materiellen, man kann ja auch spirituellen oder zwischenmenschlichen Erfolg haben. Menschen, denen Artha besonders wichtig ist, sind bereit auf vieles von der Ebene von Kama zu verzichten. Sie wären bereit 8 - 12 Stunden am Tag zu arbeiten, ihr Mittagessen zu überspringen, sie sind bereit auch ihre Beziehungen aufs Spiel zu setzen, die Familie tritt in den Hintergrund, alles ist ausgerichtet auf den beruflichen Erfolg. Menschen, bei denen das stark ist, die haben eine Riesenenergie und können dort scheinbar eine Menge bewirken. Wenn Artha besonders wichtig ist, würde man vom spirituellen Standpunkt sagen, dieser Teil sollte ethisch und spirituell ausgelebt werden und es braucht auch einen gewissen Ausgleich und Respekt auch für andere Menschen.

Wem es besonders um Dharma geht, der kann als Kshatriya bezeichnet werden. Kshatriya wird oft übersetzt als Krieger, aber das trifft es nicht ganz. Kshatriya ist derjenige, der darum kämpft oder sich bemüht Gutes zu bewirken. Dharma ist einer der Ausdrücke, der sehr viele verschiedene Bedeutungen hat. Es heißt Verantwortung, Pflicht, Aufgabe, Rechtschaffenheit, rechtes Leben, kosmische Ordnung; es ist das, was die Welt zusammenhält. Im Kontext der vier Purusharthas bedeutet Dharma, dass man es sich zur Aufgabe gemacht hat, Gutes in der Welt zu bewirken. Man will Gutes in dieser Welt tun und der Hintergrund ist zu sagen: „Möge die Welt etwas Besseres werden, dafür will ich mich einsetzen.“ Ein zweiter Aspekt von Dharma ist seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und zu kultivieren, was manchmal als Selbstverwirklichung im Sinne der humanistischen Psychologie bezeichnet wird. Im Unterschied zur spirituellen Selbstverwirklichung ist die Verwirklichung des höchsten Selbst jenseits aller Individualität, die absolute Einheit. Selbstverwirklichung im Sinne der humanistischen Psychologie bedeutet seine eigenen Fähigkeiten und Talente zum Ausdruck zu bringen, sich besser kennenzulernen und das zu tun, was man tief vom Inneren heraus will. Das sind zwei Aspekte von Dharma. Menschen für die Dharma besonders wichtig ist, sind bereit dafür alles aufzuopfern. Es gibt viele Menschen, die alles dafür aufgeopfert haben, z. B. Mahatma Gandhi, er gehörte zu den großen Heiligen des 20. Jh. Er hat sein Leben eingesetzt für das Gute, für die Unabhängigkeit Indiens. Er hat sich auch für den Ausgleich zwischen Moslems und Hindus, für die Gleichberechtigung der Frau gegenüber Männern, gegen die Ungleichbehandlung der Kasten, für das Gute der Ökologie, für die Umwelt u. v. m. eingesetzt. Dafür war er bereit alles zu machen, er ist ins Gefängnis gegangen, hat gefastet, hat gelebt und ist vollständig in seinen Aufgaben aufgegangen. So gibt es viele Menschen, auch z. B. Albert Schweitzer, der nach Afrika ging, um sich dort als Arzt für die Armen einzusetzen, hat alles dafür eingesetzt.

Dann gibt es das Streben nach Moksha – Befreiung. Wer nach Moksha strebt, ist ein Brahmana, man könnte auch sagen, einer der nach Brahman strebt. Auch hier gilt wiederum, wenn der Wunsch nach Moksha stärker ist, als alle anderen Wünsche, ist das ganze Leben davon geprägt und es heißt auch, wenn der Wunsch nach Moksha, also Mumukshutva, stärker ist als alle anderen Wünsche, dann wirst du Moksha noch in diesem Leben erfahren. Wenn Moksha einer der Wünsche ist, dann kannst du dein Leben trotzdem spirituell ausrichten, aber vielleicht wirst du es nicht vollständig in diesem Leben erreichen und dann wirst du vielleicht wiedergeboren werden und es im nächsten Leben erreichen und eventuell nach dem Tod die letzten Schritte gehen.

Es gilt zu schauen, was in einem selbst überwiegend ist und wie man es leben kann.

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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YVS042 Die 4 „S“ – Spirituelle Praxis

In dieser Lektion geht es um die vier wichtigen Aspekte von spiritueller Praxis. Die 4S ist eines der Grundkonzepte, wie Yoga gelehrt wird, Yoga als spirituelles Übungssystem. Die 4S sind die vier spirituellen Praktiken: Sadhana, Satsang, Sattva, Seva.

Diese 4S formen einen Teil von Abhyasa – spiritueller Praxis. Mit Abhyasa wollen wir zu Brahman kommen, zum Göttlichen, wir wollen herauskommen aus Maya, der Illusion und der Täuschung des irrtümlichen Verständnisses. Wir wollen Duhkha, die Grundlagen des Leidens überwinden, zu Moksha kommen, zur Erleuchtung, zur Befreiung, zur Gottverwirklichung kommen. Wir wollen einen tieferen Sinn im Leben sehen, unsere Aufgaben erfüllen, auch von den Lernlektionen des Lebens lernen und auf die Gnade Gottes vertrauen. Bei all dem ist insbesondere Abhyasa wichtig, die eigenständige spirituelle Praxis. Was man selbst tun kann, um sein Leben spirituell auszurichten, wird in den 4S praktisch zusammengefasst:

  • Sadhana: spirituelle Praktiken im engeren Sinne. Abhyasa ist jede Übung, Sadhana sind die konkreten Übungen, für die man eine bestimmte Zeit braucht auf dem spirituellen Weg.
  • Satsang: gemeinsame Praxis mit anderen.
  • Sattva: einen reinen Lebensstil haben.
  • Seva: Dienst.
  • Sadhana: die spirituelle Praxis

Sadhana, als Teil von Abhyasa, besteht im engeren Sinne aus dem, was wir konkret tun, was eine bestimmte Zeit braucht, in der wir nichts anderes tun, als diese Praktiken. Dazu gehören in der Yoga Vidya Tradition, im ganzheitlichen Yoga, Asana, Pranayama, Meditation und Kirtan. Es gibt noch weitere wie Puja, Likhita Japa, Homa, Rezitation u.a., aber für die meisten Menschen besteht ihr tägliches Sadhana auf dem Yoga Vidya Weg aus Asana, Pranayama und Meditation als Grundlage.

 

  • Satsang

Satsang heißt gemeinsame spirituelle Praxis und es gibt verschiedene Weisen des Satsangs. Zum einen könnte Satsang heißen einmal die Woche gemeinsam mit anderen zu praktizieren, z. B. in einer Yogastunde, einer gemeinsamen Meditationsgruppe, für manche mag auch der sonntägliche Gottesdienst ihr Satsang sein.

Satsang im engeren Sinne heißt eine bestimmte Form der gemeinsamen spirituellen Praxis, wenn du dieser Yoga Vidya Schulungsreihe gefolgt bist, wurde da schon mehr über Satsang erwähnt. Wenn du mal in einem der Yoga Vidya Ashrams warst, hast du schon öfters an Satsangs teilgenommen. Zu diesen Satsangs gehört: Meditation, Jaya Ganesha, Kirtan- / Mantrasingen (1 – 3 weitere Kirtans), Vortrag oder Lesung, Om Tryambakam, Friedensgebete, Arati (Lichtritual).

 

  • Sattva

Sattva heißt Reinheit. Sattva heißt alle Aspekte deines Lebens sattwig zu gestalten. Nahezu jeder Aspekt des Lebens kann sattwig, rajasig, tamasig sein. Die Art wie du sprichst - tamasig wäre die Verwendung von Schimpfwörtern oder Fäkalienausdrücke zu nutzen, das sollte man als spiritueller Aspirant nicht gebrauchen. Die Art zu sprechen kann auch rajasig sein, andere aufregen, unbedacht oder sattwig, liebevoll, freundlich, höflich. Deine Kleidung kann tamasig (dreckig, riechend, andere störend), rajasig (nicht angemessen, die Gefühle anderer verletzend, aufreizend) oder sattwig (ökologisch, stimmig, erhebend) sein.

