Wie viel Freiheit hat der Mensch?

Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Heute mit der Yoga Sutra, 4. Kapitel, 12. Vers: „Vergangenheit und Zukunft existieren in ihrer eigenen Form. Aus den unterschiedlichen Wegen ergeben sich die verschiedenen Eigenschaften.“

Dieser Vers kann sehr philosophisch interpretiert werden. Auf der einen Seite wirkt er ein bisschen fatalistisch. Man kann sagen, dass Vergangenheit und Zukunft beide schon existieren. Alle Möglichkeiten der Vergangenheit sind da, alle Möglichkeiten der Zukunft sind da. Trotzdem hat der Mensch eine gewisse Freiheit. Er kann wählen, welchen der verschiedenen Wege er nimmt. Er hat nicht wirklich die Wahl von etwas Grundlegendem. Aber er kann einen der Wege auswählen.

Die Frage des freien Willens ist natürlich umfangreich. Sie wird auch im Yoga sehr kontrovers diskutiert. Unterschiedliche Schriften sagen da ganz Unterschiedliches. Manchmal heißt es auch, es hänge vom Standpunkt ab. Vom individuellen Standpunkt aus, muss man sehr wohl Entscheidungen treffen und hat eine gewisse Freiheit. Von einem höheren Standpunkt aus sind wir alle Instrumente Gottes. Und vom höchsten Standpunkt aus ist alles nur Brahman und es geschieht gar nichts. So haben wir auf der einen Ebene einen freien Willen, auf der anderen Ebene tun wir das, was Gott von uns will und auf der höchsten Ebene gibt es nur Brahman, Bewusstsein.

Inmitten von all dem gibt es diese interessante Aussage, dass dieses Universum multidimensional ist und dass alle Möglichkeiten der Entscheidungen, die du treffen könntest, dass die alle schon irgendwo vorgegeben sind. Und deine Entscheidungen sagen nur, welchen Weg durch diese mannigfaltigen Möglichkeiten du gehst. Man könnte sagen, das ist wie in einem Irrgarten, der aber verschiedene Ausgänge hat und verschiedene Wege. Du hast nicht die Freiheit, den Irrgarten zu ändern, aber du kannst den Weg bestimmen, der aus dem Irrgarten herausführt. Oder du kannst einen der vielen Wege wählen und hast immer wieder eine neue Wahl. Manche Entscheidungen führen in eine Sackgasse und du musst wieder zurückgehen. Andere Entscheidungen führen dazu, dass du weitergehen kannst. Das ist eine Möglichkeit, die Welt zu sehen.

Ich persönlich glaube, dass du mehr Freiheiten hast, als nur das. Du kannst deinen eigenen Geist beeinflussen. Du kannst entscheiden, ob du spirituelle Praktiken machst oder nicht. Du kannst entscheiden, das hier weiter zu lesen. Alles im Rahmen des kosmischen Ganzen. Die Freiheit hat auch ihre Grenzen. Letztlich geschieht das, was geschehen soll und vom höchsten Standpunkt aus ist alles Brahman und nichts Wirkliches geschieht.
Beim nächsten Mal noch ein paar mehr Gedanken zu diesem Vers. Bis dahin alles Gute!

Hari Om Tat Sat

Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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Kommentare

  • Hallo Sukadev!

    Ich danke dir und deinem Team für die täglichen Inspirationen, die ich mit Freude konsumiere. Ich suche ja ständig nach weltlichen Erklärungen, damit ich so viele wie möglich aus meinem Umfeld zum Nachdenken bringe, ohne lästig zu werden :-). Deine Beschreibungen sind ja immer für mich passend, so auch der Irrgarten heute :-).

    Oder die Geschichte über die Bhagavad Gita, dieses Forum ist ein Geschenk das ich mit Dank annehme.

     

    Danke! Danke! Danke!

     

    Ich wünsche Euch ein wunderschönes Weihnachtsfest mit viel Liebe, Freude und Harmonie!

     

    Om Nama Shivaya,

    Karl

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