Ich lese ein paar Sätze aus dem Kapitel „Guru und Schüler“; es hat aufgeschlagen auf dem Unterkapitel „Wohlergehen der Schüler“. „Swami Sivananda hatte stets das Wohlergehen, Wachstum und auch den Fortschritt seiner Schüler im Sinn, sowohl weltlicher als auch spiritueller Natur. Oft rief er sie leidenschaftlich auf und appellierte an sie mit glühenden Worten, alle Spuren persönlichen Interesses auszurotten und völlig in dem edlen Ziel, der Welt zu dienen, aufzugehen. Er verherrlichte selbstloses Dienen und Gottesverehrung als großen und wichtigen Yoga. Wie alle Aspiranten waren sie zeitweise entmutigt wegen der Endlosigkeit in dem gewaltigen Ausmaß menschlicher Probleme und Leiden. Swamiji tröstete sie mit der mitfühlenden Versicherung, dass ein Leben, das allumfassendem Dienst gewidmet sei, nie umsonst sei. Er rüttelte sie auf mit den Worten: Macht euch zunächst keine Gedanken, ob die Verwirklichung kommt oder auch nicht. Setzt alle Bemühungen daran, euch ethisch weiterzuentwickeln, euch dadurch für den Dienst an der Menschheit perfekt zu machen. Seht Gott in allen Menschen, betrachtet den Menschen als Gott. Wenn eure Vorstellung von Gott die Idee einschließt, dass er alldurchdringend ist, warum könnt ihr ihn dann nicht in all seinen Geschöpfen sehen, warum zögert ihr, euren Glauben in die Tat umzusetzen? Gib die Vorstellung auf, dass Gott nur hinter verschlossenen Türen und geschlossenen Augen zu finden ist. Fühlt seine Gegenwart in jedem und allem, wenn ihr dient. Dann schaut, ob Gott auch von sich aus in euren Herzen strahlt. Wenn das Herz noch nicht von allen Unreinheiten frei ist und die niedere Natur noch nicht frei von Schlacken ist, wie können dann spirituelle Erfahrungen zu Euch kommen? Ist es möglich, die Wahrheit eines Wesens zu verwirklichen, welches die Essenz der Vollkommenheit selbst ist, bevor ihr eure Natur geöffnet habt, weit gemacht habt? Überwindet daher Egoismus, Zorn, Hass, Gier und Doppelzüngigkeit durch aufrichtigen, selbstlosen Dienst. Schon wenn es euch gelingt, zehn Menschen ein bisschen zu helfen und einen einzigen negativen Charakterzug zu überwinden und nur eine edle Tugend zu entwickeln, seid sicher, dass euer Leben seinen Sinn hatte. Macht es also, wenn ihr Samadhi und Selbstverwirklichung erreichen wollt. Seid heiter, bringt Herz und Verstand hier bei jeder Arbeit mit ein. Ich garantiere euch, dass ihr gesegnet und glücklich sein werdet. Seid nie unzufrieden mit eurem Schicksal oder niedergeschlagen, wenn euer Fortschritt euch nicht ausreichend erscheint. Handelt nach diesen Worten.“ Darin finden wir eine Menge wichtiger Aspekte des Yoga. Zum einen: Es gibt eine höchste Wirklichkeit, nach der können wir streben. Und wenn wir nach dieser höchsten Wirklichkeit streben, der Vollkommenheit, welche erfahren werden kann in höchstem Bewusstsein, dann gilt es, dafür wirklich auch etwas zu tun. Dazu üben wir Asanas, dazu üben wir Pranayama, dazu üben wir Meditation. Dann werden wir allerdings feststellen, dass diese höchste Vollkommenheit nicht ganz so schnell kommt. Diejenigen, die schon länger auf dem Weg sind, wissen, manchmal denkt man, man ist weiter weg, als vorher. Und dann gilt es zu schauen, diese höchste Vollkommenheit in den täglichen Dienst hineinbringen. Wenn es uns gelingt, die zusätzliche Energie, die wir durch Asanas und Pranayama gewonnen haben und die Inspiration und Kraft, die wir durch die Meditation gewonnen haben, in den Dienst an unseren Mitmenschen stecken, dann ist damit schon eine Menge geschafft. Und wenn wir durch das selbstlose Dienen an anderen unser Herz geöffnet haben, dann können wir wirklich Liebe empfinden. Wenn wir Liebe empfinden, dann ist das schon eine wichtige Bewusstseinserweiterung. Und wenn wir im täglichen Leben Liebe empfinden und mit Liebe handeln, dann wird es auch leichter fallen, in der Meditation tiefer zu gehen. So gehören diese beiden Aspekte zusammen. Wir meditieren, üben Asanas und Pranayama, bekommen so mehr Kraft, Energie, Gesundheit, Inspiration; dieses setzen wir um, um anderen zu helfen, so unser Herz zu öffnen, so in die Tat umzusetzen, diese Idee von Einheit und Harmonie. Und dieses, was wir so machen, das wiederum hilft, dass wir in der Meditation tiefer gehen können. Und auch, wenn das, was vor uns ist, noch so weit weg zu sein scheint, in diesem Moment können wir schon etwas Yoga erleben, Yoga im Sinne von Einheit, Verbundenheit, Liebe und Bewusstheit: Hari Om Tat Sat. Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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