 

Du kannst als Abhyasa immer überlegen, ob dein Leben ausreichend sattwig ist und wo du es sattwiger gestalten kannst. Das ist zu Anfang wichtig, aber es ist auch wichtig für Menschen, die schon eine Weile auf dem spirituellen Weg sind, die es sich vielleicht gemütlich gemacht haben und irgendwo ihre kleineren und größeren Schwächen akzeptieren und sagen: „So geht es irgendwo.“ Manchmal muss man schauen, es noch etwas sattwiger zu gestalten.

  • Seva

Seva heißt Dienen, sein Leben so zu führen, dass man Gutes bewirkt. Seva-Einstellung heißt auch ein inneres Gebet: „Bitte zeige mir, was meine Aufgabe ist. Ich möchte engagiert sein, Gutes zu bewirken in dieser Welt. Ich möchte Gutes bewirken für meine Mitmenschen, Gutes bewirken für andere Geschöpfe und die Erde. Ich möchte mich in den Dienst Gottes stellen, den Dienst Gottes und der Meister. Ich möchte alles tun, dem widmen, anderen Gutes zu tun.“

 

Abschluss

Das Kunststück des spirituellen Weges ist alle 4S zu beachten, alle vier zu gehen. Am Anfang geht man es schrittweise an, etwas praktizieren jeden Tag, Satsang, sich bemühen, das Leben schrittweise sattwiger zu machen und schrittweise das was du tust in Seva umzuwandeln. Und im Laufe der Zeit gilt es dein Leben vollständig von diesen 4S prägen zu lassen. Ausreichend spirituelle Praktiken, regelmäßig im Satsang zu sein, das ganze Leben weitestgehend sattwig ausrichten und alles, was du tust, auch als Seva zu machen, als Dienst an anderen.

So kannst du davon ausgehen, dass deine Lebensumstände deiner spirituellen Entwicklung zuträglich sind, wenn du dann auf die Gnade Gottes vertraust, wird es dir gelingen, immer mehr über Maya hinaus zu wachsen, über Duhkha hinaus zu wachsen, immer mehr Erfahrungen von Brahman zu machen, was irgendwann zu Moksha führt.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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Vicharana heißt richtiges Streben, Vicharana ist die systematische spirituelle Praxis. Vicharana ist die zweite Bhumika, die zweite Stufe, die zweite Ebene der spirituellen Praxis, die zweite Aufgabe des spirituellen Weges.

Vicharana, die zweite der Bhumikas, ihr geht Shubheccha voraus, die spirituelle Sehnsucht, nach Vicharana folgt Tanumanasa, transparent werden zu einer höheren Wirklichkeit. Sattvapatti, Erlangen von Reinheit, schließlich Asamsakti, die Erleuchtung, die dazu führt, dass man von nichts mehr im Inneren negativ berührt wird, was bis zur vollständigen Verschmelzung mit dem Göttlichen geht. Vicharana, also die zweite Ebene, und diese Ebene sind ganz besonders wichtig, es ist die Ebene wo man besonders bewusst praktiziert. Vicharana heißt zum einen, dass wir unser Leben an den sieben spirituellen Prinzipien ausrichten und Vicharana heißt auch, dass man die Sadhana Chatushtaya, die man im Shubheccha zum Erwachen gespürt hat, weiter entwickelt. In Vicharana geht man weiter in die Viveka, man könnte sogar sagen, in Vicharana ist Viveka von besonderer Wichtigkeit, Viveka heißt die Unterscheidungskraft.

Vicharana heißt wörtlich die rechte Fragestellung, die rechte Untersuchung. Vicharana heißt, man stellt sich bei allem die Frage: Was hilft mir zur Erleuchtung zu kommen? Wie kann ich Gott erfahren? Vicharana heißt also dem Leben einen Sinn geben, zu sagen: Ja, ich habe es erkannt, es muss eine höhere Wirklichkeit geben, diese will ich erreichen.

Man könnte Vicharana noch in mehreren Intensitäten ansehen. In der intensiven Form von Vicharana weiß man, hat die Überzeugung, das tiefe Vertrauen, man weiß von innen heraus, es gibt die höchste Wirklichkeit, die man erreichen will, das Ziel des Lebens ist Gottverwirklichung. Dann überlegt man und das ist Viveka. Was führt dorthin? Und alle Aspekte des Lebens werden vor der Frage überprüft: Was hilft mir zur Gottverwirklichung zu kommen, was hilft mir, ein sinnvolles Leben zu führen, wie kann ich so leben, wie die höhere Wirklichkeit vielleicht durch mich wirken will?

Auf Vicharana entwickelt man auch Vairagya, das heißt ein inneres Lösen von Erwartungen, Vorstellungen, Wünschen. Auf Vicharana entwickelt man Shatsampat, die Tugenden der Gelassenheit, auf Vicharana entwickelt man Mumukshutva, die Sehnsucht nach Befreiung, die in Shubheccha immer tiefer erwacht ist, man gibt ihr Nahrung. Wenn man so Vicharana übt, gelangt man irgendwann in Tanumanasa und in Tanumanasa wird man von der Intuition geleitet, man hat das Gefühl der beständigen Führung durch Gott. Auf Vicharana hat man dieses Gefühl gelegentlich und manche Menschen fluktuieren auch zwischen Vicharana und Tanumanasa, manchmal ist es klar, was zu tun ist, manchmal spürt man es, manchmal ist der Ruf der Seele stark und manchmal ist er nicht so stark und man muss wieder Viveka nutzen, die Unterscheidungskraft. Und diese Unterscheidungskraft nutzt man, um den spirituellen Weg zu leben. Das heißt, man sieht einen Sinn im Leben, man macht sich bewusst: Hinter allem gibt es die höhere Wirklichkeit, Brahman, das relative Leben und die Art und Weise wie Geist, Sinne, Emotionen, die Welt wahrnehmen, ist Maya, eine Illusion. Solange nicht die Erleuchtung erlangt ist, gibt es immer wieder Duhkha, immer wieder Leiden. Das ist nicht weiter tragisch, denn langfristig komme ich zu Moksha, zur Befreiung und auf dem Weg dorthin werde ich immer wieder Brahman erfahren. Ich habe großes Vertrauen, dass die Gnade Gottes, Kripa, mich immer mehr in göttliche und spirituelle Erfahrungen führt, aber ich kann auch einiges tun, Abhyasa, ich kann Sadhana üben, spirituelle Praktiken üben, ich will mit anderen Menschen zusammen praktizieren, Satsang, ich will mein Leben sattwig, rein ausrichten und ich sehe mein Leben auch als Seva, als Dienst, Dienst an der Menschheit, Dienst an Gott und ich möchte auch in der spirituellen Tradition, in der ich bin, spirituellen Dienst leisten, um mich dort noch tiefer zu verankern und ich möchte in dem, was mir geschieht, auch die spirituellen Lektionen sehen, Karma, und ich möchte den Teil tun, der irgendwo von einem höheren Ganzen sich durch mich manifestieren will. So ist also Vicharana das systematische Gehen des spirituellen Weges und dabei gibt es verschiedene Aufgaben.  

 

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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Shubheccha heißt Sehnsucht nach Wahrheit. Es folgt eine Geschichte über das Erwachen von Rama wie sie im Yoga Vasishtha erzählt wird, einer Yogaschrift auf der auch das Konzept der sieben Bhumikas beruht. Ich nehme mir einiges an erzählerischer Freiheit, wie das in den spirituellen Traditionen üblich ist.

