Der Nutzen des Japa

Ich lese etwas aus dem Buch „Göttliche Erkenntnis“ von Swami Sivananda, aus dem Kapitel „Japa“. Japa heißt Wiederholung eines Mantras. Swami Sivananda schreibt unter dem Unterkapitel „Der Nutzen von Japa“:
„Die Wiederholung eines Mantras heißt Japa. Japa ist ein wichtiges Anga, ein wichtiges Glied, ein wichtiger Teil im Yoga. Japa ist spirituelle Nahrung für die hungrige Seele. Japa ist der Stock in der Hand des blinden Sadhaka, um sich auf der Straße zur Verwirklichung voranzuschleppen.“


Ich lese den letzten Satz nochmal:


„Japa ist der Stock in der Hand des blinden Sadhaka, um sich auf der Straße zur Verwirklichung voranzuschleppen.“
Das ist ein schöner Vergleich. Wir sind Sadhakas im Sinne von, wir sind spirituelle Aspiranten, wir wollen etwas Hohes erreichen. Wir sind aber blind, denn wir wissen nicht wirklich, was wir erreichen wollen. Wir haben eine Sehnsucht nach einem Höchsten, wir haben eine Ahnung nach einem Göttlichen, wir haben vielleicht Schriften gelesen, wir haben Vorträge von Meistern gehört, wir haben vielleicht in der Meditation schon mal Wonneerfahrungen gehabt, vielleicht schon mal Gotteserfahrung, vielleicht haben wir davon gehört. Aber wir wissen nicht genau, wo geht es hin, hier hin und dort hin, so wie ein Blinder. Und wir sind auf der Straße zur Verwirklichung, wir sind also auf dem Weg dorthin, aber wir schleppen uns manchmal mehr voran, als dass wir gehen. Ich glaube, diejenigen, die länger auf dem Weg sind, der ein oder andere kennt solche Phasen, wo man weniger das Gefühl hat, dass man enthusiastisch und mutig voranschreitet und jeden Tag ein tieferes spirituelles Erlebnis hat, sondern es gibt Tage, da schleppt man sich schon ganz schön dahin. Und ein Mantra ist der Stock in den Händen eines Aspiranten, und der Stock hat zwei Aufgaben. Zum einen, ein Blinder hat die Fähigkeit, mit einem Stock sich den Weg zu bahnen und zu suchen. Und zum zweiten, jemand, der Schwierigkeiten hat zu gehen, der kann sich dabei abstützen. Und so können wir sagen, wenn wir ein Mantra wiederholen, dann, zum einen gibt uns das die Richtung vor. Angenommen, man steht vor einer wichtigen Entscheidung und weiß nicht: „Soll ich das machen oder soll ich das machen?“ Dann wiederholt man das Mantra mit tiefer Inbrunst und tiefer Hingabe und kann dann sicher davon ausgehen, wie man sich entscheiden wird, das wird schon das Richtige sein. Wir können es mit einem Gebet verbinden. Ein Mantra hilft, dass wir in die richtige Richtung gehen und genauso auch, ein Mantra hilft, dass wir Kraft haben, den Weg zu gehen. Auch und gerade in den Phasen, wo vielleicht die spirituelle Entwicklung scheinbar stockt oder wo wir scheinbar nicht die Kraft haben, weiterzugehen, da ist das Mantra eine große Hilfe.

„Japa ist der Stein des Weisen, das göttliche Elixier, welches Gottgleichheit schenkt.“
Das ist sein nächster Satz dort. „Stein des Weisen“, in der Alchemie, manche haben sich vielleicht damit ein bisschen beschäftigt, gibt es einen Stein des Weisen und der Stein des Weisen, der verwandelt alles, was damit berührt wird, in Gold. Wörtlich verstanden wäre das sicher etwas Grässliches. Angenommen, ihr hättet so einen Stein und alles, was ihr berührt, würde zu Gold. Es soll ja auch in der griechischen Mythologie einen König gegeben haben namens Midas, der hat irgendwie die Gabe bekommen, dass alles, was er berührt hat, zu Gold wurde und deshalb ist er verhungert, denn schließlich hat er nur noch Gold gehabt und da konnte er nichts mehr essen. Also wörtlich genommen, macht das keinen Sinn, aber im übertragenen Sinne macht es Sinn. Gold ist nämlich etwas Wertvolles. Der Stein der Weisen bedeutet, was auch immer man berührt, wird dadurch wertvoll. Und so ist ein Mantra etwas, was hilft, egal, was wir tun, zu spiritualisieren und damit in eine spirituelle Lektion umzuwandeln.

