Eine gesunde Grundeinstellung

Ich erzähle Euch einfach eine Geschichte. Eine meiner ersten Begegnungen mit Shanmug war in Kanada gewesen. Ich hatte gerade die vierwöchige fortgeschrittene Yogalehrer-Ausbildung mit Swami Vishnu genommen und dann wollte ich ihn irgendetwas fragen, ob ich was vom Swami Vishnu haben konnte. Und da habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen – ich war ja erst 19 gewesen – und habe ihn einfach gefragt. Es ging eigentlich um eine Einweihung, die bramacharya-Einweihung – ich wollte wissen, was das ist. Und dann habe ich gefragt: “Kann ich die bramacharya-Einweihung auch nehmen?“ Eigentlich wollte ich ein bisschen mehr wissen, worum es geht und alles. Und seine Antwort war einfach: “Sure, why not?“ – „Sicher, warum nicht?“ Und irgendwie ist das immer in meinem Kopf geblieben. Und das hat kurz danach dazu geführt, dass ich tatsächlich Bramachari und irgendwann auch Swami wurde. Aber es war eben einfach diese Grundeinstellung „Sure, why not“. Und das ist eine Einstellung, die, muss ich zugeben, manchmal unter den deutschen Yogis etwas fehlt. Ihr könnt ja mal überlegen, ob Ihr zu dieser Kategorie von Menschen gehört: Wenn man irgendwas Neues vorschlägt, sagt Ihr dann wirklich „Sure, why not“? Oder zählt Ihr eher hundert verschiedene Dinge auf, die die Sache unmöglich oder doch wenigstens schwierig machen? „Sure, why not“? – Diese drei Worte sind für mich im Geist geflügelte Worte geworden. Und ich weiß, Shanmug hat das auch in vielerlei anderer Hinsicht gelebt, letztlich wie der Swami Vishnu auch. Irgendjemand hat einen verrückten Vorschlag gemacht, etwas, was vielleicht irgendwie möglich war. Und dann hat er gesagt: „Probier’s aus.“ „Warum nicht?“ Zwar sind Menschen in der Mehrheit der Fälle so, dass sie Vorschläge machen, und wenn man dann sagt: „Ja, mach’s doch“, dann machen sie es nicht. Aber es gab eben auch solche, die es dann auch gemacht haben. Und das war so eine Weise, wie schon Swami Sivananda und Swami Vishnu gelebt haben und wie ich es letztlich auch vom Shanmug vorgelebt bekommen habe. Wenn jemand einen Vorschlag gemacht hat, dann: „Ja, mach´s!“ Oder eine ähnliche Sache: Wenn Swami Vishnu gefragt wurde: „Warum gibt es noch kein Yogazentrum in der und der Stadt?“ Dann hat er gesagt: „Because you havn`t opened it yet!“ / „Weil Du es noch nicht aufgemacht hast!“. Irgendwann habe ich den Swami Vishnu mal gefragt, er hätte ja so viele tolle Bücher, ob es nicht bes¬ser wäre, wenn man die mal irgendwie ordnet. Und dann hat er gesagt: „Sure, very good idea. You can start this afternoon.“ / „Sehr gute Idee. Du kannst heute Nachmittag beginnen.“ So war ich dann eine ganze Woche beschäftigt, wo ich eigentlich als Individualgast weiter da sein wollte und so sanft die vierwöchige Intensiv-Ausbildung ausklingen lassen wollte. Und das war viel besser. Ich war in Swami Vishnus persönlicher Bibliothek und habe dort an die Bücher hinten dran irgendwelche Aufkleber gemacht, habe die Bücher zum Teil eingebunden und so gab es dann irgendeine Ordnung. Mindestens ein paar Monate … Swami Vishnu ist in vielerlei Hinsicht eben davon ausgegangen – von diesem Karma. Er hat so in etwa gemeint: Ein Vorschlag in Verbindung mit jemanden, der es umsetzt, ist ein Zeichen, dass das karmisch so sein soll. Deshalb musste man immer vorsichtig sein, wenn man einen Vorschlag bei ihm machte. Es hieß meistens Arbeit. Aber man war natürlich auch nicht dazu gezwungen. Aber andererseits, wenn man eine gute Idee hatte und wenn man dann die Zeit und Energie hatte, sie umzusetzen, war es ein Zeichen des eigenen Karma und des eigenen Dharma, dies auch zu machen. Denn wozu sonst hätte man diese Idee in Verbindung mit der Energie und den Fähigkeiten und der Zeit haben sollen? Irgendwo will es sich manifestieren und so baut sich dann das Karma letztlich auf. Und so könnt Ihr selbst überlegen – viele von Euch haben ja eigene Yoga-Zentren – wenn das nächste Mal jemand einen Vorschlag macht, findet nicht zehn Gründe, warum es nicht geht und warum es nicht der richtige Moment ist, sondern: „Sure, why not?“ / „Sicher, warum nicht?“ Aber übernehmt dann nicht selbst die Aufgabe, das zu machen. Das ist auch manchmal so eine Ein¬stellung: Wenn jemand anders einen Vorschlag macht, denkt man, man sei jetzt in der Verantwortung, das selbst umzusetzen, aber derjenige, der den Vorschlag gemacht hat, kann es auch umsetzten. Gut – Ihr braucht jetzt keine Angst zu haben, Ihr könnt auch weiter Vorschläge machen. Yoga Vidya wächst jetzt nicht nur durch das Umsetzen der Vorschläge, durch diejenigen, die sie haben. Manchmal greifen wir auch Vorschläge auf, die jemand nicht selbst umsetzt. Also Ihr könnt auch Vorschläge machen, ohne sie selbst umsetzen zu wollen. Aber manchmal schaut, ob Ihr sie umsetzt. Ambika, die dort sitzt, hat irgendwann mal gesagt: „Wäre schön, wenn wir mal ein paar Fotografien hätten.“ Ich habe sie gefragt, ob sie es nicht machen könnte. Und so gibt es eine ganze Menge von Fotoalben, ich glaube im Westerwald und hier auch, die von Hunderten, vielleicht auch Tausenden von Menschen angeschaut werden. Sie hat den Vorschlag gemacht – sie hat es umgesetzt – seit Jahren macht sie das. Wenn Euch selbst eine Idee in den Kopf kommt, schaltet sie nicht sofort ab, sondern überlegt: Habt Ihr die Idee? Habt Ihr die Energie? Und die Zeit? Manchmal hat man nicht alles, dann soll es vielleicht noch nicht sein. Aber blockt sie nicht vorher ab. Hari om tat sat. Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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