Es war einmal vor langer Zeit ein Königssohn, der hieß Rama. Dieser Rama sollte in naher Zukunft den Thron besteigen. Sein Vater Dasharatha freute sich darüber, dass Rama langsam erwachsen wurde. Er selbst wollte sich zurückziehen und seinen Lebensabend genießen. Rama, der Königssohn bat seinen Vater: „Lass mich einmal durch das ganze Königreich reisen, lass mich inkognito reisen, lass mich sehen, was die Menschen wollen und was sie beschäftigt. Wenn ich das Königreich regieren soll, ist es wichtig zu wissen, was die Menschen im Königreich machen und was sie beschäftigt. Wo ihre Probleme sind, was sie von der Regierung erwarten, was sie sich erhoffen, sollte in meinem Wissen sein“. Dasharatha war darüber froh und Rama reiste durch das ganze Königreich.

Nach einiger Zeit, einigen Monaten, vielleicht länger, kam Rama zurück. Er war transformiert. Rama ging  voller Freude, Enthusiasmus, Humor war, voller Heiterkeit war plötzlich müde, traurig, depressiv, melancholisch auf die Reise. Er, der so viel Freude hatte zu reiten und auf Tanzveranstaltungen dabei zu sein, wollte fast nichts mehr machen. Er blieb in seiner Kammer. Zog sich zurück und nur ab und zu kam er heraus. Aber der Lebensmut war aus ihm draußen. Dasharatha machte sich verständlicherweise große Sorgen um seinen Sohn. Er rief die ganzen Ärzte des Königreichs. Sie fassten den Puls, schauten auf die Zunge und betrachteten Rama im Gesamten: „Körperlich ist alles in Ordnung“. Damals gab es noch keine Psychologen und keine Psychopharmaka. Es gab Ayurveda Stärkungsmittel, die Rama verschrieben wurden, aber die nutzten nichts.

 

Dasharatha rief die Weisen seines Landes zusammen und bat sie, sich Rama anzuschauen. Sie sollten herauszufinden, was mit ihm fehle. Die Weisen kamen und es gab einen Weisen namens Vishvamitra. Auf der Versammlung der Weisen bat er den König, seinen Sohn Rama herzuholen. Rama kam in den Raum und Vishvamitra ging zu ihm hin. Er stelle Ramadie Frage: „Rama, sag mir, was ist los mit dir? Was bedrückt dich?“ Rama hatte jetzt das Gefühl, dass zum ersten Mal jemand war, der wirklich fragte. Vorher als die Ärzte, Dasharatha oder seine Geschwister ihn fragten, hatte er immer das Gefühl gehabt, dass sie sich nicht wirklich dafür interessieren, was ihn beschäftigt. Sie sahen nur, dass er so wie er ist, es nicht richtig ist. Sie überlegzen nur, wie sie ihn ändern können. Bei Vishvamitra merkte er tatsächliches Interesse. Er merkte, dass er wirklich wissen wollte, was in ihm vorging.  

Jetzt sprudelte es aus Rama heraus: „Ich war in meinem Königreich, bin Monate gereist, habe mit Menschen gesprochen und festgestellt, dass kein Mensch wirklich glücklich ist. Menschen leiden unter Verlusten, sind krank. Menschen werden krank und die Menschen, welche sich eine Weile erholt haben, haben einen Unfall, verlieren ihre körperlichen Fertigkeiten, irgendwann sterben sie. Oh Vishvamitra, vor dem Hintergrund der Sterblichkeit der Menschen und dass alles einmal zu Ende ist und dass das Leben in Krankheit, Alter und Tod endet, wie könnte ich da glücklich sein? Ich soll ein Königreich regieren und soll Menschen helfen, glücklich zu werden. Ich bin in dem Wissen, dass alle Menschen irgendwann sterben werden. Viele leiden unter Krankheiten und unter Unfällen. Menschen haben Wünsche, aber die Wünsche machen sie nur unglücklich. Menschen haben einen Wunsch und der Wunsch geht nicht in Erfüllung. Sie leiden und sind unglücklich als Konsequenz. Geht der Wunsch in Erfüllung, vielleicht nachdem sie vieles dafür getan haben, das zu erreichen, verlieren sie das Objekt des Wunsches wieder und leiden als Konsequenz. Die Menschen haben einen Wunsch, wollen es erreichen. Sie erreichen es und dann bleibt es mit ihnen. Sie stellen fest, es bringt ihnen nicht das dauerhafte Glück, das sie sich erhofft haben. Menschen streben nach Reichtum, erlangen einen gewissen Reichtum, leisten sich das Haus, das sie bauen wollten und danach fühlt es sich schal an. Menschen streben nach einer bestimmten Stellung, tun alles um sie zu erreichen und merken, es fühlt sich nicht richtig an. Oh Vishvamitra, wie kann ich ein Königreich regieren, wo ich weiß, dass alles was ich tue, die Menschen nicht glücklich machen wird? Oh Vishvamitra, Menschen denken immer, andere sind glücklicher. Menschen haben auf der einen Seite Angst vor dem Tod und verdrängen andererseits, dass sie irgendwann sterben werden.  

Der Knecht denkt, dass der Bauer glücklich ist, der Bauer glaubt, dass der Kaufmann, der mehr Geld hat, glücklich ist, der Kaufmann denkt, dass die Adeligen, die eine bessere Stellung haben, glücklich sind und die Adeligen denken, dass der König glücklich ist.

Oh Vishvamitra, ich weiß, auch mein Vater, der König ist nicht wirklich glücklich. Vor dem Hintergrund dieses Leidens, der Vergänglichkeit und der Sinnlosigkeit aller Wünsche, wie könnte ich glücklich sein und wie könnte ich so ein Königreich regieren?“  

Als Vishvamitra dies hörte, war er froh. Er erkannte, Rama litt nicht unter einer Depression. Rama litt nicht unter einer Krankheit und nicht unter einer Erschöpfung. Rama war auf der ersten Ebene der spirituellen Evolution, auf Shubheccha. Man könnte sagen, er hatte eine Anamnese gemacht, indem er Rama zu Wort kommen gelassen hat.

Die Diagnose teilte er Dasharatha, Rama und allen Versammelten mit: „Oh König, dein Sohn ist nicht krank, ihm fehlt nichts. Das Gegenteil, ist der Fall, denn dein Sohn ist zu bewundern. Er hat Shubheccha erreicht. Er befindet sich auf der ersten Ebene des spirituellen Erwachens. Der hat erkannt, dass in dieser äußeren Welt kein dauerhaftes Glück ist. Er hat die Vergänglichkeit dieser Welt durchschaut. In ihm ist spirituelle Sehnsucht erwacht. Jetzt wäre es die Aufgabe auf Vicharana zu gehen, d. h. spirituelles Streben, spirituelle Praktiken. Es ist an der Zeit, spirituell praktizieren. Wenn er spirituell praktiziert und sein Leben spirituell ausrichtet, wird er wieder erkennen, dass das Leben als Königssohn ihm dazu hilfreich ist. Rama wird nicht dadurch glücklich werden, dass du ihm mehr Zeitvertreib gibst, besseres Essen oder Heilmittel. Rama wird nur dann wieder glücklich sein, wenn er wieder einen Sinn im Leben sieht und wenn er erkennt: Hinter all der Vergänglichkeit gibt es die Ewigkeit. Hinter allem Leiden gibt es das höchste Glück und hinter allen Höhen und Tiefen des Lebens ist die spirituelle Aufgabe. Das Leben ist dazu da, Gott zu verwirklichen. Ein Königreich zu regieren heißt, Gott zu dienen und Menschen dabei zu helfen, spirituell zu wachse. Es ist wichtig selbst spirituell zu wachsen.  

Oh König, Rama hat jetzt einige Aufgaben zu bewältigen: Seine Aufgaben bestehen darin, Vicharana, spirituelles Streben, spirituelle Praxis, den Alltag zu spiritualisieren. Dann wird er zu Tanumanasa kommen. Er wird diese göttliche Wirklichkeit spüren und durch sich wirken lassen. Er wird zu Sattvapatti kommen, zur Reinheit. Irgendwann wird er zu Asamsakti kommen, zur Erleuchtung.

