Vichara

Vichara heißt Überlegung, Unterscheidung, heißt stetige Untersuchung, heißt stetige Selbstüberprüfung. Vichara ist eine der entscheidenden Sadhanas, spirituellen Praktiken, im Vedanta, also in der Philosophie des Absoluten, im Jnana Yoga, also im Yoga der Erkenntnis.

Vichara ist die Überlegung, die Untersuchung, die Selbstbefragung, das Nachdenken. Vichara heißt Nachdenken über die ewigen Fragen des Lebens. Vichara heißt Nachdenken: „Wer bin ich?“ Vichara heißt: „Woher komme ich?“ Vichara heißt Nachdenken über: „Wohin gehe ich?“ Vichara heißt, du überlegst: „Was ist der Sinn des Lebens?“ Vichara heißt: „Gibt es eine höhere Wirklichkeit? Kann ich sie erfahren?“ Vichara ist also eine spirituelle Praxis, in der man diesen wichtigen Fragen nachgeht. Es ist keine intellektuelle Befragung allein, sondern es ist eine, die von der Tiefe deines Wesens herkommt. Und Vichara heißt auch, dass du wirklich tief von innen heraus verstehst, letztlich verwirklichst, was die Antworten auf diese Fragen sind.

Die höchste Weisheit ist erfahrbar, die höchste Wahrheit ist erfahrbar. Aber um sie zu erfahren, gilt es erst, nachzudenken und dafür steht Vichara. Vichara, also zunächst mal die Hauptpraxis im Jnana Yoga, mindestens Jnana Yoga in der Vichara-Ausprägung, der Erforschungs-Ausprägung.

Vichara hat aber auch noch eine zweite Bedeutung. Vichara heißt Selbstüberprüfung und Vichara ist als solches auch wichtig in anderen Wegen. Du kannst Vichara üben im Sinne von: „Bin ich wirklich uneigennützig? Wenn ich jetzt hier tätig bin, bin ich dort wirklich uneigennützig tätig oder tue ich Gutes, um nachher einen guten Ruf zu bekommen? Bin ich wirklich tätig, ohne etwas zu erwarten, oder bin ich irgendwo gekränkt, wenn ich nicht gelobt werde, wenn ich etwas getan habe oder wenn mir die Anerkennung versagt wird oder man mir nicht dankt?“

Vichara heißt auch die Überlegung: „Praktiziere ich noch ausreichend?“ Vichara ist auch die Selbstüberprüfung: „Ist meine Konzentration und Hingabe auf dem spirituellen Weg ausreichend?“ Sehr häufig fangen Aspiranten mit großem Enthusiasmus an. Dann merken sie aber, der spirituelle Weg ist nicht so einfach. Oft werden sie dann mittelmäßig und oft schleichen sich dann alte Denkgewohnheiten ein und sie werden wieder verhaftet und leicht kränkbar usw.

Vichara ist so nötig. So hat Swami Sivananda gesagt: „Scrutinize your motives.“ Werde dir über deine eigenen Motive klar. Werde dir darüber klar, hast du noch die spirituelle Einstellung? Ein spiritueller Aspirant, egal, welcher Yogaweg, ist charakterisiert von Vichara, ständige Selbstüberprüfung, Selbstforschung und immer wieder das bewusste Vornehmen, den spirituellen Weg mit all seinen Konsequenzen von ganzem Herzen bewusst zu gehen, als Dienst an Gott und in der Bitte, dass Gott einen führen möge. Also, Vichara heißt Selbstüberprüfung, heißt Nachdenken, heißt Erforschung, heißt Unterscheidung, Überlegen.

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