„Alles ist Gott – Bhagavad Gita 10. Kapitel“

Ich will etwas lesen aus der Bhagavad Gita, Zwiegespräch zwischen Krishna, dem Lehrer, Inkarnation Gottes, Manifestation Gottes und Arjuna, dem Schüler, dem Aspiranten. Wir sind im 10. Kapitel. Im 10. Kapitel ist so das Thema „Vibhuti Yoga – Der Yoga der göttlichen Herrlichkeiten“.
Krishna sagt zu Beginn: „Gott ist alles. Die Welt, so wie wir sie jetzt sehen, ist letztlich göttlich.“ Die Naturwissenschaftler versuchen auch, die Welt irgendwo zurückzuführen auf Urprinzipien. Z.B. wenn wir Materie anschauen, sie besteht aus Molekülen, diese bestehen aus Atomen, Atome bestehen aus Elektronen, Neutronen und Protonen. Also, alles was wir sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen können, irgendwie hat es was mit Elektronen, Neutronen und Protonen zu tun. Gut, und die kann man irgendwie auch noch weiter zurückführen und die Naturwissenschaftler kommen irgendwo auf drei oder vier Grundkräfte. Wenn man es mal auf die drei zurückführt, haben die irgendwie auch was gemeinsam mit Sattwa, Rajas und Tamas, wovon man im Yoga spricht, als die drei Grundkräfte. Nur dann geht es noch weiter. Die Yogis sagen, das sind jetzt nicht einfach materiell zu verstehende Dinge, sondern die ganze Welt ist letztlich eine Manifestation von Gott, von Brahman, von einem höheren Prinzip.
Wenn wir das Ganze nur materiell sehen, dann leben wir in einer doch recht gefährlichen Welt. Wir wissen nie, ob wir den nächsten Tag noch überleben. Autofahren können wir und dann gibt es einen Unfall. Wir müssen noch nicht einmal selbst Schuld sein, es kann auch ein Fehler im Motor sein, es kann ein Fehler im Bremssystem sein, es kann der Gegenüber sein. Jederzeit ist es möglich. Wir können von irgendeinem Tier gebissen werden, es kann sehr klein sein, es kann sehr groß sein und es kann eine Krankheit ausbrechen. Jederzeit kann irgendwas passieren. Auf eine gewisse Weise ist es uns in der westlichen Zivilisation gelungen, uns etwas unabhängig zu machen von dem Ausgeliefertsein an die Natur. Wir müssen nicht gleich hungers sterben im Winter, wenn die Ernte nicht so gut war. In unseren Breiten könnte man einige trockene Sommer überleben und Trockenheiten. Irgendwo, auf dem anderen Teil der Welt, gibt es dafür ausreichend Ernten. Das war ja früher anders. Vor über 2000 Jahren bei den alten Germanen ist alle zwei, drei Jahre, nimmt man an, ein großer Teil der Bevölkerung im Winter hungers gestorben, Es gab große Überschwemmungen, Unwetter, große Epidemien. Es gab die großen Pestepidemien im Mittelalter, wo 40 bis 50% der Bevölkerung innerhalb von zwei, drei Jahren gestorben sind. In unseren Zeiten, das vergessen wir manchmal, der Fortschritt hat auch einiges für sich, sind wir davon ein bisschen unabhängig geworden. Aber nur ein bisschen. Sterben können wir immer noch jederzeit. Krankheiten können immer noch kommen und Unfälle können immer noch passieren. Und wir können uns auf der einen Seite ausgeliefert fühlen und zum zweiten können wir uns in falscher Sicherheit wiegen und denken: „Mir wird nichts passieren. Unfälle geschehen nur anderen. Krankheiten bekommen auch nur andere. Mir wird es irgendwo gut gehen.“ Das ist unrealistisch – Katastrophen passieren.
Oder wir können sagen: „Hinter dem Ganzen muss auch irgendein Sinn stecken.“ Die Großartigkeit des Universums ist nicht wirklich nur physikalisch erklärbar. Und das ist der Ansatz der meisten spirituellen Traditionen. Die Welt, wie sie ist, ist nicht einfach irgendwie willkürlich, sie ist nicht zufällig, sondern es steht ein höheres Prinzip dahinter. Und genau über dieses Prinzip spricht Krishna an allen möglichen Stellen in der Bhagavad Gita, wenn er sagt: „Das ganze Universum ist eine Manifestation Gottes.“ Was auch immer auf einen zukommt, ist letztlich irgendein Signal Gottes. Etwas, was einen erinnert an eine höhere Wirklichkeit, ist nur Ausdruck von einem tieferen Prinzip. Der Mensch ist, solange er noch nicht höhere Bewusstseinsebenen erreicht hat, nicht in der Lage, diesen Sinn immer zu verstehen und zu sehen, aber wir können von einem tieferen Vertrauen dort ausgehen: „Was mir geschieht, auch wenn es manchmal weniger schön ist, irgendwie werde ich daran wachsen. Irgendwo wird es auch seinen Sinn haben.“ Ein altes baltisches Lied drückt es so aus: „Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht.“ Acuh Freude und Leid haben einen Sinn. Und wenn wir diese Einstellung haben, können wir zum einen immer wieder an der Schönheit uns freuen und die Schönheiten unser Herz berühren lassen und dieses Berührtwerden auch als eine spirituelle Praxis nehmen. Und wir können auch, wenn Dinge scheinbar nicht so gehen, wie wir sie gerne hätten, eine Festigkeit und ein Vertrauen haben: „Auch daran werde ich wachsen.“
Und so sagt Krishna im 34. Vers: „Ich bin der Tod, der alles verschlingt. Ich bin auch der Wohlstand der Menschen. Ich bin Reichtum, Ruhm, Sprache, Gedächtnis, Intelligenz, Festigkeit und Verzeihen.“
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.

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