Aber keine Angst, oh Dasharatha, das wird nicht heißen, dass er sich zurückziehen wird. Nach der Erleuchtung wird er weiter leben und seine Aufgaben als König erfüllen. Dies erfolgt so lange er dort Karma hat. Geht das Karma zu Ende, wird er die Leitung des Königreichs an andere übertragen. Er wird zu Padarthabhavini kommen, zur dauernden Erfahrung Gottes, bis er schließlich in Turiyaga ist, dauernder Samadhi und sein Körper wegfällt. Damit Rama dorthin kommt, braucht er die Unterweisung durch seinen Guru. Der Guru von Rama werde nicht ich sein, sondern Vasishtha. Vasishtha möge Rama unterrichten in dem spirituellen Leben und ihn ausbilden.“

Es geschah, dass Vasishtha Rama die Grundprinzipien des spirituellen Lebens erläuterte und Rama diese umsetzte. Die Erläuterungen zum spirituellen Leben, die Vasishtha an Rama gegeben hat, wurden niedergeschrieben in einer Schrift namens „Yoga Vasishtha“. Da Rama als Königssohn kein Intellektueller war, ist diese Schrift nicht voller intellektueller Beschreibungen, sondern voller spiritueller Geschichten, die das spirituelle Leben ausdrücken.  

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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Shubheccha bedeutet spirituelles Erwachen, die erste Stufe der sieben Bhumikas, ‚Bhumika heißt Entwicklungsstufe, Entwicklungsebene. ‚Bhumi‘ hat etwas mit Ebene zu tun, etwas Gewordenes, etwas sich entwickelndes und Bhumika ist eine Entwicklungsebene auf dem spirituellen Weg. Die

 

Was heißt Shubheccha?

Shubheccha ist gekennzeichnet durch die vier Sadhana Chatushtayas. Shubheccha ist charakterisiert durch Sadhana Chatushtay. Es bedeutet die Vierheit der spirituellen Praxis. Wir können sagen, das Erwachen von vier Eigenschaften eines Aspiranten. Wenn eine dieser vier erwacht, ist man auf Shubheccha. Die vier Eigenschaften sind:  

  1. Vairagya – Abwesenheit von Gier und Wünschen
  2. Viveka – Unterscheidungskraft
  3. Shatsampat – die sechs Tugenden der Gelassenheit
  4. Mumukshutva – intensives Verlangen nach Befreiung, nach einer höheren Wirklichkeit
  1. Vairagya – Abwesenheit von Gier und Wünschen

Vairagya heißt ein Zustand, der gekennzeichnet ist durch die Abwesenheit von ‚Raga‘, ‚Raga‘ heißt mögen, Wunsch, Gier, Verhaftung usw. Einfach ausgedrückt ist Vairagya die tiefe innere Erkenntnis, Sehnsucht, Verwirklichung, das tiefe innere Gefühl, dass ein äußerlich gelebtes Leben einen nicht dauerhaft glücklich macht.

Vairagya ist zudem eine gewisse Enttäuschung oder gar Verzweiflung an der Welt. Vairagya bedeutet, man weiß, spürt, erfährt und fühlt, dass die äußere Welt einen nicht dauerhaft glücklich machen wird. Das kann aus einer Enttäuschung heraus geschehen. Es kann aus einem Verlust heraus geschehen oder aus heiterem Himmel heraus kommen. Ein Erfolg kann ausschlaggebend sein, wenn man nachher feststellt, dass es einen nicht so befriedigt. 

  1. Viveka – Unterscheidung

Man könnte sagen, Vairagya ist das Emotionale. Viveka ist das Intellektuelle. Viveka kann heißen die tiefe Überzeugung und die tiefe Verwirklichung, intellektuelle Klarheit, dass äußeres Leben allein nicht sinnvoll sein kann. Es kann die Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen sein, insbesondere die Erkenntnis, dass das äußere Leben vergänglich ist. Es kann heißen die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst. Das kann die tiefe Erkenntnis ‚Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht der Geist, wer bin ich überhaupt?‘ bedeuten. Dann stellt sich die tiefe Frage: ‚Wer bin ich?‘. Dies ist ein Teil von Viveka. Sie umfasst die Frage nach dem Sinn des Lebens. Wenn diese Frage intellektuell wichtig ist, ist Viveka da. Die tiefe Überzeugung, es muss ein Göttliches hinter allem geben, es muss ein Göttliches geben, gibt Hinweise auf Viveka.

Man liest viel über Menschen, die spirituell sind oder man liest über Gott. Wenn darauf die Frage kommt und wichtig wird: ‚Was ist denn überhaupt Gott?‘, dann ist Viveka erwacht. Das Suchen nach Wahrheit trifft hier auch zu. Selbst viele Physiker, Wissenschaftler, Biologen etc. sind auf Shubheccha. Sie wollen herausfinden: Was ist das Universum? Wer bin ich? Was ist der Sinn hinter dem Ganzen? 

  1. Shatsampat – die sechs edlen Tugenden der Gleichmut

Shubheccha ist keine Depression. Die Depression gibt es als einen Gemütszustand, wo Menschen aus einer Enttäuschung heraus, aus einer Überanstrengung, einem Burnout oder einer traumatischen Erfahrung heraus in ein Gefühl der Sinnlosigkeit kommen. Es ist ein Gefühl, dass nichts sinnvoll ist. Shatsampat heißt ein gewisser Gleichmut, eine gewisse Heiterkeit inmitten der Veränderungen des täglichen Lebens. Man könnte vielleicht ein erfolgreiches Leben führen, aber man sieht den Sinn dahinter nicht. Man fühlt, dass das nicht alles gewesen sein kann. Wenn man aus irgendeinem Grund plötzlich eine Gelassenheit hat, ob man erfolgreich ist oder weniger erfolgreich, ob Menschen einen mögen oder nicht, loben oder nicht, wenn das einfach weniger wichtig ist und man eine heitere Gelassenheit hat, ist das ein Zeichen für Shatsampat.  

  1. Mumukshutva – intensives Verlangen nach Befreiung, nach einer höheren Wirklichkeit

Schließlich tritt Mumukshutva auf, du kennst vielleicht Moksha (Befreiung, Erlösung, Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung). Mumukshutva heißt intensive Sehnsucht nach der höheren Wirklichkeit, man sehnt sich nach der höheren Wirklichkeit, man möchte sein Leben danach ausrichten.

Shubheccha kann auf unterschiedliche Weise erwachen. Bei manchen ist Vairagya oder Viveka zuerst da, Mumukshutva oder Shatsampat können ebenfalls als erster in Erscheinung treten.

 

 

Aufgaben auf Shubheccha

Es gibt verschiedene Aufgaben auf Shubheccha. Das erste wäre es, wenn spirituelle Sehnsucht da ist, tiefes Nachdenken über das Leben, den spirituellen Fragen Raum zu geben, sich selbst wertzuschätzen dafür, dass man diese tiefen Fragen hat.

Die nächste Aufgabe wäre, erkennen, dass es andere gibt, die diese Fragen stellen und sich mit diesen Menschen verbinden. Es ist wichtig, gerade wenn man ein Umfeld hat, wo keiner manifest auf dem spirituellen Weg ist, dass man die Gemeinschaft von anderen Menschen sucht, die auch auf dem Weg sind. Der Mensch ist nun mal ein Zoon Politicon, d. h. ein geselliges Wesen. Wenn du irgendwo bist, wo du der einzige bist auf dem spirituellen Weg, fühlst du dich allein und einsam.

Vermutlich wäre es einfach gut, wenn du diese Themen ansprichst. Vermutlich gibt es vielmehr Menschen, die sich auf Shubheccha oder Vicharana befinden, als du denkst. Weil aber viele Menschen sich nicht trauen, ihrer spirituellen Sehnsucht Ausdruck zu geben, darüberzusprechen, kann es sein, dass du in deinem Umfeld viele hast, die alle die gleiche Sehnsucht haben, aber weil keiner sich traut darüber zu sprechen. Jeder denkt, er sei ganz allein. Äußere ruhig deine tiefen Fragen und schaue, ob es vielleicht andere gibt, die auch auf diesem Weg sind.

