Maßvolle Ernährung – HYP I.58

Hatha Yoga Pradipika, 1. Kapitel, 58. Vers, zweiter Teil, maßvolle Ernährung, Mitahara.


Swatmarama schreibt:


„Maßvolle Ernährung bedeutet, wohlschmeckende und süße Nahrung zu sich zu nehmen, ein Viertel des Magens freizulassen und die Handlung Shiva zu opfern.“


Hier also Mitahara, die rechte Ernährung im Yoga. Unter allen Yogawegen beschreibt Hatha Yoga am meisten, was man essen soll. Im Yoga gehört dazu, dass man auch darauf achtet, was du isst. Nicht nur, wie du isst, sondern auch was du isst. Hier beschreibt Swatmarama, erstens, es geht darum, die gute, richtige Nahrung zu essen, zweitens, wie viel du essen sollst, und drittens, die richtige Einstellung beim Essen.

Also erstens, er sagt, wohlschmeckend und süß. Wohlschmeckend ist zunächst mal wichtig. Wohlschmeckend heißt, dass die Nahrung dir schmecken sollte. Also durchaus, Genuss gehört bei der Yoga-Ernährung dazu. Was du isst, sollte dir schmecken. Und du kannst auch wirklich deine Instinkte nutzen. Wenn du wirklich eine Weile Gesundes gegessen hast und das weggelassen hast, was nicht gesund ist und was nicht für dich gut ist, dann erwacht in dir die natürliche Intuition. Im Ayurveda spricht man ja von natürlicher Intuition und von gestörter Intuition. Die natürliche Intuition lässt dich das essen, was gut für dich ist. Die gestörte Intuition will dich dazu führen, dass mehr zu machen, was nicht gut für dich ist.

Z.B. angenommen, du bist süchtig, dann wird die Sucht dich dazu verleiten, noch mehr davon haben zu wollen. Aber angenommen, du hast eine sehr gesunde, natürliche Ernährung, dann wirst du darauf vertrauen können, dass du das mehr willst, was gut für dich ist. Also, wohlschmeckend ist der erste Teil. Das zweite, was er hier schreibt, ist süß. Der Ausdruck, der im Sanskrit für „süß“ steht, kann aber auch dafür stehen, die richtige Nahrung zu sich zu nehmen. Was richtig heißt, werden wir beim nächsten Mal besprechen, in vielerlei Hinsicht. Also, es ist wichtig, auch was du isst. Als erstes, was du isst, sollte genussvoll sein. Zweitens ist aber auch wichtig, was du zu dir nimmst. Sattvige Ernährung, das kennst du vermutlich schon. Als nächstes gilt, ein Viertel des Magens freizulassen. Das heißt, iss nicht so viel, bis dein Bauch spannt. Höre dann mit dem Essen auf, wenn du genug hast. Ein klassischer Kommentar vom Brahmananda z.B., aber auch von anderen Kommentatoren, sagt, man sollte die Hälfte des Magens mit fester Nahrung füllen, ein Viertel mit flüssiger Nahrung und ein Viertel leer lassen.

Also überlege, dass du nicht zu viel isst. Swami Sivananda schreibt, du solltest so essen, dass immer ein kleines Hungergefühl da ist. Ein kleines Hungergefühl heißt auch, ein Prana-Gefühl. Also überlege, nicht zu viel zu essen. Und dann sagt er, die Handlung Shiva opfern. Wann immer du isst, denke daran, dass die Nahrung von Gott kommt. Es ist eine große Gnade, dass du etwas zu essen hast. Das ist nicht so selbstverständlich. Wir sind es heute gewohnt in unserer heutigen Gesellschaft, so viel Überfluss zu haben. Aber die Nahrung ist letztlich etwas Göttliches, dass du etwas haben kannst, was du essen kannst, ist etwas Großartiges. Daher, sei dankbar dafür. Zum zweiten, der Verdauungsprozess ist etwas Großartiges. Auch der Verdauungsprozess ist ein Aspekt Gottes. Krishna sagt in der Bhagavad Gita: „Ich bin Agni, das Verdauungsfeuer, welches die Nahrung verdaut.“ So sei dankbar für all diejenigen, die Essen zubereitet haben. Sei dankbar für die Speise. Wenn du also das nächste Mal isst, mache ein kurzes Gebet vorher. Du kannst ein formelles Gebet machen, das du kennst, oder sei dir bewusst, die Nahrung stammt von Pflanzen, die Pflanzen stammen von der Erde. Damit du jetzt etwas essen kannst, braucht es die Mutter Erde, es braucht die Sonne, es braucht den Wind, es braucht die Luft, es braucht Wasser, es braucht Menschen, die die Nahrung angebaut haben, es braucht Menschen, die die Nahrung transportiert haben, es braucht jemanden, der die Nahrung gekocht hat usw. So viel muss zusammenkommen, damit du jetzt essen kannst. Halte einen Moment lang inne, sei dankbar, sei Gott dankbar. Und so viel muss passieren, dass aus dieser Nahrung Bestandteile deines Körpers werden, dass aus der Nahrung Prana wird, dass aus der Nahrung neue Inspiration des Geistes wird. Daher, sei dankbar, bringe alles Gott dar.


Bis zum nächsten Mal denke also über diese vier Aspekte nach beim Essen. Das erste ist, es sollte dir schmecken. Als zweites, es sollen die richtigen Nahrungsmittel sein. Als drittes, iss nicht zu viel. Und als viertes, denke an Gott, bete vor dem Essen, bete nach dem Essen und nimm die Nahrung mit Dankbarkeit zu dir.

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Hatha Yoga Pradipika Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

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