Man kann essen und ein Mantra wiederholen, dann ist es eine spirituelle Handlung. Man kann Staub saugen und ein Mantra wiederholen, das ist eine spirituelle Handlung. Man kann spazieren gehen, Zähne putzen, duschen. Man kann so viele andere Dinge machen. Ich glaube, viele denken jetzt an etwas. Wenn man dabei ein Mantra wiederholt, wird es zu einer spirituellen Handlung. Und die einfachste Weise, auch im Umgang mit anderen Menschen positive Kraft zu schicken, geht mit einem Mantra. Wir können für einen anderen Menschen innerlich ein Mantra wiederholen und können uns dann vorstellen, dieser Mensch ist eine Manifestation des Göttlichen. Und wenn man das regelmäßig macht, dann verspricht Swami Sivananda dort, dann erhalten wir Gottgleichheit. In dem Genesis, also im ersten Buch Moses, finden wir: „Gott hat den Menschen gemacht nach seinem Bilde.“ Oder Jesus hat gesagt: „Seid vollkommen wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Natürlich, auf einer physischen Ebene können wir nicht vollkommen sein, auf einer physischen Ebene ist diese Vollkommenheit nicht möglich. Aber nach dem Bilde Gottes heißt, Gott hat auch einen Körper, das ist die ganze Welt, aber er ist das Bewusstsein dahinter. Wir haben einen Körper, aber in Wahrheit sind wir das Bewusstsein dahinter. Und wenn wir ein Mantra wiederholen, kann uns das zu dieser Verwirklichung verhelfen.


Im nächsten Satz sagt er:
„In diesem eisernen Zeitalter ist Namasmarana, die Wiederholung eines Mantras, der einfachste, rascheste und sicherste Weg, um zu Gott zu kommen und Unsterblichkeit und ewige Freude zu erlangen.“


Also, Swami Sivananda lobt ja das Mantra über alles. Im eisernen Zeitalter sollen wir uns jetzt befinden, Kali Yuga, dunkles Zeitalter, materialistisches Zeitalter, wo Menschen denken, der Sinn des Lebens liegt darin, viele Besitztümer zu haben und irgendwo viel Ansehen zu haben, zu tun, was sie wollen und das Leben zu genießen. Das ist das dunkle Zeitalter, denn langfristig verspricht das keinen Erfolg. Wenn Reichtum glücklich machen würde, müsste man sich alle Milliardäre anschauen und gucken, sind die glücklicher als andere. Es gibt genügend Studien, die zeigen, Milliardäre sind nicht glücklicher als andere. Wenn Ruhm glücklich machen würde, dann müsste man die Leute anschauen, die viel Ruhm haben und fragen, sind sie glücklich? Studien zeigen, sie sind nicht glücklicher. Wenn Sinnesbefriedigung glücklich machen würde, müsste man die Leute fragen, die allen Sinnesbefriedigungen nachgehen, die ihnen so in den Kopf kommen. Und jeder weiß, wenn man den Sinnesgenüssen immer mehr nachgibt, irgendwann wird man krank und das ist sicherlich nichts Schönes. Daher, das gilt als das eiserne Zeitalter.


In diesem eisernen Zeitalter sind wir aber auch beeinflusst von den Gedanken anderer. Die meisten Anwesenden sind seit einer gewissen Weile auf dem Weg und man denkt natürlich: „Ja, es gibt immer mehr Menschen, die Yoga machen.“ Und es ist ja auch so, es gibt ein paar Menschen, die Yoga machen. Und es gibt auch mehr Menschen, die Yoga machen, es gibt vielleicht auch mehr, die auf dem spirituellen Weg sind. So hoffen wir, dass irgendwo ein neues spirituelles Zeitalter entstehen kann. Aber ich glaube, die Mehrheit weiß, die Mehrheit, mit denen man es im Alltag zu tun hat, wenn man nicht gerade ein Yogazentrum leitet oder in einem Yogaashram lebt, die sind weniger von spirituellen Idealen durchdrungen.

Und wie kann man jetzt die spirituelle Schwingung aufrechterhalten in dieser Umgebung? Und da ist das Mantra eine gute Weise. Egal, wo man ist, man wiederholt das Mantra. Man kann sich so mit Gott verbinden. Und er sagt dort, Freude zu erlangen. Wenn wir ein Mantra wiederholen mit Hingabe, ein Zeichen, dass wir wirklich vom Mantra berührt werden, ist Freude, die wir im Herzen spüren, vielleicht eine kleine Freude, vielleicht eine große Freude. „Unsterblichkeit erlangen“, sagt er auch. Natürlich, wörtlich genommen macht der Satz jetzt keinen Sinn, wir erlangen Unsterblichkeit. Der Körper wird nie unsterblich, egal, was wir anstellen, und die Seele ist immer schon unsterblich, das können wir gar nicht verlieren. Unsterblichkeit zu erlangen, heißt eben, zu erfahren: „Ich bin die unsterbliche Seele.“ Vom Subjektiven her weiß ich: „Ich bin nicht dieser sterbliche Körper, ich bin die unsterbliche Seele überall.“ Und dort kommt man dazu, indem man ein Mantra mit Hingabe wiederholt.


Hari Om Tat Sat
 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

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