Eine nächste Aufgabe wäre, dir einen spirituellen Überblick zu verschaffen. Dies ist ein gutes Gegenmittel gegen Fanatismus, denn eine Gefahr auf dem spirituellen Weg ist immer Fanatismus. Menschen, die denken ihr Weg sei der einzige, haben eine Neigung zum Fanatismus. Zudem werden Menschen mit spiritueller Sehnsucht manchmal Opfer von spirituellen Fanatikern. Daher verschaffe dir, wenn Shubheccha erwacht ist, einen gewissen spirituellen Überblick und entwickle eine Weite des Geistes. Sei dir bewusst, es gibt verschiedene Wege zum Höchsten. In allen Religionen gibt es spirituelle Menschen, die Gottverwirklichung erreichen. Zudem gibt es die Möglichkeit die Gottverwirklichung außerhalb einer etablierten Religion zu erreichen und zu verschiedenen Stadien verschiedenen spirituellen Richtungen zu folgen. Entwickle eine Weite des Geistes. 

Eine weitere Aufgabe gerade zu Anfang kann ein Ausprobieren sein, um den eigenen Weg herauszufinden. Es gilt nicht nur einen intellektuellen Überblick zu verschaffen, sondern das ein oder andere auszuprobieren. Das kann dir helfen, herauszufinden, was für dich am besten ist. Du musst jetzt nicht notwendigerweise zu Anfang des Weges verschiedene Seminare mitmachen. Es bedeutet nicht, verschiedene Richtungen wie Zen Buddhismus, Vipassana Buddhismus, tibetischer Buddhismus, Theravada Buddhismus, jesuitische Exerzitien, Franziskanerkloster-Aufenthalt, Yoga Vidya, Sivananda Yoga, Hare Krishna, Kriya Yoga, Vedanta, Neo-Vedanta, Neo-Tantra, Sufismus, Schamanismus oder weitere auszuprobieren. Wenn du zu Anfang deines Weges merkst, dass du das machen willst, ist es gut. Ein intellektueller Überblick ist gut. 

Wenn du zügig zum spirituellen Erwachen kommst und schnell einen spirituellen Weg gehst, ist das gut. Es ist zudem wichtig einen offenen und weiten Geist zu haben. Die Aufgabe besteht darin, auf Shubheccha auf die nächste Stufe zu gehen – Vicharana.

Entwicklungsstufe heißt, den nächsten Schritt zu gehen und die nächste Stufe zu erlangen. Irgendwann reicht es aus, sich einen Überblick verschafft zu haben. Irgendwann sollte die Phase in der spirituellen Verzweiflung zu schwelgen überstanden sein. Die Phase des Ausprobierens vorbei ist an einem gewissen Zeitpunkt vorbei. Jetzt gilt es den spirituellen Weg zu gehen, spirituell zu strebenund sein Leben spirituell auszurichten. Dann bist du auf Vicharana.

Gefahren auf Shubheccha

Gefahren auf Shubheccha sind Verzweiflung, Süchte, Verdrängung bis zum Suizid. Es kann auch ein Steckenbleiben bei Intellektualität sein, Schaufensterbummel und Wellness-Spiritualität im Sinne von Wohlfühlen wollen, es soll weiter gehen, wir wollen zur Transformation kommen. Eine weitere Gefahr ist es, Menschheitsverführern zum Opfer zu fallen, einem Lehrer oder einer spirituellen Richtung zu folgen, die mit Gewalt verbunden ist, mit Fanatismus und dich in tiefe Probleme stürzen wird.

Darüber wird noch gesprochen, wenn es um Vicharana geht und um sattwige, rajasige und tamasige Spiritualität, um sattwige, rajasige und tamasige spirituelle Lehrer.

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Auf dem Weg zu dieser höchsten Erfahrung gibt es verschiedene Abschnitte und unterschiedliche Entwicklungsstufen. Es gibt viele Weisen, diese Stufen zu klassifizieren und einzuteilen. Im Yoga finden wir unterschiedliche Weisen und in anderen spirituellen Systemen, z. B. im Buddhismus oder in manchen Aspekten der christlichen Mystik gibt es ebenso verschiedene Weisen der Einteilung der Entwicklungsstufen auf dem spirituellen Weg. 

In der berühmten Yoga-Schrift, die ‚Yoga Vasishtha‘ von einem Weisen namens Vasishtha, werden unter anderem die sieben Stufen des spirituellen Wegs beschrieben. Viele spätere Schriften beziehen sich darauf. Wenn man über die sieben Entwicklungsstufen, -schritte und -ebenen des spirituellen Weges spricht, muss man sich bewusst sein, dass es eine Sache ist, darüber zu sprechen. Diese zu erfahren ist eine andere. 

 

  1. Ebene: Shubheccha – Sehnsucht nach Wahrheit

‚Shubheccha‘ bedeutet spirituelle Sehnsucht. Es handelt sich um eine Sehnsucht nach etwas Höherem. ‚Shubha‘ heißt das Gute, ‚Iccha‘, es ist der Wille, der Wunsch und die Sehnsucht nach einer höheren Wirklichkeit. Man befindet sich erst überhaupt auf einer der Bhumikas des spirituellen Wissens, wenn man sich fragt: Gibt es etwas Höheres. Man stellt sich die Frage: Wie kann ich es erfahren?

Die meisten Menschen haben kein allzu großes spirituelles Interesse. Die meisten Menschen haben zwischendurch Phasen von Shubheccha, wo sie sich fragen: „Wer bin ich? Woher komm ich? Wohin geh ich? Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es eine höhere Wirklichkeit? Kann ich sie erfahren?“. Wenn diese Fragen stark werden, befindet man sich auf Shubheccha, das ist die der ersten Entwicklungsstufe der spirituellen Wahrheit. 

  1. Stufe: Vicharana – Ausrichten des spirituellen Lebens auf die Erfahrung der spirituellen Wahrheit

‚Vicharana‘ heißt spirituelle Praxis, den spirituellen Weg gehen. ‚Vicharana‘ heißt wörtlich die rechte Untersuchung. Vicharana heißt die spirituelle Praxis auf sein Leben darauf auszurichten, in dem man Spiritualität, bewusstes Führen des spirituellen Lebens und bewusstes Arbeiten an der Transformation von Psyche und Geist führt. Vicharana ist die wichtigste Stufe auf dem spirituellen Weg. Viele Schriften und Meister gibt es aufgrund dessen, die Vicharana unterteilen in weitere Entwicklungsstufen und Unterstufen. 

  1. Stufe: Tanumanasa – Transparentwerden der Psyche

‚Tanumanasa‘ bedeutet das Ausdünnen des Geistes, ‚Tanu‘ heißt ausdünnen und ‚manas‘ bedeutet Geist. Dies soll heißen, dass man durchlässig und transparent wird. Wenn du der gesamten Schulung gefolgt bist, hast du in einer der vorigen Lektionen die Definition von Spiritualität als ‚Transparenz zum immanent Transzendenten‘ erfahren. Wir werden transparent und durchlässig. Wir spüren die göttliche Wirklichkeit in uns und überall. Es ist noch nicht die vollständige Erfahrung, aber wir spüren sie. Wir vernehmen Freude in uns und in anderen Menschen. Die Gottesliebe und die Liebe zu unseren Nächsten ist immer wieder da.

Tanumanasa heißt zudem, dass die spirituelle Praxis fast von selbst geschieht. Wir werden dazu hingezogen und geführt. Dies geschieht durch eine höhere Intuition. Wir spüren die Führung des Göttlichen, des höheren Selbst und die spirituelle Führung. Wir machen tiefe Erfahrungen in der Meditation und können ganz loslassen. 

  1. Ebene: Sattvapatti – Erlangung von Reinheit

Tanumanasa führt weiter zu Sattvapatti. Sattvapatti ist das Erlangen von Reinheit. Es bedeutet eine vollkommene Verankerung in Sattwa. ‚Sattwa‘ ist jenes, welches aus ‚Sat‘, aus der höchsten Wirklichkeit kommt. Es ist das, was zu Sat, zur höchsten Wirklichkeit führt. ‚Patti‘ hat etwas mit erlangen und erreichen zu tun. Sattvapatti ist die Erlangung von Höherem. Es ist gekennzeichnet durch die Erfahrung von Siddhis, von außergewöhnlichen Kräften und Fähigkeiten. 

  1. Stufe: Asamsakti – Gottverwirklicht in Karma und Alltag sein, Erleuchtetes Leben

‚Asamsakti‘ heißt durch nichts berührt. Asamsakti bedeutet das Erreichen der Gottverwirklichung: Man könnte sagen, dass mit dem Erreichen dieser Stufe die höchste Wirklichkeit erfahren wurde. Der Rest sind nur Stufen des äußeren Lebens. In Asamsakti wird Nirvikalpa Samadhi erfahren. In Asamsakti wird die Erleuchtung erfahren.

In Asamsakti gibt es zudem Karma. Das Karma gilt es zu erfahren und auszuarbeiten. Jemand in Asamsakti kann leben, wie jeder andere Mensch. Man muss es ihm nicht äußerlich ansehen. Der Mensch weiß, dass er eins mit dem Göttlichen ist und sieht überall das Göttliche. Er hat das Ziel des Lebens erreicht. 

  1. Stufe: Padarthabhavini – Karma geht langsam zu Ende

‚Padarthabhavini‘ bedeutet, man ist vollständig verankert im höchsten Ziel. Man wird nicht mehr viel tun und das Karma ist weitestgehend zu Ende. Die selbstverwirklichten Meister, Jivanmuktas, erreichen die Gottverwirklichung, Asamsakti, gehen weiter ihrem Karma nach bis ihr Karma abgelaufen ist. Dies ist typischerweise im hohen Alter der Fall. Ab diesem Zeitpunkt handeln sie nicht mehr aus eigenem Antrieb. Sie sind im beständigen Gottesbewusstsein, bis sie irgendwann in Turiyaga kommen. 

  1. Stufe Turiyaga – dauerhafter Samadhi bis Aufgeben des physischen Körpers.

Turiyaga ist ein Zustand, charakterisiert durch ständiges Veranktertsein in Turiya. Deshalb wird manchmal Turiyaga als Turiya bezeichnet. Turiya bedeutet Gottesbewusstsein. Es bedeutet Nirvikalpa Samadhi. In diesem Zustand befindet man sich zwischen 3 Tagen und 3 Wochen, bis man den physischen Körper aufgibt. Man erreicht Mahasamadhi und wird eins mit dem Höchsten. Man ist mit dem Unendlichen dauerhaft verschmolzen.

 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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Mit diesem Vortrag folgt ein kleiner Ausflug in die lutherische Theologie im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Ich möchte betonen, dass Yoga-Spiritualität nicht an eine bestimmte Religion gebunden ist. Spiritualität ist überhaupt religionsübergreifend.

Spiritualität heißt, sein Leben auf eine höhere Wirklichkeit auszurichten. Das Ziel ist die höhere Wirklichkeit zu erfahren und dass diese durch uns hindurch wirken kann. Spiritualität heißt die Liebe zu Gott und zu den Tiefen seines Wesens. Es bedeutet die Liebe zu anderen Menschen und die Liebe zu Gottesschöpfung.

Die sieben Worte spiritueller Philosophie und Prinzipien finden wir in den meisten anderen spirituellen Traditionen wieder. Dazu möchte ich ein paar Worte, insbesondere vom Standpunkt der lutherischen Theologie, sagen.

Sieben Worte spiritueller Philosophie

  1. Brahman – es gibt eine höhere Wirklichkeit.
  2. Maya – die Welt, wie wir sie wahrnehmen, ist nicht so wie wir sie wahrnehmen. Was wir als getrennt und in der Dualität in Zeit und Raum und als Materie wahrnehmen, ist nicht wirklich. Diese Wahrnehmung ist Maya.
  3. Solange wir in dieser Getrenntheit und Maya leben sind wir in Duhkha, einem Leiden.
  4. Aufgabe des Menschen ist es zu Moksha zu kommen. Moksha heißt zur Befreiung, zur Erlösung, zur Selbstverwirklichung, zur Gottverwirklichung zu kommen.
  5. Um dort hinzukommen, gilt es Abhyasa zu praktizieren. Damit ist das Üben von spirituellen Praktiken gemeint.
  6. Wir gehen von Karma aus. Karma bedeuten Gottesaufgaben, die auf uns zu kommen. Wir gehen davon aus, dass das was auf uns zukommt, Lernaufgaben sind.
  7. Wir vertrauen darauf, dass wir durch Kripa, durch Gnade, zum Höchsten kommen.

Diese Thesen stelle ich nun anhand der christlichen Theologie dar, um sie in Beziehung zu setzen.

Die christliche Theologie ist sehr komplex und sie beinhaltet sehr viele verschiedene Aspekte. Christliche Theologie wird seit Jahrhunderten an Universitäten gelehrt. Es gibt sehr viele kluge Köpfe, die sich damit beschäftigt haben.

Diese bitte ich um Entschuldigung, dass ich das Ganze jetzt erstens vereinfache und zweitens auf ein paar Schlagworte reduziere. Nicht, weil ich damit hoffe christlicher Theologie gerecht zu werden, das kann ich als Nichttheologe nicht machen. Sondern, in dem Wunsch Verbindungen herzustellen. Es stellt keinen akademischen Vortrag dar. Mit meinen Auslegungen möchte ich auch von niemandem die religiösen Gefühle verletzen, wenn ich dort vielleicht etwas anderes sage, als jemand tief im Inneren glaubt. Mein Anliegen besteht darin vielmehr zu zeigen, dass es bestimmte Ähnlichkeiten vorhanden sind.

Diese Ähnlichkeiten weisen einige Bezüge auf, die in Verbindung mit der christlichen Theologie stehen, insbesondere der lutherischen Theologie, mit der ich am vertrautesten bin, weil ich damit aufgewachsen bin. Die evangelische Religion war eines meiner Abiturprüfungsfächer. Ich habe mich seitdem immer wieder damit beschäftigt. Nicht nur mit Mystikern, sondern mit verschiedenen theologischen Strömungen im katholischen und evangelischen Christentum.

Brahman würde hier Gott entsprechen. Gott ist allmächtig, allgegenwärtig, allwissend.

Maya könnte man in diesem Bezug mit der sogenannten Ursünde übersetzen. Es soll heißen, dass man Sünde als Absonderung interpretieren kann. Wir müssen es nicht unbedingt entsprechend der Interpretation von früher darstellen.

Adam, der sich von Eva dazu verleiten lassen hat, der Versuchung der Schlange zu folgen und von einem Apfel zu beißen, woraufhin alle Probleme kamen. Wenn wir es uns genauer anschauen, ist es der Baum der Erkenntnis. Als sie von diesem einen Apfel gegessen hatten, sahen sie, dass sie nackt waren. Der Baum der Erkenntnis stellt die Absonderung von mir zu anderen dar. Damit ich etwas erkennen kann, bin ich in der Dualität. Sich anschließend nackt zu fühlen heißt, dass man die äußere Welt als bedrohlich wahrnimmt. Man könnte daraus interpretieren, dass die Ursünde wie die Maya ist. Wir sind abgesondert vom Göttlichen und in die Dualität hineingeworfen.

Als Nächstes folgt, dass Gott Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben hat. Es heißt, dass Frauen unter Schmerzen gebären müssen und der Mensch im Schweiße seines Angesichts seinen Lebensunterhalt verdienen muss. Das heißt letztlich, solange man in der Ursünde gefangen ist, kommt man ins Leiden.

Dazu gibt es verschiedene christliche Ausdrücke. Hier sagt die Theologie, dass es die Erlösung gibt. Erlösung heißt, dass wir aus der Ursünde herauskommen und Gott erfahren. Die Erlösung kommt aus der Rechtfertigung des Menschen vor Gott. Hier muss man wissen, dass in der Sprache der Bibel Rechtfertigung bedeutet, dass der Mensch sich von der Sünde befreit und dann Gott erfahren kann. Das ist die Erlösung. Ähnlich finden wir in der Bibel öfter die Aussage von Gerechten. Ein Gerechter ist nicht jemand, der gerecht mit anderen Menschen umgeht. Ein Gerechter ist letztlich einer, der Gott erfahren hat.

Luther hat sehr großen Wert auf die Gnade gelegt, auf Kripa. Er hat sogar gesagt: „Sola Gratia.“ Allein durch die Gnade kann der Mensch die Erlösung erlangen, nicht durch eigene Werke. Das scheint dem zu widersprechen. Aber das ist die große Betonung „Sola Gratia.“

Wie kommen wir zu dieser Gnade? Er sagt: „Sola Fide.“ Es geschieht allein durch den Glauben.

Wie kommen wir zu diesem Glauben? Durch „Sola Scriptura“ erfolgt dies. Allein durch die Schrift.

Karma bedeutet Folgendes: Es steht für ein religiöses Leben bzw. einen religösen Alltag. Es gibt im Christentum verschiedenste theologische Aussagen.

Die heute oft wiederholte Aussage ist: „Wir wissen nicht, warum die Welt geschaffen ist. Wir wissen nicht, warum Gott all das macht, was ist. Menschlicher Verstand ist zu klein, um das zu verstehen. Wir gehen aber davon aus, dass es irgendwo sinnvoll ist und dass Gott, der allmächtig, allgegenwärtig, allwissend ist, dass er uns auch die Aufgaben gibt, die wir brauchen.“

Jesus sagt: „Vater, dein Wille geschehe.“ In einem Psalm heißt es: „Zeige mir dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten.“

Man ist der Annahme, dass der Alltag etwas ist, den wir auf Gott aufrichten können. Wir können in unserem Alltag lernen und Gott dienen. Der Alltag wurde uns von Gott geschenkt.

 

Mehr Informationen über Yoga und weitere Vorträge, Artikel über alle Aspekte von Yoga, über Christentum u. a. Religionen aus Sicht des Yoga, Yoga aus christlicher Sicht, findest du auf www.yoga-vidya.de

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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YVS036 Spiritueller Gruß

Om Namah Shivaya – weißt du, was das heißt?

  • Om heißt ‚Om‘
  • ‚Namah‘ heißt Ehrerbietung an, Gruß an
  • ‚Shivaya‘ heißt ‚an Shiva‘ und Shiva heißt Gott, Göttliches, wörtlich heißt Shiva ‚der Liebevolle‘ oder liebevoll, gütig, glücksverheißend.
  • ‚Om Namah Shivaya‘ hießt Ehrerbietung oder Gruß an die Liebe, das Glücksverheißende, das Gütige in jedem.

Im Yoga kann man ‚Om Namah Shivaya‘ als spirituellen Gruß verwenden. Wenn du einen Yoga Vidya Ashram besuchst, wird es dir öfters passieren, dass Menschen sich gegenseitig oder dich mit ‚Om Namah Shivaya‘ begrüßen - Ehrerbietung an das Göttlich in dir.

In Indien gibt es den Ausdruck ‚Namaste‘. ‚Namas‘ heißt Ehrerbietung, ‚te‘ heißt: an dich‘. Namaste ist die Ehrerbietung an dich, an das Göttliche in dir. Es ist eine Ehrerbietung an das Gute in dir.

Darüber hinaus haben wir zwei Hände und können in einem Gruß auf verschiedene Weise dieses Göttliche zum Ausdruck bringen.

Im indischen Gruß geben wir beide Hände vor die Brust: Wir haben zwei Hände – diese stehen für die Dualität. Möge aus zwei eins werden. Dafür fügen wir die Hände vor der Brust zusammen vor das Herz als Symbol für ‚in Liebe‘. Dabei neigen wird den Kopf als Zeichen von Respekt. Mögen wir uns verbinden – in Liebe, vom Herzen her und in gegenseitigem Respekt.

Im westlichen Gruß gibt man sich die Hand. Diese Geste kann man ebenso als spirituellen Gruß bezeichnen. Das Herz ist in der Nähe von der Schulter. Wir reichen uns die Hand als Symbol für die Verbindung unserer Herzen. Möge mein Herz sich mit deinem Herzen verbinden. Möge aus uns beiden, die wir zwei sind, eine Einheit entstehen. Mögen wir beide zusammen aus diesem Geist der Einheit heraus leben. 

Ein spiritueller Gruß kann heißen, bevor wir mit dem Menschen sprechen verbinden wir uns mit dem Göttlichen im Menschen. Das kann eine Kommunikation stark bereichern. Nachher wird man sich vielleicht auseinandersetzen, Informationen austauschen, Meinungsverschiedenheiten haben, sich vielleicht sogar streiten, verhandeln, Aufgaben verteilen usw. Bevor man in die relative Ebene geht, die Ebene der Maya und des Karmas, richten wir uns an Brahman, das Göttliche im Menschen: Ich grüße das Göttliche in dir.

Das wird nicht nur mit Sanskrit-Grüßen gemacht. Wenn du aus Süddeutschland kommst, kennst du vielleicht die Grußformel: ‚Grüß Gott‘ oder ‚Gruezi‘. Diese Ausdrücke heißen: ‚Ich grüße das Göttliche in dir‘. Der neudeutsche Gruß ‚Hallo‘ kommt vom Englischen ‚Hail Lord‘, was heißt ‚Grüß Gott‘, ‚Ehrerbietung an Gott‘. ‚Hallo‘ ist ein äußerst spiritueller Gruß. Beim ‚Hallo‘ sagen, kannst du innerlich einen Moment spüren: ‚Ich grüße das Göttliche in dir‘.

Das Gleiche trifft auf das Wort ‚Tschüss‘ bzw. ‚Tschö‘ zu. Dieser Ausdruck kommt vom französischen ‚Adieu‘ und vom spanischen ‚Adios‘. Es bedeutet: ‚an Gott‘. Wenn wir ‚Tschüss‘ sagen, soll das heißen: ‚Ich grüße das Göttliche in dir‘, ich wende mich an Gott, an dich‘.

In diesem Sinne: Wann immer du einen Menschen grüßt, grüße erst das Göttliche im Menschen. Nachdem ihr euch unterhalten habt, grüße nochmals das Göttliche im Menschen zum Schluss. Selbst wenn du ‚Guten Morgen‘ oder ‚Guten Tag‘ sagst, kannst du vom Herzen her, dem anderen einen ‚Guten Morgen‘ wünschen. Dies heißt: Ein Morgen wird erfüllt von göttlicher Erfahrung und göttlichem Segen.

In diesem Sinne: Om Namah Shivaya, Hallo …und Tschüss!

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

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YVS035 7 Prinzipien spiritueller Philosophie

Die 7 Aspekte spiritueller Philosophie. Was heißt es überhaupt “spirituell“ zu sein? Was heißt spirituelles Leben? Was heißt, sein Leben auf spirituelle Grundsätze auszurichten? 

Spirituell kommt vom Substantiv Spiritualität. Spirituell bedeutet, sein Leben auf eine höhere Wirklichkeit auszurichten und sich bewusst zu machen, dass hinter allem eine höhere Wirklichkeit ist.  
Um zu verstehen, was spirituell heißt, gibt es die sieben Worte der spirituellen Philosophie. Man könnte auch sagen: “Die sieben Prinzipien spiritueller Philosophie“.  

Diese Aspekte sind alle in Sanskrit festgehalten worden. Sanskrit ist die Sprache, die hinter dem Yoga steht. Sanskrit ist eine Sprache, die auf Spiritualität ausgerichtet ist. Es ist eine Sprache voller Kraft, die alles, was Yoga ausmacht, ausdrückt.  

Das erste dieser sieben Aspekte ist: „Brahman“. “Brahman” bedeutet “das Absolute”. Das Konzept von Brahman bedeutet, dass hinter allem eine höhere Wirklichkeit steht und dass diese höhere Wirklichkeit erfahrbar ist. Wir können “Brahman” erfahren, das ist die große Behauptung. Spiritualität sagt auch was auch immer wir erleben, es ist eine Manifestation des Göttlichen. 

Der zweite Aspekt ist „Maya“. “Maya“ bedeutet Illusion, Täuschung, das, was scheinbar erschafft: So wie wir die Welt sehen, ist sie nicht wirklich. Wir nehmen im Alltag normalerweise “Brahman” nicht wahr, sondern wir nehmen eine Welt wahr, die getrennt ist von “Brahman”. Eine Welt, die scheinbar Materie ist, die in Zeit, Raum und Kausalität aufgebaut ist. Eine Welt der Dualität: Ich und Du. Ich und Welt. Eine Welt von Trennungen. Diese Trennungen sind aber alle Maya/Täuschung. Auch die Physik sagt, dass Alles mit Allem zusammenhängt. Und auch wenn wir genau überlegen und in uns gehen, spüren wir, dass wir nicht so getrennt von Allem sind, wie wir im Alltag oft meinen. Mit jedem Atemzug verbinden wir uns mit unserer Umgebung, mit jeder Aufnahme von Nahrung nehmen wir etwas in uns auf. Mit jeder Ausatmung oder Ausscheidung unseres Körpers geben wir wieder etwas ab. Auch über unsere Sinne sind wir mit unserer Umwelt verbunden, auch wenn wir das nicht bewusst wahrnehmen. Das bedeutet allerdings auch, dass unser Körper und unsere Psyche voneinander getrennt sind. Und wir sind auch getrennt von anderen Körpern und Psychen. Dies stellt uns vor diverse Herausforderungen: Unsere Ansprüche, Wünsche und vieles mehr kann dazu führen, dass wir manchmal verzweifeln, ängstlich oder deprimiert sind, aber auch freudvoll. Wir sind unseren Gefühlen völlig ausgeliefert. Das kommt daher, dass wir nicht erfahren, wer wir wirklich sind. Also der Täuschung, “Maya“ unterworfen sind: Wir nehmen die Welt nicht so wahr, wie sie wirklich ist. Die Konsequenz daraus ist: „Duhkha“. Duhkha heißt Leiden.

In der Yoga-Philosophie heißt es, dass das Leben, die Existenz grundsätzlich aus Leiden besteht. Man könnte auch sagen, Duhkha ist existenzielles Leiden. Wir erfahren Duhkha, weil wir in Maya, in der Täuschung leben und Brahman nicht erfahren können. Duhkha erfahren wir, weil wir nicht bekommen, was wir gerne hätten, uns wünschen. Duhkha wird nicht dadurch beseitigt, dass Menschen nett zu uns sind, dass unser Vorgesetzte uns lobt oder dadurch, dass wir eine schöne Zeit mit unserem/r Partner/in haben.  
Duhkha heißt auch, dass wir darunter leiden, dass das Leben endlich ist, dass die Erfahrungen endlich sind, auch die schönen Erfahrungen irgendwann vorbei sind und man weiß, dass das Glück, dass wir momentan erfahren, nicht für immer währen wird.  
Das Prinzip von Duhkha besagt: Solange wir in Maya/Täuschung sind und Brahman nicht erfahren, sind wir im Leiden. Egal wie viel Geld wir haben, egal wie nett Menschen zu einem sind, egal wie toll Menschen in der direkten Umgebung sind, egal was man tun und lassen kann, Duhkha kommt schon allein deshalb, weil das Leben endlich ist.  
Solange man in Maya ist, ist man in der Dualität gefangen, und daher im Leiden.  
Aus Duhkha entfliehen wir nur dann, wenn wir es schaffen, der Täuschung zu entfliehen. Das geschieht dann, wenn wir hinter die Leinwand / Maya schauen und Brahman erfahren.  

Die gute Botschaft: Moksha/die Befreiung ist möglich!
Und zwar dann, wenn wir in diesem Leben Brahman erfahren.  
Und wenn wir Brahman, das Göttliche erfahren, dann erfahren wir uns selbst als Sat-Chid-Ananda. Das bedeutet: Sein-Wissen-Glückseligkeit – Eins sein mit der Weltenseele, Eins sein mit dem Göttlichen.  
Moksha vollzieht sich in Etappen. Es gibt kleine Moksha- und Brahman Erfahrungen und große.  
Das ist spirituelles Leben: Zwischendurch das Göttliche in uns, in anderen erfahren, in Begegnungen, in der Natur und in dem was wir tun.  
 
Wie kommen wir aber zu Moksha? Und hier sei gesagt, es gibt tatsächlich auch endgültiges Moksha: die Erlösung, die Befreiung, die Erleuchtung, Unio Mystica, die endgültige Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung und Einheit. Aber wie kommen wir dorthin? 

Und hier kommen die drei weiteren Aspekte spiritueller Philosophie: Abhyasa, Karma und Kripa.  
Abhyasa heißt Übung.  
Wir können selbst etwas tun, um auf dem spirituellen Weg voranzukommen. Das mag für dich jetzt selbstverständlich klingen, aber es gibt auch religiöse Systeme, die sagen, dass der Einzelne nichts machen kann, sondern dass alles nur von der Gnade Gottes abhängt.  
Im Yoga und auch in den meisten anderen spirituellen Übungssystemen wird davon gesprochen, dass wir auch selbst etwas tun können, und zwar durch Abhyasa/Übung: 
 
Die vier großen „S“ im Yoga-System:  

  • Sadhana: Spirituelle Praxis: Asanas, Pranayama, Meditation und Mantra Rezitation
  • Satsang: Gemeinsame spirituelle Praxis.
  • Sattwa: Reiner und ethischer Lebensstil. Und spirituelle Prinzipien in Beruf, Partnerschaft, Familie, Wohnen, Hobby umsetzten und leben. 
  • Seva: Dienst am Nächsten. Im engeren Sinne bedeutet dies, Dienst und Engagement an seinem spirituellen Führer und innerhalb der spirituellen Gemeinschaft,  
    im weiteren Sinne heißt Seva, alles, was man tut darauf auszurichten Gutes zu tun. Gott, die Menschheit, Mutter Erde zu dienen und alles, was man tut, als Dienst für Andere zu begreifen. 

All das sind Aspekte von Abhyasa, der spirituellen Praxis.  
 
Ein weiterer Aspekt ist unser Karma. Das Wort Karma hat viele Bedeutungen: Karma heißt “hier”.
Das Karma gibt uns die Möglichkeit, aus dem zu lernen, was uns das Leben uns bringt. Das Schicksal ist eine Chance und das Leben ist eine Schule. Was auch immer an Schicksalsschlägen kommt, hilft uns, die Erfahrungen zu machen, die wir brauchen, um spirituell zu wachsen. Wie gehen wir aber mit unserem Karma um?  
Versuchen, nicht zu klagen, nicht zu schimpfen, wenn man denkt, jemand hat sich uns gegenüber ungerecht oder dumm verhalten, nicht lamentieren über das Schicksal, das paradox, willkürlich, irrational, unfair und ungerecht ist. Das ist manchmal schwer und bedarf viel Übung.  
Vielleicht hilft es, zu denken, “Ich wäre ja schon selbstverwirklicht, wenn mein Schicksal nicht so mit mir hadern würde?  
Man geht im Karma immer davon aus, dass das, was mir geschieht, mir die Lektionen gibt, die ich brauche, um zu wachsen. Die Dinge, die kommen sind die Aufgaben, die mir helfen, auch die Fähigkeiten zu entwickeln, um spirituell zu wachsen.   

Und schließlich gibt es Kripa – das Vertrauen auf göttliche Gnade. Das nimmt uns ein bisschen den Leistungsdruck. Wir müssen nicht denken, dass wir nur dann gottverwirklicht werden, wenn wir nur ein ausreichend guter Aspirant sind. Wenn wir uns stetig Mühe geben werden wir spirituelle Erfahrungen machen und mit der Gnade Gottes letztendlich dafür belohnt – wir kommen in höhere Sphären. 

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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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